Protokoll:

 

Bgm. vom Bovert erklärt, die bereits im Vorfeld der heutigen Sitzung eingegangenen Fragen des Kleingärtnervereins (Anlage 1) zu Protokoll beantworten zu wollen. Die Antwort der Verwaltung auf diese sowie eine weitere Frage des Herrn Kurt Knepper (Anlage 2) sind zusätzlich der Anlage 3 zu entnehmen.

 

Frage 1:

Der Zustrom von Flüchtlingen ist nicht neu und mag aktuell vielleicht in der Anzahl überraschen. Gleichwohl stellt sich die Frage, warum der Bürgermeister nicht bereits eine fertige Notfallplanung hat, welche die anstehenden unausgegorenen Beschlüsse unter Zeitdruck obsolet werden lassen würde?

 

Antwort:

Die Verwaltung hat seinerzeit die verschiedensten Vorschläge zur Lösung des Problems an die Politik herangetragen, diese sind aber alle abgelehnt worden. Der aufenthaltsrechtliche Status der eingereisten Flüchtlinge ist illegal und wird nachträglich  über einen Asylantrag legalisiert. Dies führt regelmäßig zum aufenthaltsrechtlichen Status der Duldung (vorübergehende Aussetzung der Abschiebung). Eine Vorbereitung auf  und die Einplanung von Flüchtlingszuweisungen durch die zuständigen Stellen – die Stadt Haan hat hierauf keinen Einfluss – ist mittel-oder langfristig nicht möglich. Das Vorhalten von leer stehenden Kapazitäten über einen längeren Zeitraum für evtl. eintretende Fälle ist wirtschaftlich nicht vertretbar. Beweggründe, als Flüchtling nach Deutschland zu kommen sind unterschiedlich und individuell (z. B. Verfolgung, Kriegshandlungen, wirtschaftliche Not). Die Anzahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge verläuft nicht gleichbleibend, sondern in Wellenbewegungen. Der aktuelle Presseaufruf (Anlage 4) des Bürgermeisters zeigt, dass die Priorität bei der Unterbringung der Flüchtlinge in privaten Wohnungen und gewerblichen Räumen liegt. Die jetzt angedachte Freifläche an der Kampheider Straße ist bis vor kurzem auch Ausweichfläche für die Firma Ostermann gewesen. Er versichert, dass alle rechtlichen Verpflichtungen des Kleingartenvereins Berücksichtigung finden und nach möglichst einvernehmlichen Lösungen gesucht wird. Auf die Parkflächen an der Kampheider Straße ist die Stadt aber nicht angewiesen. Letztlich wird darauf verwiesen, dass die Stadt gesetzlich dazu verpflichtet ist, adäquate Lösungen für die Unterbringung der Flüchtlinge zu finden.

 

Frage 2:

Warum ist der Bürgermeister bis heute nicht annäherungsweise auf den Verein und die Anwohner zugekommen?

 

Antwort:

Die Verwaltung hatte in den letzten Jahren einen Standort an der Landstraße, im Bebauungsplan Nr. 43 „Untere Landstraße“, für die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften vorgesehen. Der rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 43 setzt für die vorgesehene Fläche ein „Gewerbegebiet“ fest. In den beiden letzten Jahren gab es jedoch zahlreiche Entscheidungen verschiedener Verwaltungsgerichte, die entgegen anderslautender älterer Rechtsprechung die Ansiedlung von Flüchtlingsunterkünften in Gewerbegebieten als unzulässig beurteilten. Im Übrigen ist auch der Untergrund am Standort Landstraße aufgrund der Vornutzung als nicht unproblematisch zu beurteilen. Insofern sah sich die Verwaltung veranlasst, nach Alternativstandorten zu suchen.

Die Verwaltung hat hierzu das gesamte Stadtgebiet nach geeigneten städtischen, bzw. privaten Flächen und Gebäuden untersucht und letztlich mehrere solcher Standorte für Flüchtlingsunterkünfte im gesamten Stadtgebiet dem Rat der Stadt vorgeschlagen.

In der Vergangenheit war für das nunmehr in Rede stehende Areal an der Kampheider Straße eine Nutzung als ökologische Ausgleichsfläche für ein angrenzendes Bauleitplanverfahren vorgesehen gewesen. Im Laufe des Verfahrens zum Bebauungsplan Nr. 173 „Küchenfachmarkt Ostermann“ hat sich aber herausgestellt, dass die Ausgleichsflächen an anderer Stelle realisiert werden. Insofern ist auch die städtische Fläche an der Kampheider Straße im Rahmen der verwaltungsseitig durchgeführten Standortsuche mit in die Betrachtung eingeflossen und durch den Rat in seiner Sitzung am 6.5.2014 als Standort bestimmt worden.

