hier: Dringlichkeitsantrag der Stv. Frau Lukat vom 31.03.2014
Sachverhalt:
Vorbemerkung
Seit einiger Zeit gibt es Bestrebungen von
Energieanbietern, neben der Förderung "klassischer" Energieträger,
wie Erdöl und (an konventionelle Lagerstätten gebundenes) Erdgas auch
sogenannte "unkonventionelle Erdgasvorkommen" nutzbar zu machen.
Die mit der Gewinnungsmethode dieser
Vorkommen ("Hydraulic Fracking") verbundenen Umweltgefährdungen
(Stichwort: Grundwasser) haben dazu geführt, dass die Landesregierung 2012 ein
Moratorium hiergegen verhängt hat. Vor einer entsprechenden Risikobeurteilung
durch ein Gutachten des Landes NRW dürfen deshalb vorerst keine Förderbohrungen
niedergebracht werden.
Was
sind "Unkonventionelle Erdgasvorkommen?
Zu den
unkonventionellen Vorkommen werden gezählt:
- „Flözgas“: (CBM = Coal Bed Methane): Methan
in Kohlenflözen
-
„Shale Gas“: in Tonsteinen enthaltenes Methan
-
„Tight Gas“: Erdgas in besonders undurchlässigen Gesteinen.
In Nordrhein-Westfalen kommen
unkonventionelle Erdgasvorkommen demnach außer in den Kohlenflözen selbst
(Flözgas) in Tonsteinen aus Schichten des Erdmittelalters und des Erdaltertums vor („Shale Gas“). „Tight
Gas“-Vorkommen sind in NRW nach bisherigem Kenntnisstand nicht zu erwarten.
Der Geologische Dienst NRW hat zu dem Thema
die Informationsbroschüre „"Unkonventionelle Erdgasvorkommen in Nordrhein-Westfalen"
veröffentlicht ( www.gd.nrw.de ).
Die Bezirksregierung Arnsberg hat als
zuständige Behörde in Bezug zu möglichen Vorkommen von „unkonventionellen“
Erdgaslagerstätten großräumig dimensionierte Abbaufelder ausgewiesen. Diese
umfassen auch potentiell "Shale-Gas" – führende Schichten am Nordrand
des Rheinischen Schiefergebirges. Weiter südlich sind keine Abbaufelder
ausgewiesen, da diese Schichten hier nicht vorkommen. Die am weitesten nach
Süden reichenden Bereiche der Abbaufelder (das Feld "Ruhr")
erstrecken sich bis in den nördlichen Kreis Mettmann und sogar bis in die
nördlichsten Teile des Haaner Stadtgebietes.
Die Abgrenzungen dieser Felder entsprechen
jedoch nicht den genauen geologischen Verhältnissen, sondern umgrenzen die
potentiell geeigneten Gesteinsvorkommen nur sehr grob.
Mögliche
Vorkommen im Gebiet des Kreises Mettmann
Da Kohlenflöze innerhalb des Kreisgebietes
nicht vorhanden sind, ist ein Vorkommen von Flözgas hier auszuschließen.
Gleiches gilt für "Tight Gas"-Vorkommen (s. o.).
Die möglichen Lagerstätten im Kreisgebiet
beschränken sich demnach auf "Shale Gas"- Vorkommen. Diese sind im
Kreisgebiet auf Tonsteine aus der Unterkarbon-Zeit („Hangende Alaunschiefer“)
beschränkt, welche im nördlichen Rheinischen Schiefergebirge sowie im Untergrund
der Niederrheinischen und der Münsterländer Bucht vorkommen.
Das südlichste Vorkommen liegt deutlich
außerhalb der Stadt Haan innerhalb eines von der Bundesstraße 7 östlich von
Mettmann ost-nordöstlich ziehenden Gesteinsverbandes der sogenanten
"Herzkamper Mulde" (Quelle: Geologische Karte von Nordrhein-Westfalen
1: 100.000, Blatt C 4706 Düsseldorf-Essen).
Aber selbst hier sind schon die
Grundvoraussetzungen für eine Gewinnung zumindest als schwierig zu bezeichnen:
· Ausdehnung und
Tiefenlage der Schichten sind eher gering, meist direkter Kontakt mit dem
oberen Grundwasserhorizont und mit der Erdoberfläche
· erhöhte
Umweltschutz-Auflagen auf Grund der Besiedlungsdichte im betreffenden Raum
· fortgeschrittene,
natürliche Ausgasung durch Verwitterung und Oberflächenkontakt des Gesteins in
vorgeschichtlicher Zeit.
