Sachverhalt:
1. Ausgangssituation
1.1 Gesetzliche Grundlagen
Der Jugendhilfeausschuss wurde mit der
Sitzungsvorlage 51/086/2012 am 06.09.2012 über die neuen gesetzlichen
Anforderungen informiert, die sich aus dem Bundeskinderschutzgesetz - BKiSchG –
(siehe Anlage 1) ergeben und beauftragte die Verwaltung, die Auswirkungen des Bundeskinderschutzgesetzes
weiter konzeptionell aufzubereiten und bis zu den Haushalts- und
Stellenplanberatungen 2013 im Jugendhilfeausschuss eine konzeptionelle Struktur
(Personalbedarf, Umsetzungsschritte, Prioritäten, Zuständigkeiten etc.) für
diesen Aufgabenbereich zu erarbeiten.
Die zentralen Änderungen im SGB VIII sind
hier kurz angeführt:
Zentrale
Änderungen im SGB VIII |
Entsprechende
rechtliche Zuordnung |
Schutzauftrag bei
Kindeswohlgefährdung |
§ 8a |
Fachliche
Beratung und Begleitung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen |
§ 8 b |
Allgemeine
Förderung der Erziehung in der Familie
|
§ 16 |
Zusammenarbeit
bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie |
§ 37 |
Erlaubnis für den
Betrieb einer Einrichtung |
§ 45 |
Meldepflichten |
§ 47 |
Tätigkeitsausschluss
einschlägig vorbestrafter Personen |
§ 72 a |
Qualitätsentwicklung
in der Kinder- und Jugendhilfe Fortdauernde
Leistungsverpflichtung und Fallübergabe bei Zuständigkeitswechsel Erhebungsmerkmale Übermittlung |
§ 79 a § 86 c § 99 § 103 |
Das als „Kernstück“ des
Bundeskinderschutzgesetzes - BKiSchG - zu bezeichnende Gesetz zur Kooperation
und Information im Kinderschutz – KKG (Artikel 1 des BKiSchG) - diese wurde
nicht ins SGB VIII eingearbeitet – umfasst:
Kinderschutz und staatliche
Mitverantwortung |
§ 1 |
Information der Eltern über
Unterstützungsangebote in Fragen der Kindesentwicklung |
§ 2 |
Rahmenbedingungen für verbindliche Netzwerkstrukturen
im Kinderschutz |
§ 3 |
Beratung und Übermittlung von Informationen
durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung |
§ 4 |
Mittlerweile gibt es für einige Bereiche
Handlungsempfehlungen des LVR und seit dem 01.07.2012 setzt das Land NRW die
entsprechende Verwaltungsvereinbarung ( siehe Anlage 2) zur
„Bundesinitiative Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen“ (vgl. www.fruehehilfen.de) um.
Die Bereiche „Prävention und Frühe Hilfen“
als Bestandteile eines umfassenden Kinderschutzes stellen die Kernbereiche im
BKiSchG dar. Erstmals werden Frühe Hilfen gesetzlich geregelt. So sollen
Angebote der Frühen Hilfen die Eltern schon ab der Schwangerschaft unterstützen.
