Betreff
Grundsanierung / Aktivierung der Übergangswohnheime Dellerstr. 90, 90 a und 90 b sowie Schaffung von Sozialwohnungen (öffentlich geförderter Wohnungsbau) auf der Liegenschaft Heidfeld 12/14
Vorlage
51/130/2016
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

1.    Anlass / Inhalt der Vorlage

 

       Anlass und Inhalt der Vorlage sind

Ø die Entwicklungen betreffend die Situation

- der von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen,

- der von Wohnungslosigkeit betroffenen und unterzubringenden Menschen,

- der Übergangswohnheime / Unterbringungskapazitäten für Wohnungslose

Ø die vorhandene / sich abzeichnende Situation / Bedarfslage zu preiswerten Wohnraum (Sozialwohnungen) auch für Flüchtlinge

 sowie

Ø der Antrag der WLH-Ratsfraktion vom 05.07.2016 (Anlage 1).

 

2.    Statistik

 

       Zur Verdeutlichung der Entwicklung in den Bereichen

- untergebrachte Wohnungslose,

- Räumungsklagen und

- Wohnungslosenhilfe / Betreuungsmanagement

werden nachfolgend die „Fallzahlen“ dargestellt:

 

Ø In Übergangswohnheimen untergebrachte Wohnungslose

 

Jahr

2013

2014

2015

bis 07/2016

Anzahl Personen im Jahresdurchschnitt

25,8

26,2

28,4

31,4

 

Ø Anzahl der vom Gericht mitgeteilten Räumungsklagen

 

Jahr

2013

2014

2015

bis 15.8.2016

Anzahl der mitgeteilten Räumungsklagen

davon

- Einzelpersonen

- Familien, nur

   Volljährige

- Familien mit minder-

   jährigen Kindern

14

 

5

2

7

14

 

8

 

6

29

 

15

3

11

      24 1)

 

13

3

8

1) Hochrechnung bis 31.12.2016: 38

 

 

 

Ø Fallzahlen der Wohnungslosenhilfe / des Betreuungsmanagements der Caritas

 

Jahr

2013

2014

2015

bis 15.08.2016

Anzahl „Fälle“ 2)

- Präventivberatung

-  Vermittlung in

    Wohnraum

- Wohnungserhalt

 

48

17

nicht erfasst

 

54

7

nicht erfasst

 

36

13

 

19

 

101

13

 

21

2) Quelle: Caritasverband für den Kreis Mettmann e. V.

 

3.    Übergangswohnheime

 

       Derzeit stehen für die Unterbringung von Wohnungslosen die  Übergangswohn­heime Dellerstraße 90, 90 a, 90 b und Heidfeld 14 zur Verfügung.

       Die Gebäude wurden errichtet 1957 (Dellerstraße) und 1966 (Heidfeld). Es han­delt sich um kleine Schlichtwohnungen mit niedrigstem Standard, die mit Fami­lien und Einzelpersonen belegt sind.

       Die genannten Übergangswohnheime können bei vollständiger Nutzung – abhän­gig von den Belegungsstrukturen (Familien / Einzelpersonen) und unter Berücksichtigung der heutigen Maßstäbe mit rd. 50 – 55 Personen belegt wer­den.

       Teile des Gesamtkomplexes an der Dellerstraße sind insbesondere wegen des baulichen Zustandes (z. B. keine Heizungsanlage) und Bewohnerverhaltens immer wieder problembelastet.

       Das Gebäude Heidfeld 12 ist seit vielen Jahren aufgrund des Zustandes nicht mehr nutzbar und als abgängig zu betrachten. Die beiden Gebäude Heidfeld 12 und 14 sind nach heutigen Maßstäben nur  für eine relativ geringe Belegungska­pazität ausgelegt.

 

4.    Beschlusslage

 

       In der Vergangenheit geriet der Standort Dellerstraße wiederholt in die Kritik der Anwohner und in die politische Diskussion.

       Markante Eckpunkte:

-    In 2006 beschloss der Rat u. a. die Veräußerung der Liegenschaft Dellerstraße, die Festlegung der Liegenschaft Heidfeld für die Ersatzbebauung für Wohnungslose und für Letzteres die Beauftragung zur Einleitung der Ände­rung des vorhandenen Bebauungsplanes.

-    Zur Liegenschaft Heidfeld sollte in der Sitzung des PLUA am 15.04.2008 der Aufstellungsbeschluss für die 3. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 19 gefasst werden, diese Beschlussfassung erfolgte seinerzeit nicht.

-    In 2008 beschloss der Rat die Zusammenarbeit mit dem Caritasverband für den Kreis Mettmann e. V. im Rahmen eines Betreuungsmanagements. Dies führte dazu, dass die Zahl der untergebrachten Wohnungslosen innerhalb von zwei Jahren halbiert werden konnte.  