Die
im Rahmen der Prospektion durch den Geologischen Dienst NRW als potentiell
Erdgas führend ausgewiesenen Gesteine kommen im Haaner Stadtgebiet nicht vor.
Eine Betroffenheit des Haaner Stadtgebiets ist somit nicht gegeben.
Rechtlichen
Rahmenbedingungen
Hinsichtlich der rechtlichen
Rahmenbedingungen für die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas sei hier auf die
Erläuterung der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg zum Thema verwiesen.
http://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/e/erdgas_rechtlicher_rahmen/index.php
„Der
rechtliche Rahmen für die Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas ergibt sich in
erster Linie aus dem Bundesberggesetz (BBergG). Dabei kommt es nicht darauf an,
ob das Gas in konventionellen oder in unkonventionellen Lagerstätten aufgesucht
beziehungsweise gewonnen wird.
Für das
Aufsuchen und Gewinnen von Bodenschätzen benötigt der Bergbauunternehmer
grundsätzlich zwei Arten von behördlichen Entscheidungen.
- Zum einen geht es um
Bergbauberechtigungen, die dem Bergbauunternehmer lediglich prinzipiell
das Recht einräumen, Bodenschätze aufzusuchen beziehungsweise zu gewinnen.
- Zum anderen geht es um die Zulassung
einer konkreten betrieblichen Maßnahme im Rahmen einer Aufsuchung oder
Gewinnung, zum Beispiel das Niederbringen von Bohrungen. Hierfür benötigt
der Bergbauunternehmer grundsätzlich eine gestattende Entscheidung in Form
einer sogenannten Betriebsplanzulassung.
Für alle vorgenannten Entscheidungen ist die
Bezirksregierung Arnsberg mit der landesweit tätigen Abteilung Bergbau und
Energie in NRW zuständig.
Bergbauberechtigungen
Erdgas zählt
zu den Kohlenwasserstoffen und ist damit ein sogenannter bergfreier Bodenschatz
im Sinne des § 3 Abs. 3 BBergG. Bergfreie Bodenschätze sind nicht Bestandteil
des Grundeigentums. Sowohl für ihre Aufsuchung als auch für ihre Gewinnung ist
deshalb jeweils eine Bergbauberechtigung erforderlich. Diese
Bergbauberechtigung kann in Form einer Erlaubnis oder einer Bewilligung erteilt
beziehungsweise in Form des Bergwerkseigentums verliehen werden. Gemäß § 6
BBergG gilt der Grundsatz: Wer bergfreie Bodenschätze aufsuchen will, benötigt
eine Erlaubnis, wer bergfreie Bodenschätze gewinnen will, benötigt eine
Bewilligung oder das Bergwerkseigentum.
Die
Bergbauberechtigungen haben in erster Linie die Aufgabe, dem Inhaber eine
Rechtsposition zum Schutz vor Konkurrenten einzuräumen. Sie sind sogenannte
gebundene Entscheidungen. Der Behörde steht kein Ermessen zu. Wenn die in den
§§ 11 und 12 BBergG abschließend aufgezählten Voraussetzungen erfüllt sind,
besitzt der Antragsteller einen Rechtsanspruch auf die Erteilung der
Bergbauberechtigung.
Vor der
Entscheidung ist den Behörden, zu deren Aufgaben die Wahrnehmung öffentlicher
Interessen gehört, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dabei stellt der
Gesetzgeber auf das Feld einer Berechtigung in seiner gesamten Ausdehnung ab.
Deshalb werden zum Beispiel bei der Erteilung von Erlaubnissen regelmäßig
diejenigen Behörden beteiligt, die aufgrund ihrer Bündelungsfunktion einen
Gesamtüberblick über die öffentlichen Interessen vermitteln können. Das sind
konkret die Bezirksregierungen und in Bezug auf geologische Belange der
Geologische Dienst NRW. Die Bergbauberechtigungen werden grundsätzlich
befristet. Erlaubnisse werden beispielsweise auf höchstens fünf Jahre
befristet. Die Frist kann unter bestimmten Umständen verlängert werden.
In
Nordrhein-Westfalen hat die Bezirksregierung Arnsberg bisher 22 Erlaubnisse zu
gewerblichen Zwecken zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen aus
unkonventionellen Lagerstätten erteilt, weitere 8 derartige Anträge liegen vor.
Zudem ist die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen seit 2006
Inhaberin einer Erlaubnis zu wissenschaftlichen Zwecken.
Gewinnungsberechtigungen auf Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten sind in
Nordrhein-Westfalen weder beantragt noch erteilt.
