Betreff
Bebauungsplan Nr. 107 "Horst" im vereinfachten Verfahren, § 13 BauGB
hier: Offenlagebeschluss, § 3 (2) BauGB
Vorlage
61/210/2018
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

1.      Ausgangssituation

1.1.   Stadtgeschichtliche Entwicklung

Das Gebäudeensemble „Horst“ gehört zusammen mit dem heute nicht mehr existenten  „Breidenhof“ zu einer ehemals frei in der Feldflur gelegenen Ortslage um den historischen Weg von Haan nach Müllersberg und weiter zur Bruchermühle und nach Ohligs (heute erhaltenes Teilstück: „Horst“). Im Zuge der Stadtentwicklung insbesondere während des 20. Jahrhunderts wurden im Umfeld der „Horst“ neue Straßen angelegt (Breidenhofer Straße, Thienhausener Straße), welche die Bebauung immer weiter an die Ortslage heranrücken ließ und sie schließlich als städtebaulichen Solitär „konservierte“ (ähnlich: Hofschaft „Stöcken“).

Die Gebäude Horst Nr. 3, 3a, 4, 4a und 8 stammen aus dem 17./18. Jahrhundert  und stehen unter Denkmalschutz; der übrige Altbaubestand stammt aus der Zeit vor dem 1. Weltkrieg. Seit den 1980-er Jahren wurden weitere Gebäude hinzugefügt (Horststraße 1, Horst 1a, 9, 9a), welche in ihrem Erscheinungsbild dem historischen Charakter der Ortslage überwiegend nicht gerecht werden. Nördlich des verbliebenen Weges „Horst“ liegt eine städtische Grünfläche, welche als extensiv gepflegte Obstwiese genutzt wird und der historischen Ortslage „Horst“ als prägendes Element zugeordnet ist. 

 

 

1.2.   Bauplanungsrecht

Im Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Haan wird der Bereich „Horst“ als Wohnbaufläche dargestellt; die nördlich angrenzenden Grundstücke entlang der Bahnhofstraße/Kölner Straße sind als Mischgebiet dargestellt. Zwischen der „Horst“ und der Breidenhofer Straße ist ein Spielplatz der Kategorie B dargestellt.

Bauplanungsrechtlich sind Vorhaben i. S. des § 29 BauGB derzeit, als im unbeplanten Innenbereich gelegen, gemäß § 34 BauGB zu beurteilen. Auf Grund der beschlossenen Planungsziele im Rahmen des am 28.03.2017 durch den Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr gefassten Aufstellungsbeschlusses konnten Vorhaben für die Dauer eines Jahres zurückgestellt werden, wenn erkennbar geworden wäre, dass diese den beschlossenen Planungszielen (siehe SV 61/169/2017) widersprechen. Da absehbar wurde, dass der Zeitraum für die Möglichkeit der Zurückstellung zur Erarbeitung des Bebauungsplans nicht ausreichen würde, beschloss der Rat der Stadt Haan am 17.10.2017 die 25. Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 107.

 

 

2.      Bisheriges Verfahren

2.1.   Aufstellungsbeschluss

In der Sitzung des Rates am 03.10.1980 wurde der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 107 „Horst“ gefasst. Folgende städtebauliche Zielvorstellungen wurden für die Erarbeitung des Bebauungsplans zu Grunde gelegt:

·      die planungsrechtliche Sicherung der alten Ortslage „Horst“ unter städtebaulichen und denkmalpflegerischen Gesichtspunkten,

·      die Festlegung der noch überbaubaren Grundstücksflächen mit Angabe der Art und des Maßes der baulichen Nutzung

·      die Ausweisung der notwendigen Verkehrsflächen zur Erschließung bzw. Anbindung der Ortslage „Horst“

·      die Sicherung und Funktionszuweisung der Freiflächen.

 

 

2.2.   Frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, § 3 (1) BauGB

Mit Schreiben vom 10.03.1992 haben sich Anwohner an die Verwaltung gewandt und sich für einen ganzheitlichen Erhalt der Ortslage „Horst“ ausgesprochen. Dem Schreiben war eine Unterschriftenliste von ca. 250 Unterzeichnern beigefügt.

Am 01.04.1992 hat der damalige Planungsausschuss über die von der Verwaltung zur Planung entwickelten Vorentwurfsvarianten A - D beraten und die Durchführung einer Bürgeranhörung zu den vorgestellten Varianten beschlossen. Die Bürgeranhörung fand statt am Donnerstag, den 11.06.1992.