-    In 2010 setzte der Rat die in 2006 gefassten Beschlüsse aus (bis zur Vorlage eines neuen / überarbeiteten Unterbringungskonzepts), hiervon ausgenom­men wurde der Beschluss betreffend die Veräußerung der Liegenschaft Dellerstraße.

 

5.    Entwicklungen, Bewertungen

 

Die dargestellten statistischen Zahlen verdeutlichen, dass die sozialen Problem­stellungen in allen Tätigkeitsfeldern im Zusammenhang mit drohendem Woh­nungsverlust / Eintritt des Wohnungsverlusts  ansteigen.

Die Fälle / Zahlen des Caritasverbandes und die Erkenntnisse aus den Hand­lungsfeldern des Allgemeinen Sozialen Dienstes der Sozialverwaltung  weisen darauf hin, dass über die Problematik der Unterbringung von wohnungslosen Personen hinaus verstärkt sozialproblematische Sachverhalte (z. B. niedrige Renten, Wohnungserhalt im Alter, für Transferleistungsbezieher preiswerter Wohnraum kaum verfügbar) mit Handlungsdruck zu verzeichnen sind.

Die Vermeidung von Wohnungslosigkeit - dieses Handlungsfeld ist bei Verwal­tung und beim Caritasverband als Auftragnehmer für das Betreuungsmanage­ment mit hoher Priorität versehen - wird schwieriger, nicht zuletzt vor dem Hin­tergrund des in Haan nur eingeschränkt verfügbaren  preiswerten Wohnraums / der angespannten Wohnungsmarktlage.

Derzeit stehen in Haan rd. 1.100 mietpreisgebundene Wohnungen (Sozialwoh­nungen) zur Verfügung. Der Leerstand in diesem Vermietungssegment ist seit Jahren gering und in erster Linie bedingt durch Fluktuation (siehe hierzu auch Vorlage 61/100/2016 - Geförderter Wohnungsbau in Haan). Sozialwohnungen stehen einem „berechtigten Personenkreis“ zur Verfügung, der Bezug erfordert den Wohnberechtigungsschein, der einkommensabhängig ausgestellt wird. Auch hier wird allein aus der Kombination des Anstiegs der Einwohnerzahl oberhalb des Erwerbsalters und der prognostizierten Rentenentwicklung die zunehmende Nachfrage / Bedarfslage nach „bezahlbarem“ Wohnraum deutlich. Derzeit beträgt das Rentenniveau der Standardrente (Netto vor Steuern) 47,9 Prozent, Sozial­studien und der Rentenversicherungsbericht 2015 der Bunderegierung gehen aufgrund von Modellberechnungen von einem Wert in Höhe von rd. 44,6 Prozent zu Ende des nächsten Jahrzehnts aus.

Aufgrund der Flüchtlingssituation mit der hohen Zuwanderungszahl in 2015 wird sich die Wohnungssituation künftig weiter verschärfen und der Bedarf an ange­messenen, preiswerten Wohnraum deutlich steigern bedingt durch die hohe Gesamtschutzquote und den in den kommenden Jahren zu erwartenden Fami­liennachzug. Ohne ausreichend verfügbaren preiswerten Wohnraum wäre die zu vermeidende Alternative, dass anerkannte Flüchtlinge (Aufenthaltserlaubnis) über einen längeren Zeitraum in einer Gemeinschaftsunterkunft verweilen müs­sen.

 

Alle Anzeichen sprechen dafür, dass eine intensivere Vorbereitung auf eine größer werdende Anzahl von unterzubringenden Wohnungslosen (u. U. mit einer längeren Verweildauer in einer Gemeinschaftsunterkunft) dringend geboten ist, also mehr geeigneter Wohnraum (als Gemeinschaftsunterkunft oder andere Schlichtwohnung) durch die Stadt zur Verfügung zu stellen bzw. vorzuhalten ist.

 

Aus Sicht der Verwaltung muss der öffentlich geförderte Wohnungsbau (Sozial­wohnungen) gegenüber der Neubautätigkeit in den Jahren zwischen 2006 und 2011 (135 neue Wohneinheiten) und dem folgenden Stillstand deutlich intensi­viert werden. Dies geht derzeit vor allem nur über die der Stadt für Wohnbauentwicklung zur Verfügung stehenden Liegenschaften. Der Gesetzgeber hat hierfür verbes­serte finanzielle Förderung sowie Rahmenbedingungen geschaffen.