Bohrungen
Wenn der
Bergbauunternehmer zur Aufsuchung oder Gewinnung von Erdgas Bohrungen
niederbringen will, benötigt er dazu eine sogenannte Betriebsplanzulassung. Der
Bergbauunternehmer reicht dazu bei der Bezirksregierung Arnsberg einen Antrag
ein, aus dem insbesondere die beabsichtigte technische Durchführung des
Vorhabens ersichtlich ist. Für jedes Vorhaben ist zumindest ein
Hauptbetriebsplan einzureichen. Es gibt andere Arten von Betriebsplänen, die
für ganz bestimmte Vorhaben vorgesehen sind.
Die
Entscheidung der Bezirksregierung Arnsberg über einen eingereichten
Betriebsplan erfolgt entweder in Form einer Betriebsplanzulassung oder in Form
der Ablehnung einer Zulassung. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung.
Der Behörde steht kein Ermessen zu.
Die
Zulassungsvoraussetzungen sind im § 55 Abs. 1 BBergG abschließend aufgezählt.
Wenn sie erfüllt sind, hat der Bergbauunternehmer einen Anspruch auf die
Betriebsplanzulassung.
Für
bestimmte Vorhaben, die in der bundeseinheitlich geltenden Verordnung über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) aufgeführt
sind, ist die Durchführung einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung mit
Öffentlichkeitsbeteiligung (UVP) vorgesehen. Dementsprechend erfordert die
Gewinnung von Erdgas zu gewerblichen Zwecken dann eine UVP, wenn das tägliche
Fördervolumen 500.000 Kubikmeter Erdgas übersteigt. Auch wenn keine UVP
durchzuführen ist, werden Umweltbelange (Immissionsschutz, Wasserwirtschaft,
Naturschutz etc.) sowie andere dem Vorhaben entgegenstehende öffentliche
Belange in die Entscheidung einbezogen (§ 48 Abs. 2 BBergG). Es findet eine
Abwägung statt.
Die
Bezirksregierung Arnsberg beteiligt vor der Entscheidung die in ihrem
Aufgabenbereich betroffenen Behörden und Gemeinden. Sie bittet auch
gegebenenfalls andere Stellen um eine Stellungnahme. Die Einbeziehung von
Bürgern erfolgt über Bürgerinformationstermine, die vor der Einreichung von
Betriebsplänen zweckmäßig sind. Die Bezirksregierung fordert in diesem
Zusammenhang von den Bergbauunternehmen eine Information der Öffentlichkeit in
den betroffenen Kommunen ein.
Ob
zusätzlich eine wasserrechtliche Erlaubnis notwendig ist, unterliegt einer
Einzelfallentscheidung. Gemäß § 49 Abs. 1 WHG muss eine Bohrung 1 Monat vor Arbeitsbeginn
angezeigt werden. Zuständig für die Entgegennahme der Anzeige ist die örtlich
zuständige Untere Wasserbehörde (Kreis bzw. kreisfreie Stadt). Eine
wasserrechtliche Erlaubnis ist nur dann erforderlich, wenn die Prüfung der
Anzeige ergeben hat, dass sich die Bohrung nachteilig auf die
Grundwasserbeschaffenheit auswirken kann. Dann ist die Bezirksregierung
Arnsberg für die Entscheidung über die Erlaubnis zuständig. Sie hat die
Entscheidung im Einvernehmen mit der örtlich zuständigen Unteren Wasserbehörde
zu treffen.
Sachstand zu den
Aufsuchungsaktivitäten
Im Rahmen
der Aufsuchung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in NRW hat die
Bezirksregierung Arnsberg bisher lediglich eine Betriebsplanzulassung für eine
Erkundungsbohrung „Oppenwehe 1“ in Stemwede (Kreis Minden-Lübbecke) erteilt.
Inhaber dieser Betriebsplanzulassung mit Bescheid 19.06.2008 ist die Firma
ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG). Die Bohrung selbst wurde bereits
im Jahre 2008 niedergebracht und wird seither in einem Kontrollregime
überwacht. Aktuell plant EMPG nach eigenen Angaben vorerst keine weiteren
Aktivitäten in dieser Bohrung.
Die im
Sommer 2010 von der Firma EMPG bei der Bezirksregierung Arnsberg eingereichten
Betriebsplanungen (Hauptbetriebsplan) für eine weitere Erkundungsbohrung
„Nordwalde Z1“ im Gemeindegebiet Nordwalde (Münsterland) wurden
zwischenzeitlich vor Erteilung einer Zulassung durch die Antragstellerin
offiziell zurück gezogen. Das entsprechende Zulassungsverfahren wurde daraufhin
eingestellt. Das Gleiche gilt auch für den von EMPG für dieses Bohrprojekt im
März 2011 eingereichten Wasserrechtsantrag.
