hier: Neufassung des Aufstellungsbeschlusses, § 2 (1) BauGB,
Beschluss der städtebaulichen Ziele
Sachverhalt:
1. Ausgangssituation
Das
Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 133 befindet sich westlich der Haaner
Innenstadt und repräsentiert als gewachsenes Stadtquartier verschiedene Phasen
der Stadtentwicklung von der vorindustriellen Landbesiedlung über die
industriell geprägte Stadtentwicklung ab dem Ende des 19. Jahrhunderts bis hin
zur Wohnbebauung ab den 1960-er Jahren
des 20. Jahrhunderts. Im Flächennutzungsplan
(FNP) der Stadt Haan wird der Bereich zwischen der Zeppelinstraße
(nordwestliche Begrenzung) und der Talstraße (nordöstliche Begrenzung) als
Wohnbaufläche dargestellt; die südlich angrenzenden Grundstücke entlang der
Bahnhofstraße sind als Mischgebiet dargestellt. Die Flächen der Hofschaft
Stöcken sind als Fläche für den Gemeinbedarf: „kulturellen Zwecken dienende
Gebäude und Einrichtungen“ ausgewiesen.
Bauplanungsrechtlich sind Vorhaben i.
S. des § 29 BauGB derzeit, als im unbeplanten Innenbereich gelegen, gemäß § 34
BauGB zu beurteilen.
2. Bisheriger Planungsverlauf
Am
18.12.1973 fasste der Rat der Stadt Haan den Beschluss zur Aufstellung des
Bebauungsplans Nr. 65 „Jägerstraße“. Mit dem Bebauungsplan sollten in erster
Linie die Flächen für die damals geplante Verbindung der B 228 mit der Dieker
Straße und für die Entwicklung des Grünzugs Sandbachtal gesichert werden.
Nach der
Realisierung der Verbindungsstraße an anderer Stelle (BP 121b „Querspange“) und
nach der Entwicklung des Sandbachtals als innerstädtische Grünfläche im Rahmen
eines Wohnumfeldprogramms konzentrierten sich die Planungen ab dem Ende der
1980-er Jahre auf die Erhaltung der Hofschaft „Stöcken“ als solitäres,
historisches Element innerhalb der umgebenden Stadtstruktur. Im
Planungsausschuss am 06.05.1987 wurden hierzu seitens der Verwaltung Planungskonzepte vorgestellt.
Die Konzepte sahen einen Erhalt der Hofschaft mitsamt seiner Gartenumgebung und
westlich der Erschließungsfläche eine maßvolle bauliche Nachverdichtung mit 2 –
3 Wohngebäuden vor. Das Planverfahren wurde jedoch wegen der seinerzeit noch
immer ungeklärten Frage einer zukünftigen Nutzung des Baudenkmals Stöcken nicht
weiter verfolgt.
Die Erarbeitung eines städtebaulichen
Fachgutachtens für den Bereich Stöcken und die Stellung einer Bauvoranfrage im
baulichen Umfeld waren Anlass für eine erneute Einbringung in den
Planungsausschuss. In der Sitzung vom 15.10.1991 wurde die „Variante II“ als
Beurteilungsgrundlage für Bauvorhaben im Nahbereich des Baudenkmals
beschlossen. Zwischenzeitig konnte der Fortbestand des Hauses Stöcken (auch in
einer Funktion als Heimatmuseum) gesichert werden. Da sich die Planungen
inzwischen nur noch auf das Umfeld der Hofschaft Stöcken bezogen, wurde das
Plangebiet verkleinert und als Bebauungsplanverfahren Nr. 133 weitergeführt. In
der Folgezeit wurden Einzelvorhaben zur Errichtung von Wohngebäuden im Bereich
Stöcken nach § 34 BauGB genehmigt; ein Erfordernis zur Fortführung des Bauleitplanverfahrens
bestand danach nicht mehr.
3. Abgrenzung
des Plangebiets, mögliches Planungserfordernis
Die
Bahnhofstraße, die Jägerstraße, die Talstraße und die Luisenstraße bilden ein
offenes Straßenkarree, welches die historische Hofschaft „Stöcken“ umfasst. Die
innere Erschließung durch die Verkehrsfläche „Stöcken“ (im nördlichen Abschnitt
nur als Fußweg) gliedert das Karree in einen westlichen und einen östlichen
Teil. Der westliche Innenbereich des Karrees ist durch Wohnbauvorhaben seit den
1960-er Jahren baulich weitgehend (nach-) verdichtet. Ein Planungserfordernis
besteht für diesen Bereich insofern nicht. Die Grundstücke entlang der
Bahnhofstraße (einschl. der Eckbebauung Luisenstraße) und die Bebauung entlang
der Talstraße sind gemäß § 34 BauGB hinreichend und abschließend zu beurteilen,
so dass für diese Grundstücke ebenfalls kein Planungserfordernis besteht.