Information und Beratung, Frühe Hilfen,
Begleitung und Unterstützung der Eltern, Mitwirkung in Netzwerken und
schließlich die Wahrnehmung eigener Verantwortlichkeiten zur Einschätzung
einer Gefährdung sowie des hiermit in Verbindung stehenden Risikos sind
Aufgaben des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe. Alleinverantwortlich ist
der öffentliche Träger jedoch keinesfalls: Die gleichberechtigte und
gleichverpflichtende Mitverantwortung und die Aufforderung zur Einbringung
eigener fachlicher Standards, Verfahren sowie aktives Handeln richtet sich an
alle professionell Tätigen, die Kontakt zu Familien und Kindern und
Jugendlichen haben. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist als generelle
Querschnittsaufgabe mit Relevanz für alle Aufgabenbereiche der Jugendhilfe zu
verstehen. (vgl. Schimke & Münder, 2012, S. 275)
2. Handlungsaufträge gemäß BKiSchG
2.1 Ausgangssituation in Haan
In Haan ergeben sich auf Grundlage des
BKiSchG neue und erweiterte Pflichtaufgaben des örtlichen Jugendhilfeträgers
zur Stärkung des Kinderschutzes:
ü die Frühe
Hilfen werden gesetzlich verankert,
ü der
öffentliche Träger wird zum Aufbau von Netzwerken Früher Hilfen verpflichtet,
ü viele
Berufsgruppen sowie Privatpersonen erhalten den Rechtsanspruch auf die Beratung
durch eine insoweit erfahrene Fachkraft,
ü der
öffentliche Träger der Jugendhilfe muss dafür Sorge tragen, dass ausreichend
erfahrene Kinderschutzfachkräfte zur Verfügung stehen,
ü das
Verfahren in Kinderschutzfragen wird konkretisiert und einheitlich geregelt,
ü die
Datenübermittlungsbefugnis für relevante Berufsgruppen wird klar geregelt,
ü für den
öffentlichen Träger der Jugendhilfe werden erweiterte Standards im Bereich des
Kinderschutzes gesetzlich eingeführt,
ü der
Kinderschutz muss einer fortlaufenden Qualitätsentwicklung und Qualitätsüberprüfung
unterzogen werden.
2.2 Praxiskonzept „Frühe Hilfen“
Als „Frühe Hilfen“ sind als präventiv
ausgerichtete Unterstützungs- und Hilfeangebote für Eltern ab Beginn der
Schwangerschaft bis hin zu einem Kindesalter von ungefähr drei Jahren zu
definieren. Zu diesen Hilfen werden in Haan als einzelne Bausteine die
Babybegrüßung, der Einsatz einer Familienhebamme, das Projekt „Wellcome“, die
Netzwerkarbeit und somit das gesamte soziale Frühwarnsystem in Kooperation mit
allen Leistungserbringern gezählt.
Im Mittelpunkt steht das Vorhalten von
Informationen, Beratung und Hilfe. Angebote wie Willkommensbesuche,
Elternbriefe, Begrüßungspakete oder ähnliches sind in der Praxis in Haan
bereits etabliert.
Familienhebammen kommen auf Grund ihres
spezifischen Aufgabenprofiles im Bereich der Frühen Hilfen einer
Schlüsselqualifikation zu. Sie greifen bei den Eltern in vor – und nachgeburtlichen
Lebenslagen einen medizinischen wie psychosozialen Unterstützungsbedarf auf.
(siehe Anlage 3 - Stellungnahme des Deutschen Hebammenverbandes)
Handlungsbedarf:
Die kommunale Verpflichtung für das
Vorhalten einer Familienhebamme leitet sich aus § 3 Abs. 4 KKG ab. Intention
ist die Stärkung des Netzwerkes durch den Einsatz von Familienhebammen zur
psychosozialen Begleitung der Eltern in den ersten Lebensmonaten des Kindes im
Interesse des Kindeswohls. Familienhebammen sind als neue Leistung der
Jugendhilfe zur Unterstützung von Familien im ersten Lebensjahr des Kindes in
den Kontext der Frühen Hilfen zu integrieren. Da die Familienhebammen in der
Regel freiberuflich tätig sind, kann das Jugendamt Haan im Rahmen einer zu
schließenden Kooperationsvereinbarung die Leistungen, das Entgelt und die
Qualitätsentwicklung festlegen.
Hilfen gem. § 16 SGB VIII während der Schwangerschaft und in den ersten
Lebensjahren des Kindes zählen zu einem unverzichtbaren Basisangebot eines
Jugendamtes. Damit muss im BSD als direkter Beratungsanbieter ein entsprechendes
Angebot geschaffen werden. Dies kann auch wie bisher durch Kooperation mit
Einrichtungen der Familienbildung, der Erziehungsberatung erfolgen.
Beabsichtigt ist die Einführung einer
offenen und kostenfreien Familiensprechstunde als niederschwelliges Angebot -
geburtsvorbereitende Angebote sowie entsprechende Hilfen nach der Geburt - in
Zusammenarbeit mit dem städtischen Familienzentrum einzuführen. Weitere Kooperationen,
auch mit den anderen Familienzentren, sind zu entwickeln.
