Betreff
Handlungsempfehlung für eine seniorengerechte Quartiersentwicklung
Vorlage
50/012/2018
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

 

 1       Ausgangssituation/Auftrag

 

In den politischen Gremien wird, kreisweit seit 2013 und in Haan verstärkt seit dem Jahr 2017, die Notwendigkeit diskutiert, die Wohn- und Lebensbereiche von Senioren so zu gestalten, dass diese ihrem Wunsch entsprechend, möglichst lange in ihren eigenen Wohnungen oder Häusern verbleiben können und auch zunehmend wünschen, in die Gestaltung ihres Lebensumfeldes einbezogen zu werden.

 

Im Rahmen der Umsetzung einzelner Projekte im Sinne der seniorengerechten Quartiersentwicklung (s.o.) können sich für die Haushaltsplanberatungen 2020 weitere Erkenntnisse in Bezug auf notwendige Stellenressourcen ergeben.

 

Mittelbar wird eine seniorengerechte Quartiersentwicklung durch den Prozess der Ambulantisierung die Kosten für eine Heimunterbringung senken und damit auch die Kreisumlage verringern.

 

Im 2013 erstellten „Rahmenkonzept für eine seniorengerechte Quartiersentwicklung“ des Kreises Mettmann heißt es:

 

„Die weit überwiegende Zahl älterer Menschen hat den Wunsch so lange wie möglich selbstständig im eigenen Zuhause und im vertrauten Umfeld zu bleiben. Dies entspricht dem Grundrecht der Selbstbestimmung und Autonomie. (…)

 

Also spielt nicht nur der eigene Wohnraum für älter werdende Menschen eine große Rolle, sondern auch das vertraute Lebensumfeld - das Quartier. Die hier vorhandenen Strukturen sind in der Regel seit vielen Jahren bzw. Jahrzehnten bekannt und vermitteln Sicherheit. Dieses vertraute Umfeld muss sich aber auch den Bedürfnissen älter werdender Menschen abgleichen und weiterentwickeln. So müssen z.B. Wohnungsbaugesellschaften ihren Wohnungsbestand altengerecht verändern, Beratungsstrukturen auf- bzw. ausgebaut werden, Dienstleistungen entsprechend den Bedürfnislagen angepasst und neue Engagementformen entwickelt werden.“ (S. 3)

 

Das Rahmenkonzept formuliert im Weiteren (S. 3/4) folgende Grundüberlegungen für eine gelingende Quartiersentwicklung:

 

  • Die Interessen und Ressourcen der Menschen, die in den Quartieren wohnen, sind unterschiedlich. Ihre Lebensstile und ihre Ansprüche an Wohnen, Wohnformen, Dienste und Angebote unterscheiden sich. Dies erfordert eine Bestandsaufnahme der Interessen und Wünsche der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in den Quartieren.
  • Ältere Menschen wollen zunehmend in die Gestaltung ihres Lebensumfeldes mit einbezogen werden. Im Sinne einer partnerschaftlichen Stadt- und Quartiersentwicklung ist die kontinuierliche Beteiligung der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten. Hierbei sollten - in Bezug auf die Zielgruppe Seniorinnen und Senioren - nicht (nur) die altersbedingten Defizite, sondern vor allem die Wertschätzung der Lebensleistung älterer Menschen und deren Erfahrungswissen Berücksichtigung finden.
  • Für die Festlegung der Quartiere ist es vor allem wichtig, dass sich die dort lebenden Menschen mit ihrem sozialen Nahraum identifizieren und sich ihm zugehörig fühlen.

 

 

Das vorliegende Handlungskonzept orientiert sich an den Empfehlungen des Kreises und basiert auf den Ergebnissen der - unter Punkt 2 - dargestellten Maßnahmen und Schritte. Es versteht sich als Einstieg in eine nachhaltige Quartiersentwicklung in und für Haan.

 

 

 

 

Sein Fokus liegt auf der seniorengerechten Quartiersentwicklung. Es zielt aber zugleich - im Sinne der Inklusion - auf die zukünftige Quartierentwicklung für alle Bevölkerungsgruppen ab.

