Sachverhalt:
1 Ausgangssituation/Auftrag
In den politischen
Gremien wird, kreisweit seit 2013 und in Haan verstärkt seit dem Jahr 2017, die
Notwendigkeit diskutiert, die Wohn- und Lebensbereiche von Senioren so zu
gestalten, dass diese ihrem Wunsch entsprechend, möglichst lange in ihren
eigenen Wohnungen oder Häusern verbleiben können und auch zunehmend wünschen,
in die Gestaltung ihres Lebensumfeldes einbezogen zu werden.
Im Rahmen der
Umsetzung einzelner Projekte im Sinne der seniorengerechten
Quartiersentwicklung (s.o.) können sich für die Haushaltsplanberatungen 2020
weitere Erkenntnisse in Bezug auf notwendige Stellenressourcen ergeben.
Mittelbar wird eine
seniorengerechte Quartiersentwicklung durch den Prozess der Ambulantisierung
die Kosten für eine Heimunterbringung senken und damit auch die Kreisumlage
verringern.
Im 2013 erstellten
„Rahmenkonzept für eine seniorengerechte Quartiersentwicklung“ des Kreises
Mettmann heißt es:
„Die weit
überwiegende Zahl älterer Menschen hat den Wunsch so lange wie möglich
selbstständig im eigenen Zuhause und im vertrauten Umfeld zu bleiben. Dies
entspricht dem Grundrecht der Selbstbestimmung und Autonomie. (…)
Also spielt nicht
nur der eigene Wohnraum für älter werdende Menschen eine große Rolle, sondern
auch das vertraute Lebensumfeld - das Quartier. Die hier vorhandenen Strukturen
sind in der Regel seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten bekannt und vermitteln
Sicherheit. Dieses vertraute Umfeld muss sich aber auch den Bedürfnissen älter
werdender Menschen abgleichen und weiterentwickeln. So müssen z.B.
Wohnungsbaugesellschaften ihren Wohnungsbestand altengerecht verändern,
Beratungsstrukturen auf- bzw. ausgebaut werden, Dienstleistungen entsprechend
den Bedürfnislagen angepasst und neue Engagementformen entwickelt werden.“ (S.
3)
Das Rahmenkonzept
formuliert im Weiteren (S. 3/4) folgende Grundüberlegungen für eine gelingende
Quartiersentwicklung:
- Die Interessen und Ressourcen der Menschen, die in den Quartieren
wohnen, sind unterschiedlich. Ihre Lebensstile und ihre Ansprüche an
Wohnen, Wohnformen, Dienste und Angebote unterscheiden sich. Dies
erfordert eine Bestandsaufnahme der Interessen und Wünsche der
unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in den Quartieren.
- Ältere Menschen wollen zunehmend in die Gestaltung ihres
Lebensumfeldes mit einbezogen werden. Im Sinne einer partnerschaftlichen
Stadt- und Quartiersentwicklung ist die kontinuierliche Beteiligung der
unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. Hierbei sollten -
in Bezug auf die Zielgruppe Seniorinnen und Senioren - nicht (nur) die
altersbedingten Defizite, sondern vor allem die Wertschätzung der
Lebensleistung älterer Menschen und deren Erfahrungswissen
Berücksichtigung finden.
- Für die Festlegung der Quartiere ist es vor allem wichtig, dass
sich die dort lebenden Menschen mit ihrem sozialen Nahraum identifizieren
und sich ihm zugehörig fühlen.
Das vorliegende
Handlungskonzept orientiert sich an den Empfehlungen des Kreises und basiert
auf den Ergebnissen der - unter Punkt 2 - dargestellten Maßnahmen und Schritte.
Es versteht sich als Einstieg in eine nachhaltige Quartiersentwicklung in und
für Haan.
Sein Fokus liegt
auf der seniorengerechten Quartiersentwicklung. Es zielt aber zugleich - im
Sinne der Inklusion - auf die zukünftige Quartierentwicklung für alle Bevölkerungsgruppen
ab.
