Betreff
Bebauungsplan Nr. 133 "Luisenstraße / Stöcken" als Bebauungsplan der Innenentwicklung, § 13a BauGB
hier: Neufassung des Aufstellungsbeschlusses, § 2 (1) BauGB,
Beschluss der städtebaulichen Ziele
Vorlage
61/152/2014
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

1.      Ausgangssituation

Das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 133 befindet sich westlich der Haaner Innenstadt und repräsentiert als gewachsenes Stadtquartier verschiedene Phasen der Stadtentwicklung von der vorindustriellen Landbesiedlung über die industriell geprägte Stadtentwicklung ab dem Ende des 19. Jahrhunderts bis hin zur  Wohnbebauung ab den 1960-er Jahren des 20. Jahrhunderts.  Im Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Haan wird der Bereich zwischen der Zeppelinstraße (nordwestliche Begrenzung) und der Talstraße (nordöstliche Begrenzung) als Wohnbaufläche dargestellt; die südlich angrenzenden Grundstücke entlang der Bahnhofstraße sind als Mischgebiet dargestellt. Die Flächen der Hofschaft Stöcken sind als Fläche für den Gemeinbedarf: „kulturellen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen“ ausgewiesen.

Bauplanungsrechtlich sind Vorhaben i. S. des § 29 BauGB derzeit, als im unbeplanten Innenbereich gelegen, gemäß § 34 BauGB zu beurteilen.

 

 

2.      Bisheriger Planungsverlauf

Am 18.12.1973 fasste der Rat der Stadt Haan den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 65 „Jägerstraße“. Mit dem Bebauungsplan sollten in erster Linie die Flächen für die damals geplante Verbindung der B 228 mit der Dieker Straße und für die Entwicklung des Grünzugs Sandbachtal gesichert werden.

Nach der Realisierung der Verbindungsstraße an anderer Stelle (BP 121b „Querspange“) und nach der Entwicklung des Sandbachtals als innerstädtische Grünfläche im Rahmen eines Wohnumfeldprogramms konzentrierten sich die Planungen ab dem Ende der 1980-er Jahre auf die Erhaltung der Hofschaft „Stöcken“ als solitäres, historisches Element innerhalb der umgebenden Stadtstruktur. Im Planungsausschuss am 06.05.1987 wurden hierzu seitens  der Verwaltung Planungskonzepte vorgestellt. Die Konzepte sahen einen Erhalt der Hofschaft mitsamt seiner Gartenumgebung und westlich der Erschließungsfläche eine maßvolle bauliche Nachverdichtung mit 2 – 3 Wohngebäuden vor. Das Planverfahren wurde jedoch wegen der seinerzeit noch immer ungeklärten Frage einer zukünftigen Nutzung des Baudenkmals Stöcken nicht weiter verfolgt.

Die Erarbeitung eines städtebaulichen Fachgutachtens für den Bereich Stöcken und die Stellung einer Bauvoranfrage im baulichen Umfeld waren Anlass für eine erneute Einbringung in den Planungsausschuss. In der Sitzung vom 15.10.1991 wurde die „Variante II“ als Beurteilungsgrundlage für Bauvorhaben im Nahbereich des Baudenkmals beschlossen. Zwischenzeitig konnte der Fortbestand des Hauses Stöcken (auch in einer Funktion als Heimatmuseum) gesichert werden. Da sich die Planungen inzwischen nur noch auf das Umfeld der Hofschaft Stöcken bezogen, wurde das Plangebiet verkleinert und als Bebauungsplanverfahren Nr. 133 weitergeführt. In der Folgezeit wurden Einzelvorhaben zur Errichtung von Wohngebäuden im Bereich Stöcken nach § 34 BauGB genehmigt; ein Erfordernis zur Fortführung des Bauleitplanverfahrens bestand danach nicht mehr.

 

 

3.      Abgrenzung des Plangebiets, mögliches Planungserfordernis

Die Bahnhofstraße, die Jägerstraße, die Talstraße und die Luisenstraße bilden ein offenes Straßenkarree, welches die historische Hofschaft „Stöcken“ umfasst. Die innere Erschließung durch die Verkehrsfläche „Stöcken“ (im nördlichen Abschnitt nur als Fußweg) gliedert das Karree in einen westlichen und einen östlichen Teil. Der westliche Innenbereich des Karrees ist durch Wohnbauvorhaben seit den 1960-er Jahren baulich weitgehend (nach-) verdichtet. Ein Planungserfordernis besteht für diesen Bereich insofern nicht. Die Grundstücke entlang der Bahnhofstraße (einschl. der Eckbebauung Luisenstraße) und die Bebauung entlang der Talstraße sind gemäß § 34 BauGB hinreichend und abschließend zu beurteilen, so dass für diese Grundstücke ebenfalls kein Planungserfordernis besteht.

