Sachverhalt:
Anlass
Aufgrund der seit Ende des Jahres 2012
merklich ansteigenden Zahl der von der Stadt Haan unterzubringenden
Asylbewerber stellte die Verwaltung für das Jahr 2013 und folgende die Kosten
für die Errichtung neuer Wohnunterkünfte für Asylbewerber an den Standorten
Ellscheid 7 („Ellscheid II“) und Landstr. 7 in die Haushaltsplanung ein. Im
Rahmen der Haushaltsberatungen 2013 wurde vom Rat der Stadt der geplanten
Maßnahme am Standort Ellscheid (Ellscheid II) zugestimmt, die geplante
2-stufige Maßnahme am Standort Landstraße 7 wurde mit Sperrvermerk versehen.
Zwischenzeitlich hat das Baudezernat alle
notwendigen Schritte zur Umsetzung der Maßnahme „Ellscheid II“ ergriffen. Die
Fertigstellung des Gebäudes wird für Anfang August 2014 avisiert.
Die Verwaltung hat mit Vorlage 51/154/2014
vom 26.01.2014 verschiedene Maßnahmen zur Schaffung neuer Wohnunterkünfte für
Flüchtlinge vorgeschlagen. Hierzu zählt auch die Aufhebung des Sperrmerks
betreffend „Landstraße“ für die bauliche Umsetzung der geplanten Maßnahme
(siehe Nr. 3. des Beschlussvorschlags in der vorgenannten Vorlage). Die Einbringung
erfolgte in der Sitzung des Sozialausschusses am 12.02.2014. Der Beschlussteil
„Aufhebung Sperrvermerk“ wurde zur Entscheidung an den Rat verwiesen (Sitzung
am 25.03.2014).
Aufgrund der aktuellen Beratungen in
verschiedenen Ausschüssen (SozA, HFA) und der Veränderung verschiedener
Rahmenbedingungen greift die Verwaltung das Thema mit dieser Vorlage neu auf,
um aus ganzheitlicher Betrachtung heraus ein Unterbringungskonzept für die Folgejahre
zur Entscheidung zu entwickeln und vorzulegen.
Veränderte
Randbedingungen
•
Im Februar diesen Jahres sah sich die
Sozialverwaltung gezwungen, die Prognose für die Anzahl der unterzubringenden
Asylbewerber gravierend anzuheben. Siehe detaillierte Erläuterung im nächsten
Absatz.
•
Aufgrund aktueller Rechtsprechung ist eine
Wohnnutzung durch Asylbewerber in Gewerbegebieten nicht mehr zulässig. Damit
entfällt die Nutzungsmöglichkeit einiger potentieller Standorte entweder ganz
oder ist nur über eine mit zeitlichen und anderen Risiken behaftete
B-Plan-Änderung in „Fläche für Gemeinbedarf“ möglich. Hiervon ist auch der
Standort Landstr. betroffen.
•
Die Kaufpreisfinanzierung von Wohnheimen durch
Krediteinnahmen ist dann möglich, wenn der Haushaltsausgleich im Ergebnisplan
2020 erreicht wird.
Anzahl
unterzubringender Personen
Basierend auf den Ausarbeitungen der Sozialverwaltung vom Februar 2014
stellt sich die notwendige Anzahl von Unterbringungsplätzen wie folgt dar:
Ausgangssituation
März 2014, vorhandene Belegung
- Ellscheid I 39 Personen (überbelegt)
- Düsseldorfer Str. 27
- Bachstr. Pavillon 31 in
Variantendarstellung „30“
- Polnische Mütze
23
gesamt
gerundet: ca. 120
Bedarfsprognose
Februar 2014
- Zugang 2014 50 Personen
- Zugang 2015 40
- Zugang 2016 40
gesamt: 130
Daraus ergibt sich für Ende des Jahres 2016
eine Gesamtzahl in Höhe von 250 Personen.
Anzahl zusätzlich zu schaffender
Unterbringungsplätze – Platzdefizit – Status Quo
Ausgangssituation
März 2014, vorhandene Unterbringungsplätze
- Ellscheid I 39 Plätze (überbelegt)
- Düsseldorfer Str. 27
- Bachstr. Pavillon 31
- Polnische Mütze
23
gesamt
gerundet: ca. 120
Kapazitätszugänge
2014 in Umsetzung
- Bachstr. OGS 20 Plätze
- Ellscheid II 30
gesamt: + 50
Kapazitätsabgang durch Freizug Polnische
Mütze in 2014
- Abgang 23 Plätze
- davon in Wohnungen 10
gesamt gerundet: ca. - 15
Daraus ergibt sich bis zum 3. Quartal 2014
eine Belegungskapazität in Höhe von 155 Plätzen.
