Sachverhalt:
Nach den guten Erfahrungen der vergangenen
Jahre sollen auch im Jahr 2017 aus Anlass verschiedener Veranstaltungen
zusätzliche Ladenöffnungszeiten an Sonntagen entsprechend dem WfH-Antrag vom
09. 12. 2016 (Anlage 2) freigegeben werden. Entsprechend der letztjährigen
Entwicklung hat der WfH seinen Antrag auf zwei besucherträchtige Anlässe
beschränkt, welche den Anforderungen genügen, um eine Ladenöffnung am Sonntag
als Annex zu der Veranstaltung zu gestatten. Hierbei wird die zusätzliche
Ladenöffnung örtlich auf die Einzelhandelsgeschäfte beschränkt, die im Einzugsbereich
der Veranstaltung liegen.
Hierzu hat die Verwaltung die örtlich
zuständige Gliederungen der Gewerkschaft ver.di, des Einzelhandelsverbandes des
Kreises Mettmann (EHV) und in dessen Nachfolge des Handelsverbandes
Nordrhein-Westfalen (HV), der Industrie- und Handelskammer (IHK), der
Handwerkskammer (HWK) Düsseldorf sowie der evangelisch-lutherischen und
römisch-katholischen Kirche angehört (Anlage 3). Die Anhörungsmöglichkeiten
haben HV, IHK und ver.di wahrgenommen.
Der Handelsverband unterstützt den
Antrag. Er empfiehlt eine ausführliche Beschreibung
der Veranstaltungen mit Angaben zum Verhältnis von Veranstaltungs- zu
Verkaufsflächen, um sowohl den Anlassbezug als auch den räumlichen Zusammenhang
zu dokumentieren.
Die IHK hält die prognostizierten
Besucherzahlen von jeweils 2.500 für beide Veranstaltungssonntage im Vergleich
zu 800 Personen an einem regulären Werktag für realistisch. Ebenso sei der
räumliche Zusammenhang gewahrt, weil nur die Geschäfte öffnen dürften, die die
Veranstaltungsfläche einrahmen. Ferner stellten beide Feste
Traditionsveranstaltungen dar, die seit mehreren Jahren durchgeführt würden und
bei denen die Sonntagsöffnung nur Annex der Anlass bietenden Märkte sei.
Die
Gewerkschaft ver.di hatte in Teilen Bedenken erhoben und auf die
aktuelle Rechtslage verwiesen. Die voraussetzungslose Freigabe von
Sonntagsöffnungen ohne konkreten Anlass sei unzulässig. Der Gesetzgeber habe in
§ 6 Abs. 1 LÖG NRW das Vorliegen eines besonderen Anlasses, wie z.B. das
Stattfinden von Märkten, Messen, örtlichen Festen oder ähnlichen
Veranstaltungen vorgeschrieben.
Anlässe
in diesem Sinne könnten traditionelle Jahrmärkte, Kirchweihfeste oder ähnliche
Anlässe auf der Grundlage der Gewerbeordnung sein. Bezogen auf die Tauglichkeit
der genannten Anlässe bestehen - insbesondere aufgrund der genannten
Einschränkung - keine grundsätzlichen Bedenken. Ergänzend wurde um eine genaue Angabe der Lage, Art und Größe
der einzubeziehenden Verkaufsflächen gebeten, um dazu konkreter Stellung nehmen
zu können.
Weitere
Voraussetzung für die Anerkennung eines besonderen Anlasses sei, dass der
Anlass selbst auch ohne die Ladenöffnung gegeben sei und aus sich heraus einen
erheblichen Besucherstrom auslöse. Eine Öffnung sei mithin nur dann zulässig,
wenn eine Veranstaltung ohnehin stattfinde und selbst einen erheblichen Besucherstrom
auslöse und nicht umgekehrt die Ladenöffnung den Hauptgrund für den Besucherstrom
darstelle. Die Ladenöffnungen dürfen lediglich "begleitenden"
Charakter zur Hauptveranstaltung haben.
Die
höchstrichterliche Rechtsprechung fordere, dass der Markt und nicht die Ladenöffnung
den öffentlichen Charakter des Tages präge. Dazu müsse der Markt für sich
genommen - also nicht erst aufgrund der Ladenöffnung - einen beträchtlichen
Besucherstrom anziehen, der die zu erwartende Zahl der Ladenbesucher
übersteige. Außerdem müsse die Ladenöffnung auf das Umfeld des Marktes begrenzt
bleiben.
