Betreff
Neubauprojekt Kindertageseinrichtung "Bollenberg" - Trägerentscheidung
Vorlage
51/025/2014
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

 1.     Beschlusslage / Ausgangslage

          In seiner Sitzung am 06.05.2014 beschloss der Rat der Stadt Haan einstimmig:

                 „Der Rat der Stadt Haan beauftragt die Verwaltung mit der weiteren Projektkonkreti­sie­rung auf Grundlage der erfolgten Einplanung in den Haushalt 2014 (Ratsbeschluss vom 25.03.2014). Es ist Zielsetzung, Ende 2014 die Projekt­freigabe für eine Ausschreibung durch die politischen Gremien herbeizuführen.“

          Der einstimmige Ratsbeschluss vom 25.03.2014 lautet:

                 „Die Verwaltung wird beauftragt, in den Sitzungen des Schul- und Sportausschus­ses am 2.4.2014 und des Jugendhilfeausschusses am 10.4.2014 die Projektpla­nung für den Neubau eines städtischen Gebäudes für eine 4-gruppige Kinderta­geseinrichtung am Standort Bollenberg mit ergänzenden baulichen Maßnahmen für die Erweiterung der OGS / gemeinsame Nutzung von Räumen entsprechend der erfolgten Einplanung im Haushaltsplanentwurf 2014 vorzustellen. Eine abschließende Beschlussfassung zur Freigabe der Projektplanung ist in der Sit­zung des Rates am 6.5.2014 vorzuse­hen, so dass der Projektbeginn nach Genehmigung des Haushalts durch den Kreis / Kommunalaufsicht unmittelbar erfolgen kann. Die Darstellung der fachlichen Syner­gien ist in den Sitzungen der Fachausschüsse durch die Schulleitung der GGS Bol­lenberg sowie der Vertreterin des OGS-/KiTA-Trägers vorzunehmen.“

 

          Für den vom Rat mit Beschluss vom 06.05.2014 erteilten Auftrag zur Erstellung des Leistungsverzeichnisses mit der Zielsetzung „Projektfreigabe für eine Ausschreibung“ ist die Trägerentscheidung nunmehr zwingend erforderlich. Bisher konnte die baufach­liche Vorbereitung des Projekts vorangetrieben werden (Vermessung, Baugrundgut­achten, Schallprognose, Abbruch- und Entsorgungskonzept, Kampfmitteräumdienst etc.). Grundlage für die Erstellung der Leistungsbeschreibung für den Neubau ist zwar zunächst das Stan­dard-Raumprogramm des Landes, die Konkretisierung des Raum- und Funktionsprogramms ist jedoch unbedingt unter Einbindung bzw. Mitwirkung des künftigen Trägers der Einrichtung unter Berücksichtigung von dessen pädagogischem Konzept vorzunehmen.

 

          Zum Sozialraum Haan-Ost, in dem sich der Neubau-Standort befindet, sind Ausführun­gen jugendplanerischer Art erforderlich:

Haan-Ost weist unter den Haaner Untersuchungsgebieten spezifische Handlungsbe­darfe für die Betreuung unter 6-jähriger auf, die insbesondere auf die Erhöhung sozia­ler, ethnischer, räumlicher und institutioneller Teilhabechancen auszurichten sind.

So weist Haan-Ost mit 17,1 % den höchsten Anteil von Kindern mit Sprachförderbedarf („DELFIN“; Gesamtstadt: 9,5 %) und mit 11,8 % den höchsten Anteil beitragsfreier Kin­dern/Eltern (Transferleistungsbezieher und Geringverdiener mit materieller / kultureller / sozialer Benachteiligung) je Platz in einer Kindertageseinrichtung auf. Damit besu­chen mehr als zwei von fünf unter 6jährigen mit Sprachförderbedarf (41,6 %) und fast jeder zweite beitragsbefreite unter 6jährige (45,3 %) eine Einrichtung in Haan-Ost. Haan-Ost hat mit 33,6 % auch den höchsten Anteil unter 6jähriger mit Migrationshin­tergrund (Gesamt­stadt: 25,2 %; Quelle jeweils JHA-Vorlage 51/176/2014).

