Sachverhalt:
Mit Schreiben vom 11. April 2024 beantragte die WLH-Fraktion für alle Fachausschüsse vom 22.5. bis 25.6.2024 den TOP „2% globaler Minderaufwand – konkrete Auswirkungen auf den Teilplan“ auf die jeweilige Tagesordnung zu nehmen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass zur Ratssitzung am 9.4.24 die Haushaltssatzung als Tischvorlage verteilt und erst nach fast fünf Stunden Sitzungszeit, kurz vor der Abstimmung der Haushaltssatzung klar gewesen sei, dass ein, nach Ansicht der WLH-Fraktion neuer "Haushaltskniff", zur Haushaltsrettung genutzt wurde. Erstmalig sei in der Satzung eingefügt worden: „globaler Minderaufwand von 2.484.807 EUR im Ergebnisplan“ der dann auch noch auf 2.491.625 EUR geändert wurde. Dazu hätte die Kämmerin erklärt, dass der globale Minderaufwand 2% der ordentlichen Aufwendungen entspricht.
Konkrete Angaben zu den zu kürzenden Teilplänen im Haushalt mit den jeweiligen Auswirkungen seien nicht vorgelegt worden. Die WLH-Fraktion bemängelt, dass die Verwaltung jetzt als „Geschäft der laufenden Verwaltung“ Kürzungen / Einsparungen im Haushaltsjahr in Höhe von insgesamt rd. 2,5 Mio € vornehmen würde, ohne die Politik einzubinden. Eine Aussprache zum globalen Minderaufwand sei nicht mehr erfolgt, da man sich bereits in der Abstimmung befunden habe. Die Ratsmehrheit aus Bürgermeisterin, CDU und SPD hätten dem so zugestimmt.
Damit wurde nach Ansicht der WLH-Fraktion den Ausschuss- und Ratsmitgliedern die konkrete Beratungsmöglichkeit zu den jeweiligen „Sparmaßnahmen“ unmöglich gemacht. Durch die Ratsmehrheit sei eine vorherige Beratungsmöglichkeit z.B. im Bereich der Kinder- und Jugendförderung, Förderung der Vereine und des Sports, der Bildung, des Umweltschutzes uvm. genommen worden.
Die WLH-Fraktion erkennt zwar an, dass den Kommunen aufgrund der gesetzlichen Änderungen in der GO durch das 3. NKF-Weiterentwicklungsgesetz die Möglichkeit gegeben wurde, eine pauschale Kürzung von Aufwendungen bis zu einem Betrag von 2 Prozent der Summe der ordentlichen Aufwendungen im Haushaltsplan zu veranschlagen, wenn zuvor trotz Ausnutzung von Spar- und Ertragsmöglichkeiten ein Haushaltsausgleich nicht darstellbar ist. Sie bemängelt jedoch, dass die bisherige gesetzliche Einschränkung nach §79 Abs. 3 GO a.F. wonach die Kürzung nur „unter Angabe der zu kürzenden Teilpläne“ erfolgen durfte, gestrichen wurde und die Kommunen nach den neuen gesetzlichen Regelungen hierzu keine Angaben mehr machen müssen. Nach Ansicht der WLH-Fraktion birgt dies für die Politik die große Gefahr, dass die Verwaltung selbst, quasi als „Geschäft der laufenden Verwaltung“ Kürzungen in den einzelnen Teilbereichen vornimmt, welche die Politik selbst nie wollte.
Mit ihrem Antrag möchte die WLH-Fraktion dieser Gefahr entgegentreten und von der Verwaltung konkrete Angaben zum jeweiligen Teilplan der Fachausschüsse erhalten, um hier ggf. nach Beratung noch lenkend eingreifen zu können.
Stellungnahme der Verwaltung zu den Andeutungen der WLH-Fraktion,
die Verwaltung hätte sich nicht rechtskonform verhalten
Nach dem am 24.10.2023 eingebrachten Haushaltsentwurf 2024 hätte ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) zwingend aufgestellt werden müssen. Es zeichnete sich jedoch ab, dass weder die von der Verwaltung vorgeschlagenen Konsolidierungsmaßnahmen noch weitere von Teilen der Politik angeregte Maßnahmen mehrheitsfähig gewesen wären, um ein genehmigungsfähiges HSK aufstellen zu können.