Ferner
verweist die Gewerkschaft auf die (in Anlage 10 beigefügte) Erlasslage in NRW.
Diese gebe vor, dass es nicht ausreiche, einen Anlass zu schaffen, um eine
Rechtfertigung für eine Sonntagsöffnung herzustellen. „Darüber hinaus sei zu
entscheiden, ob sich die Freigabe auf den ganzen Ort beziehe oder auf bestimmte
Bezirke oder Ortsteile beschränkt werden solle. Hierbei sei zu berücksichtigen,
in welchen Bereich des Ortes sich bereits der Anlass auswirke.“
Es
bestünden aktuell erhebliche Zweifel,
dass bei den geplanten Sonntagsöffnungen die Veranstaltungen den Hauptgrund für
den Besucherstrom darstellten und eine entsprechend Prüfung stattgefunden habe.
Es fehlten in dem Anhörungsschreiben genaue Angaben zum Inhalt der
Veranstaltungen und der Hinweis, warum genau diese Veranstaltung für sich
genommen einen beträchtlichen Besucherstrom anziehe. Die Wiedergabe pauschaler
Wertungen ohne Darlegung der Prognose und ihrer Grundlagen sei mit der
aktuellen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht vereinbar.
Aufgrund
der Bitte um ergänzende Informationen hat die Verwaltung bestätigt, dass seit
der ersten sonntäglichen Ladenöffnung in Haan vor mehr als 20 Jahren stets ein
konkreter Anlass vorlag, was auch für dieses Jahr gelte. Ferner wurden der
Gewerkschaft Lagepläne zu beiden Veranstaltungen übermittelt (Anlagen 4 und 5).
Das
Brunnenfest wird seit 1998 stets zu Beginn des Frühjahrs abgehalten und von
einem gemeinnützigen Verein getragen, welcher die Finanzierung des Brunnenbetriebs
auf dem Neuen Markt sowie die Anschaffung, Errichtung und Unterhaltung von
Kunstobjekten in Haan unterstützt. Es ist eine Teilnahme von 32 Ständen auf den
beiden Platzflächen des Neuen Marktes und dessen oberem Teil auf ca. 5.000 qm
vorgesehen. Die Veranstaltungsfläche wird zum einen u. a. von Betrieben (wie
Gastronomie, Dienstleistern, Blumengeschäften, Bäckereien und Verwaltungen)
eingerahmt, für die eine (zusätzliche) Ladenöffnung am Sonntag bedeutungslos
ist, sowie von derzeit 18 zumeist inhabergeführten und teilweise
branchengleichen Einzelhandelsgeschäften (Unterhaltungselektronik, Telefon,
Textilhandel, Parfümerie, Drogerie, Akustik, Sportartikel, Uhren, Schmuck,
Kaffee, Reformhaus) mit insgesamt ca. 2.500 qm Verkaufsfläche.
Auf
ausschließlich diese Betriebe würde sich eine Sonntagsöffnung aus Anlass des
Brunnenfestes zusätzlich auswirken. Erstmalig im Jahr 2000 war auch das Brunnenfest
Anlass für eine Sonntagsöffnung. Hieraus ist zu entnehmen, dass eine Sonntagsöffnung
nicht den Bedarf für die Veranstaltung des Brunnenfestes auslöst, sondern der
Anlass schon Jahre zuvor bestand und ohne die Ladenöffnung gegeben ist. Ebenso
würde eine derartige Veranstaltung unrentierlich sein und nicht durchgeführt
werden, falls nicht erhebliche Besucherströme zu verzeichnen wären.
Allerdings
wurde das Besucheraufkommen bisher nicht gezählt. Der ortsansässige
Einzelhandel hat auf Nachfrage der Verwaltung eine Anzahl von ca. 2.500 Personen
prognostiziert. Das Angebot der einzelnen Stände (wie z. B. Kunsthandwerk, landwirtschaftliche
und gärtnerische Erzeugnisse, Speisen, Getränke, Musikgruppen,
Bühnenveranstaltungen) reizt wesentlich mehr Menschen dazu, die Innenstadt
aufzusuchen, als dies im selben Bereich der örtliche Handel zu leisten vermag.
Dies ist anhand der Frequentierung der Straßenfläche offensichtlich.