2 Durchgeführte Maßnahmen und Schritte
Um die
seniorengerechte Quartierentwicklung in Haan vorzubereiten und voranzutreiben,
haben die Stadtverwaltung Haan (hier insbesondere das Sozialamt), der
Seniorenbeirat und zahlreiche Akteure der Seniorenarbeit in Haan folgende
Maßnahmen und Schritte durchgeführt, deren Ergebnisse eine Grundlage für das
vorliegende erste Handlungskonzept und die kontinuierliche Weiterarbeit bilden:
- Rahmenkonzept für eine seniorengerechte
Quartiersentwicklung, Kreis Mettmann, Oktober 2013.
- 1. Seniorenbericht zur Lebenssituation
von Seniorinnen und Senioren in Haan, Seniorenbeirat der Stadt Haan,
Oktober 2015;
Vorstellung und Diskussion im Ausschuss für Soziales und Integration, November 2015 und Februar 2016. Empfehlung der Politik u.a.: Einrichtung Seniorenbüro und Hochaltrigenbefragung. - Kommentierte Ergebnisse der
Hochaltrigenbefragung, Forschungsgesellschaft für Gerontologie der TU
Dortmund, Entwurf Januar 2018 und Endbericht April 2018.
- Präsentation „Ausgewählter
Untersuchungsergebnisse“, TU Dortmund Februar 2018, unter Berücksichtigung
der Quartiere Unterhaan, Haan Mitte, Haan Ost und Gruiten auf dem Workshop
am 6.2.2018 mit mehr als 30 Teilnehmern aus dem Bereich der hauptamtlichen
und ehrenamtlichen Seniorenarbeit in Haan und Gruiten.
Ergebnisse aus der Befragung wurden dargestellt zu den Feldern Wohnen; Informationsgrad und Informationswege; Kultur, Freizeit und soziale Unterstützung; Mobilität; Soziale Kontakte und Unterstützungspotentiale; Gesundheit und Pflege; Sozialleistungen im Alter und finanzielle Lage; oftmals differenziert nach den 4 Quartieren. - Workshop am 6.3.2018 mit dem gleichen
Teilnehmerkreis, um in 4 Quartiersarbeitsgruppen Handlungserfordernisse
und Kooperationen allgemein und in den Quartieren zu erarbeiten und
Empfehlungen für die Politik zu formulieren. Alle Ergebnisse sind in einem
Protokoll dargestellt. Eine wesentliche Forderung zur besseren Vernetzung
und Unterstützung der Akteure der Seniorenarbeit durch die Verwaltung ist
mit dem Aufstockungsantrag um 0,4 Stellenanteile im SIA am 21.3.2018
vorgelegt und vom HFA und Rat der Stadt Haan beschlossen worden.
- Vorlage eines Entwurfs eines Zeitplanes
für die Umsetzung der Quartiersarbeit durch die Verwaltung, ergänzt durch
wenige Befragungsergebnisse in Haan vorgestellt durch den Seniorenbeirat
in der Sitzung des SIA am 21.03.2018.
Daraus folgend, Vorlage dieser Beschlussempfehlung in der Sitzung des
SIA am 29.5.2018.
- Die Befragten 80jährigen Einwohner
werden zunächst über die Presse, zeitnah vor dem nächsten SIA durch
Verwaltungsspitze, Seniorenbeirat und TU Dortmund informiert.
Alle zu obiger
Darstellung gehörigen Materialien sind digital abrufbar.
3. Grundsatzstruktur eines Handlungskonzeptes
3.1. Grundlegende Struktur
Die grundlegenden Strukturen lassen sich mit den
Begriffen Koordination, Kooperation und Partizipation, die thematischen Handlungsfelder - in einem ersten
orientierenden Zugriff - mit den Schlüsselbegriffen Wohnen/Wohnumfeld,
Infrastruktur/Mobilität und Information/Begegnung umreißen.