Ein Erfordernis zur Bauleitplanung wird jedoch für den Straßenzug der Luisenstraße, dessen westliches Hinterland sowie für die derzeit noch unbebauten Grundstücksflächen im Nordosten der Hofschaft Stöcken gesehen (s. Kap. 4 und 5).

Mit dem erneuten Aufstellungsbeschluss wird das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 133 deshalb auf die Grundstücke beiderseits der Luisenstraße und die Hofschaft Stöcken einschließlich der Bebauung östlich der Verkehrsfläche „Stöcken“ festgelegt (Anlage 1).

 

 

4.      Anlass zur Fortführung des Planverfahrens

In jüngster Zeit wurde eine Bauvoranfrage im Bereich der Luisenstraße zur Errichtung eines Wohngebäudes gestellt. Die hierbei vorgesehene Bauform weicht vom einheitlichen Gestaltungsbild der Luisenstraße ab.

Nördlich der Hofschaft Stöcken befindet sich mit dem Flurstück 306 eine Erschließungsfläche, welche zur baulichen Entwicklung der östlich anschließenden Flurstücke vorgesehen war (SV PLA 26/156 vom 06.05.1987: Bebauungsentwurf aus dem Jahre 1956, Anlage 2). Für das östlich angrenzende Flurstück Nr. 95 wurden ebenfalls Bebauungsabsichten vorgetragen. Für dieses Grundstück ist bereits heute eine Beurteilung nach § 34 BauGB gegeben, womit aber im Falle einer grundstücksbezogenen Einzelfallregelung Entwicklungspotentiale für die dahinter liegenden Parzellen bzw. für die gesamthafte Entwicklung des inneren, östlichen Straßencarrees blockiert würden.

Aktuell besteht auch das Interesse eines Wohnanliegers, sein tiefes Gartengrundstück im westlich gelegenen Hinterland der Luisenstraße einer baulichen Nutzung zuzuführen. Mit dem Wohngebäude Luisenstraße Nr. 17a besteht hierzu ein stadtgeschichtlich weit zurück reichendes Vorbild (ehemaliges Werkstattgebäude, genehmigte Umnutzung zu Wohnzwecken aus dem Jahr 1913). Eine geordnete Erschließung vorausgesetzt, ist eine adäquate Wohnnutzung auch für die südlich anschließenden Gartenflächen denkbar. Somit besteht aus Sicht der Verwaltung im Bereich nördlich und östlich Stöcken ein erhebliches Potential für eine behutsame, städtebaulich angemessene Nachverdichtung.

Es ist ersichtlich, dass die Beurteilungsgrundlage des § 34 BauGB als Steuerungselement nicht ausreicht, um das Entwicklungspotential im oben beschriebenen Sinne auszuschöpfen und eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten. Aus Sicht der Verwaltung besteht die Gefahr, dass eine ungesteuerte bauliche Entwicklung zur Entstehung bodenrechtlicher Spannungen führt und z. B. ein Übermaß an privaten Erschließungswegen entsteht. Die Belange des Denkmalschutzes und der Stadtbildpflege könnten ebenfalls nicht ausreichend berücksichtigt werden. Deshalb ist aus Sicht der Verwaltung eine Fortführung des Bauleitplanverfahrens sinnvoll. Da noch keine Vorentwurfsplanung erarbeitet werden konnte, soll zunächst der Aufstellungsbeschluss unter Formulierung der städtebauliche Ziele gefasst werden, um ggfs. Baugesuche, welche diesen Zielen widersprechen, gem. § 15 (1) BauGB für die Dauer von max. 12 Monaten zurückstellen zu können.

 

 

5.      Stadtgeschichtliche Bedeutung

Der Plangeltungsbereich ist durch zwei stadthistorisch bedeutsame Bereiche geprägt:

·      Das Baudenkmal Stöcken mit seinen vorgelagerten Grün-/ Gartenflächen und

·      der Straßenzug der Luisenstraße als Beispiel für die frühindustrielle Stadtentwicklung.

