Betreff
Wohnen in Haan - Konzeptionelles Vorgehen
Antwort der Verwaltung zur Beschlusslage zur gemeinsame Sitzung SUVA und WLSTA am 18.05.2017 und Beschluss über das weitere Vorgehen
Vorlage
61/184/2017
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

Nach gemeinsamer Beratung des SUVA und des WLSTA am 16.05.2017 hatte der SUVA den Beschluss gefasst:

 

·         Die Verwaltung wird beauftragt, Möglichkeiten eines kommunalen Baulandmanagements für Haan darzustellen und diesbezügliche Erfahrungsberichte anderer Kommunen einzuholen.

 

·         Die Verwaltung wird beauftragt, zu prüfen, welche Möglichkeiten eine Stadtentwicklungsgesellschaft u. a. bei der Gewinnung, -projektierung und Vermarktung von Bauflächen eröffnet.“

 

Das Forum Baulandmanagement NRW - ein Zusammenschluss von nordrhein-westfälischen Kommunen unterschiedlicher Größenklasse und Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft - versteht sich nach eigenen Aussagen als ein interdisziplinäres und kommunales Netzwerk, das zur Förderung des konkreten Wissenstransfers in den Themenfeldern der kommunalen Liegenschafts- und Bodenpolitik beitragen möchte. Zuletzt erschien im Auftrag des Forum Baulandmanagement NRW die Broschüre: “Kommunale Boden- und Liegenschaftspolitik Wohnungsbaustrategien und Baulandbeschlüsse auf dem Prüfstand“ (2017). Sie fasst die Erkenntnisse der letzten 20 Jahre in NRW zu diesem Themenfeld zusammen. Die Verwaltung hat insofern auf die Anfrage bei anderen Kommunen verzichtet, Ergebnisse der Broschüre sind in diese Beratungsvorlage eingeflossen.

 

Die Schaffung bezahlbarer Wohnraum beschäftigt derzeit bundesweit viele Kommunen. Häufigste Hindernisse sind die fehlende Verfügbarkeit oder die Schwierigkeit geeignete Flächen für den bezahlbaren Wohnungsbau (in Miete oder Eigentum) zu aktivieren, um dort geeignete Baulandpotentiale zu erschließen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie Planungsbegünstigte in rechtskonformer Weise an den Folgekosten der Baulanderschließung beteiligt werden können. Viele Kommunen haben sich daher in den letzten Jahren entschieden, einen Baulandbeschluss zu fassen, um im Gegensatz zu einer reinen Angebotsplanung aktiv und bedarfsorientiert das Baulandangebot in der eigenen Stadt steuern zu können.

 

Kommunen verfolgen mit solch einem Grundsatzbeschluss des Rates zur gemeindlichen Boden– und Liegenschaftspolitik vor allem soziale und ökonomische Ziele, wenngleich in bestimmten Konstellationen auch städtebauliche bzw. umweltrelevante Ziele Beweggründe für die Aufstellung eines Baulandbeschlusses waren. Häufig sind mindestens zwei Ziele Regelgegenstand eines Baulandbeschlusses. Im Sinne einer sozialgerechten Bodennutzung regelt der Beschluss auch, wie die von der Planrechtschaffung Begünstigten, an den Kosten und Lasten angemessen beteiligt werden.

 

Mit der Ausrichtung auf soziale Ziele soll häufig eine Verbesserung des örtlichen Wohnraumangebots, der Förderung Einheimischer am Wohnungsmarkt, vor allem aber der Bau bezahlbaren Wohnraums für breite Bevölkerungsschichten, ermöglicht werden. Diese Zielrichtung kann durch Festlegung von Wohnraumförderquoten ergänzt werden.

 

Sofern ökonomische Ziele der Auslöser für die Aufstellung eines Bauland-beschlusses waren, verfolgt die Kommune das Ziel einer verbilligten Abgabe von Grundstücken u.a. auch für geförderten Wohnungsbau zu regeln. Auch die Kostenbeteiligung der Planungsbegünstigten durch Übernahme der Planungs-, Sanierungs- und Ordnungskosten, technische und soziale Infrastruktur an der Wertsteigerung des Bodens, kann durch einen Baulandbeschluss geregelt und mittels städtebaulichem Vertrag vertraglich vereinbart werden.

 

Die Verfolgung städtebaulicher Ziele mit den Aspekten wie Bauverpflichtung, die Definition von Dichtewerten oder klimarelevanter Standards kann ebenfalls Regelgegenstand sein.

