Sachverhalt:
Mit dem vom Landtag NRW am 17.12.2014 verabschiedeten Haushaltsgesetz 2015 wurde dem Land ermöglicht, (ausschließlich) für die Unterbringung von Flüchtlingen den Kommunen landeseigene Liegenschaft mietzinsfrei zur Verfügung zu stellen.
Die Ratsfraktionen von SPD, GAL, CDU, WLH und FDP beantragten unter dem 19.12.2014 für die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr am 20.01.2015 (und die nachfolgenden Sitzungen des Haupt- und Finanzausschusses und des Rates) den Tagesordnungspunkt „Unterbringung von Flüchtlingen auf dem Gelände der Landesfinanzschule“ mit dem Beschlussvorschlag:
„Die Verwaltung der Stadt Haan wird beauftragt mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen umgehend über die kostenlose Überlassung des Geländes der Landesfinanzschule zum Zweck der Flüchtlingsunterbringung zu verhandeln.“
(Antrag: Anlage 1; siehe hierzu auch Vorlage 61/042/2015)
Unmittelbar nach Verabschiedung des o. a. Haushaltsgesetzes 2015 setzte die Verwaltung die Kontakte und Gespräche mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW nunmehr mit der Zielsetzung „mietzinsfreie Anmietung der Landesfinanzschule“ fort.
Zuletzt in der 5. KW wurde vom BLB nochmals
mitgeteilt, man wolle kurzfristig einen
Muster-Mietvertrag nach hier übersenden. Der Muster-Mietvertrag wurde vom BLB
per Mail am 02.02.2015 übersandt.
Bei Anmietung der Liegenschaft (siehe nichtöffentliche Vorlage 51/039/2015/1) sind der Herrichtungsaufwand für die Flüchtlingsunterkunft sowie der laufende Aufwand für Betrieb, Bewirtschaftung und Instand- / Unterhaltung (Gesamtareal) von der Stadt zu tragen. Haushaltsmittel stehen im Haushalt nicht zur Verfügung.
Zum jetzigen Zeitpunkt geht die Verwaltung davon aus, dass für die Unterbringung von Flüchtlingen (zunächst) nur das „Haus Westfalen“ (ca. 60 Personen) hergerichtet wird. Dieses Gebäude kann im Hinblick auf den aktuellen Zustand und im Verhältnis zu den sonstigen Gebäuden mit relativ geringem Aufwand und in einem überschaubaren Zeitraum fertiggestellt werden.
Nach wiederholt vorgetragener Auffassung halten Verwaltung und Betreuungsmanagement der Caritas die zentralisierte Unterbringung von bis zu 100 Flüchtlingen für gerade noch sozialverträglich. Eine größere Anzahl löst erheblichen Mehraufwand in den Betreuungsleistungen (insbesondere soziale Begleitung und Kontrolle) aus.
Die derzeit verfügbaren Ressourcen im Außendiensteinsatz / Hauswarte sind erschöpft. Die Entwicklung bei den Flüchtlingszahlen / zusätzliche Wohnunterkünfte an neuen Standorten erfordert eine zusätzliche Hauswartstelle (Vollzeitstelle) bei Produkt 100400.
Nach derzeitigen Erkenntnissen / Einschätzungen entsteht folgender Aufwand:
Produkt 100400 - Städt. Unterkünfte, Übergangswohnheime
· Nutzungsänderung und bauliche Herrichtung
„Haus
Westfalen“ in 2015 ca.
67.000 €
(ggflls.
Mehraufwand für Brandschutz)
· Instandhaltung der Gebäude, Grünflächenpflege (gesamt) ca.135.000 €/Jahr
· Betriebskosten (gesamt) ca. 220.000 €/Jahr
· Einrichtung / Ausstattung „Haus
Westfalen“
in 2015 (investiv) geschätzt 50.000 €
(Siehe
auch Aufstellung unter Finanzielle
Auswirkungen)
Nach § 82 Abs. 1 GO NRW kann die Gemeinde im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, wenn die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind. Die vorgesehene Maßnahme zur Unterbringung von Flüchtlingen - Pflichtaufgabe nach § 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW - ist zwingend und unaufschiebbar.
Bei Anmietung sind die Aufwendungen /
Auszahlungen durch den Rat zur Verfügung zu stellen (vorläufige
Haushaltsführung; Beschluss zeitgleich mit dem Beschluss über die Anmietung).
