Sitzung: 14.11.2023 Ausschuss für Umwelt und Mobilität
Beschluss: einstimmig beschlossen
Abstimmung: Ja: 17, Nein: 0, Enthaltungen: 0
Vorlage: 66/077/2023
Beschluss:
Der Ausschuss nimmt den Bericht der
Verwaltung zum Sachstand des
Hochwasserschutzkonzeptes für Gruiten
zur Kenntnis.
Protokoll:
Michael Weinert stellt den
Sachstandsbericht zum Hochwasserschutzkonzept vor.
(Präsentation)
Zusammenfassend:
Die
Veranlassung zur Erstellung des Hochwasserschutzkonzepts geht auf das
Hochwasserereignis am 14.07.2021 zurück. Ziel ist es Retentionsmöglichkeiten zu
finden, um die Hochwassersituation in Gruiten-Dorf bei künftigen
Starkregenereignissen möglichst zu verhindern.
Ausgangssituation:
Durch Gruiten Dorf fließen die Gewässer Düssel und kleine Düssel. Als Grundlage
für die Förderfähigkeit durch entsprechende Landesmittel zum Hochwasserschutz
wird ein Regenereignis zugrunde gelegt, welches statistisch einmal alle 100
Jahre auftritt (HQ 100). Vor Ort ist eine historisch gewachsene, dichte
Bebauung, im direkten Wirkungskreis der Gewässer vorzufinden. In diesem Bereich
existieren zwei Bachverrohrungen bzw. Durchlässe. Im Umfeld bestehen
Schutzgebiete, die im weiteren Verlauf der Konzeptionierung Auswirkungen auf
entsprechende Maßnahmen haben werden. Mittels eines Hydraulikmodells wird die
Überschwemmungssituation analysiert. Hierbei werden die Wasserspiegellagen bei
verschiedenen Abflusszuständen eruiert. Das Abflussverhalten wird mit Hilfe
eines Niederschlagsabflussmodells dargestellt, welches für den Bereich in
Haan-Gruiten Dorf noch nicht vorlag und dessen Aufstellung Gegenstand des
Konzepts gewesen ist. Im Kern und verkürzt gesagt, wird das Ziel verfolgt die
Differenz zwischen Zu- und Abfluss festzustellen. Diese Differenz ist oberhalb
des Überflutungspunkts zurückzuhalten, um die Überflutungen zu minimieren.
Bei
der Konzeptionierung ging es nachfolgend um die Formulierung von Schutzzielen.
Schutzziel 1 bedeutet, einen schadensfreien Zustand bei Starkregenereignissen
zu erreichen. Hierbei wird ein Durchlass von 12 m³/s gewährt. Das Schutzziel 2
nimmt als Abflussleistung 17 m³/s zur Grundlage, wobei hier „moderate“ Schäden
in Kauf genommen werden müssten.
Die
Rückhaltung erfolgt in der Regel durch den Einsatz von
Hochwasserrückhaltebecken. Eine Renaturierung der Bachläufe mit Rückhaltungen
im Gewässer ist aufgrund einer sehr geringen Wirkung nicht möglich.
Die
Anordnung der Rückhaltebecken in Ihrer Lage entlang des Gewässers wird durch
die Topografie bestimmt, sodass das aufschwellende Niederschlagswasser
entsprechend hydraulisch im Freispiegelgefälle zugeleitet werden kann. Zurzeit
wurde aber die Flächenverfügbarkeit (Eigentumssituation, Bereitschaft zur
Veräußerung) nicht geprüft. Das Konzept verfolgte lediglich den technischen
Ansatz.
Insgesamt
wurden sieben Standorte identifiziert. Entlang der Düssel sind es drei Standorte,
an der kleinen Düssel vier Standorte.
Die
Erreichung des Schutzziels 1 kann aufgrund entsprechender Investitions- und
Ewigkeitskosten nur teuer erkauft werden. Neben den hohen Investitionskosten
sind auch große technisch-betriebliche Herausforderungen zur Gewährleistung der
Wirksamkeit des Gesamtsystems zu beachten. Außerdem bestehen Bedenken im
Planungsverfahren bei der Standortauswahl der Hochwasserrückhaltebecken
hinsichtlich der zu befürchtenden Abwägungen zwischen Hochwasserschutz-,
Landschaftsschutz- und Naturschutzbelangen.
Für
die Förderfähigkeit der Maßnahmen ist dem Fördergeber zudem ein positives
Kosten-Nutzen-Verhältnis vorzuweisen.
Hinsichtlich
etwaiger Objektschutzmaßnahmen: Nach den vorliegenden Modellen bestünde ein
Zeitfenster von drei Stunden, um auf eine anstehende potenzielle
Hochwassersituation zu reagieren. Spontan ist dies nicht möglich, weshalb
grundsätzlich dauerhaft vorgehaltene Schutzsysteme notwendig sind.
Weiteres
Vorgehen: In einer nachfolgenden Machbarkeitsstudie müssen die Szenarien
vertieft werden. Entsprechende Anforderungen, das Kosten-Nutzen-Verhältnis und
eine Schadenspotentialanalyse müssen aufgestellt werden.