Aus den Ergebnissen der Bürgeranhörung entwickelte die Verwaltung eine „Variante E“ und stellte diese im Planungsausschuss am 08.09.1992 vor, welcher den Beschluss fasste, auf Grundlage der „Variante E“ den Bebauungsplan Nr. 107 auszuarbeiten.

 

 

2.3.   Frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, § 4 (1) BauGB

Bereits mit Schreiben vom 20.01.1981 wurde die frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erstmalig auf der Grundlage der erstmalig formulierten Zielvorstellungen (siehe Kap. 1.1) durchgeführt.

Mit Schreiben vom 13.01.1993 wurde eine nochmalige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange durchgeführt. Grundlage der zweiten Beteiligung war der zuvor vom damaligen Planungsausschuss beschlossene städtebauliche Vorentwurf „Variante E“. Dieser sah ein Wohngebäude auf dem Areal des ehemaligen Feuerlöschteichs an der Horststraße vor (inzwischen realisiert) sowie die Anordnung von zwei Doppelhäusern nördlich der Obstwiese, welche über einen Stichweg ebenfalls von der Horststraße aus erschlossen werden sollten.

In beiden Beteiligungen wurden seitens der Träger öffentlicher Belange keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Planung vorgetragen.

 

 

3.      Weiterentwicklung der Vorentwurfsplanung

Anlässlich eines Bauantrags für ein Grundstück südlich der Obstwiese neben dem Baudenkmal Horst Nr. 8 wurde das bis dahin ruhende Planverfahren wieder aufgenommen und das Plangebiet auf die Flächen südlich der Obstwiese ausgeweitet.

Am 04.03.2003 beschloss der damalige Planungs-, Umwelt- und Verkehrsausschuss, den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 107 "Horst" neu zu fassen. Dabei sollte der bisherige Vorentwurf "Variante E" weiter entwickelt werden („Variante E*“), indem

·      die bisher geplanten Baukörper nördlich der Obstwiese auf ein Vollgeschoss reduziert werden und

·      ein Baufenster südlich der Obstwiese für ein zusätzliches Wohngebäude ausgewiesen wird (eingeschossig, inzwischen realisiert).

Anlässlich eines Antrags aus der Bürgerschaft, die zentral gelegene, städtische Obstwiese nach dem Denkmalrecht unter Schutz zu stellen, stellte die Verwaltung einen weiter entwickelten Vorentwurf (Variante "Erhalt der Grünflächen") im damaligen Planungs- und Verkehrsausschuss am 30.11.2010 zur Diskussion. Dieser Vorentwurf begrenzt die Bauflächen auf den heutigen Bestand und schließt eine weitere optische Einengung der ohnehin kleinflächigen Obstwiese durch eine von Norden heran rückende Wohnbebauung aus.

Daraufhin beschloss der Ausschuss einstimmig, die Variante "Erhalt der Grünflächen" der weiteren Bauleitplanung zu Grunde zu legen (SV PLUA 61/042/2010).

Eine Bauvoranfrage für das Grundstück Bahnhofstraße 82-84 war schließlich Anlass, den Aufstellungsbeschluss auf der Basis dieser Variante formal neu zu fassen (s. o.) und das Planverfahren auf der Grundlage der Variante "Erhalt der Grünflächen" weiterzuentwickeln. Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt am 31.03.2017 bekannt gemacht.

 

 

4.      Bebauungsplanentwurf

4.1.   Neue Abgrenzung des Plangebietes

Mit der Neufassung des Aufstellungsbeschlusses haben sich die bisher verfolgten Planungsziele geändert: Sahen diese bisher für die Grundstücke nördlich der Obstwiese Bebauungsmöglichkeiten vor, bestehen sie nunmehr darin, den Charakter der ursprünglichen Ortslage „Horst“ mit der zugeordneten Obstwiese unter städtebaulichen Gesichtspunkten zu erhalten und ein weiteres Heranrücken von Bebauung bzw. von sonstigen das Ortsbild störenden Nutzungen an die Obstwiese auszuschließen.

Aus diesem Grunde ist das Plangebiet auf die Flächen zu beschränken, für die das Planungserfordernis unter den geänderten Zielen fortbesteht, also auf diejenigen unbebauten Grundstücke und Grundstücksteile, welche an die städtische Obstwiese grenzen und mit ihrem Gartenlandcharakter das Ensemble der Hofschaft „Horst“ denkmalgerecht ergänzen.