Die dramatische Verschlechterung der Haushaltslage stellte dabei kein singuläres Problem der Stadt Haan dar, sondern betraf die Mehrzahl der Kommunen aufgrund der negativen Entwicklung im Rahmen der Corona-Pandemie sowie des Krieges in der Ukraine, in deren Folge es zu massiven Preissteigerungen insbesondere im Bau- und Energiebereich kam. Von Bund und Land wurden nicht nur erhebliche finanzielle Mittel zur Unterstützung der Bevölkerung und der Privatwirtschaft bereitgestellt, sondern auch Steuererleichterungen auf den Weg gebracht, die von den Kommunen mitfinanziert werden mussten und so die Ertragslage dauerhaft schmälerten.
Da eine weitere finanzielle Unterstützung der Kommunen seitens des Landes ausgeschlossen wurde, aber ein Abrutschen vieler Städte in die Haushaltssicherung zu befürchten war, entschloss sich die Landesregierung durch Änderungen am Haushaltsrecht Möglichkeiten zu schaffen, die dies verhindern. Den Kommunen in prekärer Haushaltslage wurde daher Ende 2023 empfohlen, die Haushaltsverabschiedung bis zur Novellierung der GO hinauszuzögern.
In Absprache zwischen Verwaltung und Politik, sollten die angekündigten Änderungen im Haushaltsrecht genutzt werden, um einen Haushalt ohne HSK verabschieden zu können. Die Haushaltsplanberatungen wurden damit im Dezember 2023 zunächst unterbrochen und in den nächsten Sitzungszyklus geschoben.
Am 6.12.2023 legte die Landesregierung mit Drucksache 18/7188 den Gesetzentwurf für das Dritte Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements im Land Nordrhein-Westfalen (3. NKFWG) vor. In diesem Entwurf nicht mehr enthalten war die bis dahin kommunizierte Streichung der 5%-Hürde (wird in zwei Haushaltsjahren hintereinander mehr als 5% der Allgemeinen Rücklage verbraucht, ist zwingend ein HSK aufzustellen), die die Aufstellung eines HSK obsolet gemacht hätte. Die Voraussetzungen unter denen ein HSK aufzustellen ist (§ 76 Abs. 1 GO) blieben damit unverändert zum bestehenden Recht. Es mussten daher alle weiteren Möglichkeiten, die das neue Haushaltsrecht bietet, ausgeschöpft werden, um ein HSK vermeiden zu können.
Kernaussage des Gesetzentwurfes war „das Ergebnis ist immer besser als die Planung, Spielräume sind also ausreichend vorhanden“ und „der Fokus muss auf dem Planjahr liegen“.
U.a. heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf: „Um
die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen absichern zu können, bedarf es
Änderungen am kommunalen Haushaltsrecht: Im Zuge der Umsetzung der
Haushaltsplanungen durch die Gemeinden und Gemeindeverbände hat sich
retrospektiv gezeigt, dass sich der Vollzug der Haushalte im Ist wesentlich
besser darstellt als im Vorhinein geplant. In Verbindung mit der prognostischen
Unsicherheit - die sich im Hinblick auf die Zukunft immer ergibt, sich aber vor
dem Hintergrund der Verwerfungen in der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung
und der absehbaren Entwicklung der kommunalen Sozialhaushalte besonders darstellt
- bedarf es Änderungen, die das zu planende Haushaltsjahr stärker als bisher
fokussiert“.
Das neue Haushaltsrecht sieht nun in § 79 Abs. 3 GO eine Art Stufenplan zur Erreichung eines Haushaltsausgleichs vor (Nummerierung und [Ergänzungen] durch die Verwaltung):
Kann der Ausgleich des Jahresergebnisses trotz
1. Ausnutzung von Spar- und Ertragsmöglichkeiten nicht erreicht werden, kann im Ergebnisplan
2. eine pauschale Kürzung von Aufwendungen bis zu einem Betrag von 2 Prozent der Summe der ordentlichen Aufwendungen veranschlagt werden (globaler Minderaufwand);
3. anstelle oder zusätzlich kann die Ausgleichsrücklage verwendet werden.
Soweit ein Ausgleich des Jahresergebnisses nach Satz 1 nicht erreichbar ist, kann
4. ein verbleibender Jahresfehlbetrag in der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung längstens in die drei folgenden Haushaltsjahre vorgetragen werden; § 84 ist zu beachten [Genehmigungserfordernis].
5. [Erst] Bei einer [dann noch erforderlichen] geplanten Verringerung der allgemeinen Rücklage ist § 75 Absatz 4 [Genehmigungserfordernis] und § 76 [wann ist verpflichtend ein HSK aufzustellen] zu beachten.