2.3 Aufbau der strukturellen Zusammenarbeit
durch Entwicklung eines Netzwerkes im Kontext Früher Hilfen /
Netzwerk-Entwicklung
Das Bundeskinderschutzgesetz verpflichtet
den örtlichen Träger umfassende lokale Netzwerke aufzubauen und zur
Realisierung eines präventiven und intervenierenden Kinderschutzes
weiterzuentwickeln. Mit dieser in § 3 KKG (Gesetz zur Kooperation und
Information im Kinderschutz) definierten Forderung nach Entwicklung
verbindlicher Netzwerkstrukturen, ist ein wesentlicher Baustein einer gemeinsamen,
Professionen übergreifenden Zusammenarbeit, der umfassende Schutz von Kindern
und Jugendlichen umzusetzen. Im Rahmen der Netzwerkarbeit erfolgt die
Entwicklung einer Verantwortungsgemeinschaft mit Blick auf den Schutz von Kindern
und Jugendlichen in der Stadt Haan. Im Netzwerk sollen sich die Institutionen
gegenseitig über das jeweilige Angebot informieren, strukturelle Fragen der
Angebotsgestaltung klären sowie eine Kultur der gemeinsamen fachlichen
Verantwortung initiieren.
In das Netzwerk sind alle wichtigen Akteure
im Kinderschutz einzubinden wie insbesondere:
· Einrichtungen
und Dienste der öffentlichen und freien Jugendhilfe,
· Schulen,
· Gesundheitsamt,
Sozialamt, Agentur für Arbeit,
· Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen,
Beratungsstelle für soziale Problemlagen, Einrichtungen zum Schutz gegen
Gewalt
· Familiengericht
· Polizei-
und Ordnungsbehörden
Ein Netzwerk ist der Ort der gemeinsamen Legitimation
des Handelns im Kinderschutz, der Angebotsentwicklung und
Verfahrensabstimmung, der Konflikt- und Krisenklärung. Ein Netzwerk hat „die
Chance auf Realisierung, wenn sich die Akteure im Netzwerk fachlich auf
gleichem Niveau bewegen und diese das Netzwerk nachhaltig gestalten können“. (
siehe Vorlage Nr. 51/086/2012, Anlage „Handlungsempfehlungen
zum Bundeskinderschutzgesetz“, Seite 11)
Das Bundesfamilienministerium unterstützt
den Aus- und Aufbau von Netzwerken Frühe Hilfen und den Einsatz von
Familienhebammen auch finanziell.
Handlungsbedarf:
Zur Umsetzung ist der schrittweise Ausbau
des bisherigen Netzwerkes erforderlich. So sind bei der Vielzahl der zu
beteiligenden Institutionen, neben einer jährlichen, großen
Informationsveranstaltung bestehende Arbeitskreise, wie der „kleine runde
Tisch“ einzubinden. Ausgehend von diesem bereits seit Jahren etablierten
Gremium soll zunächst ein Konzept für die Struktur eines Netzwerkes präventiven
Kindesschutzes entwickelt werden. Es müssen dabei die Ziele, der Zweck und die
Grundzüge des zu entwickelnden Netzwerkes beschrieben werden. Primäre
Zielrichtung ist, Informations- und Kommunikationswege zu fördern sowie die
hierfür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Der Bezirkssozialdienst ist mit seinen
unterstützenden und beratenden Möglichkeiten als Netzwerkpartner zu
beteiligen, aber nicht als Netzwerkmanager zu bezeichnen. Aufgabe des BSD kann
nicht sein, Verantwortung für das Gelingen der Netzwerkbildung zu übernehmen.
Dies ist eine gemeinsame Verantwortungsgestaltung der gesamten Vertreter
und erfordert zwingend einen
verbindlichen Ansprechpartner und damit eine qualifizierte Fachkraft. Die
Verwaltungsvereinbarung für NRW enthält ebenfalls hierzu den Hinweis, für diese Aufgabe einen
konkreten Ansprechpartner einzusetzen. Die Aufgaben des Netzwerkkoordinators
werden zusätzlich durch die Landeskoordinierungsstelle NRW unterstützt.
