Beschluss:

ohne


Protokoll:

 

Der Vorsitzende begrüßt die vortragenden Gäste, Frau Irene Claas von der Stadt Wülfrath, Herrn Karlheinz Rösnick von der Stadt Ratingen und die Herren Tobias Wobisch und Mohammed Assila von der Stadt Hilden.

 

           

Frau Irene Claas bedankt sich für die herzliche Begrüßung und die Möglichkeit, im Sozial­ausschuss der Stadt Haan über ihre Arbeit zu berichten.

Sie gibt einen kleinen Überblick über Ihren Lebenslauf als Sozialpädagogin und ihrer Tätig­keit seit 1986 in der Integrationsarbeit bei der Stadt Wülfrath. In Wülfrath sei für diese Arbeit eigens eine Stabsstelle mit 19,5 Std./W. eingerichtet worden.

In Wülfrath habe von 1986 bis 1992 ein Ausländerausschuss existiert, anschließend bis 2004 ein Ausländerbeirat. Im Ausländerbeirat seien 12 Mitglieder mit Migrationshintergrund vertreten gewesen, wegen der für diese Personen nicht immer nachvollziehbaren politi­schen Strukturen sowie einer nur beratenden Zuständigkeit habe nur geringe Möglichkeit für eine Einflussnahme bestanden. Seit 2004 existiere ein Integrationsforum. Es handele sich um ein offenes Gremium, paritätisch besetzt mit Menschen mit Migrationshintergrund und "Deutschen". Das Forum, dieses werde überwiegend von Frauen getragen, habe nicht die Kraft eines Ausschusses oder Beirates.

Wesentliche Punkte der Integrationsarbeit seien Bildung der Erwachsenen und Kinder sowie weitgehende Aufklärung, z. B. in den Bereichen der Gesundheits- und Gewaltprä­vention sowie im Aufenthalts- und Arbeitsrecht. Kooperationspartner seien z. B. Migranten­vereine,  Weiterbildungsträger, Schulen, Kindertagesstätten.

Für Mitglieder von Gremien halte sie die Unterstützung durch eine intensive Zusammenar­beit mit Politik und Verwaltung sowie eine feste Anlaufstelle von besonderer Bedeutung.  Wegen der sozialen Herkunft und der Erfahrung mit der deutschen Bürokratie sei ihnen vieles in Deutschland fremd und der Schulungsbedarf hoch. Wichtig für die Integrationsar­beit der Verwaltung seien besondere Empathie und das "Sich-Zeit-nehmen". Viele Migran­ten würden keine Termine vereinbaren, sondern oft spontan ihre Anliegen vorbringen.

Die Stadt Wülfrath – von ihrer Größe vergleichbar mit der Stadt Haan – erachte trotz eines Haushaltssicherheitskonzeptes die Integrationsarbeit für wichtig.

 

Frau Stv. Lukat bedankt sich bei Frau Claas für die facettenreiche Vorstellung ihrer Arbeit. Sie möchte wissen, ob die veranschlagten Sprechstunden in Anspruch genommen würden und ob jemand auch ohne ihre Qualifika­tion eine solche Arbeit durchführen könne.

 

Frau Claas berichtet, ihre Zeit, auch die der Sprechstunden, sei sehr ausgefüllt. Frauen und Männer kämen oft in Fragen des Aufenthaltsrechtes, Krisenintervention in den Familien oder um Fragen in den Kontakten mit Verwaltungen zu klären. Die Stundenzahl, in der sie tätig sei, gehe oft über die verfügbare halber Stelle hinaus. Die pädagogische Qualifikation sei wünschenswert, nicht zwingend.

 

Der Vorsitzende, Herr Stv. Stracke, merkt an, Integration sei nicht nur eine Sache des Sozialausschusses. Er möchte wissen, ob es nicht auch Schnittstellen zu anderen Bereichen gäbe.

 

Frau Claas erklärt, dass es durchaus Schnittstellen gäbe, so z. B.  zur Wirtschaftsförderung, dem Jugendamt, der Planung und dem Seniorenbeirat.

 

Frau AM Ramsel stellt fest, es habe eine intensive Vorarbeit in Wülfrath gegeben und fragt, welchen Schwerpunkt eine solche Vorarbeit haben müsse.

 

Frau Claas berichtet, es seien Kontakte zu den vorhanden Vereinen, besonders muslimi­schen Vereinen, geknüpft  und dort die Arbeit vorgestellt worden. Wülfrath habe gut funk­tionierende integrativ arbeitende Vereine. Über enge Kontakte mit der VHS seien Pro­gramme erarbeitet und angeboten worden. Es habe intensive Werbung, auch durch die Vereine, statt gefunden, diese sei durch kulturelle Angebote in der Stadt vertieft worden.

