Beschluss:

 

Es wird beschlossen, die Angelegenheit zu vertagen.


Protokoll:

 

StORR. Rennert erläutert, dass der Bürgermeister verpflichtet sei, rechtswidrige Entscheidungen zu beanstanden. Dies sei bei dem Beschluss des Sozialausschusses vom 08.12.2010 "Beschlusskontrolle" der Fall. Nach der Gemeindeordnung (GO) sei eine Beschlusskontrolle durch den Bürgermeister nicht vorgesehen, da dies Aufgabe des Rates und seiner Gremien sei. Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung, rechtswidrige Beschlüsse zu beanstanden, werde der Sozialausschuss aufgefordert den Beschluss vom 08.12.2010 aufzuheben.

 

Stv. Lukat fragt an, warum denn ein entsprechender Beschluss des Jugendhilfe-ausschusses vom 23.05.2005 "Es wird systematisches Beschlusscontrolling eingeführt." nicht beanstandet worden sei.

 

StORR. Rennert erklärt, dass ihm dieser Beschluss nicht bekannt sei. Der Bürgermeister sei offensichtlich nicht darüber informiert. Er ergänzt, dass der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses Herr Sack, nach seinen Ausführungen in der Ratssitzung vom 25.01.2011, dieses Controlling selbst durchführe.

 

Stv. Lukat gibt zu verstehen, dass der Beschluss in der Niederschrift verzeichnet sei. Sie verstehe nicht, wie der Bürgermeister darüber dann nicht informiert sein könne.

 

Stv. Pohler berichtet, dass früher entsprechende Beschlusslisten in den Ausschüssen geführt worden seien, die den Protokollen beigefügt wurden. Er frage, warum dies nicht wieder entsprechend praktiziert werden könne. Er bemängelt, dass keine schriftliche Position des Bürgermeisters in dieser Frage vorläge. Die Beschlüsse von Ratingen und Haan seien nicht miteinander vergleichbar. Er wäre bereit die Angelegenheit, verwaltungsgerichtlich klären zu lassen. Er fordere die dezidierte rechtliche Grundlage, damit dies im Sozialausschuss geprüft werden könne.

In der jetzigen Praxis würden Beschlüsse nicht durchgeführt, er erinnere z.B. an den Behindertenführer. Er würde eine Liste begrüßen, mit derer Beschlüsse und deren zeitliche Umsetzung, als Anhang der Einladung oder dem Protokoll beigefügt werde. Dies sei eine pragmatische Lösung.

 

 

StORR Rennert stellt dar, dass ihm eine Führung und Vorlage von Beschlusslisten nicht präsent sei. Eine Beschlusskontrolle durch die Verwaltung sei in der Gemeindeordnung nicht vorgesehen. Der Rat müsse diese selbst durchführen. Eine verwaltungsgerichtliche Prüfung sei erst möglich, wenn der vorliegende Beschluss durch den Sozialausschuss und anschließend vom Rat bestätigt sowie nachfolgend von der Kommunalaufsicht aufgehoben werde.

 

Stv. Lerch sieht in der Ratinger Angelegenheit keinen eindeutigen Bezug zum hiesigen Beschluss. Die Rechtswidrigkeit sei nicht eindeutig erkennbar. Die Begründung reiche nicht aus. Es sei doch sicherlich möglich, im Ratsinformationssystem eine entsprechende Rubrik einzupflegen, wo Beschlüsse erfasst würden. Wenn der Bürgermeister den Fehdehandschuh werfe, könne er eine entsprechende Reaktion bekommen.