2.4 Rechtsanspruch auf die Beratung durch eine
insoweit erfahrene Fachkraft
Aus § 4 Abs. 2 KKG sowie § 8b Abs. 1 SGB
VIII ergibt sich ein neuer Auftrag zur Information über Angebote der fachlichen
Beratung für Berufsgruppen und Personen, die beruflich in Kontakt mit Kindern
oder Jugendlichen stehen. Es wird hierbei der eigenständige Schutzauftrag der
freien Träger hervorgehoben und gleichzeitig wird damit ein entsprechender
Beratungsanspruch gegenüber dem öffentlichen Träger formuliert. Der örtliche
Träger muss ein bedarfsgerechtes Beratungsangebot durch insoweit erfahrene
Fachkräfte gewährleisten. Der § 4 KKG regelt den Anspruch auf Beratung und
Übermittlung von Informationen durch sogenannte Berufsgeheimnisträger bei
Kindeswohlgefährdung. Nach der Gesetzessystematik sind die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter des Bezirkssozialdienstes gegenüber Dritten außerhalb des
Jugendamtes von dieser Funktion ausgeschlossen. Mit der Beratung durch
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bezirkssozialdienstes wäre unweigerlich
eine vorzeitige Information des Jugendamtes verbunden. Außerdem würde dem
Prinzip der Verantwortungsteilung damit widersprochen.
Der Anspruch auf Beratung bei gewichtigen
Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung gilt auch für MitarbeiterInnen
von Rehabilitationsdiensten und -einrichtungen. Das unterstreicht § 21 Abs. 1
Nr. 7 SGB IX, der die Inanspruchnahme des entsprechenden Beratungsangebots
als Inhalt der Leistungsvereinbarungen von Rehabilitationsträgern mit
Leistungserbringern vorsieht.
In § 8a Abs. 4 SGB VIII wird der öffentliche
Träger aufgefordert, mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten,
Vereinbarungen abzuschließen, in denen folgende Regelungen aufgenommen sind:
ü Sicherstellung
der Gefährdungseinschätzung
ü Beratung
durch eine insoweit erfahrene Fachkraft
ü Einbeziehung
der Beteiligten insbesondere die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen,
sofern dadurch der Schutz nicht gefährdet ist
ü Qualifikation
der insoweit erfahrenen Fachkraft
ü Verpflichtung
des freien Trägers, auf Hilfemaßnahmen hinzuwirken und
ü Information
an das Jugendamt, sofern eine Abwendung der Gefährdung nicht gewährleistet ist.
Mit der Neustrukturierung in § 8a SGB VIII
werden keine neuen Pflichten festgelegt. Für die freien Träger der
Jugendhilfe wird deutlich, dass die Pflichten zur Abwendung einer
Kindeswohlgefährdung in der Verantwortung des jeweiligen Trägers liegen, was
durch Vereinbarung mit dem Jugendamt konkretisiert wird. Diese Präzisierung
betont den eigenständigen Schutzauftrag des freien Trägers. Der im Rahmen
seiner Funktion und Beauftragung diese Aufgabe unabhängig vom Jugendamt
ausführt.
Handlungsbedarf:
Der öffentliche Träger der Jugendhilfe ist
verpflichtet, ein uneingeschränktes Beratungsangebot der kinder- und
jugendnahen Berufsgeheimnisträger mittels einer insoweit erfahrenen Fachkraft
zu schaffen. Um die gesetzlichen Anforderungen umzusetzen, muss eine
ausreichende Beratungskapazität bereitgestellt werden und die genannten
Berufsgruppen und Personen müssen über die Beratungsansprüche informiert
werden. Über gemeinsame
Fachveranstaltungen zu spezifischen Themen des Kinderschutzes kann eine
gemeinsame Basis entwickelt werden.