Entsprechendes
gilt auch für die Veranstaltung "Haan à la carte". Hier demonstriert
die örtliche Gastronomie insbesondere ihre Kochkünste und veranlasst Haaner und
auswärtige Haushalte, die heimischen Herde nicht zu benutzen, sondern die auf
dem Neuen Markt dargebotenen Variationen zu probieren und zu genießen. Ergänzt
wird das Angebot um musikalische Darbietungen sowie Ausstellungen von Neufahrzeugen
und Oldtimern (PKW und Motorräder). Auch hier gibt es keine Zählungen, allerdings
hat die Lokalpresse 500 Personen erwähnt, die schon zur Eröffnung am Samstagnachmittag
anwesend waren. Diese interessiert insbesondere das kulinarische und
musikalische Angebot sowie die Palette an Fahrzeugen und im wahrsten örtlichen
Sinne nur am Rande der Einzelhandel.
Bei
"Haan à la carte" wird an Stelle der westlichen Platzhälfte des Neuen
Marktes die Fußgängerzone der Friedrichstraße mit einer ca. 750 qm kleineren
Veranstaltungsfläche (= insgesamt ca. 4.250 qm) genutzt. Die Anzahl anliegender
Ladenlokale, die am Sonntag öffnen dürften, erhöht sich auf derzeit 22
Geschäfte mit ca. 2.750 qm Verkaufsfläche, wobei ein Zeitschriftengeschäft,
Foto- sowie Obst- und Gemüsehandel als anderweitige Branchen hinzukämen.
Auf ergänzende Nachfrage von ver.di zu
einer belastbaren und nicht von den Antragstellern stammenden Prognose hat die
Verwaltung klargestellt, dass die Angaben zu den Besucherzahlen nicht von den
Antragstellern stammten, sondern von den Veranstaltern der Feste, welche diese
von den Lokalmedien erhalten hätten. Zum Nachweis des Besucheraufkommens hat
die Verwaltung Lichtbildaufnahmen zum Brunnenfest (Anlagen 6 bis 9)
übermittelt, welches im Verhältnis zu „Haan à la carte“ geringer frequentiert
wird.
Hinsichtlich der Anlassbezogenheit ist
zu berücksichtigen, dass weder Brunnenfest noch „Haan à la carte“ vom
Einzelhandel veranstaltet werden. Die Feste wurden auch nicht aus Anlass einer
Sonntagsöffnung geboren oder kreiert, sondern werden unabhängig von einer
Ladenöffnung am Sonntag durchgeführt. Hierfür sprechen als Tatsachen, dass u.
a. das Brunnenfest schon einige Jahre vor einer Sonntagsöffnung gefeiert wurde
und „Haan à la carte“ samstags und sonntags stattfindet. Allein dies indiziert,
dass die Ladenöffnung am Sonntag aus Anlass dieser Veranstaltung gewährt und
nicht ein Markt aus Anlass einer Sonntagsöffnung abgehalten wird. Hinzu kommen
beim Brunnenfest die Durchführung des Brunnenlaufs, der ca. 150 Minder- und
Volljährige zzgl. ihrer Familien anzieht (vgl. Anlage 9), und die
Präsentationen von Vereinen und Musikgruppen auf der Bühne.
Die Prognose zu den Besucherzahlen
basiert auf jahrzehntelangen Erfahrungswerten über den tatsächlichen Besuch
beider Veranstaltungen. Auch ohne vorgenommene Zählungen sind die Presseangaben
schon für das Brunnenfest plausibel und nicht zu hoch gegriffen:
Im Rahmen des Sicherheitskonzeptes zur
Haaner Kirmes wird ein durchschnittliches Besucheraufkommen von 5 Personen je 3
qm nicht überbauter / unbebauter Veranstaltungsfläche und eine Umschlagzahl von
3 zugrunde gelegt. Dies bedeutet, dass die Besucherscharen von mittags bis
nachts in drei Schichten auf die Kirmes strömen und durchschnittlich mit 5
Personen je qm und Veranstaltungstag gerechnet wird.
Sowohl das Brunnenfest als auch „Haan
à la carte“ weisen je Tag eine geringere Veranstaltungszeit auf, so dass von
einer Umschlagzahl von 2 und einem „Schichtwechsel“ während des Nachmittags
ausgegangen werden kann. Beide Veranstaltungen zählen anders als die Haaner
Kirmes nicht zu den führenden Volksfesten in Deutschland, so dass eine
geringere Frequenz an Besuchern zu verzeichnen ist. Anhand der Fotos aus der
Veranstaltungsmitte (Anlagen 6 und 7) und dem Veranstaltungsrand des
Brunnenfestes (Anlage 8) ist ein kirmesmäßiges Aufkommen zwischen 2 Personen je
qm (= 10 : 5) und 40 Personen auf 200 qm (= 1 : 5) zu erkennen.