 

Der Vorsitzende, Herr Stv. Stracke, dankt Frau Claas für den informativen Vortrag und bittet Herr Rösnick, seinen Vortrag zu halten.


Herr Rösnick
stellt sich kurz vor und erklärt, die Ausführungen von Frau Claas könne er nur unterstützen.

Er gibt einen Überblick über die Entwicklung der Integrationsarbeit, die in Ratingen eine lange Geschichte habe. 1973 habe die Arbeit mit einer Betreuungsstelle für Gastarbeiter begonnen, mit seinen verschiedenen Weiterentwicklungen, so sei 1988 eine Stabsstelle auf Dezer­nentenebene eingerichtet worden, hieraus sei zunächst eine Abteilung und 2003 ein eige­nes Amt entstanden. 2005 sei das Amt für Integration mit dem Amt für Soziales und Wohnungswesen zusammengelegt worden.

1981 habe es die erste Urwahl zu einem Ausländerbeirat gegeben. Vor Änderung der Gemeindeordnung sei bereits in 2004 mit Erlaubnis des Innenministers ein Integrationsrat gewählt worden.

Der gegenwärtige Integrationsbeirat bestehe aus insgesamt 18 Mitgliedern, zu 2/3 aus Migranten und zu 1/3 aus Ratsmitglie­dern. Der Integrationsbeirat habe eine eigene Homepage zur Öffentlichkeitsar­beit entwickelt. Nach einem anfänglich großen Interesse im Zusammenhang mit der Kandidatur bzw. nach der Wahl sei bei vielen Mitgliedern Ernüchterung eingetreten, da die Arbeit der Verwaltung sehr ungewohnt sei und Vorkenn­tnisse fehlten. Eine gute Einarbeitung fehle oft, das Fortbildungsinteresse sei leider oftmals gering. Gegen Ende dieser Wahlperiode sei eine Beschlussfähigkeit des Integrationsrates nicht mehr gegeben gewesen.

Er zieht das Fazit, dass es wichtig sei, Zuwanderer in die Gesellschaft zu integrieren, um keine Parallelgesellschaft entstehen zu lassen. Integration sei auch wichtig, um die sozialen Systeme zu sichern. Gerade im Rahmen der demografischen Entwicklung in Deutschland sei zu beachten, dass Ausländerfamilien bzw. Familien mit Migrationshin­tergrund meistens mehr Kinder hätten, als andere Familien.

Ebenso sei Integration wichtig zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes, das Arbeitspoten­tial von Migranten solle aktiv genutzt werden. Eine politische Integration sei wichtig für die Migrationsgruppen, die in Deutschland das Wahlrecht nicht ausüben könnten. Ein Integrati­onsrat könne alle - auch kleine -  Migrationsgruppen erreichen. Er könne für Transparenz von Politik und Verwaltung auch in diesen Zielgruppen erreichen. Es bestehe für einen Integrationsrat ein hoher Beratungsbedarf. Er sollte einen eigenen Etat zugebilligt bekommen.

Er stellt die poltische Argumentation für den Seniorenbeirat der Stadt Haan auch auf Men­schen mit Migrationshintergrund ab.

 

Frau Stv. Lukat fragt, wie hoch zuletzt die Wahlbeteiligung für den Integrationsrat in Ratin­gen und ob nur bestimmte Gruppen beteiligt gewesen seien.

 

Herr Rösnick führt aus, das Interesse sei eher gering gewesen und habe bei rd. 15% gelegen, jetzt werde eine Beteiligung von 20% angestrebt.

 

Frau Stv. Lukat fragt nach, wie viele Ausländervereine in Ratingen aktiv seien. Des weite­ren bittet sie um Auskunft über die Anzahl der Stellen für Integrationsarbeit in der Verwal­tung.

 

Herr Rösnick erklärt, es gäbe in Ratingen 19 entsprechende eingetragene Vereine, die auch regelmäßig in der Öffentlichkeit für ihre Arbeit werben würden. In Ratingen seien 3 Stellen für Integrationsarbeit eingerichtet worden, einen Integrationsbeauftragten, einen Stellvertreter und eine Verwaltungskraft. Derzeit werde ein Integrationskonzept entwickelt, hierin solle eine stärkere Verbindung zu anderen Verwaltungsbereichen, wie z.B. das Jugendamt und die Wirtschaftsförderung, hergestellt werden.

 

Frau Stv. Altmann bittet um Auskunft zur Höhe des Etats für Integrationsarbeit.

 

Herr Rösnick beziffert den zur freien Verfügung stehenden Etat für die der Arbeit auf 2.000 € jährlich.

 

Der Vorsitzende, Herr Stv. Stracke, dankt Herrn Rösnick für den informativen Vor­trag und bittet die Herren Tobias Wobisch und Mohammed Assila um ihren Vortrag.