Bei der Ermittlung der Anzahl der zusätzlich
zu schaffenden Unterbringungsplätze über den gesamten Betrachtungszeitraum ist
zu berücksichtigen, dass es sich noch bei weiteren der momentan genutzten
Räumlichkeiten um Provisorien oder nur zeitlich begrenzt zur Verfügung stehende
Quartiere handelt (Bachstr. Pavillon, Bachstr. OGS-Räume).
Abgänge
Provisorien Bachstr.
- Bachstr. Pavillon 31 in
Variantendarstellung „30“
- Bachstr. OGS 20
gesamt gerundet: - 50
Bei Berücksichtigung der Abgänge durch diese
Provisorien verbliebe demnach lediglich eine Belegungskapazität von 105 Plätzen.
Unter Annahme des Bedarfs in Höhe von 250
Plätzen ergibt sich nach jetzigem Erledigungsstand über den
Gesamtbetrachtungszeitraum gesehen ein noch zu bewältigendes gravierendes
Gesamtdefizit
von ca. 145 Unterbringungsplätzen !
Zur weiteren Kompensation dieses Defizits
war bisher von Seiten der Verwaltung die Errichtung zweier weiterer Unterkünfte
am Standort Untere Landstr. vorgesehen. An diesem Standort können max. 60
Personen (auch Familien) untergebracht werden. Es verbliebe immer noch ein Defizit
in Höhe von 85 Unterbringungsplätzen. Siehe hierzu Anlage 1, Diagramm Szenario 1 – „Status Quo“.
Aktuelle
Standortanalyse
Aufgrund der zuvor benannten veränderten
Rahmenbedingungen führten Liegenschaftsamt, Planungsamt und Gebäudemanagement
in den vergangenen Wochen eine das ganze Stadtgebiet umfassende Analyse
möglicher Unterbringungsstandorte / Unterbringungsmöglichkeiten durch.
Die Lösungsansätze wurden in folgende
Kategorien unterteilt:
•
Gebäude in städtischem Besitz
•
Grundstücke in städtischem Besitz
•
Zum Erwerb anstehende Grundstücke
•
Zum Erwerb anstehende Gebäude
•
Zur Miete anstehende Gebäude
•
Wohnungsangebote
Diverse Standortvorschläge schieden aufgrund
verschiedener Ausschlusskriterien (z.B. Lage und Topografie, Außenbereich oder
Landschaftsschutz, Reservierung für andere städtebauliche Zwecke) von
vorneherein von der weiteren Untersuchung aus. Die verbliebenen, näher
untersuchten Standorte wurden gesichtet, nach verschiedenen Kriterien
(Belegungskapazität, Planungsrecht, Kosten, Erstellungszeitrahmen, Akzeptanz
potentieller Vermieter) beurteilt und bewertet.
Von den untersuchten 22 Standorten erwiesen
sich 11 als ungeeignet. Die verbliebenen 11 Standorte können aufgrund der
Schnelligkeit der Verfügbarkeit in 3 Gruppen aufgeteilt werden:
1.)
Bei der am schnellsten verfügbaren Gruppe handelt
es sich um die bereits diskutierten möglichen Provisorien in aus der Nutzung
genommenen städtischen Gebäuden:
-
Ehem. VHS-Gebäude Bachstr.
-
Ehem. Musikschule Dieker Str.
Die
Inanspruchnahme dieser Standorte birgt jedoch, wie aus den anliegenden
Szenarien-Darstellungen ersichtlich, das Risiko dauerhafter Blockade der
Vermarktungsmöglichkeiten der Liegenschaften. Weitere, geeignete städtische
Gebäude-Leerstände existieren nicht, da aufgegebene Standorte regelmäßig
umgehend vermarktet wurden.
2.)
Ebenfalls relativ zügig können an folgende
Standorten aus bestimmten Gründen bzw. unter bestimmten Bedingungen Unterkünfte
neu errichtet werden:
-
Neandertalweg, am früheren Unterkunftsstandort
(Bodenplatte
und Erschließung vorhanden, Befreiung Landschaftsschutz nötig)
-
Ellscheid 7, 3tes Gebäude
(Vorteil: B-Plan vorhanden, Nachteil:
Ballung)
In den nachfolgend dargestellten Szenarien
werden diese Standorte nicht zur Deckung des Grundbedarfs, sondern zur
schnellstmöglichen Abfederung von Bedarfsspitzen eingesetzt.