Über Vereinbarungen nach § 8a SGB VIII sind
derzeit die Umsetzung und Kooperation im Bereich Kinderschutz mit den
Institutionen geregelt, die Leistungen nach dem Kinder-und Jugendhilfegesetz
erbringen. Mit allen Einrichtungen und
Diensten der öffentlichen und freien Jugendhilfe, Schulen, Sozialamt, Agentur
für Arbeit, Beratungsstellen, Familienbildungsstäten, Angehörige der
Heilberufe, Familiengerichte und Polizei- und Ordnungsbehörden, die bislang
nicht systematisch eingebunden sind, müssen über den Abschluss von zusätzlichen
Vereinbarungen zum Kinderschutz die verbindliche Zusammenarbeit festgelegt
werden.
Zur Entwicklung der Vereinbarungen sind
Vorbereitungsveranstaltungen für die unterschiedlichen Berufsgruppen
durchzuführen. Bei der Umsetzung der Vereinbarung in die Praxis müssen die
Berufsgruppen beraten und unterstützt werden.
Die Vorgabe, die insoweit erfahrene
Fachkraft im Prozess der Gefährdungseinschätzung hinzuzuziehen, will Qualität
durch fachliche Kompetenz im Beratungsprozess sicherstellen.
2.5 Einholung von erweiterten Führungszeugnissen
bei ehren- und nebenamtlichen Beschäftigten in der Kinder- und Jugendhilfe
gem. § 72 a SGB VIII
Relevanz für die Arbeit des Jugendamtes hat
die Verpflichtung zur Vorlage eines Führungszeugnisses für alle in der
Jugendhilfe tätigen Personen. Durch das BKiSchG wurde die Vorschrift verschärft,
dass alle hauptamtlich Beschäftigten in regelmäßigen Abständen (5 Jahre) ein
Führungszeugnis nach § 30 Abs. 5 vorlegen mussten. Ziel der Regelung ist,
einschlägig vorbestrafte Personen von einer Mitwirkung an der
Aufgabenwahrnehmung in der Jugendhilfe fernzuhalten und auszuschließen.
Mit den freien Jugendhilfeträgern sind
Vereinbarungen dazu abzuschließen entsprechend den neuen gesetzlichen
Anforderungen, die eine entsprechende Praxis in deren Verantwortungsbereich
gewährleisten sollen. Somit erweist es sich als Erfordernis, den Personenkreis
möglichst umfänglich zu bestimmen, von dem ein Führungszeugnis im erweiterten
Sinn vorzulegen ist (vgl. § 72 a SGB VIII). Immerhin werden Kinder in die
Betreuung Dritter übergeben, vielfach handelt es sich um Semiprofessionelle und
Ehrenamtliche, so dass ein Mindestmaß an Verlässlichkeit und Integrität der
tätigen Kräfte sichergestellt sein muss. Ebenso müssen die Kriterien hierzu
gemeinsam entwickelt werden.
2.6 Qualitätsmanagement - Qualitätsentwicklung in der Kinder- und
Jugendhilfe
Eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung
hat das BKiSchG im § 79 und 79a SGB VIII in allen Bereichen der Kinder- und
Jugendhilfe verpflichtend festgelegt. Dabei geht es auch um die Entwicklung,
Anwendung und Überprüfung von Standards für die Sicherung der Rechte von
Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen und ihren Schutz vor Gewalt. Der
Schutz von Kindern und Jugendlichen und die sich hierauf beziehende
Kooperation und Zusammenarbeit ist als Querschnittsaufgabe der Jugendhilfe
einer fortlaufenden fachlichen Auswertung und Qualitätsentwicklung zu
unterziehen. Die Entscheidung, die Anwendung fachlicher Leitlinien und
spezifischer Qualitätskritierein nicht allein auf den Tätigkeitsbereich der
öffentlichen Jugendhilfe zu begrenzen, sondern auch für Einrichtungen und
Leistungserbringer der freien Jugendhilfe verpflichtend zu machen, trägt zur
nachhaltigen Qualifizierung kommunaler Kinderschutzsysteme bei. In der
gemeinsamen Aufgabe des Kinderschutzes wird hierdurch die Verantwortungsgemeinschaft
aller in der Kinder- und Jugendhilfe tätigen Institutionen gestärkt.