Partizipation Kooperation Koordination
3.2. Zuschnitt seniorengerechter Quartiere
Im ersten
Handlungskonzept werden - als Ergebnis der durchgeführten Maßnahmen und
Schritte - grundlegende Strukturen und thematische Handlungsfelder benannt und
beschrieben, die für ganz Haan gelten. Eine Abgrenzung der Quartiere, die vorläufig
mit Unterhaan, Haan Mitte, Haan Ost und Gruiten teilweise beschrieben wurden,
muss einerseits nach tatsächlicher Festlegung der Quartiere und andererseits im
Kontext der im Einzelnen zu bearbeitenden Handlungsfelder vorgenommen werden.
3.3. Projekte/ Arbeitsbereiche
Arbeitsgebiete
Aus dem zuvor
Skizzierten, ergeben sich nachstehende Arbeitsbereiche,
die weder abschließend noch endgültig sein können:
Wohnen/Wohnumfeld:
·
Bezahlbarer
Wohnraum (nicht nur für Seniorinnen und Senioren)
·
Verhandlung
mit Wohnbaugesellschaften
·
Wohn-
und Pflegeberatung (zur Unterstützung des längstmöglichen Verbleibs in der Wohnung/im
Haus)
·
Barrierefreiheit
des Wohnumfeldes und der Wohnungen
·
Aufenthaltsqualität
in Parks, Begegnungsstätten und -räumen (ausreichend geeignete
Sitzgelegenheiten und/oder Kommunikationssitze mit Tisch)
·
Sicherheit,
Sauberkeit, Beleuchtung an Straßen, Fuß- und Radwegen (ausreichende Helligkeit,
Nachhaltigkeit)
·
Beratung
in Sicherheitsfragen
·
…
Infrastruktur/Mobilität:
·
Untersuchung
auf Quartiersebene, ob das Angebot z.B. Einkaufsmöglichkeiten, Betreuung durch
Ärzte, Apotheken, Physiotherapie, Begegnungsmöglichkeiten, Anbindung an ÖPNV
etc. ausreichend oder verbesserungsfähig ist
·
Alternative
Mobilitätskonzepte (wie Bürgerbus/Mitfahrbank)
·
Nachbarschaft
stärken („Nachbarschaftshilfe“)
·
Ortsnahe
Bringdienste und/oder mobiles Versorgungsangebot für Lebensmittel evtl. auch
Bekleidung
·
Fuß-
und Radwege (Breite, Belag, Absenkungen an Übergängen, regelmäßige Qualitätskontrollen)
·
Barrierefreiheit
der Hauptrouten zum Einkaufen, zum Arzt- oder Apothekenbesuch
·
Querungshilfen
(Bedarf feststellen, ggfs. einrichten)
·
…
Information/Begegnung:
·
Informationen
über Angebote für Seniorinnen und Senioren im Quartier
·
Wirksame
quartiersspezifische Informationswege
·
Wohnortnahe
Begegnungsmöglichkeiten für Seniorinnen und Senioren (wenn möglich in vorhandenen
Einrichtungen)
·
Begegnung
der Generationen/Kulturen
·
Besuchsdienste
(Ehrenamtler „schenken Zeit“)
·
…
4. Umsetzung
Unter Bezugnahme
auf die derzeit bestehenden personellen Ressourcen besteht aus Sicht der Stadt
Haan/Seniorenbeirat die Möglichkeit, erste Ansätze im Hinblick auf die
seniorengerechte Quartiersentwicklung umzusetzen. Beispielhaft werden einige
Projekte aufgeführt:
4.1 Einrichtung „Runder Tische“ in den Quartieren
- Einrichtung Runder Tische in den
Quartieren, die alle in den unterschiedlichen Handlungsfeldern tätigen Akteure
und die Bürgerschaft regelmäßig versammeln, ihre Ressourcen bündeln und
gemeinsame Lösungen erarbeiten. Hier können Informationen über Angebote
gebündelt, wirksame Informationswege im Quartier entwickelt und
Überlegungen zu wohnnahen Begegnungsmöglichkeiten für Seniorinnen und
Senioren und zu generationenübergreifenden Aktivitäten konkretisiert und
geplant werden. Für die Organisation und Moderation der Runden Tische ist
- zumindest in der Anfangsphase - eine externe Unterstützung,
beispielsweise durch ZWAR erforderlich.