 

 

2       Durchgeführte Maßnahmen und Schritte

 

Um die seniorengerechte Quartierentwicklung in Haan vorzubereiten und voranzutreiben, haben die Stadtverwaltung Haan (hier insbesondere das Sozialamt), der Seniorenbeirat und zahlreiche Akteure der Seniorenarbeit in Haan folgende Maßnahmen und Schritte durchgeführt, deren Ergebnisse eine Grundlage für das vorliegende erste Handlungskonzept und die kontinuierliche Weiterarbeit bilden:

 

  • Rahmenkonzept für eine seniorengerechte Quartiersentwicklung, Kreis Mettmann, Oktober 2013.
  • 1. Seniorenbericht zur Lebenssituation von Seniorinnen und Senioren in Haan, Seniorenbeirat der Stadt Haan, Oktober 2015;
    Vorstellung und Diskussion im Ausschuss für Soziales und Integration, November 2015 und Februar 2016. Empfehlung der Politik u.a.: Einrichtung Seniorenbüro und Hochaltrigenbefragung.
  • Kommentierte Ergebnisse der Hochaltrigenbefragung, Forschungsgesellschaft für Gerontologie der TU Dortmund, Entwurf Januar 2018 und Endbericht April 2018.
  • Präsentation „Ausgewählter Untersuchungsergebnisse“, TU Dortmund Februar 2018, unter Berücksichtigung der Quartiere Unterhaan, Haan Mitte, Haan Ost und Gruiten auf dem Workshop am 6.2.2018 mit mehr als 30 Teilnehmern aus dem Bereich der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Seniorenarbeit in Haan und Gruiten.
    Ergebnisse aus der Befragung wurden dargestellt zu den Feldern Wohnen; Informationsgrad und Informationswege; Kultur, Freizeit und soziale Unterstützung; Mobilität; Soziale Kontakte und Unterstützungspotentiale; Gesundheit und Pflege; Sozialleistungen im Alter und finanzielle Lage; oftmals differenziert nach den 4 Quartieren.
  • Workshop am 6.3.2018 mit dem gleichen Teilnehmerkreis, um in 4 Quartiersarbeitsgruppen Handlungserfordernisse und Kooperationen allgemein und in den Quartieren zu erarbeiten und Empfehlungen für die Politik zu formulieren. Alle Ergebnisse sind in einem Protokoll dargestellt. Eine wesentliche Forderung zur besseren Vernetzung und Unterstützung der Akteure der Seniorenarbeit durch die Verwaltung ist mit dem Aufstockungsantrag um 0,4 Stellenanteile im SIA am 21.3.2018 vorgelegt und vom HFA und Rat der Stadt Haan beschlossen worden.
  • Vorlage eines Entwurfs eines Zeitplanes für die Umsetzung der Quartiersarbeit durch die Verwaltung, ergänzt durch wenige Befragungsergebnisse in Haan vorgestellt durch den Seniorenbeirat in der Sitzung des SIA am 21.03.2018.

 

 

 

Daraus folgend, Vorlage dieser Beschlussempfehlung in der Sitzung des SIA am 29.5.2018.

  • Die Befragten 80jährigen Einwohner werden zunächst über die Presse, zeitnah vor dem nächsten SIA durch Verwaltungsspitze, Seniorenbeirat und TU Dortmund informiert.

 

Alle zu obiger Darstellung gehörigen Materialien sind digital abrufbar.

 

 

3.      Grundsatzstruktur eines Handlungskonzeptes

 

3.1. Grundlegende Struktur

 

Die grundlegenden Strukturen lassen sich mit den Begriffen Koordination, Kooperation und Partizipation, die thematischen Handlungsfelder - in einem ersten orientierenden Zugriff - mit den Schlüsselbegriffen Wohnen/Wohnumfeld, Infrastruktur/Mobilität und Information/Begegnung umreißen.Ellipse: Information/ Begegnung

Partizipation

 

Kooperation

 
Ellipse: Infrastruktur/ MobilitätEllipse: Wohnen/ Wohnumfeld

Koordination

 

 

 

3.2. Zuschnitt seniorengerechter Quartiere

 

Im ersten Handlungskonzept werden - als Ergebnis der durchgeführten Maßnahmen und Schritte - grundlegende Strukturen und thematische Handlungsfelder benannt und beschrieben, die für ganz Haan gelten. Eine Abgrenzung der Quartiere, die vorläufig mit Unterhaan, Haan Mitte, Haan Ost und Gruiten teilweise beschrieben wurden, muss einerseits nach tatsächlicher Festlegung der Quartiere und andererseits im Kontext der im Einzelnen zu bearbeitenden Handlungsfelder vorgenommen werden.