 

 

2.      Städtische Kindertageseinrichtung / städtisches Familienzentrum Alleestraße 8

         

2.1    Vorbemerkungen

          In den Sitzungen des Jugendhilfeausschusses am 02.07.2002 und des Rates der Stadt Haan am 09.07.2002 wurde der Beschluss gefasst, zusätzlich 50 Kindergartenplätze für Kinder ab 3 Jahren zu schaffen, um kurzfristig die Nachfrage für den „hereinwachsenden“ Jahrgang (Kinder im Alter von 2 - 3 Jahren) zu decken. Nachdem Verhandlungen mit freien Trägern zur Einrichtung dieser zusätzlichen Plätze scheiter­ten, wurde per Dringlichkeitsbeschluss durch den Rat der Stadt Haan am 07.08.2002 die Schaffung einer zweigruppigen Kindertageseinrichtung in städtischer Trägerschaft beschlossen.

          Die städtische Kindertageseinrichtung hat nach der Erteilung der Betriebserlaubnis nach § 45 SGB VIII zunächst mit einer Gruppe mit 25 Kindern vom vollendeten 3. Lebensjahr bis zum Beginn der Schulpflicht, am 05. Februar 2003 den Betrieb aufge­nommen. Bis zum 01.09.2003 wurde das Angebot für insgesamt 50 Kinder im Alter vom 3. Lebensjahr bis zum Beginn der Schulpflicht erweitert. Seither arbeitet die Ein­richtung als zweigruppige Einrichtung. Mit Einführung des Kinderbildungsgesetzes zum 01.08.2008 wurden 40 Betreuungsplätze, davon 10 Betreuungsplätze für Kinder ab dem 2. Lebensjahr angeboten. Das Raum­programm für unter Dreijährige entsprach nicht dem erforderlichen Standard, eine Möglichkeit zur entsprechenden Herrichtung (Erweiterung) war nicht gegeben. Im Ein­vernehmen mit dem Landesjugendamt und zur Fortführung der befristeten Betriebser­laubnis bis zum 31.07.2016 wurde das Platzan­gebot ab dem laufenden Kindergarten­jahr auf 35 reduziert, davon 6 Betreuungsplätze für Kinder ab dem 2. Lebensjahr

          Das Angebot der städtischen Tageseinrichtung war zunächst bis zum 31.07.2008 befris­tet. In der politischen Diskussion wurde das Einvernehmen deutlich, dass der derzeitige Standort nicht dauerhaft erhalten bleibt. Eine Einrichtung in städtischer Trä­gerschaft wurde aber unter dem Gesichtspunkt der Trägervielfalt in Haan gewünscht.

          In der Pilotphase 2006/ 2007 zur Bildung von Familienzentren hatten sich in NRW 261 Kitas um die Anerkennung als Familienzentrum beworben. Die städtische Tagesein­richtung „Alleezwerge“ wurde als Piloteinrichtung ausgewählt und erhielt am 04.06.2007 das Gütesiegel „Familienzentrum NRW“. Das Gütesiegel wurde zunächst für einen Zeitraum von vier Jahren verliehen. Im Kindergartenjahr 2010/2011 hat die Einrichtung erfolgreich am Re-Zertifizierungsverfahren teilgenommen und das Güte­siegel erneut verliehen bekommen.

          Ziel eines Familienzentrums ist es, Angebote zur Förderung und Unterstützung von Kindern und Familien in unterschiedlichen Lebenslagen und mit unterschiedlichen Bedürfnissen bereitzustellen. Um das umfangreiche zusätzliche Angebot eines Fami­lienzentrums für Familien umsetzen zu können, wurde im Zuge der Bewerbung als Piloteinrichtung in den Räumen des städtischen Jugendhauses ein Gruppenraum ent­sprechend ausgestattet und seither beständig und multifunktional genutzt. Hier wurde u. a. von der Psychologischen Beratungsstelle die erste offene Sprechstunde für Eltern in Haan angeboten.

          Das Familienzentrum als Netzwerk zeichnet sich aus durch eine gute Kooperation mit dem Bezirkssozialdienst des Jugendamtes und den etablierten Kooperationspartnern wie beispielsweise die Psychologische Beratungsstelle, Schulen, DRK, Bücherei, Ver­eine.