Zur
Diskussion kann auch gestellt werden, welches Schutzziel erreicht werden soll:
Wird weiter auf Grundlage eines HQ100-Ereignisses geplant oder ist auch die
Erreichung etwaiger Schutzziele bei einem HQ50-Ereignis zufriedenstellend.
Ortslagen,
wie in Gruiten gibt es vielfach in Deutschland: Es ist wichtig, dass die
Anlieger wissen, was sie erwartet. Es wird empfohlen die Menschen vor Ort zu
sensibilisieren. Ferner ist auch die Aufstellung von Objektschutzblättern mit
Maßnahmen zum Eigenschutz zweckdienlich.
Stv. Vincent Endereß: Wer ist der
Kostenträger für die Hochwasserschutzmaßnahmen?
Kristin Wedmann: Für
Hochwasserrückhaltebecken trägt der Bergisch-Rheinische Wasserverband die
Kosten. Über die Beiträge von der Stadt an den Bergisch-Rheinischen Wasserband
zahlt schlussendlich auch die Stadt im Rahmen des Genossenschaftsprinzips.
Einzelmaßnahmen, die nicht unmittelbar mit der Gewässersystematik zu tun haben,
wie zum Beispiel eine Hochwasserschutzwand, sind von der Stadt zu tragen. Für
private Schutzmaßnahmen trägt der private Eigentümer die Kosten.
Stv. Anette Braun-Kohl: Warum
ist das betrachtete Gebiet so klein gefasst? Man muss doch weiter entfernt von
Gruiten-Dorf beginnen. Ist es nicht notwendig das Gebiet breiter zu fassen?
Denn große Wassermengen kommen bereits ab dem Bereich Wuppertal-Bolthausen in
Gruiten an.
Michael Weinert: Es wird im Konzept
das gesamte Einzugsgebiet betrachtet. Deshalb werden auch oberhalb des
Hochwasserepizentrums die Rückhaltebeckenstandorte gesucht. Nur ist eine
Hochwasserschutzwirkung unmittelbar hinter dem Becken am größten. Je näher sich
diese Becken zu Gruiten-Dorf befinden, desto größer ist der Schutz für die
entsprechenden Unterlieger.
Kristin Wedmann reagiert ferner auf
die Anregung den Durchlass zu beschleunigen: Der Gesetzgeber verbietet es das
Niederschlagswasser durch Maßnahmen zu beschleunigen, da entsprechende
Nachrainer in Mitleidenschaft gezogen würden.
-
Stv. Jens Lemke vertritt Stv.
Anette Braun-Kohl ab 17:55 Uhr -
Stv. Meike Lukat: Was können wir
mittel- und langfristig erreichen: Ich habe Zweifel, ob alle Becken errichtet
werden können. Wir haben uns bereits im Jahr 2021 intensiv mit dem Thema der
Flächenverfügbarkeit beschäftigt. Wie können wir schnellstmöglich die
Objektschutzblätter aufstellen? Welche Kosten entstehen und wer trägt die
Kosten?
Michael Weinert: Die Grundlage der
Objektschutzblätter ist dank der ermittelten Einlaufhöhen an jedem Objekt im
Untersuchungsraum vorhanden. Die Kosten liegen zwischen 15.000 und 30.000 EUR
für die Erstellung der Schutzblätter. Kostenträger wäre die Stadt Haan.
Stv. Jens Lemke: Das Abräumen von
Totholz aus den Gewässern ist ebenfalls sehr wichtig. Wurde berücksichtigt,
dass auch aus der Straßenentwässerung große Mengen Niederschlagswasser in
Gruiten-Dorf ankommen?
Kristin Wedmann: Natürlich kommt
aus versiegelten Flächen viel Wasser an und führt zu einem verstärkten Abfluss
in die Gewässer.
- Stv. Anette Braun-Kohl nimmt für Stv. Jens
Lemke ab 18:08 Uhr am Ausschuss teil –
- Stv. Vincent Endereß unterbricht die Sitzung um 18:10 Uhr für einen Wortbeitrag aus dem
Besucherraum -
Herr Adamowitsch für die Interessengemeinschaft Hochwaqsserschutz
Gruiten Dorf: Eigene Schutzmaßnahmen
wurden bereits umgesetzt. In Erinnerung an das Hochwasserereignis 2021 wird die
chaotische Kommunikation, die faktisch nicht funktioniert hat, angeprangert. Es
wird gewünscht, dass vor allem auch ein Telekommunikationsunternehmen für eine
vollständige Netzabdeckung in Gruiten-Dorf sorgt. Gewünscht wird auch eine in
der Sache zwischen Bürgerinitiative und Beteiligten von Stadt, BRW und Planung
agierende Kommunikationsplattform.
- Stv.
Vincent Endereß setzt die Sitzung um
18:15 Uhr fort -
Abstimmungsergebnis:
Ja 17 / Nein 0 / Enthaltung 0
einstimmig beschlossen