Ein
Erfordernis zur Bauleitplanung wird jedoch für den Straßenzug der Luisenstraße,
dessen westliches Hinterland sowie für die derzeit noch unbebauten
Grundstücksflächen im Nordosten der Hofschaft Stöcken gesehen (s. Kap. 4 und
5).
Mit dem
erneuten Aufstellungsbeschluss wird das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 133
deshalb auf die Grundstücke beiderseits der Luisenstraße und die Hofschaft
Stöcken einschließlich der Bebauung östlich der Verkehrsfläche „Stöcken“
festgelegt (Anlage 1).
4. Anlass zur
Fortführung des Planverfahrens
In jüngster Zeit wurde eine Bauvoranfrage im Bereich der Luisenstraße
zur Errichtung eines Wohngebäudes gestellt. Die hierbei vorgesehene Bauform
weicht vom einheitlichen Gestaltungsbild der Luisenstraße ab.
Nördlich der Hofschaft Stöcken
befindet sich mit dem Flurstück 306 eine Erschließungsfläche, welche zur
baulichen Entwicklung der östlich anschließenden Flurstücke vorgesehen war (SV
PLA 26/156 vom 06.05.1987: Bebauungsentwurf aus dem Jahre 1956, Anlage 2).
Für das östlich angrenzende Flurstück Nr. 95 wurden ebenfalls
Bebauungsabsichten vorgetragen. Für dieses Grundstück ist bereits heute eine
Beurteilung nach § 34 BauGB gegeben, womit aber im Falle einer
grundstücksbezogenen Einzelfallregelung Entwicklungspotentiale für die dahinter
liegenden Parzellen bzw. für die gesamthafte Entwicklung des inneren, östlichen
Straßencarrees blockiert würden.
Aktuell besteht auch das Interesse
eines Wohnanliegers, sein tiefes Gartengrundstück im westlich gelegenen Hinterland
der Luisenstraße einer baulichen Nutzung zuzuführen. Mit dem Wohngebäude
Luisenstraße Nr. 17a besteht hierzu ein stadtgeschichtlich weit zurück reichendes
Vorbild (ehemaliges Werkstattgebäude, genehmigte Umnutzung zu Wohnzwecken aus
dem Jahr 1913). Eine geordnete Erschließung vorausgesetzt, ist eine adäquate
Wohnnutzung auch für die südlich anschließenden Gartenflächen denkbar. Somit
besteht aus Sicht der Verwaltung im Bereich nördlich und östlich Stöcken ein
erhebliches Potential für eine behutsame, städtebaulich angemessene
Nachverdichtung.
Es ist ersichtlich, dass die
Beurteilungsgrundlage des § 34 BauGB als
Steuerungselement nicht ausreicht, um das Entwicklungspotential im oben
beschriebenen Sinne auszuschöpfen und eine geordnete städtebauliche Entwicklung
zu gewährleisten. Aus Sicht der Verwaltung besteht die Gefahr, dass eine
ungesteuerte bauliche Entwicklung zur Entstehung bodenrechtlicher Spannungen
führt und z. B. ein Übermaß an privaten Erschließungswegen entsteht. Die
Belange des Denkmalschutzes und der Stadtbildpflege könnten ebenfalls nicht
ausreichend berücksichtigt werden. Deshalb ist aus Sicht der Verwaltung eine
Fortführung des Bauleitplanverfahrens sinnvoll. Da noch keine
Vorentwurfsplanung erarbeitet werden konnte, soll zunächst der Aufstellungsbeschluss
unter Formulierung der städtebauliche Ziele gefasst werden, um ggfs.
Baugesuche, welche diesen Zielen widersprechen, gem. § 15 (1) BauGB für die
Dauer von max. 12 Monaten zurückstellen zu können.
5. Stadtgeschichtliche
Bedeutung
Der Plangeltungsbereich ist durch zwei stadthistorisch bedeutsame
Bereiche geprägt:
·
Das Baudenkmal Stöcken mit
seinen vorgelagerten Grün-/ Gartenflächen und
·
der Straßenzug der
Luisenstraße als Beispiel für die frühindustrielle Stadtentwicklung.
