Betreff
Änderung der Ausbaubeitragssatzung
Vorlage
60/026/2017
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

Die SPD-Fraktion hat mit Schreiben vom 22.08.2016 beantragt, in die Ausbaubeitragssatzung die Abrechenbarkeit von Wirtschaftswegen aufnehmen.

Da von Seiten der Verwaltung eine Überarbeitung der gesamten Satzung geplant war, hat der HFA in seiner Sitzung am 13.09.2016 die Verwaltung beauftragt, die Ausbaubeitragssatzung vom 04.03.1993 zu überarbeiten und den aktuellen Anforderungen anzupassen sowie die Wirtschaftswege in die Satzung aufzunehmen.

 

 

Nach § 8 KAG sollen die Gemeinden bei den öffentlichen Straßen Beiträge erheben. Nach dem Haushaltsrecht sind diese hierzu jedoch verpflichtet, um die Investitionsaufwendungen durch spezielle Entgelte so weit wie möglich zu refinanzieren.

 

Die Höhe des festzusetzenden Ausbaubeitrags muss sich nach den Vorteilen beurteilen, die den Anliegern durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme geboten werden. Diese sind prozentual festzusetzen. Hierbei muss die Straßenbaubeitragssatzung zwingend die Anlieger- und Gemeindeanteile nach Straßenarten und innerhalb dieser nach Teileinrichtungen (Fahrbahn, Gehweg etc) staffeln.

Die Staffelungen sind innerhalb einer vorgegebenen Spannbreite zulässig. Die Untergrenze wird bestimmt durch die Sollvorschrift der Beitragserhebung und die Obergrenze am maximal möglichen Anliegervorteil. Der Städte- und Gemeindebund hat in seiner Musteratzung diese Grenzwerte aufgezeigt. Innerhalb dieser Grenzen hat die Stadt einen Beurteilungsspielraum, der sich an der wahrscheinlichen Inanspruchnahme einerseits der Anlieger und andererseits der Allgemeinheit orientieren muss. Fiskalische Erwägungen werden dem Vorteilsprinzip nicht gerecht und dürfen in der Anteilsfestlegung keine Berücksichtigung finden.

In der gültigen Ausbaubeitragssatzung der Stadt Haan liegen die Anliegeranteile am unteren Grenzwert und sollten entsprechend der Ausbauvorteile angehoben werden. Eine Übersicht der Anteilsfestsetzungen in den anderen Städten des Kreises ist beigefügt.  

 

 

Anliegerstraßen sind reine Wohnstraßen, die voraussetzungsgemäß überwiegend von Anliegern und in geringem Umfang nur von der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden. Somit muss der Anliegeranteil den Allgemeinanteil übersteigen.

Unter Anlegung dieses Maßstabs liegt die Festsetzung eines Gemeindeanteils von

20 % des beitragsfähigen Aufwandes für alle Teileinrichtungen im Rahmen des satzungsgeberischen Ermessens. Ein weiterer Nachweis ist bei Anliegerstraßen nicht erforderlich. Unselbständige Grünanlagen sind nach der Rechtsprechung des OVG Münster straßenbaubeitragsrechtlich keine eigene Teileinrichtung der Straße, sondern eine Hilfseinrichtung, die rechtlich der jeweiligen Teileinrichtung (Gehweg, Fahrbahn) zuzuordnen ist. Damit ist auch der jeweilige Anteilssatz anzunehmen, so dass bei Anliegerstraßen entgegen der Empfehlung des Städte- und Gemeindebundes konsequenter Weise auch ein Gemeindeanteil von 20% zu Grunde zu legen ist.

Die Satzung der Stadt Haan sollte daher bei Anliegerstraßen einen Anliegeranteil für alle Teileinrichtungen von 80% festsetzen.

 

Zur Ermittlung des Anliegervorteils der Fahrbahn bei den Haupterschließungsstraßen wurden Daten aus dem Verkehrsentwicklungsplan des Ingenieurbüros Runge+Küchler herangezogen. Hierin sind 24h Verkehrszählungen für verschiedene Haupterschließungsstraßen, z.B. Wilhelmstr und Thienhausener Straße enthalten. Stellt man die Verkehrsbelastung dem spezifischen Verkehrsaufkommen pro Einwohner (SVE) für die an diesen Straßen lebenden Personen gegenüber, ergibt sich in Haan ein Anliegerverkehr von unter 30%.

 

Das OVG Münster hat in einem Urteil vom 26.03.2009 entschieden, dass es für den Gemeindeanteil bei Fahrbahnen von Haupterschließungsstraßen bei der vom Satzungsgeber im Rahmen der Festsetzung des Gemeindeanteils vorzunehmenden Abwägung zwischen dem wirtschaftlichen Vorteil der Allgemeinheit und dem der Anlieger nicht auf eine schematische Gegenüberstellung der absoluten Zahlen der Durchgangsverkehrsvorgänge einerseits und der Anliegerverkehrsvorgänge andererseits ankommt, sondern auf eine Gewichtung der Verkehrsvorgänge. Dabei ist es erlaubt, dem Anliegerverkehrsvorgang ein höheres Gewicht als dem Durchgangsverkehrsvorgang zuzumessen. Daher wird ein mittlerer Wert von 45% Anliegeranteil für Fahrbahn und Radweg als vorteilsgerechter Wert angesetzt; höhere Anteile können nicht begründet dargestellt werden.