 

Eine kommunale Baulandpolitik auf Basis eines Baulandbeschlusses kann dann als erfolgreich bezeichnet werden, wenn es auch zur Ausweisung neuen Baulands kommt, sei es bei der Aktivierung von Innenbereichspotentialen oder bei der Neu-ausweisung von Außenbereichsflächen. Die Aktivierung der Innenbereichsflächen erfolgt vor dem Hintergrund vorhandene Infrastrukturen besser auszunutzen. Eine alleinige Fokussierung ausschließlich auf Innenbereichsflächen ist hingegen wenig erfolgsversprechend, da die Aktivierung dieser Flächen mit erheblichen adminis-trativen, kommunikativen, zeitlichem und finanziellem Aufwand verbunden ist, der einen nachhaltigen Einfluss auf die Aktivierung von bezahlbareren Wohnbauflächen nicht entfalten kann.

 

Daher ist es notwendig, auch geeignete Außenbereichsflächen aktivieren zu wollen.

Viele Kommunen setzten daher auf einen Mix aus Innenbereichsaktivierung und der Neuausweisung von Außenbereichsflächen. Sinnvollerweise wird auch eine bestimmte Flächenquote an Bauflächen mehr im Stadtgebiet ausgewiesen, als zur Verwirklichung der sozialen und wirtschaftlichen Ziele erforderlich ist. Nur so kann ein gewisser Druck auf die Planungsbegünstigten ausgeübt werden, an der Flächen-entwicklung mitzuwirken.

 

Viele Kommunen regeln im Baulandbeschluss nur dann Planrecht neu zu schaffen, wenn die Stadt oder eine stadteigene Gesellschaft selbst über den zu beplanenden Grundbesitz verfügen. In diesem Fall tritt die Stadt oder die Gesellschaft als Zwischenerwerber auf und beteiligen je nach Modell den Alteigentümer an der Wertsteigerung des Grundstücks. Manche Kommunen regeln auch, dass falls das Zwischenerwerbermodell durch die Stadt oder eine kommunale Gesellschaft nicht gelingt, die Planbegünstigten Ihren Grundbesitz zu Planungsbeginn zu Teilen (z.B. 25 % der künftigen Nettobaulandfläche zum entwicklungsunbeeinflussten Wert) an die Kommune veräußern müssen. Gelingt diese nicht, wird das Planverfahren nicht weiterbetrieben. Vereinzelt existieren auch Modelle, bei denen der Planungs-begünstigte sich verpflichtet, bestimmte Flächen mit gefördertem Wohnungsbau zu entwickeln.

 

Damit ein Baulandbeschluss erfolgreich im Sinne der Zielerreichung angewandt werden kann, muss er folgende Verfahrensgrundsätze erfüllen:

·         Er muss transparent und einheitlich sein

·         Er muss verbindlich für alle Beteiligten sein

·         Er muss langfristig angelegt sein

 

Zur Umsetzung des Baulandbeschlusses haben sich zwei Strategien heraus-kristallisiert:

 

Die Organisation kann innerhalb der Verwaltung durch Projektgruppen bzw. Arbeitskreise oder außerhalb der Verwaltung erfolgen. Viele Kommunen haben hierzu eine kommunale Gesellschaft gegründet. Die Gesellschaft hat dann die Aufgabe, potentielles Bauland zu mobilisieren. Wesentlicher Vorteil einer Gesellschaft ist, dass diese häufiger schneller im Bereich des Grunderwerbs und in der Entwicklung der Flächen agieren kann, als dieses über die tradierten kommunalen Strukturen der Fall ist.

 

Der Zweck und der Gegenstand einer Stadtentwicklungsgesellschaft sind an den Zielen des kommunalen Baulandbeschlusses zu orientieren. Wobei der öffentliche Zweck aus dem Erfordernis der Mobilisierung und der Bereitstellung von Bauland besteht und dieses als eine kontinuierliche Aufgabe zu begreifen ist. Ein weiterer gewichtiger Aspekt, der für die Gesellschaft spricht ist, dass wenn neben der sozialen und ökonomischen Zielrichtung die Gesellschaft auch städtebauliche Ziele verfolgen soll, stadtentwicklungsrelevante Impulse durch die Bereitstellung bebauter und unbebauter wohnbaulicher und gewerblicher Grundstücke geschaffen werden können. 