 

Herr Wobisch stellt sich und anschließend eine Präsentation der Stadt Hilden über die Integrationsarbeit vor.

In Hilden hätten rd. 20% der Einwohner einen Migrationshintergrund. In 2005 sei ein Stra­tegiepapier entwickelt worden unter dem Namen „Integration ist machbar“.

Es sei ein Integrationsbüro eingerichtet worden, in dem 3 Personen tätig seien. Das Sach-Budget umfasse 20.000 € jährlich.

Schwerpunkte der Arbeit seien:

- Sprachförderung für Kinder und Erwachsene bis zu den Senioren, auch muttersprachli­cher Unterricht.

- Stadtteilorientierte Förderung der Integration

- Integrationsförderung im Sport

- Interkulturelle Seniorenarbeit

- Kulturelle Veranstaltungen, z.B. „Fest der Völker“.

- Unterstützung und Zusammenarbeit mit dem Integrationsrat und den Migrantenvereinen

- Politische Partizipation

In Hilden existiere seit 2004 ein Integrationsbeirat, der den langjährig existierenden Auslän­derbeirat abgelöst habe. Die Geschäftsführung liege beim Amt für Soziales und Integration. Verwaltungsintern kooperiere dieser Bereich besonders mit dem Amt für Jugend, Schule und Sport sowie mit dem Kulturamt.

Bezüglich der weiteren Ausführungen stellt sich Herr Wobisch hinter die Ausführungen der Vorrednerin und des Vorredners.

 

Frau Stv. Lukat fragt, ob es neben dem genannten Budget weitere Haushaltspositionen gäbe und wie hoch der Gesamtaufwand für die Integrationsarbeit sei..

 

Herr Wobisch führt aus, aufgrund des konzeptionellen Maßnahmenkatalogs erfolge eine Förderung von rd. 20 Maßnahmen jährlich. Darüber hinaus stehe ein Betrag von 2.000 € zur Verfügung, dieser werde zur Unterstützung von den 8 in Hilden täti­gen Migranten-Vereinen genutzt; über die Verwendung entscheide der Beirat.

 

Frau Stv. Lukat hält fest, die Stadt Hilden setze für diese Aufgabe einschließlich Personal­kosten einen Gesamtetat von mehr als 50.000 € ein.

 

Herr Assila stellt sich vor und berichtet aus seine Arbeit und Erfahrungen.

Er sei zunächst als Lehrer für Islamkunde tätig gewesen und über ehrenamtliche Arbeit für die Stadt zu einem städtischen Mitarbeiter geworden. Er sehe sich als Binde­glied und Vermittler zu Migranten und fungiere als Dolmetscher sowie interkultureller Bera­ter. Er biete einmal wöchentlich auch Sprechstunden im Jugendamt an.

Im Rahmen der Integrationsarbeit sei es wichtig, Identifikation zu vermitteln und Migranten in die Arbeit von Verwaltung und Politik mit ein­zubeziehen. Durch die Einrichtung eines Integrationsrates gäbe man einen Interessenim­puls an die Migranten. Er wisse aus eigener Erfahrung, was dies als Anerkennung bedeute. Integration umdasse alle Lebensbereiche, diese Arbeit müsse altersmäßig möglichst früh, z. B. im Kindergarten, beginnen. Es sei wichtig, einen Dialog auf Augenhöhe zu führen und zu fragen, wie Integration zusammen mit den Migranten gestaltet werden könne. Allerdings sei Integration keine Einbahnstrasse, neben Rechten bestünden auch Pflichten. Außer in Hilden sei er im Kreis auch in Erkrath tätig.

 

Frau Stv. Lukat hinterfragt, da seitens Herr Assila hauptsächlich von Arbeit mit bzw. in muslimischen Vereinen gesprochen werde, ob denn auch Bevölkerungsgruppen wie z.B. Griechen oder Portugiesen angesprochen und erreicht worden seien.

 

Herr Assila erläutert, es existierten 3 Moscheen in Hilden. Er sehe die Integration der mus­limischen Menschen schon als seinen Schwerpunkt, da er selbst den entsprechenden Hin­tergrund habe. Schwerpunkt auch, um gerade bei dieser Bevölkerungsgruppe Extremität vorzubeugen. Er gehe aber auch in Kirchen und Synagogen. Die Arbeit unter religiösen Vorzeichen sei aber nur ein Aspekt.

 

Der Vorsitzende, Herr Stv. Stracke, fragt, ob er den Ausführungen von Herrn Assila ent­nehme könne, dass dieser außer in Hilden und Erkrath auch für den Kreis tätig sei.

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Herr Assila verneint die Frage zur Tätigkeit für den Kreis.