 

Vors. Stracke stellt unter Hinweis auf die Beratung im Rat am 25.01.2011 dar, das es im bestehenden Ratsinformationssystem nicht möglich sei, eine Beschlusskontrolle durchzuführen. Er stimme Stv. Frau Lerch, Stv. Frau Lukat und Stv. Herrn Pohler zu, dass keine ausreichende Begründung seitens des Bürgermeisters vorläge. Er sehe auch ein Problem, wenn der Landrat eine Beschlussformulierung zur Prüfung erhalte, die in diesem Wortlaut nicht beschlossen sei. Er rege an, den vorliegenden Beschluss prüfen zu lassen. Er sehe, dass mit zweierlei Maß gemessen werde, da der Beschluss des Jugendhilfeausschusses nicht beanstandet worden sei. Er frage, wie halte die Verwaltung Beschlüsse nach? Wie würden diese Beschlüsse abgearbeitet? Er sei bisher davon ausgegangen, dass der Bürgermeister ein solches System habe, wo er sich über die Beschlüsse und deren Abarbeitung informiere. Stimme diese Annahme, wie würden tatsächlich Beschlüsse abgearbeitet? Wer entscheide über die Verfahren der Beschlussabarbeitung?

 

StORR Rennert sagt, er könne nur für seinen Arbeitsbereich sprechen. Hier würden offene Anträge und Beschlüsse auf Wiedervorlage gelegt und im Rahmen von ggfls. zu wiederholenden Fristsetzungen geprüft, ob die Aufgabe erledigt sei. Er vermute, dass dies in anderen Arbeitsbereichen ähnlich praktiziert werde. In Bezug auf den hiesigen Beschluss zitiere er die Entscheidung des Landrates, die in einem gleichgelagerten Fall getroffen wurde:

 

"Ein Rechtsverstoß liegt im vorliegenden Fall dahingehend vor, dass eine dem Bürgermeister bzw. der Verwaltung per Ratsbeschluss auferlegte, generelle Verpflichtung zur Einführung und Nutzung eines Beschlusskontrollsystems … bei der Stadt …  durch die einschlägigen Vorgaben der §§ 55 i.V.m. 62 und 63 GO NRW nicht abgedeckt ist.

 

Die einzelfallabhängige Vorbereitung und Information des Rates obliegt hinsichtlich ihrer Art und Weise grundsätzlich dem Bürgermeister im Rahmen seines Ermessens. Die Beschlussfassung … zur Einführung einer verpflichtenden Beschlusskontrolle bei der Stadt …  geht insofern über die gesetzlichen Unterrichtungsrechte und –pflichten des § 55 GO NRW hinaus. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass (Überwachung" bzw.) Kontrolle mehr als die bloße Unterrichtung – und weniger als die eigene die eigene Entscheidungszuständigkeit – bedeutet.

 

Die Kontrollrechte des Rates gem. § 55 GO NRW rechtfertigen insofern keine generelle Befugnis des Rates zu Eingriffen in den Zuständigkeitsbereich des Bürgermeisters. Ein wesentliches Überwachungsmittel des Rates (bzw. jedes Ratsmitgliedes) ist die (erweiterte) Akteneinsicht gem. § 55 Abs. 3. S. 2 (und Abs. 5) GO NRW.

 

Als Folge der Beschlussfassung des Rates der Stadt … bewirkt diese nunmehr faktisch, dass nach einer tatsächlichen Umsetzung die gesamte Organisation und Durchführung einer Beschlusskontrolle der Verwaltung ("als Ganzes") auferlegt wird.

 

Die Verwaltung wird –einzelfallunabhängig und generell- verpflichtet, regelmäßig (alle 6 Monate) über die Umsetzungsaktivitäten aller Beschlüsse und verschiedenen Sachstände Mitteilung zu machen, ohne dass es einzelfallabhängiger Anfragen etc. der Fraktionen bzw. Ratsmitglieder bedarf.

 

Die Fraktionen "ersparen" sich durch diese Vorgehensweise – und den dem damit gleichzeitig verbundenen Automatismus – ihr eigenes "Wiedervorlagesystem", d.h. ihre eigene Kontrollverpflichtung.

 

Eine solch umfassende, pauschale Informationspflicht des Bürgermeisters über alle Beschlüsse sieht die GO NRW letztlich nicht vor.

