Sitzung: 22.06.2011 Wirtschaftsförderungs- und Liegenschaftsausschuss
Beschluss: zur Kenntnis genommen
Vorlage: 23/040/2011
Protokoll:
Stv
Herder erläutert die Zielrichtung des Antrages der UWG. Für die UWG sei die
Gesellschaftsform einer städtischen Immobiliengesellschaft nachrangig. Wichtig
sei, dass die Immobilien in städtischer Verfügung blieben. Die UWG verstehe
ihren Antrag als Einstieg in eine ergebnisoffene und sachbezogene Diskussion.
Der
Ausschussvorsitzende Walter Drennhaus begrüßt Herrn Dr. Timmer, der seinen Vorschlag
einer städtischen Immobiliengesellschaft bereits als Sparvorschlage eingebracht
hat.
Herr Dr.
Timmer erläutert das von ihm vorgeschlagenen Modell einer
Kommanditgesellschaft, bei der die Stadt Haan als Komplementär und die Bürger
der Stadt Haan als Kommanditisten auftreten. (Siehe Anlage)
Stv
Greff fragt 1. nach Referenzbeispielen aus anderen Städten und 2. nach der
Möglichkeit der Untervermietung nicht von der Stadtverwaltung genutzter
Räumlichkeiten im vorgestellten Modell.
Herr Dr.
Timmer erläutert, dass es ihm um ein vernünftiges Flächenmanagement gehe, bei
der die Drittverwendungsfähigkeit nicht von der Stadtverwaltung genutzter
Räumlichkeiten gewährleistet sein müsse. Zu Frage 2 führt er aus, dass ihm
derzeit kein Modell einer städtischen Immobiliengesellschaft als
Kommanditgesellschaft bekannt sei. Wohl aber gebe es in anderen Kommunen
städtische Immobiliengesellschaften. Hier müsse weiter recherchiert werden,
auch was mögliche Gesellschaftsformen angehe.
Stv
Wasgien fragt, ob bei einer Übertragung des Immobilienvermögens von rund 12
Mio. € und Mietzahlungen der Stadt an die Gesellschaft in Höhe von rund 570.000
€ darüber hinaus eine Kostenrechnung existiere und ob die Kosten der
Betreibergesellschaft weiter zu quantifizieren seien.
Dr. Timmer
erläutert, dass es eine betriebswirtschaftlich fundierte Kostenrechnung derzeit
noch nicht gebe, diese allerdings erstellt werden müsse. Es verweist darauf,
dass Personal ohnehin zu bezahlen sei. Auch verweist er auf die bestehenden
PPP-Projekte.
Stv
Holberg sieht in der Vorsteuerabzugsfähigkeit einen entscheidenden Vorteil.
Derzeit könne das Modell nicht abschließend bewertet werden, da eine
verlässliche Zahlengrundlage fehle. Wichtig sei auch die Frage, welche
Auswirkungen eine städtische Immobiliengesellschaft im Rahmen des NKF habe.
Auch die Möglichkeit der Ablösung bestehender PPP-Verträge (Grundschule Dieker
Straße / Feuerwehr) wäre zu prüfen.
Der
Vorsitzende verweist darauf, dass Herr Dr. Timmer diesen Vorschlag ehrenamtlich
entwickelt habe und äußert Verständnis, dass derzeit keine
betriebswirtschaftlichen Kennzahlen vorliegen.
BM vom
Bovert erläutert, dass nach haushaltsrechtlichen Vorgaben der Erlös von
Grundstücksverkäufen zur Schuldentilgung zu verwenden sei. Zudem sei unklar,
wie ein solches Modell durch die zuständige Fachaufsicht bewertet werde,
insbesondere vor dem Hintergrund des bestehenden Nothaushaltes, in dem sich die
Stadt befände. Er sehe Beratungsbedarf durch externe Gutachter und die
Notwendigkeit einer umfassenden Prüfung, die einen nicht geringen Aufwand nach
sich ziehe. Zudem müsse die Frage der finanziellen Nachhaltigkeit geklärt
werden.
Stv
Vossieg äußert Bedenken, ob wirklich eine Vorsteuerabzugsfähigkeit bestehe.
Herr Dr.
Timmer erläutert, dass dies in anderen Kommunen gelungen sei. Er gehe davon
aus, dass es juristisch möglich sei. Er gibt zu, dass viele Fragen noch offen
seien. Er gehe jedoch insgesamt davon aus, dass durch eine städtische
Immobiliengesellschaft Kosten für die Stadt eingespart werden.