Positiv hervorzuheben ist bei der
gesetzlichen Neuregelung die Vorgabe, entwickelte Standards und
Handlungsleitlinien regelmäßig zu evaluieren und über deren Einhaltung zu
wachen.
Handlungsbedarf:
Die geforderte Qualitätsentwicklung ist kein
ausschließliches Geschäft der laufenden Verwaltung. Mit ihr ist auf der Ebene
der Konzepte auch der Jugendhilfeausschuss zu befassen. Der öffentliche Träger
muss ein allgemeines Konzept für die Qualitätsentwicklung erarbeiten und in
einem aufgabenspezifisch differenzierten Qualitätsentwicklungsprozess
eintreten.
Qualitätsentwicklung ist ein kooperativer
Prozess von Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe. Im
Jugendhilfeausschuss soll die Verständigung über Grundsätze der
Qualitätsentwicklung und über das entsprechende Konzept erfolgen. Bei der
aufgabenspezifischen Qualitätsentwicklung des Trägers der öffentlichen
Jugendhilfe ist zu unterscheiden zwischen Aufgaben und Prozessen, die
vollständig von diesem selbst wahrgenommen werden und Aufgaben, die der Träger
der freien Jugendhilfe umsetzt.
Im ersten Umsetzungsschritt sollen hierzu im
Jugendamt Qualitätskriterien erarbeitet werden. Dies wird mit Unterstützung des
Landesjugendamtes in Köln erfolgen.
3. Prioritäten in der Umsetzung des BKiSchG /
Fazit
Der Ausbau eines erweiterten Netzwerkes im
Bereich des Kinderschutzes ist nur umsetzbar, wenn die entsprechende
Personalressource vorhanden ist. Demzufolge kann als erste Priorität in der
Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben im BKiSchG
die Schaffung einer neuen Stelle
„Kinderschutz / Frühe Hilfen / Netzwerkkoordination“ genannt werden.
Die weiteren Umsetzungsschritte sind
entsprechend zu realisieren. An dieser
Stelle, den konkreten zeitlichen Ablauf festzulegen, ist zu vernachlässigen.
Sobald die Stellenressource geschaffen ist, kann auch der Rechtsanspruch auf
Beratung durch eine insoweit erfahrene
Fachkraft realisiert werden.
Zur Einholung der erweiterten
Führungszeugnisse bei ehren- und nebenamtlichen Beschäftigten in der Kinder-
und Jugendhilfe gem. § 72 a SGB VIII sind Regelungen zum Verfahren / zur
Vereinbarung zwischen Jugendamt und
freien Trägern abzustimmen. In der AG 78 ist dazu ein erster fachlicher Dialog
hinsichtlich der Entscheidungskriterien zu führen.
Im Hinblick auf die kontinuierlichen
Qualitätsentwicklung wird die Verwaltung mit fachlicher Unterstützung durch den
LVR in den nächsten Monaten erste Gespräche innerhalb des Jugendamtes führen.
Die Verwaltung wird den JHA dazu zeitnah informieren.
Einrichtung
einer neuen Fachstelle „Kinderschutz / Frühe Hilfen / Netzwerkkoordination“
Um den Kinderschutz, eine/ einen
qualifizierten Ansprechpartner als insoweit erfahrene Fachkraft und die Frühen Hilfen entsprechend der
gesetzlichen Anforderungen ausbauen zu können, ist die Einrichtung einer
zusätzlichen Fachstelle mit folgenden Tätigkeitsschwerpunkten ( die Auflistung ist nur Beispielhaft) erforderlich:
· Durchführung
von Beratungen nach § 8 b SGB VIII,
· Weiterentwicklung,
Umsetzung und Fortschreibung des Netzwerkes Kinderschutz und Frühe Hilfen aufbauend auf den bisherigen Strukturen mit
der Zielsetzung der Einbindung aller gesetzlich vorgesehenen Institutionen,
· Abschluss
und Fortschreibung von Vereinbarungen über die verbindliche Zusammenarbeit mit
den Institutionen,
· Erarbeitung
von Kriterien mit den freien Trägern der Jugendhilfe zur Bestimmung der ehren-
und nebenamtlich Tätigen, die nach § 72 a SBG VIII ein erweitertes
Führungszeugnis vorlegen müssen,
· Beratung
der Institutionen und Berufsgruppen bei der organisatorischen Umsetzung der
gesetzlichen Anforderungen an den Kinderschutz
Um die Einrichtung und Ausweisung einer
zusätzlichen Stelle im Stellenplan 2013 zu vermeiden, beabsichtigt die
Verwaltung, die seit Juli 2011 vakante Stelle 51/3 (Aufsuchende Jugendarbeit,
EG S12) in Anspruch zu nehmen und im gleichen Produkt (060310 – Ambulante
Hilfen) für die zuvor beschriebene Fachstelle mit EG S14 auszuweisen.