Für diejenigen Grundstücke, welche innerhalb des Zeitraums des bisherigen Planaufstellungsverfahrens bebaut worden sind, besteht kein Planungserfordernis mehr. Für diese Flächen ist ebenso wie für die bestehende, historisch gewachsene Bebauung eine Beurteilung nach § 34 BauGB (Vorhaben im „unbeplanten Innenbereich“) möglich. Dies umso mehr, als mit einem Inkrafttreten der Gestaltungssatzung und der Erhaltungssatzung der Stadt Haan (zzt. jeweils im Verfahrensschritt der Offenlage) der Verwaltung Instrumente zur Verfügung gestellt werden, um bauliche Fehlentwicklungen zu verhindern.

Deshalb werden die bebauten Grundstücke westlich der Horststraße sowie westlich und südlich der Obstwiese aus dem bisherigen Geltungsbereich heraus genommen.

Die Gebäude Horststraße Nr. 1, Breidenhofer Sraße Nr. 4 und 6 bilden hingegen den baulichen Rahmen der nördlich an die Obstwiese angrenzenden Grundstücksflächen. Ihre zugehörigen Grundstücke verbleiben daher im Geltungsbereich (Anlage 1), da die Planungsrelevanz hier fortbesteht.  

 

 

4.2.   geplante Festsetzungen

Durch den aufzustellenden Bebauungsplan Nr. 107 „Horst“ soll die stadthistorisch bedeutsame Ortslage „Horst“ mit ihren baulichen Zeugnissen und ihrer kulturlandschaftlichen Begleitung dauerhaft gesichert werden. Ein weiteres „Verschmelzen“ mit der umgebenden Stadtlandschaft soll zukünftig ausgeschlossen werden.

 

4.2.1 Art und Maß der baulichen Nutzung

Als Art der baulichen Nutzung wird für den Geltungsbereich gemäß § 3 BauNVO ein Allgemeines Wohngebiet (WA) festgesetzt. Die Ausnahmen des § 3 Absatz 3 BauNVO* werden gemäß § 1 Absatz 6 BauNVO ausgeschlossen. Dem Bestand entsprechend wird die offene Bauweise festgesetzt.

*   1. Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes,

     2. sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke

Das Maß der baulichen Nutzung wird durch die Grundflächenzahl (GRZ) von 0,4 entsprechend der zulässigen Obergrenze in allgemeinen Wohngebieten bestimmt. Die GRZ von 0,4 trägt dem Ausnutzungsgrad der Grundstücke an der Breidenhofer Straße und allgemein dem Ausnutzungsgrad der innerstädtischen Lage Rechnung. Die Zahl der Vollgeschosse wird mit Z=II als Höchstgrenze festgelegt. Darüber hinaus werden maximale Gebäudehöhen als Obergrenzen in NHN festgesetzt.

Mittels Baugrenzen werden die überbaubaren Flächen (mit geringen Erweiterungsmöglichkeiten) auf den Gebäudebestand beschränkt. Hiermit wird eine weitere bauliche Entwicklung zu Lasten des schutzwürdigen Ortsbildes der historischen Bebauung ausgeschlossen.

Die den Wohngebäuden zugeordneten Grundstücksflächen (Gartenflächen) werden als nicht überbaubare Grundstücksflächen ausgewiesen.

 

4.2.2 Nebenanlagen

Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sind gem. § 23 (5) BauNVO Nebenanlagen im Sinne des § 14 (1) BauNVO und bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandflächen zulässig sind, innerhalb der nach Nr. 15.3 PlanzV gekennzeichneten Fläche allgemein zulässig. Außerhalb dieser Fläche (Flächen unmittelbar nördlich der Obstwiese) sind Nebenanlagen (außer Einfriedigungen) ausgeschlossen.

Ausnahmen können zugelassen werden, wenn die geplante Nebenanlage das Erscheinungsbild der hier angrenzenden öffentlichen Grünfläche nicht beeinträchtigt. Mit der Ausnahmeregelung wird gewährleistet, dass das städtebauliche Ziel des Bebauungsplans (Vermeidung einer weiteren optischen Einengung der Obstwiese) auch ohne allzu restriktive Festsetzungen für die Eigentümer erreicht werden kann.