          Als Piloteinrichtung ist das Familienzentrum mit diversen Projekten an den Start gegan­gen, wie Angebote für Väter mit ihren Kindern, Selbstsicherheits- und Konzentrations­training für Kinder und Angebote für Eltern zur Stärkung der Erziehungskompetenz wie „Starke Kinder-starke Eltern bzw. Effekt- Elterntraining“. In den vergangenen Jahren wurde kontinuierlich an den Standards gearbeitet und die Angebote des Familienzent­rums ständig erweitert so wurde die Einrichtung zum Haus der „Kleinen Forscher“ zer­tifiziert und bietet Sprachförderung mit dem „Rucksackmodell“ an.

          Im Rahmen des Haushaltsplanentwurfs 2012 wurde bereits der Neubau einer städti­schen Einrichtung diskutiert, da am Standort Alleestraße aufgrund des Raumpro­gramms dauerhaft nur maximal sechs Plätze für unter 3jährige angeboten werden. Die aktuelle Betriebserlaubnis ist befristet bis zum 31.07.2016 

 

2.2    Städtische Trägerschaft der neuen Kindertageseinrichtung

          Die Frage nach der Trägerschaft für eine Kindertageseinrichtung ist von besonderer Bedeutung, denn der Träger hat die Gesamtverantwortung für seine Kindertagesein­richtung bzw. seine Einrichtungen. Der Träger ist zuständig für den Betrieb und die Betriebskosten, für die Personalauswahl und den Personaleinsatz, die Ausstattung der Räume, für das pädagogische Konzept sowie für die alltägliche, praktische Erziehungs- und Bildungsarbeit und nicht zuletzt für die Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmun­gen.

          Warum soll es an dem neuen Standort „Bollenberg“ eine städtische Trägerschaft in Kooperation mit der städtischen Grundschule und der OGS (Träger Arbeiter­wohlfahrt Kreis Mettmann gGmbH) geben?

          Die Antwort kann ganz kurz und prägnant lauten:

          Nach § 3 SGB VIII ist ein wesentliches Kennzeichen der Jugendhilfe die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen.

          Im städtischen Familienzentrum haben wir das pädagogische Wissen, und …

ü    … haben uns einen Platz in der Trägerlandschaft in Haan erarbeitet

ü    … haben seit mehr als 11 Jahren unter besonders schwierigen Bedin-                    gungen gute Arbeit geleistet,

ü               dabei als erstes Familienzentrum in Haan ein erweitertes Angebot für       die Eltern umgesetzt,

ü               können  flexibel auf Bedürfnisse und Bedarfe eingehen,

ü  … und wollen weiterhin aktiv und gestaltend mitarbeiten.

 

2.3    Zur Struktur des städtischen Familienzentrums

          Das städtische Familienzentrum ist die einzige Tageseinrichtung für Kinder in städti­scher Trägerschaft und stellt seit mehr als 11 Jahren im Rahmen des Gebotes der Trägervielfalt ein interkulturelles und weltanschaulich neutrales Angebot sicher. Inso­fern gibt es keine Einschränkungen bei den Aufnahmekriterien. Das städtische Fami­lienzentrum bestimmt sein Handeln durch die Werte Gleichheit, Toleranz, Gerechtigkeit und die Anerkennung der Individualität jedes Menschen, unabhängig von seinen Fähigkeiten, seiner Herkunft und Religion. Die Grundwerte anderer Kulturen werden respektiert und damit dafür gesorgt, dass Kinder aller Weltanschauungen gemeinsam aufwachsen können.

          Das städtische Familienzentrum begleitet Familien mit ihren Kindern von Anfang an und fördert neben Unterstützungsangeboten zur Elternkompetenz, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In der täglichen pädagogischen Arbeit werden vielfältige For­men von Bildungs- und Lernprozessen ermöglicht. Damit arbeitet das städtische Fami­lienzentrum fachlich auf einem hohen pädagogischen Niveau.