Entsprechend wurde der Haushalt 2024 von der Verwaltung aufgestellt:
- alle mehrheitsfähigen Spar- und Ertragsmöglichkeiten wurden eingeplant,
- ein globaler Minderaufwand von 2% der ordentlichen Aufwendungen wurde als Subtrahend berücksichtigt und
- der noch verbliebene Fehlbetrag wurde über die Ausgleichsrücklage gedeckt.
Danach war die Voraussetzung nach § 75 Abs. 2 GO erfüllt. Der Haushalt ist ausgeglichen, eine Inanspruchnahme der Allgemeinen Rücklage erfolgt nicht.
Auch für die Finanzplanungsjahre 2025 bis 2027 wurde so verfahren. Allerdings steht ab dem Jahr 2025 keine ausreichende Ausgleichsrücklage mehr zur Verfügung, um den Ausgleich vollständig aus der Ausgleichsrücklage darstellen zu können. In den Jahren ab 2025 liegt jedoch der Verbrauch der Allgemeinen Rücklage nur im Jahr 2025 über 5%. In den Jahren 2026 und 2027 liegt er unter 5%.
Die Voraussetzung nach § 76 Abs. 1 GO, wonach ein HSK zwingend aufzustellen ist, wenn in zwei hintereinander liegenden Jahren der Eigenkapitalverbrauch über 5% liegt, ist damit nicht erfüllt, der Haushalt unterliegt nicht dem Genehmigungsvorbehalt.
Während der Haushaltsplanberatungen wurde seitens der Verwaltung immer darauf hingewiesen, dass mit den neuen Haushaltsregelungen lediglich die Voraussetzungen geschaffen werden, um ein flächendeckendes Abrutschen der Mehrzahl der nordrhein-westfälischen Kommunen in die Haushaltssicherung und damit die Forderung nach einer besseren Finanzausstattung durch das Land zu verhindern. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass das Risiko ungeplanter Mehraufwendungen und/oder Mindererträge vollständig in die Haushaltsausführung verlagert wird. Und es wurde auch darauf hingewiesen, dass die Anwendung der neuen Haushaltsregelungen zu einem rasanten Eigenkapitalverzehr führen, so dass damit zu rechnen ist, dass trotz Anwendung der neuen gesetzlichen Regelungen ein HSK unter Umständen nur um ein Jahr hinausgeschoben werden könne.
Die Darstellung in der Gesetzesbegründung, dass sich das Ergebnis fast immer besser darstellt als die Planung, kann auch so im Haushaltsplan der Stadt Haan nachgelesen werden. Seit Einführung des NKF 2009 bei der Stadt Haan sind die Ergebnisse bis auf die der Jahre 2009 und 2020 immer besser ausgefallen als geplant. Das Ergebnis verwundert auch nicht, da ein Grundsatz der Haushaltsplanung das Vorsichtsprinzip ist. Danach sind Erträge nur im tatsächlich zu realisierenden, Aufwendungen hingegen im zu erwartenden Umfang sorgfältig zu schätzen und zu etatisieren. Der globale Minderaufwand stellt insofern eine in Zahlen gefasste Korrektur der zum Zeitpunkt der Haushaltsaufstellung prognostizieren Differenz zwischen veranschlagten Erträgen und Aufwendungen dar. Dies wird von den Jahresergebnissen bestätigt, da die Verbesserungen in der Regel sowohl auf Minderaufwendungen als auch auf Mehrerträgen beruhten. Die bisherigen Ergebnisse lassen somit die Annahme zu, dass eine Verbesserung des geplanten Ergebnisses 2024 im Umfang des globalen Minderaufwandes realistisch ist.
Eine Konkretisierung des globalen Minderaufwandes läuft im Übrigen der Systematik zuwider und wurde daher folgerichtig aus dem Gesetz gestrichen. Soweit Mittel in einem bestimmten Bereich/Produkt nicht zur Verfügung gestellt werden sollen, dürfen sie nicht etatisieren werden. Durch den globalen Minderaufwand hingegen wird der grundsätzliche Bedarf für die Mittelbereitstellung anerkannt, gleichzeitig aber die Beachtung der allgemeinen Haushaltsgrundsätze nach § 75 Abs. 1 GO eingefordert, wonach die Haushaltswirtschaft wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen ist.
Beschlussvorschlag:
Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.