Baudenkmal Stöcken Nr. 1
Urkundlich erstmals 1363 genannt, gilt die historische Hofschaft Stöcken als einer der ältesten, erhaltenen Höfe Haans. Das unter Denkmalschutz gestellte, 2-geschossige, giebelständige
Fachwerkhaus ist an den Wetterseiten mit Schiefer verkleidet. In den 80er
Jahren des 20. Jahrhunderts wurden umfangreiche Restaurierungen durchgeführt.
Das Haus Stöcken ist das Geburtshaus des Haaner Heimatforschers und Dichters
Jakob Litsch (1887-1980). Als Solitär innerhalb der gewachsenen Stadtlandschaft
und eingebettet in das umgebende Gartenland vermittelt es noch heute ein
authentisches Bild der ursprünglichen, bergischen Landbesiedlung in Form von
weitgehend autarken Einzelhöfen. In seiner Funktion als Heimatmuseum beherbergt
es heute einen wesentlichen Teil der heimatkundlichen Sammlung Litsch.
Luisenstraße
Die Luisenstraße ist von einer homogenen,
eingeschossigen Wohnbebauung geprägt, deren Ursprung ausgangs des 19.
Jahrhunderts liegt und eng mit dem in Haan traditionellen Weberhandwerk verknüpft
ist. Für ihre Entstehung im unmittelbaren Zusammenhang mit der benachbarten
Fabrik Schniewind spricht folgendes:
Um 1880 wurde die Seidenweberei Schniewind an
der Dieker Straße 26 gegründet, welche sich schnell zu einem der größten
Industriebetriebe in Haan entwickelte. Die Firma war dafür bekannt, schon
frühzeitig mit dem Bau von Werkswohnungen begonnen zu haben. Die Luisenstraße
ist als neu im Stadtgebiet verzeichneter Straßenzug erstmalig im Kartenwerk der
sogen. Preußischen Neuaufnahme
von1892 ausgewiesen. Vieles spricht also dafür, dass die Luisenstraße für den
planmäßigen Bau von Werkswohnungen angelegt wurde. Dafür spricht auch die
Berufsbezeichnung von damaligen Bauherren, soweit dieses aus den alten
Hausakten noch hervorgeht, z. B. „Fabrikmeister“.
Wenn auch (wahrscheinlich) als
„Werkswohnungen“ errichtet, entsprechen die Gebäude der Luisenstraße doch im
Wesentlichen dem oben beschriebenen Typus des Handweberwohnhauses. Bis heute haben sich diese Häuser weit gehend
erhalten und bestimmen den Charakter der Straße (Anlagen 3 und 4). Die
Luisenstraße stellt somit als Ganzes ein erhaltenswertes Zeugnis der frühindustriellen Stadtentwicklung dar.
Gebäude vergleichbaren Typus existieren z. B. auch noch an der Talstraße
(Nr.15-23; 30-34), hier aber nur vereinzelt und nicht prägend.
6. Städtebauliche
Ziele
Eine Weiterentwicklung des Bereichs Luisenstraße / Stöcken i. S. einer
baulichen Nachverdichtung wird aus Sicht der Verwaltung befürwortet. Hierbei
sind jedoch auch der Erhalt des Erscheinungsbildes der Luisenstraße, ebenso der
Erhalt der Hofschaft Stöcken mit ihrem Umfeld als städtebauliche Belange in die
Bauleitplanung zu integrieren. Im Einzelnen werden hierfür folgende städtebauliche
Ziele genannt:
6.1 Bestandserhaltung:
·
Erhalt
des Straßenbildes Luisenstraße (z. B. Begrenzung auf 2 Vollgeschosse, 2. Vollgeschoss
als Drempelgeschoss im Dach), Beibehalten der traufständigen Satteldachform,
eingeschossige Erweiterungsmöglichkeiten (Flach- oder flachgeneigtes Pultdach),
evtl. weitere Gestaltungsvorgaben zur Fassaden- und Dachgestaltung (im Falle
der Projektentwicklung über einen Vorhabensträger z. B. über einen
städtebaulichen Vertrag nach § 11 BauGB),
·
Erhalt
der Hofschaft Stöcken als Baudenkmal; Erhalt des Gartenlandes als (von
jeglicher Bebauung frei zu haltende) Grünfläche.