Mithin stehen angesichts der unbebauten
/ nicht überbaubaren Fläche auf dem Neuen Markt nach Abzug von Standflächen,
Aufstellflächen für PKW, Pflanzbeeten, Spielgeräten, Bäumen,
Verkehrseinrichtungen und Brunnen für das Brunnenfest mindestens 3.500 qm und
für „Haan à la carte“ wenigstens 3.000 qm Aufenthaltsfläche zur Verfügung. Dies
wären durchschnittlich 5 Besucher auf 7 bzw. 6 qm bei einer Besucherzahl von
2.500 bzw. bei einer Umschlagzahl von 2 auf 14 bzw. 12 qm. Angesichts der
Lichtbildaufnahmen dürfte das tatsächliche Besucheraufkommen den Wert von 2.500
deutlich über-, zumindest aber nicht unterschreiten.
Dies ergibt sich auch aus der Angabe
eines an beiden Festen beteiligten Gastronomen, der ca. 500 Essen pro
Veranstaltungstag abgibt. Da jede Person – wenn überhaupt – allenfalls zwei Mahlzeiten
verzehrt und beim Brunnenfest 10 sowie bei „Haan à la carte“ 12 Imbissstände
teilnehmen, spricht auch dieses für keine geringere Besucherzahl als 2.500. Im
Übrigen muss ein Gastronom bei „Haan à la carte“ angesichts der Teilnahmekosten
zur Vermeidung von Verlusten mindestens 2.000 EUR Umsatz erzielen.
Im Vergleich hierzu ist das Aufkommen
von Kunden in den Ladengeschäften gering. Auf Befragen wurde eine mittlere
Kundenzahl von 30 Personen angegeben. Dies wäre unter Berücksichtigung, dass
die Kunden nicht nur ein Geschäft aufsuchen und nicht alle Läden an der
Sonntagsöffnung teilnehmen, nicht mehr als 10 % der Festbesucher.
Aus Sicht der Verwaltung ist zur
Genüge belegt, dass die Feste eindeutig im Vordergrund stehen und einen
geeigneten Anlass für eine (untergeordnete, begleitende) Sonntagsöffnung
bieten. Anders als in den Vorjahren, in denen bis zu 8 Sonntagsöffnungen in
zwei Ortshälften Haans gewährt wurden, haben die Antragsteller sich entsprechend
den Auskünften der Verwaltung auf Veranstaltungen beschränkt, die einen Anlass
für eine Sonntagsöffnung bieten. Ferner erfolgt entsprechend den rechtlichen
Maßgaben eine Begrenzung auf Läden, die Anlieger der Veranstaltung sind, mithin
an die Veranstaltungsfläche grenzen, so dass eine Einbeziehung von bestimmten
Bezirken oder Ortsteilen ausgeschlossen ist.
Die Voraussetzungen für den Erlass der
Verordnung werden erfüllt. Daher empfiehlt die Verwaltung den Erlass der in der
Anlage 1 enthaltenen Verordnung. Auch die Gewerkschaft ver.di hat inzwischen die
Angaben der Verwaltung gut nachvollziehen können. Nach aktuellem Stand hat sie keine
konkreten Bedenken mehr, die Verkaufsöffnung durch Verordnung mit der
vorgesehen zahlenmäßigen und räumlichen Begrenzung der Verkaufsöffnungen freizugeben.
Beschlussvorschlag:
Die Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen aus besonderem
Anlass im Jahr 2017 wird in der Fassung der Anlage 1 beschlossen.
Finanz. Auswirkung:
Keine
Anlagen:
1_VO_Ladenschluss_2017
2_Antrag
3_Anhörungsschreiben
4_Lageplan Brunnenfest
5_Lageplan Haan à la carte
6_Lichtbildaufnahme
Brunnenfest Fußgängerzone Neuer Markt
7_Lichtbildaufnahme
Brunnenfest Fußgängerzone Neuer Markt
8_Lichtbildaufnahme
Einmündung Fußgängerzone Neuer Markt / Dieker Straße
9_Lichtbildaufnahme
Brunnenlauf
10_Runderlass vom 07. 09.
2016