          Zwischen dem städtischen Familienzentrum und den unterschiedlichen Fachbereichen der Stadtverwaltung besteht eine über Jahre gewachsene Vernetzung. So ist das städ­tische Familienzentrum in die Umsetzung des Schutzauftrages des Jugendamtes und in die Frühen Hilfen für Familien als Baustein der Prävention von Kindeswohlgefähr­dung aktiv eingebunden. Es erfolgt eine besondere Abstimmung mit dem Bezirkssozi­aldienst des Jugendamtes bei Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung zur Vermeidung von sozialen Härtefällen. (Eine Kinderbetreuung über Mittag kann in Einzelfällen wei­tere Hilfe zur Erziehung kompensieren und Kosten sparen)

          Das Team vom  städtische Familienzentrum hat sich, entsprechend der Reggio- Pädago­gik das Ziel gesetzt, den Kindern einen Ort zu bieten, wo Kinder in der Gemeinschaft mit Kindern und Erwachsenen forschen, hinterfragen und Dinge prüfen können. Die Lernfreude der Kinder soll erhalten und gefördert werden. Der Aufbau der eigenen Identität und Entfaltung der Persönlichkeit, die Erweiterung der individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Entwicklung von Verantwortungsbewusstsein und Sozial­verhalten stehen dabei im Mittelpunkt. Die Eltern werden als Experten ihrer Kinder ver­standen und einbezogen, da sie über das Wissen verfügen hinsichtlich der Stärken und Interessen ihrer Kinder.

          In unserem Team arbeiten, neben der Leitung, vier engagierte und kompetente Erziehe­rinnen, sowie ein Erzieher, die sich alle bewusst für eine städtischen Tagesein­richtung entschieden haben, da hier ein besonders multikulturelles Zusammenleben von Kindern und deren Eltern möglich ist, unbesehen der Nationalität, Religion oder anderer ideologischen Ausrichtungen.

          Die städtische Kindertageseinrichtung ist zertifiziertes Familienzentrum (s. Vorbemerkun­gen) und trägt seit 2007 das Gütesiegel „Familienzentrum NRW“. Das Team ist qualifiziert für die Umsetzung des Erziehungs- und Bildungsauftrages und für den kompetenten Dialog mit den Eltern. Die Eltern erhalten Unterstützung in ihrer Elternrolle und dies mit unterschiedlichem Kooperationspartner.

 

2.4    Vorzüge einer städtischen Trägerschaft

          Eltern sollte ein breitgefächertes Angebot und viele Auswahlmöglichkeiten unterbreitet werden. Dies erfordert die ausgeprägte Trägervielfalt.

          Nicht alle Eltern möchten ihr Kind in einer konfessionellen oder bestimmten Ideologie zugeordneten Einrichtung betreuen lassen. Sie möchten die Möglichkeit haben, zwi­schen unterschiedlichen Konzepten, Trägerprofilen, pädagogischen Ausrichtungen, Erziehungszielen und Werteorientierungen diejenige Einrichtung zu wählen, die ihren Vorstellungen am meisten entspricht. Das heißt, es muss in Haan auch weiterhin eine kommunale Trägerschaft geben.

          Ausgehend von der aktuellen Belegungssituation im städtischen Familienzentrum hat sich ein fachlicher Schwerpunkt im Bereich der Begleitung von Kindern mit ausländi­schem Hintergrund gebildet. In den vergangenen 11 Jahren haben wir insbesondere durch die Zertifizierung als Familienzentrum kontinuierlich einen hohen fachlichen Standard in den Bereichen Betreuung von        U 3 Kindern, Familienbildung, Gesund­heit, Bewegung, musische Erziehung, Sprachförderung, Ernährung, Elternarbeit, inter­kulturelle Arbeit geschaffen.

          Damit hebt sich das städtische Familienzentrum nicht grundsätzlich vom Angebot der anderen Träger ab, kann aber seine besondere Fachlichkeit und langjährige Erfahrung im Bereich der interkulturellen Förderung darstellen.

          Die Kinder werden entsprechend der Grundsätze zur Bildungsförderung des Landes NRW (s. Mehr Chancen durch Bildung von Anfang an – Grundsätze zur Bildungsförde­rung von Kinder von 0 bis 10 Jahren in Kindertageseinrichtungen und Schulen im Pri­marbereich des Landes NRW) ganzheitlich gefördert in den 10 Bildungsbereichen

·  Bewegung

·  Sprache

·  Kommunikation

·  Medien

·  Körper, Gesundheit, Ernährung

·  Soziale, kulturelle und interkulturelle Bildung

·  Musische – Ästhetische Bildung

·  Religion und Ethik

·  Mathematische Bildung

·  Naturwissenschaftliche und technische Bildung

·  Ökologische Bildung

 