 

Die GO NRW hat als Instrumente der Beschlusskontrolle durch die Ratsmitglieder bzw. die Fraktionen das einzelfallabhängige Auskunftsrecht (§ 55 Abs. 1) und das Aktenein- sichtsrecht (§ 55 Abs. 5) im konkreten Fall als ausreichende und abschließende Möglichkeit der Kontrolle definiert.

 

Es ist grundsätzlich Sache des Bürgermeisters und der in seinem Auftrag von ihm geführten Verwaltung, nicht aber die Sache des Rates, die von der Vertretung getroffenen Entscheidungen in die Tat umzusetzen. In diesem Zusammenhang könnte durch den Bürgermeister bzw. die Verwaltung zwar durchaus eine "Beschlusskontrolle" als eigene Arbeitshilfe installiert werden; eine zwingende Auferlegung durch den verpflichtenden Ratsbeschluss … scheidet aus den vorgenannten Gründen allerdings aus."

 

Stv. Lukat berichtet, dass sie auch beim Landrat bezüglich dieser Entscheidung nachgefragt habe, dieser habe die Ausführungen bestätigt. Auf die freiwillige Möglichkeit der Beschlusskontrolle durch den Bürgermeisten sei hingewiesen worden. Ob der vom Sozialausschuss gefasste Beschluss nun rechtswidrig sei, sei nicht hinreichend geklärt worden. Hinsichtlich der Ausführung von Beschlüssen habe der Bürgermeister eine Bringschuld und dieser sei der Bürgermeister aus personellen Gründen nicht nachgekommen. Um solche nicht durchgeführten Beschlüsse ginge es. Die Verwaltung werde im Beschluss um Prüfung gebeten.

 

Zitat des Beschlusses:

"Der Sozialausschuss beschließt, dass eine Beschlusskontrolle eingeführt wird, in der zu jeder Einladung des Ausschusses die offenen Beschlüsse mit Zeitschiene, wann der Beschluss beantragt wurde und bis wann mit der Abarbeitung des Beschlusses zu rechnen ist, gelistet werden.

Der Ausschuss regt an, die Beschlusskontrolle in die GO des Rates einzuführen."

 

Man wolle lediglich eine Liste haben. Sie empfinde die Art des Umgangs befremdlich.

 

Stv. Daniel legt dar, dass es zwei Möglichkeiten gebe; entweder auf den bestehenden Beschluss zu beharren, dass dieser geprüft werde oder dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zu folgen.

Er gebe zu bedenken, dass der Bürgermeister in der Ratssitzung am 25.01.2011 zugesagt habe, eine freiwillige Beschlusskontrolle durchzuführen, wenn der Ausschuss seinen Beschluss zurücknähme. Die FDP-Fraktion würde diesen Weg beschreiten wollen.

 

Stv. Schneider gibt zu bedenken, dass das Protokoll dem Rat noch nicht vorläge, so dass keine weitergehende Prüfung möglich sei. Seiner Auffassung nach sei der Beschluss dann rechtswidrig, wenn der § 55 GO abschließend sei, was seiner Meinung nach fraglich ist. Die Kontrolle sei lediglich eine Überprüfung der Ablauftätigkeit des Bürgermeisters und kein Eingriff in seine Organisationshoheit. Man wolle nur die Tätigkeit der Verwaltung transparenter machen.

 

Stv. Endereß möchte wissen, was mit alten Beschlüssen sei, wenn der Sozialausschuss dem Beschlussvorschlag folge.