 

4.2.3 Grünfläche

Die ca. 600 m² große Obstwiese (städtische Flurstücke 2 und 215) wurde im Jahr 2006 durch Ergänzungspflanzungen von 8 hochstämmigen Obstbäumen in ihrer ökologisch-gestalterischen Funktion gestärkt. Die Pflege wird durch den städtischen Betriebshof in Form einer ein- bis zweischürigen Mahd durchgeführt. Der westliche Bereich (Teilfläche aus dem Flurstück 215) ist z. Zt. für eine private Nutzung verpachtet (Garten und Stellplatz).

Der Erhalt und die sachgerechte Pflege der Obstwiese sind städtebaulich erforderlich, um angesichts einer fortschreitenden baulichen "Banalisierung" des Umfeldes (s. o.) den verbliebenen Baudenkmälern eine gestalterische Klammer zu geben. Mit dem Bebauungsplan Nr.107 wird klargestellt, dass der Erhalt der zentralen Grünfläche (im Verbund mit den angrenzenden Gartenflächen, siehe 4.2.2) das vorrangige städtebauliche Ziel ist und eine anderweitige Nutzung den beschlossenen Zielen zuwiderläuft.

Dem entsprechend wird die Obstwiese als öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Obstwiese“ planerisch gesichert.

 

4.2.4 Verkehrsflächen

Der Abschnitt des historischen Weges „Horst“ sowie der im Plangebiet befindliche Abschnitt der Horststraße werden als Verkehrsflächen festgesetzt.

 

Neben den planungsrechtlichen Festsetzungen werden gemäß § 86 BauO NRW i. V. m. § 9 (4) BauGB Örtliche Bauvorschriften zur Gestaltung baulicher Anlagen erlassen. Die Festsetzungen zur Dachgestaltung, zu Dachaufbauten und –einschnitten, zur Fassadengestaltung und zur Gestaltung von Garagen beziehen sich auf die Gestalt prägende Formen- und Materialsprache der umgebenden Bebauung und entsprechen inhaltlich der Gestaltungssatzung, Teil A für den Bereich Haan-Stadtmitte, in deren Geltungsbereich sich das Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 107 befindet . 

 

Aufbauend auf dem oben aufgeführten Beschluss hat die Verwaltung den Planentwurf zum Bebauungsplan Nr. 107 erarbeitet. Die Festsetzungen und die Begründung zum Bebauungsplan Nr. 107 sind den Anlagen 2 und 3 zu entnehmen.

 

Sämtliche Unterlagen sind im Ratsinformationssystem einsehbar.

 

 

5.      Beschlussempfehlung und weitere Vorgehensweise

Die Verwaltung empfiehlt, dem vorliegenden Entwurf des Bebauungsplans Nr. 107 „Horst“ mit der Begründung, jeweils in der Fassung vom 06.02.2018 zuzustimmen und die öffentliche Auslegung der Planung nach § 3 (2) BauGB zu beschließen.

Nach erfolgtem Beschluss wird der Bebauungsplanentwurf mit seiner Begründung für die Dauer eines Monats öffentlich ausgelegt. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, die Nachbarstädte und die Naturschutzverbände deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, werden gemäß § 4 (2) BauGB von der öffentlichen Auslegung benachrichtigt und um Abgabe einer Stellungnahme gebeten. Die im Rahmen der öffentlichen Auslegung sowie im Beteiligungsverfahren vorgebrachten Anregungen werden geprüft und anschließend von der Verwaltung dem Stadtrat zur Beratung und Entscheidung über den Satzungsbeschluss vorgelegt.

 

 

Beschlussvorschlag:

1.    Dem Entwurf des Bebauungsplans Nr. 107 „Horst“ und der Begründung, jeweils in der Fassung vom 06.02.2018, wird zugestimmt.

Der Geltungsbereich des Bebauungsplans wird von Grundstücken an der Kölner Straße/Bahnhofstraße im Norden, der Breidenhofer Straße im Osten, der südlichen Grenze des Flurstücks 205 (Weg „Horst“) und der westlichen Grenze der Flurstücke 214 und 215 umfasst. Er beinhaltet ganz oder teilweise die Flurstücke der Gemarkung Haan,

Flur 22, Nr. 2, 10, 11, 184, 185, 186, 197, 205, 212, 213, 214, 215.

Die genaue Festlegung des räumlichen Geltungsbereiches erfolgt durch die Planzeichnung.

 

2.    Der beschlossene Planentwurf mit der Begründung ist gemäß § 3 (2) i. V. m. § 13 BauGB öffentlich auszulegen.