2.5    Kooperation Kindertageseinrichtung – Grundschule - OGS

          Eine enge Zusammenarbeit zwischen der städtischen  Kindertageseinrichtung und der Grundschule ist aus pädagogischer Sicht zum einen wichtig, um den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule optimal zu gestalten und zum anderen soll durch die Kooperation sichergestellt werden, dass die Kinder durchgängig und wirksam unter­stützt werden. Die Kinder sollen von Klein auf so individuell gefördert werden, dass sie unabhängig von der Herkunft und dem Bildungshintergrund der Eltern einen guten Zugang zu Bildung erhalten. Sowohl die Kindertageseinrichtung als auch die Schulen stehen in der gemeinsamen Verantwortung, den Bildungsauftrag umzuset­zen (§3 KiBiz, §§ 2 und 11 SchulG NRW). Beide Institutionen verfolgen die Aufgabe, den Kin­dern Werte, soziale und emotionale Kompetenzen, Wissen und Kenntnisse zu vermit­teln. Hierbei bauen sie aufeinander auf, da die Schule bereits erworbene Kom­petenzen und Kenntnisse aus dem Kindergarten voraussetzt.

          Die städtische Tageseinrichtung hat an dem aktuellen Standort gute Kompetenzen erworben, um allen Kindern einen guten Übergang in die Grundschule zu ermöglichen, auch an einem neuen Standort. Dabei ist Sprache ein Schlüssel für den Bildungserfolg und die Integration. Auf spielerische Weise und gezielt wird die Sprechfreude der Kin­der im Alltag angeregt und damit auch die Ausdrucksfähigkeit erweitert. Die Kinder ler­nen, ihre Interessen sprachlich zu vertreten und sich erfolgreich mit anderen Kindern und Erwachsenen zu verständigen.

          Am Standort Bollenberg besteht nach fachlicher Einschätzung des Jugendamtes im Zusammenwirken der Kindertageseinrichtung mit der Grundschule und der OGS die Option, ein neues Konzept im Bereich der Elementar- und Primarbildung zu entwi­ckeln. Derzeit besteht zwischen den Beteiligten Institutionen Einvernehmen darüber, dass allein durch die gemeinsame Nutzung verschiedener Räumlichkeiten Synergien ent­stehen werden.

          Durch die räumliche Zusammenlegung der genannten Einrichtungen würde ein gemein­sames Anliegen unterstützt, die Potentiale aller Kinder frühzeitig zu erkennen und kontinuierlich zu fördern, damit Kinder den Schulbeginn als Fortsetzung eines bereits begonnenen Bildungsprozesses erleben. Mit der Errichtung der neuen Kinder­tageseinrichtung unter einer städtischen Trägerschaft, auf dem Gelände der Grund­schule ist ein, die frühkindlichen Bildungsbereiche überschneidendes Bildungskonzept mit den beteiligten Institutionen zu entwickeln. Ziel sollte dabei sein, Kinder vom Eintritt in die Kindertageseinrichtung bis zum Verlassen der Grundschule in ihrer frühkindli­chen Bildung bestmöglich, ihren Befähigungen entspre­chend zu fördern und einen möglichst kontinuierlichen Bildungsprozess zu gestalten. Wie auch eine enge Koope­ration der Elementar- und Primarbildung zu erreichen, um die vorhandenen fachlichen Fähigkeiten zu bündeln und entwicklungsförderlich einzu­setzen.

          In einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Kindergarten, Grundschule und OGS stecken viele Kompetenzen, Ressourcen und Chancen für die Kinder und die Familien. Das städtische Familienzentrum will sich mit seinen Erfahrungen aktiv beteiligen und einbringen.

 

2.6    Fazit

          Seit 1996 besteht nach § 24 SGB VIII für Kinder ab 3 Jahren bis zum Schuleintritt ein Rechtsanspruch auf den Besuch einer Kindertageseinrichtung. Ab dem 01. August 2013 hat jedes Kind mit Vollendung des ersten Lebensjahres bis zum Schuleintritt einen Rechtsanspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung oder in Tages­pflege. Die Trägerschaft einer Einrichtung spielt in diesem Kontext eine untergeordnete Rolle, aber nach § 5 SGB VIII ist auch das Wunsch- und Wahlrecht der Erziehungsbe­rechtigten zu beachten. Hiernach haben “die Leistungsberechtigten das Recht, zwi­schen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen…“. Kindertages­einrichtungen werden auch von einem Elternwillen getragen und jede einzelne Kinder­tages­einrichtung hat ihren wesentlichen Rückhalt im Elternwillen.