6.2 Nachverdichtung:
·
Weiterentwicklung
des Erschließungsansatzes nördlich Stöcken (Ergänzung des Wohngebäudes Stöcken
Nr. 12 als Doppelhaus, weitere höchstens zweigeschossige Wohngebäude als
Einzel- und / oder Doppelhaus, jeweils mit Bauhöhenbegrenzung,
·
bauliche
Nachverdichtung im westlichen Hinterland der Luisenstraße in Form von max.
zweigeschossigen Einzel- und / oder Doppelhäusern, Bauhöhenbegrenzung, Erschließungsansatz
über die historische Wegeparzelle 83.
6.3 Erlebniswert
Stadtraum - Gartenstadt
·
Begrenzung
der überbaubaren Flächen zur Wahrung des durchgrünten Gebietscharakters,
·
Festsetzung
zur Baugestaltung sowie zur Gestaltung von Einfriedigungen, Hecken und zur
Anpflanzung von Bäumen aus städtebaulichen Gründen,
·
Nutzung
des weiteren Verlaufs der historischen Wegeparzelle 83 als attraktive, Fuß-/ Radwegeverbindung
Stöcken – Luisenstraße.
7. Art des Planverfahrens
und weitere Vorgehensweise
Durch das Gesetz zur Erleichterung von
Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21.12.2006 wurde das
Baugesetzbuch mit Wirkung vom 01.01.2007 dahingehend geändert, dass nunmehr
Bebauungspläne, die der Wiedernutzbarmachung von Flächen, der Nachverdichtung
oder anderer Maßnahmen der Innenentwicklung dienen, im beschleunigten Verfahren
aufgestellt werden können. Der Bebauungsplan Nr. 133 entspricht den Anforderungen
des § 13 a BauGB „Bebauungspläne der Innenentwicklung“, da er der
Nachverdichtung eines innerstädtischen Wohnquartiers dient und weniger als
20.000 qm Grundfläche gemäß § 19 (2) BauNVO festsetzt (hier max. ca. 3.200 m²).
Zudem begründet der Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben, die
einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Bundes-
oder Landesrecht unterliegen und es bestehen keine Anhaltspunkte für eine
Beeinträchtigung der in § 1 (6) Nr. 7b BauGB genannten Schutzgüter.
Aufgrund dessen empfiehlt die Verwaltung,
das Bauleitplanverfahren durch einen erneuten Aufstellungsbeschluss in ein Verfahren
der Innenentwicklung zu überführen. Durch die Anwendung des beschleunigten
Verfahrens für Bebauungspläne der Innenentwicklung ergeben sich
Verfahrensvereinfachungen für die Planung. Insbesondere ist die Durchführung
einer Umweltprüfung nicht erforderlich; folglich entfällt somit auch der
Umweltbericht. Gleichwohl sind alle umweltrelevanten Belange sachgerecht in die
Planung einzustellen. Für Bebauungspläne der Innenentwicklung mit weniger als
20.000 qm festgesetzter Grundfläche ist zudem kein Ausgleich für durch die
Planung zu erwartenden Eingriffe erforderlich.
8. Beschlussempfehlung
Die Verwaltung empfiehlt, den
Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 133 „Luisenstraße / Stöcken“ aus
dem Jahre 1970 auf Grund der geänderten städtebaulichen Ziele neu zu fassen, um
das Verfahren als Verfahren der Innenentwicklung nach § 13 a BauGB fortzuführen.
Nach erfolgter Beschlussfassung wird die Verwaltung eine Vorentwurfsplanung
erarbeiten und dem Ausschuss in einer der nächsten Sitzungen, verbunden mit der
Empfehlung zur Durchführung der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung gem. §
3 (1) BauGB, vorlegen.
Beschlussvorschlag:
„1./ Der Bebauungsplan Nr. 133 „Luisenstraße /
Stöcken“ ist gemäß § 2 (1) BauGB als Bebauungsplan der Innenentwicklung nach §
13a BauGB aufzustellen.
Das Plangebiet befindet sich in
Haan-Mitte. Er umfasst ganz oder teilweise die Grundstücke Gemarkung Haan, Flur
27, nördlich der Grundstücke an der Bahnhofstraße und östlich der Straße
„Stöcken“ sowie beidseitig der Luisenstraße. Die genaue Festlegung des
räumlichen Geltungsbereichs erfolgt durch die Planzeichnung in der
Sitzungsvorlage.
2./ Den formulierten städtebaulichen Zielen gemäß
dieser Sitzungsvorlage wird zugestimmt. Sie sind der weiteren Planung zu Grunde
zu legen.“
Finanz. Auswirkung:
keine