 

Bei den Nebenanlagen (Gehweg, Parkflächen etc.) ist der Anliegervorteil grundsätzlich höher zu bemessen, da diese überwiegend von den Anliegern genutzt werden.  Innerhalb der möglichen Beitragsspanne sollte auch hier ein mittlerer Wert (55% bis 65% je nach Teileinrichtung) als vorteilsgerecht angesetzt werden, da ein höherer Anliegervorteil nicht belegt werden kann.

 

Bei den Hauptverkehrsstraßen ist die Inanspruchnahme der Fahrbahn durch den Durchgangsverkehr erheblich höher als die der Anlieger. In Haan sind die Hauptverkehrsstraßen größtenteils klassifiziert, so dass hierfür keine Beiträge für die Fahrbahn erhoben werden können. Eine Beitragserhebung kommt lediglich für die Hochdahler Straße (bereits 2006 erneuert und abgerechnet), für die Böttinger Straße  und die Straße Am Schlagbaum in Betracht. Nach den Zahlen der Verkehrszählung aus dem Verkehrsentwicklungsplan kann hier für die Fahrbahn bei höherer Wichtung des Anliegervorteils max. ein Anliegeranteil von 30 % angesetzt werden.

 

Nebenanlagen können auch von klassifizierten Straßen abgerechnet werden, wenn sie in der Straßenbaulast der Stadt sind. Auch hier gilt wie bei den Haupterschließungsstraßen, dass die Anliegervorteile für die Nebenanlagen überwiegen. Eine Differenzierung zu den Vorteilen, die eine Haupterschließungsstraße bietet, muss nicht erfolgen. Die Literatur sieht es als vorteilsgerecht an, die gleichen Sätze für den Anliegervorteil anzunehmen.

 

Bei den Hauptgeschäftsstraßen sind die Anliegervorteile aufgrund des dort vorhandenen Einzelhandels wieder höher zu bewerten. Zahlen aus einem Verkehrsgutachten liegen hierfür nicht vor. Da somit auch hier keine Anliegervorteile belegt werden können, wurden diese im mittleren zulässigen Bereich festgesetzt, um Rechtssicherheit zu haben. Die Straßenart Hauptgeschäftsstraße hat in Haan eine untergeordnete Bedeutung. Als nicht klassifizierte Straße kommt lediglich die Bahnstraße in Betracht.

 

Erstmals aufgenommen wurden die Wirtschaftswege mit einem Anliegeranteil von 60%. Ein höherer Anteil gibt nicht den Anliegervorteil wieder, da diese Wege in Haan einen hohen Allgemeinanteil als Wanderweg haben.

 

Verbunden mit der Aufnahme der Wirtschaftswege in die Satzung ist auch die Festlegung eines Nutzungsfaktors für die an diesen Wegen liegenden land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke. Hier hat das Verwaltungsgericht Minden 2013 entschieden, dass es sich bei den Nutzungsfaktoren um eine generalisierte und typisierte Bewertung handelt. Nutzungsfaktoren von bis zu 0,05 werden in der Literatur als angemessen erachtet und wurden gerichtlich noch nicht beanstandet. Die unterschiedlichen Maße der Nutzung für land- und fortwirtschaftliche Grundstücke sind mit unterschiedlichen Faktoren in der Satzung festzulegen.

Bisher wurde in Haan noch kein beitragsrechtlich relavanter Ausbau an Wirtschaftswegen vorgenommen. Bei den durchgeführten Arbeiten handelte es sich immer nur um Unterhaltungs- und Instandhaltungsmaßnahmen.

 

Bei allen Straßenarten wird erstmals die Beitragsfähigkeit eines kombinierten Rad- und Gehweges bis zu einer Breite von 3,5 m aufgenommen. Steht mehr Fläche zur Verfügung werden Geh- und Radweg separat angelegt. Die anrechenbare Breite von Radwegen wird entsprechend der Mustersatzung angepasst. Des Weiteren wird die anrechenbare Breite der Parkflächen erhöht, um auch die Möglichkeit zu schaffen Schrägparkplätze abzurechnen.

 

Für die Abrechnung von Ausbaumaßnahmen ist die Satzung heranzuziehen, die im Zeitpunkt der Fertigstellung gültig ist. Für den ersten Abschnitt der Dieker Straße ist dies die z.Zt. gültige Satzung.

 

Die Anlieger des zweiten Abschnitts wurden bereits auf Grundlage der gültigen Satzung zu einer Vorausleistung herangezogen. Zur Gleichbehandlung der Anlieger beider Bauabschnitte und auf Grund der bereits erfolgten Heranziehung zu Vorausleistungen für den zweiten Bauabschnitt  nach gültigem Satzungsrecht sollte die Abrechnung auch für diesen Abschnitt nach dieser Satzung erfolgen. Dies ist nur möglich wenn eine neue Satzung erst zu einem Zeitpunkt in Kraft tritt, in dem die Maßnahme abgeschlossen ist.  Daher wird die zu beschließende Satzung mit Wirkung vom 01.11.2017 in Kraft gesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt stehen keine neuen Maßnahmen an.  

 

Beschlussvorschlag:

Die anliegende Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 Kommunalabgabengesetz (KAG) für straßenbauliche Maßnahmen wird beschlossen.

Finanz. Auswirkung:

Erhöhung der Beitragseinnahmen