Der
Vorsitzende verweist auf die Notwendigkeit, die Gebäude, die in eine
Immobiliengesellschaft einzubringen seien, zunächst zu spezifizieren.
AM
Viemann hält die angenommene Rendite von 4,8 % aus Investorensicht für zu
gering. Er verweist bei Immobilienfonds auf hohe interne Fondskosten. Zudem
sehe er die lokalen Kreditinstitute nicht in der Lage, eine solchen Fonds zu
platzieren. Es müsse auch von Interessenkonflikten ausgegangen werden, zudem
sehe er wettbewerbsrechtliche Probleme und Probleme mit der Kommunalaufsicht.
Außerdem sei unklar, wie lange ein solcher Fonds laufen solle und was nach Ende
der Laufzeit geschehe.
Dr.
Timmer bestätigt, dass auch er diese Probleme sehe. Ob eine städtische
Immobiliengesellschaft als KG oder in Form eines Immobilienfonds eingerichtet
werde, sei völlig offen. Die Rendite bei Immobilienfonds sei in der Tat oft
gering.
Stv
Stracke betont die Notwenigkeit des Klimaschutzes und den Vorrang erneuerbarer
Energien. Eine Immobiliengesellschaft, die die städtischem Immobilien betreibe,
müsse Vorbildfunktion haben. Folgende Fragen seien von der Verwaltung vorab bis
zur nächsten Sitzung des WLA im September zu klären.
1.
Fraglich ist, ob sich die Stadt Haan überhaupt unmittelbar als Komplementär an
einer KG beteiligen darf:
Darf
sich die Stadt überhaupt an Unternehmen in privater Rechtsform beteiligen oder
solche gründen, wenn die Haftung begrenzt ist?
2.
Wenn eine Beteiligung der Stadt möglich ist, würde bei Veräußerung der Stadt
wichtiges Anlagevermögen in der Bilanz fehlen. Könnten die Grundstücke als
Sachanlagevermögen in die Gesellschaft eingebracht werden?
3. Die
Gesellschaft müsste finanziell mit den zum Erwerb der städtischen Grundstücke
notwendigen Mitteln ausgestattet werden. Die Stadt selbst kann keine Mittel
zuschießen, sodass der Erwerb wohl überwiegend über Darlehen finanziert werden
müsste. Kommt ein Verkauf unter Marktpreis an eine Gesellschaft, an der nach
dem Konzept auch Dritte beteiligt sein sollen, in Betracht?
4.
Wenn denn die Gesellschaft Gewinne erzielen soll, um ihre Aufgaben erfüllen zu
können, müsste sie mindestens in den Fällen, in denen die Stadt Mieter wäre, an
den laufenden Kosten nicht unerheblich beteiligt werden. Kann das seitens der
Stadt gewollt sein?
5.
Spätestens bei Tätigwerden einer zwischengeschalteten Betreibergesellschaft
würde die Stadt ihren Einfluss auf die Objekte weitgehend verlieren. Wer soll
dort Gesellschafter sein?
6. Zur
Vermarktung/Einbringung in eine Immobiliengesellschaft stehen
aktuell nur ältere, überwiegend renovierungs- bzw. sanierungsbedürftige Gebäude
zur Verfügung. Die Neubauten wie Grundschule Mittelhaan und Feuerwache stehen
nicht zur Verfügung, weil über PPP-Modelle finanziert. Wo liegen die Interessen
der Anleger?
Herr
Dr. Timmer bestätigt, dass die Nutzung erneuerbarer Energien an Bedeutung
zunehme und verweist auf die ENF 2009, die allerdings zu Kostensteigerungen
führen könne.
Stv
Stracke fragt, ob die städtischen Immobilien unter Wert verkauft werden sollen
und um welche Immobilien es sich handele.
Dr.
Timmer führt aus, dass auch über einen Verkauf zu einem symbolischen Preis von
1 € nachzudenken sei. S.E. sollen alle
Immobilien – mit oder ohne Sanierungsstau – in eine Immobiliengesellschaft
überführt werden.
Der
Vorsitzende verweist auf die Stadt Mühlheim; dort sei das Gebäude der Feuerwehr
im Besitz privater Investoren
Dr.
Timmer bekräftigt, dass Mieten kostengünstiger als Kaufen sei.
Stv
Stracke gibt zu Bedenken, dass bei einem Verkauf städtischer Immobilien die
Werte im Anlagevermögen der Bilanz fehlten.