 

Die Entwicklung von Potentialflächen kann sowohl durch Neuausweisung als auch durch Revitalisierung mindergenutzter Grundstücke und Areale erfolgen. In Haan könnte hierzu die Entwicklung des Bürgerhausareals, die Entwicklung Bachstraße, die Errichtung eines Gründerzentrums in vorhandenen gewerblichen Liegenschaften, die Entwicklung Landesfinanzschulgelände oder auch die Entwicklung des Areals der Alte Musikschule und im Falle der Konzentration der Verwaltung das Grundstück Alleestraße zählen.

 

Im Sinne eines revolvierenden Fonds könnten die Verkaufserlöse in die Entwicklung geeigneter neuer Grundstücke investiert werden, um so auch eine längerfristige Bodenvorratspolitik betreiben zu können.

 

Aus Sicht der Verwaltung ist der Baulandbeschluss in Verbindung mit einer kommunalen Gesellschaft ein sinnvolles Instrument zur Erreichung sozialer, wirtschaftlicher und städtebaulicher Ziele im Bereich der kommunalen Boden – und Liegenschaftspolitik.

 

Die Verwaltung schlägt vor, für eine der nächsten Sitzungen einen Entwurf eines Baulandbeschlusses vorzubereiten in der sowohl die Zielrichtung präzisiert, als auch die zu regelnden Inhalte genauer definiert werden können. Der Baulandbeschluss sollte auf möglichst breiter politischer und gesellschaftlicher Basis entwickelt werden. Die Verwaltung schlägt daher vor, auch die Akteure der Wohnungswirtschaft in Haan (Wohnungsunternehmen, Genossenschaften) in den Beratungsprozess einzubinden.

 

Die Verwaltung schlägt weiterhin vor, die Gründung einer Stadtentwicklungs-gesellschaft parallel vorzubereiten und die geeignete Rechtsform auszuloten. Falls erforderlich, ist hierzu rechtlicher Sachverstand hinzuzuziehen.

 

Nach gemeinsamer Beratung des SUVA und des WLSTA hatte der SUVA ebenfalls den Beschluss zum Antrag der WLH gefasst:

 

Die Verwaltung stellt vor, wie im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages

1.    eine Wertschöpfung für die Stadt von 25% Mehrwertausgleich zu regeln ist, um die sozialen Folgekosten zu finanzieren und

2.    eine Quote von mindestens 30% öffentlich geförderten Wohnungsbaus zu erreichen ist.“

 

Zu 1:

Die Verwaltung unterstellt, dass hier eine Regelung aus einem Baulandbeschluss gemeint ist, in der 25 % der künftigen Nettobaulandfläche zum entwicklungs-unbeeinflussten Wert an die Stadt veräußert und die künftigen öffentlichen Flächen kostenfrei an die Stadt übertragen würden. Die Stadt veräußert anschließend die so übertragenen Grundstücke und investiert den Mehrerlös im Verhältnis zum „Einkaufswert“ zur Finanzierung der sozialen Folgekosten.

Ein solches Modell kommt als Alternativmodell z.B. dann in Frage, wenn die Alteigentümer nicht bereit sind ihre gesamten Flächen an die Stadt, bzw. die städtische Gesellschaft zu veräußern. Es kann die Bereitschaft der Alteigentümer an der Entwicklung zu Bauland mitzuwirken erhöhen. Eine solche Regelung macht allerdings nur dann Sinn, wenn alle Alteigentümer im Plangebiet sich auf eine solche Regelung einlassen. Anderenfalls würde die Stadt das Planverfahren einstellen.

 

 

Zu 2:

Parallel zu einem Bauleitplanverfahren kann in einem städtebaulichen Vertrag eine Regelung über die Schaffung öffentlich geförderten Wohnungsbau bei einem bestimmten Bauvorhaben vereinbart werden. Zu beachten ist jedoch, dass einer Quotierung ohne Baulandbeschluss immer das Risiko einer willkürlichen Festlegung anhaftet, die bei jedem Bauvorhaben neu ausgehandelt werden muss. Im Übrigen sollte die Quotenregelung nicht bei der ersten Wohnung beginnen, sondern erst ab einem bestimmten Schwellenwert von z.B. mind. 15 oder 20 Wohneinheiten.

Aus Sicht der Verwaltung sollte eine Quotenregelung Bestandteil eines Bauland-beschlusses sein, um wie bereits beschrieben, die Regelung gegenüber jedem Investor transparent und im Verhältnis zu anderen Projekten gleichbehandelnd, verbindlich zu regeln.

 

Beschlussvorschlag:

Nach Diskussion und Beratung im Ausschuss.