          Die städtische Tageseinrichtung ist ein wesentlicher Baustein in der Trägerlandschaft und damit in der Trägervielfalt. Ohne eine städtische Tageseinrichtung ist das Wunsch- und Wahlreicht für Eltern eingeschränkt, gibt es keine „tendenzfreie“ oder neutrale Kin­dertageseinrichtung. Die derzeitige Elternschaft hat ihren Elternwillen deutlich bekun­det, dass ihre Kinder weiterhin eine städtische Tageseinrichtung besuchen sollen. Hierbei ist ihnen auch wichtig, dass eine Betreuungskontinuität besteht und ihre Kinder ihre bekannten und vertrauten Pädagoginnen erleben. Der Elternrat des städtischen Familienzentrums plädiert ebenfalls ausdrücklich auf den Erhalt der städtischen Trä­gerschaft. Die Eltern haben Unterschriften für einen Verbleib unter städtischer Träger­schaft gesammelt.

          Einen weiteren wichtigen Punkt für eine städtische Trägerschaft sehen wir in dem Ange­bot, dahingehend, dass städtische Mitarbeiter ihre Kinder in einer städtischen Ein­richtung betreuen lassen. Hier sind auch individuelle Absprachen wie Randzeitenbe­treuung realisierbar.

          Die Stadt Haan ist im Rahmen der Leistungsverpflichtung originär für die Deckung des Kindergartenbedarfs zuständig. Der Rechtsanspruch von Eltern auf einen Kindergar­tenplatz richtet sich ausschließlich gegen die Stadt. Ohne eine städtische Kindertages­einrichtung verstärkt sich die Trägerabhängigkeit. Eine starke städtische Trä­gerschaft ist in den Planungsprozessen sowie in der Umsetzung von unterjährigen Unterbringun­gen von Kindern in Einrichtungen ein nicht zu unterschätzendes Steue­rungselement.

          Eine städtische Kindertageseinrichtung ist auch ein Zeichen an die Bürger für eine Kin­der- und familienfreundliche Stadt Haan.

          Die Trägerlandschaft in Haan besteht aus einem guten Angebot von kirchlichen, freien und privaten Trägern. Die städtische Tageseinrichtung vertritt hierbei nur einen gerin­gen Anteil, dennoch ist auch dieser Träger zu berücksichtigen. Bei den abzuwägenden Aspekten wie Angebots- und Trägervielfalt und den inhaltlichen Ausrichtungen führt diese Prüfung nicht zum Ergebnis, einen städtischen Träger nicht zu beteiligen. Viel­mehr sind die Belange des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe bei der Trägerent­scheidung ebenso zu berücksichtigen wie die Ausgewogenheit zwischen öffentlicher, kirchlicher, freier und privater Trägerschaft in Haan.

 

3.      Trägerwechsel, rechtliche und finanzielle Auswirkungen

 

3.1    Interessenbekundungsverfahren, Einbindung aller Träger

          Mit Schreiben vom 07.10.2014 wurden die Träger, die in Haan Kindertageseinrichtun­gen betreiben, über die Absicht zur Errichtung eines städtischen Gebäudes (viergrup­pige Kindertageseinrichtung) am Standort Bollenberg informiert und befragt, ob Inte­resse an der Übernahme der Trägerschaft besteht. Um Rückmeldung gebeten wurde bis zum 30.10.2014.

          Mit Schreiben vom 27.10.2014 meldet die Arbeiterwohlfahrt Kreis Mettmann gGmbH ihr Interesse an der Übernahme der Trägerschaft an (siehe Anlage).

         

3.2    Rechtliche Auswirkungen

          Bei der Aufgabe der städtischen Trägerschaft und Übertragung der bisherigen städti­schen Trägerschaft auf einen anderen Träger oder bei der Übertragung einer Gruppe in fremder Trägerschaft auf die Kommune auf der Basis von vertraglichen Regelungen handelt es sich rechtlich um einen Trä­gerwechsel, der beim Land zu beantragen durch das Land zu genehmigen ist.         