Stv
Greff betont, dass für die Haaner Bürger nicht die Rendite im Vordergrund
stehe, sondern mit der Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft, in welcher
Rechtsform auch immer, die Verbundenheit mit der Stadt zum Ausdruck gebracht
werden solle.
Stv
Janßen gibt zu Bedenken, dass ein Verkauf kurzfristige liquide Mittel erbringe,
auf Sicht jedoch jährlich zu hohe Folgekosten entstünden.
Stv
Herder verweist nochmals auf die Frage der Rechtsform einer
Immobiliengesellschaft. Für ihn komme auch das Modell einer Genossenschaft in
Frage; die Stadt Haan könne Genossenschaftsanteile erwerben. Er regt an, nach
Wegen zu suchen, die Finanzierung auf eine andere Basis zu stellen. S.E. sei
die Bereitschaft in der Bürgerschaft groß, Genossenschaftsanteile in Höhe von
500 € – 800 € zu erwerben
AM
Viehmann äußert seine grundlegende Skepsis, öffentliche Aufgaben wie städtische
Immobilien auf Private zu übertragen.
Der
Vorsitzende betont den bestehenden Klärungs- und Beratungsbedarf; die
Verwaltung brauche jedoch einen konkreten Auftrag, um tätig zu werden.
BM vom
Bovert betont nachdrücklich, dass keine Finanzmittel für externe Beratung zur
Verfügung ständen.
Stv
Vossieg hält die Erteilung eines Arbeitsauftrages an die Verwaltung für den
falschen Weg. Der ehrenamtliche Ansatz, mit dem Herr Dr. Timmer das Thema
angehe, sei richtig und unterstützenswert.
Dem
stimmte der Vorsitzende zu.
Stv
Vossieg regt einen Workshop mit Dr. Timmer, weiteren Interessierten und der
Verwaltung an, um das Thema weiter aufzuarbeiten.
Stv
Stracke kann dem Vorschlag von Stv Vossieg nicht zustimmen. Er erwarte eine
Antwort vom Rechtsamt und von der Kämmerei zu den von ihm gestellten Fragen.
Die weitere Aufarbeitung könne dann im AK Strategie erfolgen.
Stv
Herder liege ein Angebot des Rheinisch-Westfälischen Genossenschaftsverbandes
für eine kostenfreie Erläuterung der genossenschaftsrechtlichen Fragen vor. Ein
Vertreter dieses Verbandes habe angeboten, die umfangreiche Rechtsmaterie auch
vor Ort zu erläutern. Dieses Angebot solle genutzt werden.
Stv
Janßen stimmt dem Vorschlag von Stv Herder zu.
Stv
Holberg unterstützt den Vorschlag von Stv Herder. Die Bürger könnten in einem
offen organisierten Prozess mitgenommen werden. Die Verwaltung könne nicht
alles leisten.
BM vom
Bovert macht sehr deutlich, dass ein Arbeitsauftrag an die Verwaltung
hinreichend zu konkretisieren sei, jedoch könne er einen solchen derzeit nicht
erkennen. Für einen konkreten Arbeitsauftrag fehlten die
betriebswirtschaftlichen Grundlagen. Zudem seien von der Landesregierung
Gesetzesänderungen bzgl. des längerfristigen Haushaltsausgleichs für Kommunen
mit Haushaltssicherungskonzept vorgenommen worden, die noch nicht in den Folgen
abgeschätzt werden können. Es müssten erst grundlegende Prämissen geklärt
werden, um Konzepte einer Immobiliengesellschaft, in welcher Rechtsform auch
immer, sinnvoll zu prüfen.
Stv
Stracke hält das Vorgehen der FDP nicht für richtig. Er habe Fragen gestellt,
auf die er Antworten erwarte.
Der
Vorsitzende fragt Stv Herder, ob die UWG ihren Antrag aufrecht erhalte.
Stv
Herder unterstützt den Vorschlag der FDP und zieht den gestellten Antrag
zurück. Er fragt, wer die Einrichtung eines „runden Tisches“ zur weiteren
Aufarbeitung der Thematik koordiniere und ob Arbeitsaufträge formuliert werden
sollen.
Stv
Herder sagt auf Nachfrage des Vorsitzenden zu, die weitere Koordination
zusammen mit Herrn Dr. Timmer übernehmen zu wollen. Zugleich dankt er Herrn Dr.
Timmer für das gezeigte Engagement. Dem schließt sich der Vorsitzende an.