Die jährlichen Personalkosten (EG S14) sind
mit rd. 50.000 € zu veranschlagen. Der Sachaufwand (Fachreferenten,
Qualifizierungsmaßnahmen, Tagungsgebühren, Informationsmaterialien etc.) wird
auf 10.000 € jährlich geschätzt. In der Anlaufphase / Aufbauphase des
Netzwerkes „Frühe Hilfen“ wird mit einem erhöhten Aufwand gerechnet, daher
erfolgt keine anteilige Umrechnung für 2013.
Anteilige
Finanzierung / Bundesmittel
Zur Finanzierung der genannten Aufgaben
stehen zur Unterstützung Bundesmittel zu
Verfügung, deren Verteilung auf die Bundesländer in einer Verwaltungsvereinbarung
geregelt wurde. Für Haan stehen zur Erfüllung der Aufgabe folgende Beträge bereit:
|
Bundesmittel |
Landesmittel NRW |
Haan (Verteilerschlüssel: U 3-Kinder im SGB II-Bezug – Durchschnitt 2010) |
2012 |
30 Mio. EUR |
6,2 Mio. EUR |
6.715 EUR |
2013 |
45 Mio. EUR |
9,0 Mio. EUR |
9.437 EUR |
ab 2014 dauerhaft |
51 Mio. EUR |
10,3 Mio. EUR |
noch nicht bekannt |
Diese Mittel sind nur für neue Projekte ab
2012, zur Erweiterung von bestehenden Netzwerken oder zur Verstetigung von
Projekten einsetzbar. In Haan ist in Ergänzung bestehender Strukturen eines
umfassenden Kinderschutzes und damit zur Umsetzung des BKiSchG die Einrichtung
einer zusätzlichen Vollzeitstelle mit den zu entwickelnden Schwerpunkten
„Kinderschutz/ Frühe Hilfen/ Netzwerkkoordination“ erforderlich. Durch die
Bereitstellung einer konkreten Ansprechperson, die über das Wissen sowohl über örtliche
Angebote wie auch über die Fachkompetenz zur Beratung bei Kinderschutzfällen
verfügt, wird die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt gesenkt.
Die Sicherung des Kindeswohls durch frühe Hilfen ist nur durch ein gut
funktionierendes Netzwerk mit verbindlichen Strukturen möglich.
Beschlussvorschlag:
1. Der Jugendhilfeausschuss nimmt die Ausführungen zur
konzeptionellen Ausgestaltung der gesetzlichen Bestimmungen aus dem
Bundeskinderschutzgesetz vom 22.11.2011 - BKiSchG - zur Kenntnis.
2. Zur Umsetzung der konzeptionellen Ausführungen wird
- im Stellenplan 2013 bei Produkt 060310
„Ambulante Hilfen“ eine neue Vollzeitstelle (EG S14) eingerichtet unter
Inanspruchnahme der seit Juli 2011 vakanten Stelle 51/3 (Aufsuchende
Jugendarbeit, EG S12) und
- im Haushaltsplan 2013 bei
Produkt 060130 „Ambulante Hilfen“ ein Sachkostenansatz von 10.000 € eingestellt.
Finanz. Auswirkung:
Produkt 060310
Aufwand:
-
Personalaufwand: rd. 50.000 €/Jahr für eine
Vollzeitstelle
-
Sachaufwand: 10.000 € (geschätzt)
Ertrag:
Landeszuweisung bis zu 9.437 € in 2013 möglich.