Erster Schritt: Eine erste Zusammenkunft könnte im Herbst 2018/Frühjahr
2019 erfolgen. Dabei wird weiterhin die Mitwirkung der ZWAR Zentralstelle NRW,
die jahrzehntelange Erfahrungen mit der Organisation von Prozessen der
Quartiersarbeit hat, benötigt. Danach sollen die Runden Tische mindestens 2mal
jährlich stattfinden. Der Austausch zwischen den Runden Tischen in den
Quartieren wird transparent bzw. nach dem Prinzip Best Practice organisiert.
- Über die quartiersbezogene Ebene
hinaus, kann der Austausch zwischen den Quartieren eine trägerübergreifende
Kooperationskultur in Haan befördern und „Doppelarbeit“ vermeiden helfen.
Für die Umsetzung
von Projekten in größerem Umfang ist eine entsprechende Mittelbereitstellung im
Haushalt 2019 Voraussetzung.
4.2 Fördergelder / Sponsoring
·
Systematische
Einwerbung von Fördergeldern bzw. nachhaltige Vergabe.
Erster Schritt: Im Bereich Sponsoring ist einerseits an Stiftungen wie
Sparkassenstiftung, Bürgerstiftung, Rotary Club Hilden Haan Stiftung und
ähnliche und anderseits an die ortsansässige Industrie und den Handel zu
denken. Weiterhin ist die Bewilligung von Fördergeldern auf Kreis- und
Landesebene zu klären.
4.3 Akquirieren von Begegnungsräumen in den
Quartieren
·
Suche
nach Begegnungsräumen bzw. -stätten
Erster Schritt: Hier sind die teilweise bereits begonnenen Gespräche mit
Einrichtungen wie Friedensheim, Carpe Diem, Stella Vitalis, Haus der Familie am
Bandenfeld, Wohnungsbau Sahle und den Kirchen/Vereinen/Verbänden zu
intensivieren, um die Frage zu klären, welche Einrichtungen als Anlaufstellen
im Quartier weiterentwickelt werden können.
5. Ausblick
Die Seniorenarbeit
in Haan ist ein dynamischer Prozess, der kontinuierlich fortzuschreiben ist.
Nach Umsetzung der unter 4. beispielhaft angesprochenen Themen, könnte eine
Aufnahme der unter 3.3 aufgeführten Projekte bei entsprechender personeller und
finanzieller Mittelbereitstellung in Betracht gezogen werden.
Es wird zukünftig
darum gehen müssen, Planungen und Aufgabenstrukturen, die die seniorengerechte
Quartiersarbeit, sowie die Entwicklung von Quartieren in der Stadt Haan
insgesamt tangieren oder entwickeln sollen, ämterübergreifend zu gestalten. Es
müssen daher hierzu ämterübergreifende Strukturen entwickelt werden. Hierzu
zählt auch, dass die vorgelegten Handlungsempfehlungen Grundlage des
zukünftigen planerischen Handels für eine seniorengerechte Quartiersentwicklung
wird.
Beschlussvorschlag:
1.
Der
Sozial- und Integrationsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Haan, die
vorliegende Handlungsempfehlung als Leitlinie zur Entwicklung der
Seniorenarbeit/seniorengerechte Quartiersentwicklung zugrunde zu legen.
2.
Der
Sozial- und Integrationsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Haan, die
Verwaltung zu beauftragen, auf Basis der Handlungsempfehlung Maßnahmen zur
Entwicklung seniorengerechter Quartiere zu ergreifen. Hierfür sind Mittel in
den Haushalt 2019 einzustellen.
Finanz. Auswirkung:
noch nicht absehbar