          Mit Schreiben vom 14.08.2014 an das Landesjugendamt versuchte die Verwaltung mit einem detaillierten Fragenkatalog die rechtlichen Auswirkungen eines Trä­gerwechsels zu klären, insbesondere auch auf die Regelung in § 20 Abs. 1 Satz 6 KiBiz. Dort heißt es:

                 „Führt der Wechsel der Trägerschaft zu einer Erhöhung des Zuschusses, so erhält der neue Träger den bisherigen Zuschuss. Ausnahmen von Satz 6 bedürfen der Zustimmung der obersten Landesjugendbehörde.“

 

          Mit Schreiben vom 02.09.2014 führt das Landesjugendamt aus, bei der Überleitung von Gruppen / einer Gruppe sowie von Personal (mit vertraglichen Regelungen) auf einen anderen Träger

-    handele es sich um einen Trägerwechsel - das Landesjugendamt weist in diesem Zusammenhang auf § 613a BGB (Betriebsübergang) hin - und

-    im Falle eines Trägerwechsels sei ein Antrag auf Genehmigung des Trägerwechsels nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 S. 6 KiBiz vorzulegen. Dieser Antrag werde dann dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen vorgelegt. Im Falle einer positiven Entscheidung könne mit einer Bezuschussung gerechnet werden entsprechend der KiBiz-Regelung für den neuen Träger.

Vorstehende Ausführung gilt also für den Fall der Überleitung der städtischen Einrich­tung auf einen anderen Träger sowie für die Integration der Dependance der Arbeiter­wohlfahrt in die neue städtische Einrichtung. Ein genehmigungspflichtiger Trägerwech­sel entsteht nicht, wenn der Betrieb der vorhandenen Einrichtung bzw. der vorhandenen Gruppen-Dependance eingestellt wird, keine Überleitungen (Personal) erfolgen und keine vertraglichen Regelungen getroffen werden.

 

          § 613a BGB lautet:

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inha­ber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Über­gangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inha­ber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechts­normen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamt­schuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fäl­lig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums ent­spricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsge­sellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisheri­gen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhält­nisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.

den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,

2.

den Grund für den Übergang,

3.

die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und

4.

die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widerspre­chen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

 

3.3    Finanzielle Auswirkungen

          Die finanzielle Förderung der Kindertageseinrichtungen wird in Form von Pauschalen für jedes aufgenommene Kind (Kindpauschalen) gezahlt (§ 19 Abs. 1 KiBiz) Nach §§ 20, 21 KiBiz erhalten die verschiedenen Träger zur Finanzierung des Betriebs  unter­schiedliche Jugendamtszuschüsse sowie das Jugendamt zur „Refinanzierung“ des hiesigen Aufwands unterschiedliche Landeszuschüsse (siehe nachstehende Aufstel­lung).

 

           

Jugendamtszuschuss zu den Kindpauschalen (§ 20 Abs. 1 KiBiz)

Landeszuschuss zu den Kindpauschalen (§ 21 Abs. 1 KiBiz)

Kirchliche Trägerschaft

88 v. H.

36,5 v. H.

Andere freie Trägerschaft 1)

91 v. H.

36,0 v. H.

Elterninitiative 2)

96 v. H.

38,5 v. H.

Kommunale Trägerschaft

79 v. H.

30,0 v. H.

            1) In Haan: Arbeiterwohlfahrt Kreis Mettmann gGmbH, Caritasverband im Kreis

Mettmann e. V.

            2) In Haan: Private Kindergruppe Haan e. V., Waldorfkindergarten Haan-Gruiten e. V.

 

          Über den vorgenannten Jugendamtszuschuss hinaus erhalten auf Grund von Ratsbe­schlüssen / Verträgen Träger städtische Zuschüsse zu den sog. Trägeranteilen (Diffe­renz zwischen der Summe der Kindpauschalen und dem Jugendamtszuschuss). Für „Andere freie Träger“ und Elterninitiativen wird der sog. Trägeranteil regelmäßig von der Stadt Haan übernommen.

          In dem Schreiben vom 27.10.2014 teilt die Arbeiterwohlfahrt mit, sie gehe davon aus, dass bei Übertragung der Trägerschaft auf die Arbeiterwohlfahrt der Trägeranteil von der Stadt übernommen werde.