Die Verwaltung beabsichtigt, da das bisherigen Planrecht entgegensteht, für die Ansiedlung einer Flüchtlingsunterkunft die Neuaufstellung eines Bebauungsplanverfahrens durch-zuführen. Im Rahmen der städtebaulichen Vorplanung wird die genaue Lage des Gebäudes noch festzulegen sein. Bisher gibt es hierzu noch keine Vorfestlegung dahingehend, entweder den Parkplatz oder die angrenzende Wiesenfläche in Anspruch zu nehmen. Es wird der weiteren verwaltungsinternen Abstimmung und den Gesprächen mit der Bürgerschaft überlassen bleiben, welcher Standort sich letztlich als der geeignetste herausstellt.

Im Rahmen des anstehenden Bauleitplanverfahrens haben die Bürgerinnen und Bürger, natürlich auch der Kleingartenverein, Gelegenheit Ihre Anregungen zur Planung vorzubringen. Der zuständige Fachausschuss, bzw. letztlich der Rat beraten und entscheiden darüber, ob und wie den vorgebrachten Anregungen gefolgt wird.

Über die im Rahmen des Baugesetzbuches vorgesehenen Formen der Beteiligung hinaus, steht die Verwaltung dem betroffenen Kleingartenverein Haan 69 e.V. und den Anwohnern gerne zu Gesprächen zur Verfügung.

 

Frage 3:

Die Stadt nimmt für einige eigene Standorte in Anspruch, diese nicht mit Flüchtlingsheimen zu bebauen, um die Vermarktungsmöglichkeiten nicht zu gefährden. Das gleiche gilt jedoch auch für alle Betroffenen und deren persönliches Eigentum. Warum wird durch die Maßnahme der Einzelne stark belastet, statt über den Haushalt eine gleichmäßige Belastung aller Bürger vorzunehmen?

 

 

Antwort:

Die Stadt hat alle für eine Bebauung mit Wohnunterkünften grundsätzlich in Frage kommenden Grundstücke unter vielen verschiedenen Gesichtspunkten untersucht und am Ende eine Gesamtauswertung durchgeführt. Dabei war auch der Gesichtspunkt der Bedeutung des jeweiligen Grundstücks im Zusammenhang mit der städtebaulichen Gesamtentwicklung bzw. erfolgter politischer Willensäußerung hierzu zu bewerten (z.B. Bürgerhausareal, Thunbuschpark, Bachstr. etc.). Die Entscheidung für die Kampheider Straße und gegen andere Standorte fiel selbstverständlich auch unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit, weil Rat und Verwaltung gemäß § 10 Gemeindeordnung NRW verpflichtet sind, das Gemeindevermögen wirtschaftlich und sparsam zu verwalten und das vorhandene Vermögen mit größtmöglicher Wirksamkeit zum Wohle der Einwohner einzusetzen haben.  

 

Das vorgebrachte Argument ist auch nicht schlüssig, da, egal an welchem Standort,  jeder andere private Eigentümer mit genau demselben Argument aufwarten könnte.

 

 

Frage 4:

Die Bewertungsmatrix der Verwaltung stellt ausschließlich wirtschaftliche und zeitliche Komponenten dar. Es fehlt jegliche Betrachtung über die mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen auf das Umfeld, obwohl diese untrennbar dazu gehören. Warum?

 

Antwort:

Die Standortsuche für eine Wohnunterkunft für Flüchtlinge unter Berücksichtigung der zeitlichen und realen Umsetzbarkeit sind wesentliche Aspekte, jedoch nicht die allein Ausschlag gebenden. Neben den Aspekten für die Flüchtlinge (umgebende Infrastruktur wie z. B. ÖPNV, Erreichbarkeit von Schule und Kindertageseinrichtung, Nahversorgung) spielt auch die soziale Verträglichkeit im Umfeld eine maßgebliche Rolle. Die soziale Verträglichkeit wird durch die Anwohner maßgeblich mitgestaltet. Richtig ist, dass Problemstellungen zwischen Flüchtlingen und Anwohnern auch an anderen Standorten entstanden sind. Die Verwaltung steht in diesen Fällen immer als Ansprechpartner der Anwohner zur Verfügung und ist immer bestrebt, Lösungen möglichst gemeinsam zu erreichen.  