 

Baudenkmal Stöcken Nr. 1

Urkundlich erstmals 1363 genannt, gilt die historische Hofschaft Stöcken als einer der ältesten, erhaltenen Höfe Haans. Das unter Denkmalschutz gestellte, 2-geschossige, giebelständige Fachwerkhaus ist an den Wetterseiten mit Schiefer verkleidet. In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden umfangreiche Restaurierungen durchgeführt. Das Haus Stöcken ist das Geburtshaus des Haaner Heimatforschers und Dichters Jakob Litsch (1887-1980). Als Solitär innerhalb der gewachsenen Stadtlandschaft und eingebettet in das umgebende Gartenland vermittelt es noch heute ein authentisches Bild der ursprünglichen, bergischen Landbesiedlung in Form von weitgehend autarken Einzelhöfen. In seiner Funktion als Heimatmuseum beherbergt es heute einen wesentlichen Teil der heimatkundlichen Sammlung Litsch.

 

Luisenstraße

Die Luisenstraße ist von einer homogenen, eingeschossigen Wohnbebauung geprägt, deren Ursprung ausgangs des 19. Jahrhunderts liegt und eng mit dem in Haan traditionellen Weberhandwerk verknüpft ist. Für ihre Entstehung im unmittelbaren Zusammenhang mit der benachbarten Fabrik Schniewind spricht folgendes:

Um 1880 wurde die Seidenweberei Schniewind an der Dieker Straße 26 gegründet, welche sich schnell zu einem der größten Industriebetriebe in Haan entwickelte. Die Firma war dafür bekannt, schon frühzeitig mit dem Bau von Werkswohnungen begonnen zu haben. Die Luisenstraße ist als neu im Stadtgebiet verzeichneter Straßenzug erstmalig im Kartenwerk der sogen. Preußischen Neuaufnahme von1892 ausgewiesen. Vieles spricht also dafür, dass die Luisenstraße für den planmäßigen Bau von Werkswohnungen angelegt wurde. Dafür spricht auch die Berufsbezeichnung von damaligen Bauherren, soweit dieses aus den alten Hausakten noch hervorgeht, z. B. „Fabrikmeister“.

Wenn auch (wahrscheinlich) als „Werkswohnungen“ errichtet, entsprechen die Gebäude der Luisenstraße doch im Wesentlichen dem oben beschriebenen Typus des Handweberwohnhauses. Bis heute haben sich diese Häuser weit gehend erhalten und bestimmen den Charakter der Straße (Anlagen 3 und 4). Die Luisenstraße stellt somit als Ganzes ein erhaltenswertes Zeugnis der frühindustriellen Stadtentwicklung dar. Gebäude vergleichbaren Typus existieren z. B. auch noch an der Talstraße (Nr.15-23; 30-34), hier aber nur vereinzelt und nicht prägend.

 

 

6.      Städtebauliche Ziele

Eine Weiterentwicklung des Bereichs Luisenstraße / Stöcken i. S. einer baulichen Nachverdichtung wird aus Sicht der Verwaltung befürwortet. Hierbei sind jedoch auch der Erhalt des Erscheinungsbildes der Luisenstraße, ebenso der Erhalt der Hofschaft Stöcken mit ihrem Umfeld als städtebauliche Belange in die Bauleitplanung zu integrieren. Im Einzelnen werden hierfür folgende städtebauliche Ziele genannt:

6.1    Bestandserhaltung:

·      Erhalt des Straßenbildes Luisenstraße (z. B. Begrenzung auf 2 Vollgeschosse, 2. Vollgeschoss als Drempelgeschoss im Dach), Beibehalten der traufständigen Satteldachform, eingeschossige Erweiterungsmöglichkeiten (Flach- oder flachgeneigtes Pultdach), evtl. weitere Gestaltungsvorgaben zur Fassaden- und Dachgestaltung (im Falle der Projektentwicklung über einen Vorhabensträger z. B. über einen städtebaulichen Vertrag nach § 11 BauGB),

·      Erhalt der Hofschaft Stöcken als Baudenkmal; Erhalt des Gartenlandes als (von jeglicher Bebauung frei zu haltende) Grünfläche.