Betreffend die Liegenschaft Heidfeld wird hinsichtlich der derzeit baurechtlich eingeschränkten Möglichkeit und des beabsichtigten weiteren Verfahrens auf Vorlage 61/117/2016 (Heidfeld - menschenwürdige Unterkünfte - sozialer Woh­nungsbau in Holzbauweise) verwiesen. Die Vorlage führt aus, dass (auch) für öffentlich-geförderten Wohnungsbau das Baufenster zu erweitern und somit eine Planrechtsänderung erforderlich ist.  

 

6.    Maßnahmen aktuell

 

       Zur Beherrschung des akuten Problemfeldes Wohnungslosigkeit kann aktuell nur mit kurzzeitig umsetzbaren Maßnahmen agiert werden. Die kurzfristige Grundsa­nierung der Bestandsgebäude an der Dellerstraße bietet nach derzeitiger Erkenntnis die Möglichkeit, den aktuellen und kommenden Bedarf in angemes­sener Zeit Rechnung tragen zu können.

Maßnahmen auf anderen Liegenschaften bzw. Maßnahmen, die längere Pla­nungsvorlaufzeiten (wie z. B. die Schaffung / Änderung von Baurecht) erfordern, beinhalten aus Sicht der Verwaltung in zeitlicher Hinsicht ein Risiko.

       Die Grundsanierung / Aktivierung der Bestandsgebäude Dellerstraße erfordert vorab die Aufhebung bzw. Aussetzung des Ratsbeschlusses aus 2006 sowie die entsprechende Mittelbereitstellung bzw. einen Einplanungsbeschluss für den Haushalt 2017. Über Kennzahlen ermittelt wird der Aufwand für die Instandset­zung in der Größenordnung von rd. 900.000 EUR liegen, vorbehaltlich einer weiteren Konkretisierung.

      

Zum Antrag der WLH-Fraktion vom 05.07.2016 - Ortstermin in Solingen (Bauen mit Holz - Möglichkeiten für Kommunen) - vertritt die Verwaltung vor dem Hinter­grund der vorstehenden Ausführungen die Auffassung, dass derzeit nicht Detail­fragen zu einer noch nicht beschlossenen Neubaumaßnahme zu lösen sind. Erste Informationen sind durch den ebenso von der WLH-Fraktion beantragten Informationsvortrag im Fachausschuss zu erhalten.

 

7.    Fazit

 

       Aus Sicht der Verwaltung ist die Grundsanierung / Aktivierung der Übergangswohn­heime Dellerstr. 90, 90 a und 90 b die gebotene Maßnahme für die zentrale Unterbringung der Wohnungslosen und zur kurzfristigen Lösung  der aufgezeigten Problementwicklung. Die Schaffung von anderen Unterbringungs­kapazitäten, die zunächst als Voraussetzung planungsrechtliche Änderungen erfordern (wie z. B. für die Liegenschaft Heidfeld), sind im Hinblick auf die zeit­lichen Erfordernisse / Abläufe keine Alternative.

 

 

Beschlussvorschlag:

 

1.    Der Ratsbeschluss vom 20.06.2006 betreffend der Veräußerung der Liegen­schaft Dellerstraße 90, 90 a und 90 b wird aufgehoben.

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, bei Produkt 100400 - Städt. Unterkünfte, Über­gangswohnheime - für die Grundsanierung / Aktivierung der Übergangswohn­heime Dellerstr. 90, 90 a und 90 b für die zentrale Unterbringung der Woh­nungslosen investive  Auszahlungsmittel in Höhe von 900.000 EUR in den Haushaltsplanentwurf 2017 einzuplanen.

Die Verwaltung wird beauftragt, die notwendigen Maßnahmen für die Grundsa­nierung der Übergangswohnheime zur Unterbringung von Wohnungslosen in der Dellerstraße 90, 90 a und 90 b kurzfristig umzusetzen.

3.    Die Liegenschaft Heidfeld 12/14 wird für die Schaffung von öffentlich-gefördertem Wohnungsbau (Sozialwohnungen) vorgesehen. Die Verwaltung wird beauftragt, die vorbereitenden Maßnahmen einschließlich Bebauungsplan­verfahren einzuleiten.     

 

Finanz. Auswirkung:

 

Nach derzeitiger Einschätzung sind für die Grundsanierung / Aktivie­rung der Übergangswohnheime Dellerstr. 90, 90 a und 90 b investive Auszahlungsmittel in Höhe von rd. 900.000 EUR im Haushalt 2017 erforderlich.

Die Finanzierung soll kreditfinanziert erfolgen. Es wird damit gerechnet, dass Darlehen mit einem Zins von unter 1 % angeboten werden.

Nach Fertigstellung fallen im Ergebnishaushalt über die gesamte Lebensdauer der Gebäude (80 Jahre) anteilige Abschreibungen (11.250 EUR/Jahr) an. Aufgrund der umfangreichen Sanierung / Instandsetzung wird mit Einsparungen beim Heizenergieverbrauch gerechnet.