 

 

Frage 5:

Kennen der Bürgermeister und die Politik die Ängste und Nöte der Betroffenen? Ist Ihnen bekannt, das der Kleingartenverein durch die Entscheidung ggf. in eine existenzielle Schieflage geraten kann und welche Hilfsmaßnahmen schlagen Sie vor? Wie stehen Bürgermeister und Politik zu einem ggfls. nicht auszuschließenden Werteverlust des Eigentums der Anwohner und Eigentümer der Kleingärten. 

 

Antwort:

Die Erfahrungen über mehrere Jahrzehnte zeigen, dass bei der Standortsuche für Flüchtlingsunterkünfte die Reaktionen der Anwohner wiederkehrend und annähernd gleichbleibend sind. Die Verwaltung nimmt die Belange und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ernst und trägt diesen Rechnung durch eine intensive Begleitung und Betreuung der Flüchtlinge sowie einer sozialen Kontrolle der Unterkünfte mit einem hohen Personaleinsatz, auch durch den beauftragten Caritasverband, und Mitteleinsatz.

Ein Werteverlust für den Kleingartenverein ist nicht erkennbar, weil die Stadt selber Eigentümer des Grundstückes ist und der im Pachtvertrag aufgeführte Nutzungszweck nicht eingeschränkt bzw. beeinträchtigt wird. 

   

Frage 6:

Ist die Nutzung des Haaner Bachtals als Naherholungsgebiet in die Bewertung mit eingeflossen?

 

Antwort:

Nein.

 

 

Frage 7:

Aufgrund welcher Rechtsgrundlagen geht die Verwaltung von einer schnellen Bebaubarkeit welcher Parzelle genau aus? Rechnet sie hier mit wenig und geringem Widerstand und sucht sie dementsprechend den Weg des geringsten Widerstands?"

 

Antwort:

Keinesfalls hat die Stadt den "geringsten Widerstand" zum Bewertungskriterium für die Eignung eines Grundstücks gemacht. Vielmehr ergab sich die Auswahl aus einer Vielzahl an Kriterien. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 2 verwiesen, in der der Verfahrensablauf und auch Ihre Beteiligung beschrieben sind.

 

 

Frage 8:

Erneut werden Flüchtlinge am Stadtrand ausgegrenzt, obwohl eine innerstädtische Unterbringung von den Entscheidungsträgern eigentlich bevorzugt wird.

 

Antwort:

Von einer Ausgrenzung kann überhaupt keine Rede sein, zumal die Anwohner, die dort freiwillig hingezogen sind, sich offensichtlich nicht ausgegrenzt fühlen. Es ist nicht ersichtlich, dass die „Entscheidungsträger“ eine innerstädtische Unterbringung bevorzugen. Nach Auffassung der Verwaltung soll eine dezentrale Unterbringung erfolgen. Dieser Auffassung ist der Rat mit seiner Entscheidung auch gefolgt.

 

 

Frage 9:

Warum stimmt der Bürgermeister für den Standort Kampheider Straße, obwohl er heute in der Presse nach Wohnraum sucht und sich gegen Containerlösungen ausspricht.

 

Antwort:

Der Bürgermeister hält eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen für die geeignetste Lösung, den Interessen aller gerecht zu werden. Entsprechende Lösungen werden, soweit angeboten, bevorzugt. Alternativ müssen andere Lösungen entwickelt werden, die im Notfall zu realisieren sind. Sollte sich allerdings die Inanspruchnahme von „Containerlösungen“ vermeiden lassen, würde dies sehr begrüßt, allerdings liegen zurzeit von privaten oder gewerblichen Vermietern keine ausreichenden Angebote vor. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Zur Zeit sind auch die Zugänge von Flüchtlingen auch nicht so groß wie ursprünglich avisiert. Ob sich dieser Trend verfestigt, ist allerdings nur sehr schwer absehbar, da weltweit von einer Zunahme der Zahlen ausgegangen wird, diese auch in jüngster  Zeit zu verzeichnen war.

Parallel prüfen wir selbstredend sämtliche Möglichkeiten der Unterbringung, die sich durch Neuentwicklungen ergeben.

Fest steht nur, dass wir für den Notfall gerüstet sein müssen und hierfür entsprechende Vorplanungen getroffen werden müssen. Die endgültigen Entscheidungen  sind abschließend  vom Rat nach Durchführung der erforderlichen gesetzeskonformen Maßnahmen unter Wahrung der Beteiligungsrechte  der Betroffenen zu treffen.