3.)
Die nachfolgend genannten Standorte sind, unter
bestimmten, zeitbeanspruchenden Bedingungen, grundsätzlich geeignet für die
dauerhafte Errichtung weiterer Unterkünfte
-
Kampheider Str.
-
Landstr.
-
Heidfeld
-
Deller Str.
-
Düsselberger Str.
-
Zirkuswiese
Die Verwaltung spricht sich nach Würdigung
der unterschiedlichsten Beurteilungskriterien deutlich für die Entwicklung des
Standortes Kampheider Str. aus. Dieser Standort stand bisher nicht zur
Verfügung, da er bis vor kurzem für andere, nun nicht mehr notwendige Zwecke
vorgesehen war (Ausgleichsfläche für Erweiterung Gewerbebetrieb). Der Standort
weist deutliche Vorteile gegenüber dem Standort an der Landstraße auf: geringes
Baugrund- / Altlasten-, Bauzeit- und Kostenrisiko, geringere
Schallschutzauflagen, aufgrund Befreiungsmöglichkeit und vorgezogener
Genehmigung vor B-Plan-Änderung schneller umsetzbar.
Möglichkeiten
/ Angebote für Unterbringung auf dem freien Wohnungsmarkt
Einzelfallunterbringungen in Wohnungen sind
möglich (siehe zuletzt Freiziehen des Gebäudes Elberfelder Str. 157). Derzeit
befinden sich rd. 20 Flüchtlinge in Wohnungen. Auf dem Wohnungsmarkt in Haan
sind aktuell bis langfristig nur begrenzt Kapazitäten für die Flüchtlingsunterbringung
verfügbar.
Szenarien
Zur Verdeutlichung der Situation sind in den
beigefügten Diagrammen (Szenarien 1 bis 4) die Entwicklung des
Unterbringungsbedarfs und der zur Verfügung stehenden Kapazitäten in Abhängigkeit
dargestellt.
In Szenario
1 – „STATUS QUO“ wird, wie oben schon beschrieben, der Stand der
bisherigen Beschlusslage dargestellt.
In Szenario
2 – „PROVISORIEN“ wurde das Provisorium „Ehemalige Musikschule Dieker
Str.“ in die Planung aufgenommen, da nur durch ein weiteres Provisorium im Jahr
2014 der für die 2te Jahreshälfte prognostizierte Bedarf überhaupt annähernd
gedeckt werden kann. Desweiteren wurde aus o.g. Gründen anstelle des Standortes
Landstraße der neue Standort Kampheider Str. dargestellt. Sollte der
prognostizierte Anstieg des Bedarfs eintreten, blockiert dieses Szenario
dauerhaft die Vermarktung der Standorte Bachstraße und Dieker Straße. Wie der
Kurvenverlauf dieses Szenario verdeutlicht, könnte darüberhinaus selbst bei
dauerhafter Belegung der Provisorien-Standorte im Verlauf des Jahres 2015 ein
Kapazitäts-Engpass entstehen.
Siehe hierzu Anlage 2, Diagramm Szenario 2 – „PROVISORIEN“.
Daher wurde bei Szenario 3 – „FLEXIBEL“ die Reaktivierung des Standortes
Neandertalweg in die Betrachtung mit einbezogen. Aufgrund der oben
beschriebenen relativ schnellen Verfügbarkeit ermöglicht dieses Szenario eine
verhältnismäßig flexible Reaktion auf den weiteren Verlauf der
Bedarfsentwicklung. Sollte die Bedarfsentwicklung den Prognosen entsprechen, werden
auch bei diesem Szenario die Vermarktungsabsichten eines oder beider
Provisoriums-Standorte blockiert.
Siehe hierzu Anlage 3, Diagramm Szenario 3 – „FLEXIBEL“.
Erst das Szenario 4 – „MAXIMUM“ ermöglicht durch die Hinzunahme des
Standortes Ellscheid III (3. Gebäude am Bestandsstandort) eine relativ
verlässliche Aussicht auf den Freizug mindestens eines der beiden
Provisorien-Standorte zum Jahresende 2015.
Siehe hierzu Anlage 4, Diagramm Szenario 4 – „MAXIMUM“.