Im Detail ergibt sich derzeit folgender Sachstand:
Übernahme der Liegenschaft und Umnutzung
Haus Westfalen
Von den auf der Liegenschaft vorhandenen 3 Gebäuden ist das bisher als Wohnheim genutzte Gebäude „Haus Westfalen“ mit Abstand am besten geeignet für die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen. Das Haus bietet 4 übersichtliche Geschosse mit Einzel- und Doppelzimmern, die für die Belegung mit Asylbewerbern ohne weiteren baulichen Aufwand in den Zimmern geeignet sind. Sanitäre Anlagen für ca. 70 Personen stehen zur Verfügung. Allerdings sind pro Geschoss noch die Installationen für jeweils eine Gemeinschaftsküche und einen Waschmaschinen- und Trockenraum zu erstellen. Ebenfalls pro Geschoss wird ein Gemeinschaftsraum (Caritas-Beratung, Kinderspielzimmer, Raum der Ruhe) hergerichtet. Nach der Herrichtung können in diesem Gebäude 60 Personen wohnen.
Aufgrund der geänderten Nutzung und des Übergangs der Betreiberfunktion auf die Stadt ist für die geplante Umnutzung des „Haus Westfalen“ ein Nutzungsänderungsantrag zu erstellen und bei der Bauaufsicht der Stadt Haan zur Genehmigung einzureichen. Aufgrund der geplanten Änderungen ist eine Gefährdungsanalyse zu erstellen und das Brandschutzkonzept ist anzupassen. Hieraus können sich weitere bauliche Anforderungen ergeben (z.B. Erweiterung der Brandmeldeanlage mit Meldern in allen Zimmern), die zur Zeit noch ermittelt werden. Der Nutzungsänderungsantrag wird momentan im Gebäudemanagement erstellt.
Kosten für die Nutzungsänderung und bauliche Herrichtung: ca. 67.000 € (nach jetzigem Erkenntnisstand, ggflls. Mehrkosten durch Brandschutz, die noch nicht beziffert werden können).
Für alle geplanten Umnutzungen und baulich-technischen Änderungen ist die Zustimmung des BLB NRW einzuholen.
Betrieb der Liegenschaft
Im Gegenzug zur mietfreien Überlassung der Liegenschaft durch den BLB muss die Stadt die Instandhaltung, Wartung, Sachverständigenprüfungen und den Betrieb aller Gebäude und der gesamten Liegenschaft übernehmen. Damit gehen die Betreiberverantwortung und die Verkehrssicherungspflichten auf die Stadt über.
Kosten für die Instandhaltung der Gebäude und die Grünflächenpflege: ca. 135.000 €/Jahr. Es handelt sich um einen grob ermittelten Kostenansatz unter der Annahme, dass Haus Westfalen genutzt wird und die beiden anderen Gebäude ungenutzt bleiben.
Die Betriebskosten der gesamten Liegenschaft (Gas, Wasser, Strom, Versicherung, Müll, Gebühren etc.) sind ebenfalls von der Stadt zu tragen. Hierfür muss die Stadt selbst Verträge abschließen. Wenn die Gebäude „Haus Rheinland“ und „Seminargebäude“ nicht genutzt werden, werden die Betriebskosten nach bisherigem Ermittlungsstand voraussichtlich bei ca. 222.000 €/Jahr liegen. Der Kostenansatz wird momentan noch weiter konkretisiert.
Zur Vorbereitung des Betriebsübergangs fand in der 5. KW bereits ein Abstimmungstermin mit dem zuständigen Mitarbeiter des BLB statt.
In den o.g. genannten Betriebskosten sind Kosten für notwendige Hausmeisterleistungen nicht enthalten. Hier ist entsprechender zusätzlicher Stellenbedarf im Stellenplan zu berücksichtigen.
Zeitrahmen
Das Gebäudemanagement hat sofort nach Erstabstimmung mit dem BLB mit der Vorbereitung der notwendigen Maßnahmen zur Übernahme des Betriebs der Liegenschaft und Herrichtung des Hauses Westfalen begonnen.
Es ist davon auszugehen, dass – das Erwirken der Baugenehmigung und die Umsetzung der baulichen Maßnahmen bis Mitte Mai 2015 abgeschlossen sein können und dann die Belegung erfolgen kann.
Weitere Nutzungen in den beiden anderen
Gebäuden
Bedingung für die mietzinsfreie Überlassung der Liegenschaft ist die ausschließliche Nutzung zum Zwecke der Flüchtlingsunterbringung.