 

6.2    Nachverdichtung:

·      Weiterentwicklung des Erschließungsansatzes nördlich Stöcken (Ergänzung des Wohngebäudes Stöcken Nr. 12 als Doppelhaus, weitere höchstens zweigeschossige Wohngebäude als Einzel- und / oder Doppelhaus, jeweils mit Bauhöhenbegrenzung,

·      bauliche Nachverdichtung im westlichen Hinterland der Luisenstraße in Form von max. zweigeschossigen Einzel- und / oder Doppelhäusern, Bauhöhenbegrenzung, Erschließungsansatz über die historische Wegeparzelle 83.

 

6.3    Erlebniswert Stadtraum - Gartenstadt

·      Begrenzung der überbaubaren Flächen zur Wahrung des durchgrünten Gebietscharakters,

·      Festsetzung zur Baugestaltung sowie zur Gestaltung von Einfriedigungen, Hecken und zur Anpflanzung von Bäumen aus städtebaulichen Gründen,

·      Nutzung des weiteren Verlaufs der historischen Wegeparzelle 83 als attraktive, Fuß-/ Radwegeverbindung Stöcken – Luisenstraße.  

 

 

7.      Art des Planverfahrens und weitere Vorgehensweise

Durch das Gesetz zur Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte vom 21.12.2006 wurde das Baugesetzbuch mit Wirkung vom 01.01.2007 dahingehend geändert, dass nunmehr Bebauungspläne, die der Wiedernutzbarmachung von Flächen, der Nachverdichtung oder anderer Maßnahmen der Innenentwicklung dienen, im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden können. Der Bebauungsplan Nr. 133 entspricht den Anforderungen des § 13 a BauGB „Bebauungspläne der Innenentwicklung“, da er der Nachverdichtung eines innerstädtischen Wohnquartiers dient und weniger als 20.000 qm Grundfläche gemäß § 19 (2) BauNVO festsetzt (hier max. ca. 3.200 m²). Zudem begründet der Bebauungsplan nicht die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Bundes- oder Landesrecht unterliegen und es bestehen keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 (6) Nr. 7b BauGB genannten Schutzgüter.

Aufgrund dessen empfiehlt die Verwaltung, das Bauleitplanverfahren durch einen erneuten Aufstellungsbeschluss in ein Verfahren der Innenentwicklung zu überführen. Durch die Anwendung des beschleunigten Verfahrens für Bebauungspläne der Innenentwicklung ergeben sich Verfahrensvereinfachungen für die Planung. Insbesondere ist die Durchführung einer Umweltprüfung nicht erforderlich; folglich entfällt somit auch der Umweltbericht. Gleichwohl sind alle umweltrelevanten Belange sachgerecht in die Planung einzustellen. Für Bebauungspläne der Innenentwicklung mit weniger als 20.000 qm festgesetzter Grundfläche ist zudem kein Ausgleich für durch die Planung zu erwartenden Eingriffe erforderlich.

 

 

8.      Beschlussempfehlung

Die Verwaltung empfiehlt, den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 133 „Luisenstraße / Stöcken“ aus dem Jahre 1970 auf Grund der geänderten städtebaulichen Ziele neu zu fassen, um das Verfahren als Verfahren der Innenentwicklung nach § 13 a BauGB fortzuführen. Nach erfolgter Beschlussfassung wird die Verwaltung eine Vorentwurfsplanung erarbeiten und dem Ausschuss in einer der nächsten Sitzungen, verbunden mit der Empfehlung zur Durchführung der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 (1) BauGB, vorlegen. 

 

Beschlussvorschlag:

 

„1./  Der Bebauungsplan Nr. 133 „Luisenstraße / Stöcken“ ist gemäß § 2 (1) BauGB als Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a BauGB aufzustellen.

       Das Plangebiet befindet sich in Haan-Mitte. Er umfasst ganz oder teilweise die Grundstücke Gemarkung Haan, Flur 27, nördlich der Grundstücke an der Bahnhofstraße und östlich der Straße „Stöcken“ sowie beidseitig der Luisenstraße. Die genaue Festlegung des räumlichen Geltungsbereichs erfolgt durch die Planzeichnung in der Sitzungsvorlage.

2./   Den formulierten städtebaulichen Zielen gemäß dieser Sitzungsvorlage wird zugestimmt. Sie sind der weiteren Planung zu Grunde zu legen.“

 

Finanz. Auswirkung:

 

keine