 

          Das zum 01.08.2014 in Kraft getretene KiBiz beinhaltet eine neue Regelung zur Auswir­kung eines Trägerwechsels.

          § 20 Abs. 1 Satz 6 im neuen KiBiz führt aus: „Führt der Wechsel der Trägerschaft zu einer Erhöhung des Zuschusses, so erhält der neue Träger den bisherigen Zuschuss.“

          Der Trägerwechsel wird also unter einen Finanzierungsvorbehalt gestellt. Grundsätz­lich erhält der neue Träger den Zuschuss auf der Basis des bisherigen Trägeranteils. Führt der Wechsel in der Trägerschaft zu Erhöhungen des Zuschusses zulasten der Landes- und der Jugendamts-Finanzierungsanteile, bedarf es für eine Ausnahme bei der finanziellen Regelung der Zustimmung der obersten Landesjugendbehörde (Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen).

          Für eine viergruppige Einrichtung ergibt sich, vorbehaltlich der Entscheidung der Jugend­hilfeplanung über die Gruppenstrukturen und soweit bekannt, für die Trägerar­ten“ Kommune und „Andere freie Träger“ (= Arbeiterwohlfahrt) auf der Grundlage von Kindpauschalen in Höhe von insgesamt rd. 550.000 € (Jahresbetrag) folgende beispielhafte Berech­nung für die Landeszuweisung, den Jugendamts­zuschuss und den sog. Trägeranteil:

         

 

Kommune

Arbeiterwohlfahrt

Summe der Kindpauschalen

550.000 €

550.000 €

Jugendendamtszuschuss

434.500 €

500.500 € 

Landeszuweisung

165.000 €

198.000 € 1)

Trägeranteil (Summe Kindpauschalen abzgl. Jugendamtszuschuss)

115.500 €

49.500 €

Städtischer Aufwand:

 

 

- Jugendamtszuschuss

- Trägeranteil

- abzgl. Landeszuweisung

Städtischer Netto-Aufwand

434.500 €

115.500 €

- 165.000 €

385.000 €

500.500 €

49.500 € 2)

- 198.000 € 1)

352.000 €

1) Vorbehaltlich der Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 20 Abs. 1 Satz 6 KiBiz durch das zuständige Ministerium. Ohne erteilte Ausnahmegenehmigung verbleibt es bei der bisherigen Finanzierung entsprechend dem kommunalen Trä­ger.

2)  Übernahme des Trägeranteils durch die Stadt wird unterstellt.

          Die Mindestpersonalausstattung (unabhängig von der Trägerschaft) regelt die Anlage zu § 19 KiBiz, der Aufwand ist mit den Kindpauschalen zu decken.

 

Beschlussvorschlag:

 

1.      Die Trägerschaft für die neu zu errichtende viergruppige Kindertageseinrichtung am Standort der städt. Grundschule Bollenberg, Robert-Koch-Str. 27, wird der Stadt Haan übertragen.

          Diese neue viergruppige Einrichtung soll die bisher am Standort Alleestr. 8 betriebene zweigruppige städtische Einrichtung aufnehmen sowie die von der Arbeiterwohlfahrt Kreis Mettmann gGmbH betriebene eingruppige Dependance der Einrichtung Bollen­berger Busch 29.

2.      Mit Inbetriebnahme der neuen Einrichtung am Standort Robert-Koch-Str. 27 wird die bisherige städtische Einrichtung an der Alleestr. 8 aufgegeben.

3.      Die Verwaltung wird beauftragt, alle notwendigen Maßnahmen, insbesondere gegen­über bzw. mit der Arbeiterwohlfahrt Kreis Mettmann gGmbH und dem Landesjugend­amt, entsprechend der Beschlüsse zu 1 und 2. rechtzeitig zu ergreifen bzw. zu regeln.

 

Finanz. Auswirkung:

 

Im Haushaltsplan 2014 sind bei Produkt 060125 Kindertageseinrichtung Bollenberg der

-    laufende Ertrag und Aufwand ab dem Planjahr 2016 (anteilig für 2016 ab 01.08.2016 - ab Kindergartenjahr 2016/17; siehe Haushaltsplan 2014, Seiten 391 - 394) sowie

-    der investive Aufwand mit 2,25 Mio. € (siehe Haushaltsplan 2014, Seiten 395 u. 396)

ausgewiesen.