Sollte über die Unterbringungskapazität von 60 Personen im Haus Westfalen hinaus noch größerer Bedarf entstehen, könnten im nächsten Schritt weitere Kapazitäten in Haus Rheinland aktiviert werden. Auch hier wäre ein Nutzungsänderungsantrag zu stellen. Allerdings sind die bauliche Grundsubstanz, die räumlich-funktionale Qualität und der Brandschutz in diesem Gebäude als deutlich problematischer einzustufen. Nach momentaner Einschätzung ist mit deutlich höherem baulich-technischen Aufwand für eine entsprechende Herrichtung des Gebäudes zu rechnen. Unter Umständen käme aus Gründen des Brandschutzes und der Gefahrenabwehr nur eine Teil-Nutzung des Gebäudes in Frage.
Für die Inbetriebnahme auch des Hauses Rheinland werden weitere Kosten für bauliche Anpassungen und für den Gebäudebetrieb entstehen. Beide Kostenblöcke können derzeit noch nicht beziffert werden, da sie abhängig vom Grad und der Art der Nutzung bzw. den Anforderungen aus dem Brandschutz sind.
Das Seminargebäude sollte aufgrund der bestehenden Raumzuschnitte, Funktionalitäten und des Brandschutzes nicht für die Wohnnutzung durch Flüchtlinge und Asylbewerber vorgesehen werden, da hierzu umfangreichere Umbauarbeiten nötig wären.
Auch für andere, momentan diskutierte Nutzungen, die im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern stehen, z.B. „Flüchtlingscafé“ wäre jeweils ein auf diese Nutzung abgestimmter Nutzungsänderungsantrag zu erstellen – mit entsprechenden Konsequenzen für die zeitliche Umsetzbarkeit.
Für etwaige Änderungen an dem Seminargebäude können konkrete Kosten noch nicht benannt werden, da sie abhängig vom jeweiligen Betriebskonzept der gewünschten Nutzungen sind. Auch in diesem Fall steigen die Betriebskosten.
Hinweis:
In seiner Sitzung am 16.12.2014 beschloss der Rat, dass an den Standorten Neandertalweg und Leichlinger Str. jeweils ein zusätzliches Übergangswohnheim errichtet werden soll. Das Gebäudemanagement hatte direkt nach Ratsbeschluss, noch vor dem Jahreswechsel die ersten notwendigen Schritte zur Projektvorbereitung und zum Anstoß der Vergaben eingeleitet. Zu dem Zeitpunkt hätten aufgrund der gegebenen Dringlichkeit evtl. vergaberechtliche Erleichterungen zur Beschleunigung der Abläufe in Anspruch genommen werden können.
Nachdem jedoch direkt zu Jahresbeginn das Angebot des BLB zur mietzinsfreien Überlassung des Landesfinanzschul-Areals vorgelegt wurde, wird nun dieses Projekt (Haus Westfalen) mit Priorität bearbeitet.
Der Neubau der Wohnunterkünfte Neandertalweg und Leichlinger Str. wird erst danach, voraussichtlich ab April d.J. weiter verfolgt werden können. Beschleunigte Umsetzung ist nun aus vergaberechtlichen Gründen nicht mehr möglich. Bei ordnungsgemäßem Projektablauf kann mit Inbenutzungnahme der Neubauten frühestens zum 1.1.2016 gerechnet werden.
Beschlussvorschlag:
Im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung werden für 2015 folgende Mittel zur Verfügung gestellt:
Produkt 100400 - Städt. Unterkünfte, Übergangswohnheime
· Nutzungsänderung und bauliche Herrichtung
„Haus Westfalen“ in 2015
67.000 €
(ggflls. Mehraufwand für Brandschutz)
· Instandhaltung der Gebäude, Grünflächenpflege
113.000 €
· Betriebskosten Wohnunterkunft („Haus
Westfalen“) 61.500
€
· Betriebskosten leer stehende Gebäude 109.500 €
· Einrichtung / Ausstattung „Haus Westfalen“
(investiv) 50.000 €
Finanz. Auswirkung:
Produkt 100400 - Städt. Unterkünfte, Übergangswohnheime
· Nutzungsänderung und bauliche Herrichtung
„Haus Westfalen“ in 2015
ca. 67.000 €
(ggflls. Mehraufwand für Brandschutz)
· Instandhaltung der Gebäude, Grünflächenpflege ca. 135.000 €/Jahr
-
2015 ab März ca.
113.000 €
· Betriebskosten Wohnunterkunft („Haus
Westfalen“)
-
2015 ab
März ca. 61.500 €
-
2016 ca. 87.000 €
(Folgejahre: wie 2016 zzgl. Preisindex)
· Betriebskosten leer stehende Gebäude
-
2015 ab
März ca.
109.500 €
-
2016 ca.
135.000 €
(Folgejahre: wie 2017 zzgl. Preisindex)
· Einrichtung / Ausstattung „Haus Westfalen“
in 2015 (investiv) geschätzt 50.000 €