 

StORR Rennert vertritt den Standpunkt, dass die Regelung der GO abschließend sei. Von der Rechtsansicht des Städte- und Gemeindebundes, der Aufsichtsbehörde und ihm vorliegender Kommentierungen abweichende Auffassungen habe er nicht gefunden. Im Übrigen sei nicht die Beschlusskontrolle rechtswidrig, sondern eine Verpflichtung des Bürgermeisters hierzu. Natürlich könne der Bürgermeister freiwillig Aufgaben wahrnehmen, zu denen er nicht verpflichtet werden dürfe. Die von Verwaltung vorgelegte Alternative enthalte eine aus ihrer Sicht nach Aufhebung des beanstandeten Beschlusses umsetzbare Variante. Da weit überwiegend im Rat abschließende Sachentscheidungen getroffen würden, sei es naheliegend, zunächst freiwillige Beschlusslisten für dieses Gremium zu führen.

 

Stv. Pohler kann dem Beschlussvorschlag des Bürgermeisters nicht folgen. Eine Beschlussliste zu erstellen, sei gewollt und es sei auch möglich, diese zu erstellen.

 

Stv. Lukat halte den Beschlussvorschlag des Bürgermeisters aus der Tischvorlage nicht für adäquat. Nur der Rat werde informiert und die Verwaltung wolle sich nicht verpflichten, bis wann ein Beschluss abgearbeitet sei. Sie wünsche für die nächste Sitzung einen adäquaten Vorschlag.

 

Stv. Schneider bittet Herrn StORR Rennert, wenn er eine Ausfertigung des Schreibens zu § 55 GO NW an die Stadt Ratingen vom Städte- und Gemeindebundes bekäme, dieses zu erhalten. Er wolle selbst prüfen, ob die Regelung abschließend sei.

 

StORR Rennert erwidert, dass er diese dann weiterleiten würde.

 

Vors. Stracke macht deutlich, dass solche Informationen nicht geheim seien. Wie verbindlich seien die Auslegungen des Städte und Gemeindebundes? Ein Beschluss in dieser Angelegenheit sei derzeit nicht möglich, da dem gesamten Sozialausschuss Hintergrundinformationen und rechtliche Grundlagen zur Prüfung fehlen würden. Er schlage vor, die Entscheidung zu vertagen.

Er richte die Bitte hiermit über 1. Bgo. Frau Formella an den Bürgermeister, eine Liste der Beschlüsse zu erhalten, die derzeit offen seien. Es könne nicht sein, dass Mitglieder/innen in den Ausschüssen, die größtenteils juristisch nicht geschult seien, verpflichtet seien, Beschlüsse nachzuhalten und zu prüfen. Mit dieser Sachlage sei er nicht zufrieden.

 

Stv. Daniel vertritt die Auffassung, dass der Bürgermeister sich nach dem vorliegenden Beschlussentwurf zur freiwilligen Beschlusskontrolle verpflichten würde, wenn der hiesige Beschluss aufgehoben werde.

 

Stv. Mentrop erklärt, dass er ein Problem mit dem Alternativbeschluss habe.

"Die Verwaltung wird um Prüfung gebeten, ob sie jeweils zur ersten Halbjahressitzung des Rates eine Liste vorlegen kann, in welcher eine datierte Umsetzung der vom Rat abschließend getroffenen Sachentscheidung des vorletzten Halbjahres dargestellt wird. In die Liste sind auch die Entscheidungen aufnehmen, die in der vorangegangenen Liste noch nicht erledigt waren."

Das Angebot sei zu wage, ungenau und schwammig, er fände diesen Beschlussvorschlag unmöglich.

 

Vors. Stracke berichtet, dass vom Bürgermeister in der Ratssitzung am 25.01.2011, zugesagt worden sei, einen Lösungsvorschlag in der Tischvorlage dem Sozialausschuss zu unterbreiten. Das Ergebnis sei ihm ebenfalls zu ungenau, schlimmstenfalls, käme bei Rückfragen die Antwort "zur Umsetzung fehle das Personal".

 

Stv. Lukat bittet um Vertagung des Beschlusses bis zur nächsten Sitzung des Sozialausschusses. Sie hätte auch gerne die Unterlagen des Städte- und Gemeindebundes.

 


Abstimmungsergebnis:

 

einstimmig