Wertung
der Szenarien aus sozialfachlicher / gesellschaftspolitischer Sicht
Die in dieser Vorlage zur Realisierung
dargestellten neuen Standorte entsprechen den Anforderungen betreffend Standort
/ Anbindung an die Infrastruktur. Die Nutzung der Kindertageseinrichtungen und
Schulen ist gesichert. Die Standorte sind angemessen verteilt über das Stadtgebiet
und erfüllen die Anforderung der möglichst dezentralen Unterbringung.
Es ergeben sich Einschränkungen bei den
Standorten Ellscheid III und Neandertalweg. Der zuletzt genannte Standort soll
deshalb nur befristet vorgehalten werden. Ferner ist durch eine intensive
Begleitung der Flüchtlinge durch den Caritasverband den negativen Aspekten an
diesen Standorten entgegen zu wirken.
Handlungsempfehlung
der Verwaltung
Als Ergebnis der durchgeführten
Betrachtungen und dezernatsübergreifenden Abstimmungen, aufgrund der
Unwägbarkeiten der Bedarfsprognosen und der angespannten Haushaltslage
empfiehlt die Verwaltung ein abgestuftes Vorgehen:
Zur Deckung des absoluten Minimumbedarfs
muss mindestens das Szenario 2 – „PROVISORIEN“ schnellstmöglich umgesetzt
werden.
Desweiteren ist die Reaktivierung des
Standortes Neandertalweg bezüglich Ausnahmegenehmigung und Planung
vorzubereiten, um bei sich bestätigender Bedarfserhöhung schnellstmöglich
reagieren zu können.
Im Weiteren ist zum Ende des Jahres 2014 und
im Jahr 2015 die Entwicklung des Bedarfs regelmäßig zu überprüfen, um evtl.
weiter notwendige Kapazitätserhöhungen rechtzeitig in die Haushaltsplanung
2015/2016 aufnehmen zu können, mit dem Ziel, eine langfristige Blockade der
Vermarktung der Provisorien-Standorte zu vermeiden.
Beschlussvorschlag:
1.
Der Rat
der Stadt Haan spricht sich für die schnellstmögliche, bedarfsorientierte
Beseitigung des Unterbringungsdefizits für Asylbewerber aus.
2.
Hierzu
soll aus baulicher Sicht das Szenario 2 – „PROVISORIEN“ umgesetzt werden. Dazu
sind die Standorte „Provisorium ehemalige Musikschule Dieker Str.“ und „Kampheider
Straße“ baulich umzusetzen.
3.
Dabei
sind zur Beschleunigung der Umsetzung alle Möglichkeiten für vergaberechtliche
Erleichterungen auszuschöpfen.
4.
Zur
Vorbereitung weiterer Bedarfsdeckung über das Szenario 2 hinaus sind die notwendigen
Maßnahmen für die Aktivierung der Standorte Neandertalweg und Ellscheid III zu
ergreifen, die ohne Budgetbereitstellung möglich sind (Einholung Befreiung,
interne Planung).
Finanz. Auswirkung:
Für die Herrichtung des Provisoriums Dieker Str. wurden im Rahmen einer groben Ermittlung Kosten in Höhe von 175.000 € ermittelt. Hierbei handelt es sich um konsumtive Mittel, die zusätzlich in die Haushaltsplanung 2014 (Ergebnisplan, Produkt 100400 - Städtische Unterkünfte, Übergangswohnheime) aufgenommen werden.
Grobe Kostenschätzung für die Errichtung von 2 Wohnheimen am Standort Kampheider Straße:
Herrichtung, Gründung, Erschließung etc. 400.000 €
Kaufpreis 2 Modulgebäude á 30 Plätze 2.000.000 €
Mehrkosten für massiven Sanitärkern 480.000 €
Investitionskosten gesamt 2.880.000 €
Veranschlagung im Haushaltsplan 2014:
Produkt 100400 - Städtische Unterkünfte, Übergangswohnheime / Teilfinanzplan (Investitionen)
Ansatz 2014 300.000 €
(Vermessung, Baugrunduntersuchung, Freimachen, Fachingenieure etc.)
Verpflichtungsermächtigung in 2014: 2.580.000 €
damit die Ausschreibung erfolgen kann.
Ansatz 2015: 2.580.000 €
Die Baukosten werden durch eine Kreditaufnahme finanziert.
Wohnheime untere Landstraße
Die im Haushaltsplan 2014 ff. (Ergebnisplan) veranschlagten Aufwendungen für die anzumietenden Wohnheime entfallen.