 

Der Vorsitzende, Herr Stv. Stracke, weist darauf hin, dass möglicherweise auch die Stadt Haan von den Erfahrungen und dem Fachwissen von Herrn Assila profitieren könne. Die Stadt Haan werde demografische Probleme zu lösen haben, viele Kinder mit Migrations­hintergrund hätten auch hier Schwierigkeiten mit ihren Schulabschlüssen.

 

Frau Stv. Lukat bittet um Auskunft über die Höhe der Wahlbeteiligung zum Integrationbeirat in Hilden.

 

Herr Wobisch berichtet, die Wahlbeteiligung habe bei etwa 10 % gelegen. und ergänzt, die Gewichtung der Wahlbeteiligung dürfe nicht zu hoch gehängt werden. Für die EU-Bürger spielt das Gremium des Integrationsrates keine große Rolle mehr. Viele Migranten seien Nachkommen aus sog. „Gastarbeiterfamilien“. Des weiteren solle man sich bewusst sein, dass das Interesse an der Politik und entsprechend die Wahl­beteiligung generell in der Bevölkerung zurück gehe. Er sei davon überzeugt, das Gremium des Integrationsrates werde an Wichtigkeit zunehmen.

 

Frau Stv. Lukat merkt kritisch an, die Anliegen von Migranten seien in Haan nicht festge­stellt oder bekannt, unter Umständen werde von sachfremden Erwägungen ausgegangen.

 

Der Vorsitzende, Herr Stv. Stracke, betont, Integration sei keine Einbahnstraße. Nach dem Eindruck aus den anderen Städten ergäbe sich ein positives Bild dieser Arbeit. In Haan mache man sich gerade erst auf den Weg.

 

Herr Wobisch erläutert, in Hilden existiere seit langer Zeit ein intaktes ausländisches Vereinswesen. Bereits 1984 habe es einen Ausländerausschuss gegeben, der sich hauptsächlich aus in Vereinen organisierten Migranten zusammensetzte. Diese Arbeit sei durch enge Kontakte zu den Vereinen kontinuierlich gewachsen.

 

Herr Assila ermutigt dazu, den Weg zu gehen. So könnte z.B. eine Integrationskonferenz einberufen werden, um darüber Kontakte zu knüpfen und zu ermitteln „wo der Schuh drückt“.

 

Herr Rösnick meint, der Start sei die Triebfeder. Wichtig sei, Ansprechpartner unter den Migranten zu finden. Ebenso wichtig sei es, feste Ansprechpart­ner für Migranten zu installieren, die engagiert persönliche Kontakte suchen. Schriftliche Einladungen kämen oftmals im Bewusstsein nicht an. Wenn der persönliche Dialog aufgegriffen werde, entstehe hierdurch oft eine Eigendynamik und Vertrauen. Aufgrund des intakten Vereinslebens und des alle zwei Jahre stattfindenden Festes der Völker stünden in Hilden immer Ansprechpartner bereit.

 

Frau Stv. Lukat erklärt, sie wüsste nicht, dass es einen Kulturverein oder anderen rechtsfähigren Migranten-Verein in Haan gäbe und möchte dies als Frage an die Verwaltung weiterreichen. Sportvereine hielten ihres Wissens Integrationsarbeit nicht bewusst nach. Eine Integration finde hier einfach statt. Dort gäbe es auch keine Ansprechpartner. Aus ihrer Sicht könne Haan und Hilden nicht miteinander verglichen wer­den.

 

Frau Bgo. Formella bestätigt, dass in Haan keinen Kulturverein oder vergleichbares gäbe. Jedoch werde in Haan-Ost bereits gute integrative Arbeit geleistet. Allerdings bestehe ein Konflikt zwischen dem Interesse der Stadt, die Integrationsarbeit zu fördern und der gegenwärtigen Finanz­situation. Trotzdem sei eine Förderung wünschenswert. Es stelle sich die Frage, was könne dennoch gemacht werden.

 

Der Vorsitzende, Herr Stv. Stracke, berichtet, nach seinen Erfahrungen werde in den Sportvereinen sehr wohl die Integrationsarbeit nachgehalten. Aus diesen Erfahrungen sei z. B. zu entnehmen, dass eine Integration älterer Bevölkerungsgruppen nur schlecht bis gar nicht gelänge.

Er merkt an, bei der Leitbild-Diskussion seien viele Personen mit Migrationshintergrund beteiligt gewesen. Dies ermutige dazu, an der Integrationsarbeit dran zu bleiben und an dem Thema weiterzuarbeiten.

Er schlage vor, das Thema in der nächsten Sitzung des Sozialausschusses erneut, dann möglichst mit Empfehlung an den Rat, zu beraten.

 

Frau Stv. Lukat spricht sich dafür aus, Herrn Sahler zur nächsten Sitzung einzuladen.

 

Beide Vorschläge werden einvernehmlich angenommen.

 


Abstimmungsergebnis:

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