Mit
Schreiben vom 19.12.2011 hat nun die Firma EMPG der Bezirksregierung Arnsberg einen
neuen Hauptbetriebsplan für eine Erkundungsbohrung „Nordwalde Z1“ vorgelegt und
dessen Zulassung beantragt. Diese neuen Betriebsplanungen sehen ein verändertes
Bohrkonzept für diese Erkundungsbohrung vor. Bereits im Anschreiben verweist
die Antragstellerin ausdrücklich darauf, dass in dieser Bohrung keinerlei
Frac’s geplant sind und auch nicht durchgeführt werden sollen und können.
Derzeit laufen die internen Prüfungen der Antragsunterlagen, auch auf Grundlage
des gemeinsamen Erlasses von MWEBWV und MKULNV an die BR Arnsberg vom
18.11.2011.
Eine
entsprechende Anzeige auf Grundlage des § 49 WHG hat die Fa. EMPG für diese Erkundungsbohrung
„Nordwalde Z1“ an die zuständige Untere Wasserbehörde - hier Kreis Steinfurt -
gerichtet.
Darüber
hinaus hat das Unternehmen EMPG bereits im Jahr 2010 über die Planung von zwei
weiteren Bohrungen in den Bereichen Borken („Borkenwirthe Z1“) und
Drensteinfurt („Drensteinfurt Z1“) informiert. Entsprechende Anträge auf
Zulassung von Betriebsplänen liegen der Bezirksregierung Arnsberg dazu aber
bisher nicht vor.
Über weitere
geplante Standorte für Bohrungen oder andere Erkundungsmaßnahmen ist der
Bezirksregierung Arnsberg derzeit nichts bekannt.
Zurzeit
erfolgt in Nordrhein-Westfalen keine Erdgasgewinnung mit Ausnahme von Grubengas.
Eine Erdgasgewinnung aus einer konventionellen Lagerstätte ist im Bereich
Ochtrup genehmigt. Sie ist jedoch im Jahr 2007 zum Erliegen gekommen und wurde
lagerstättenbedingt eingestellt.
Verlängerung
von Bergbauberechtigungen
Die
Verlängerung von Bergbauberechtigungen ist mit Erlass des Ministeriums für
Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes
Nordrhein-Westfalen vom 29.01.2014 neu geregelt worden.
Damit sollen
die Belange der z. B. von Aufsuchungserlaubnissen berührten Kommunen und Kreise
besser in die jeweiligen bergbehördlichen Entscheidungen einfließen und die
Transparenz der entsprechenden Entscheidungen damit selbst verbessert werden.“
Fazit:
Die im Rahmen der Prospektion durch den
Geologischen Dienst NRW als potentiell Erdgas führend ausgewiesenen Gesteine
kommen im Haaner Stadtgebiet nicht vor. Eine Betroffenheit des Haaner Stadtgebiets
ist somit nicht gegeben.
Die mit der Gewinnungsmethode
"unkonventionelle Erdgasvorkommen" ("Hydraulic Fracking")
verbundenen Umweltgefährdungen (Stichwort: Grundwasser) haben dazu geführt,
dass die Landesregierung 2012 ein Moratorium hiergegen verhängt hat. Vor einer
entsprechenden Risikobeurteilung durch ein Gutachten des Landes NRW dürfen
deshalb vorerst keine Förderbohrungen niedergebracht werden.
Davon unbenommen liegen der Verwaltung auch
nach aktueller Rücksprache (April 2014) beim Kreis Mettmann keine Informationen
über konkreten Planungen/Tätigkeiten des Konzessionsunternehmens im Kreisgebiet
vor.
Die Verwaltung hatte auf eine Anfrage der
SPD-Fraktion vom 14.02.2012 bereits seinerzeit zum Thema „Unkonventionelle
Erdgasvorkommen“ im Kreis Mettmann ausführlich Stellung genommen. Die Einladung
eines Vertreters der AGNU Haan e.V. ist unter Bezug auf die seinerzeitige
Stellungnahme und die o.g. Ausführungen daher entbehrlich.
Die Verwaltung empfiehlt daher, den
Dringlichkeitsantrag der StV. Frau Maike Lukat „Top Fracking“ vom 31.03.2014
abzulehnen.
Beschlussvorschlag:
Der Dringlichkeitsantrag der StV. Frau Meike
Lukat „Top Fracking“ vom 31.03.2014 wird abgelehnt, da eine Betroffenheit des
Haaner Stadtgebiets nicht gegeben ist.