 

 

3.3. Projekte/ Arbeitsbereiche Arbeitsgebiete

 

Aus dem zuvor Skizzierten, ergeben sich nachstehende Arbeitsbereiche, die weder abschließend noch endgültig sein können:

 

Wohnen/Wohnumfeld:

 

·         Bezahlbarer Wohnraum (nicht nur für Seniorinnen und Senioren)

·         Verhandlung mit Wohnbaugesellschaften

·         Wohn- und Pflegeberatung (zur Unterstützung des längstmöglichen Verbleibs in der Wohnung/im Haus)

·         Barrierefreiheit des Wohnumfeldes und der Wohnungen

·         Aufenthaltsqualität in Parks, Begegnungsstätten und -räumen (ausreichend geeignete Sitzgelegenheiten und/oder Kommunikationssitze mit Tisch)

·         Sicherheit, Sauberkeit, Beleuchtung an Straßen, Fuß- und Radwegen (ausreichende Helligkeit, Nachhaltigkeit)

 

 

·         Beratung in Sicherheitsfragen

·        

 

 

Infrastruktur/Mobilität:

 

·         Untersuchung auf Quartiersebene, ob das Angebot z.B. Einkaufsmöglichkeiten, Betreuung durch Ärzte, Apotheken, Physiotherapie, Begegnungsmöglichkeiten, Anbindung an ÖPNV etc. ausreichend oder verbesserungsfähig ist

·         Alternative Mobilitätskonzepte (wie Bürgerbus/Mitfahrbank)

·         Nachbarschaft stärken („Nachbarschaftshilfe“)

·         Ortsnahe Bringdienste und/oder mobiles Versorgungsangebot für Lebensmittel evtl. auch Bekleidung

·         Fuß- und Radwege (Breite, Belag, Absenkungen an Übergängen, regelmäßige Qualitätskontrollen)

·         Barrierefreiheit der Hauptrouten zum Einkaufen, zum Arzt- oder Apothekenbesuch

·         Querungshilfen (Bedarf feststellen, ggfs. einrichten)

·        

 

 

Information/Begegnung:

 

·         Informationen über Angebote für Seniorinnen und Senioren im Quartier

·         Wirksame quartiersspezifische Informationswege

·         Wohnortnahe Begegnungsmöglichkeiten für Seniorinnen und Senioren (wenn möglich in vorhandenen Einrichtungen)

·         Begegnung der Generationen/Kulturen

·         Besuchsdienste (Ehrenamtler „schenken Zeit“)

·        

 

 

4. Umsetzung

 

Unter Bezugnahme auf die derzeit bestehenden personellen Ressourcen besteht aus Sicht der Stadt Haan/Seniorenbeirat die Möglichkeit, erste Ansätze im Hinblick auf die seniorengerechte Quartiersentwicklung umzusetzen. Beispielhaft werden einige Projekte aufgeführt:

 

 

4.1 Einrichtung „Runder Tische“ in den Quartieren

 

  • Einrichtung Runder Tische in den Quartieren, die alle in den unterschiedlichen Handlungsfeldern tätigen Akteure und die Bürgerschaft regelmäßig versammeln, ihre Ressourcen bündeln und gemeinsame Lösungen erarbeiten. Hier können Informationen über Angebote gebündelt, wirksame Informationswege im Quartier entwickelt und Überlegungen zu wohnnahen Begegnungsmöglichkeiten für Seniorinnen und Senioren und zu generationenübergreifenden Aktivitäten konkretisiert und geplant werden. Für die Organisation und Moderation der Runden Tische ist - zumindest in der Anfangsphase - eine externe Unterstützung, beispielsweise durch ZWAR erforderlich.      


Erster Schritt: Eine erste Zusammenkunft könnte im Herbst 2018/Frühjahr 2019 erfolgen. Dabei wird weiterhin die Mitwirkung der ZWAR Zentralstelle NRW, die jahrzehntelange Erfahrungen mit der Organisation von Prozessen der Quartiersarbeit hat, benötigt. Danach sollen die Runden Tische mindestens 2mal jährlich stattfinden. Der Austausch zwischen den Runden Tischen in den Quartieren wird transparent bzw. nach dem Prinzip Best Practice organisiert.

 

  • Über die quartiersbezogene Ebene hinaus, kann der Austausch zwischen den Quartieren eine trägerübergreifende Kooperationskultur in Haan befördern und „Doppelarbeit“ vermeiden helfen.

 

Für die Umsetzung von Projekten in größerem Umfang ist eine entsprechende Mittelbereitstellung im Haushalt 2019 Voraussetzung.

 

4.2 Fördergelder / Sponsoring

 

·         Systematische Einwerbung von Fördergeldern bzw. nachhaltige Vergabe. 
Erster Schritt: Im Bereich Sponsoring ist einerseits an Stiftungen wie Sparkassenstiftung, Bürgerstiftung, Rotary Club Hilden Haan Stiftung und ähnliche und anderseits an die ortsansässige Industrie und den Handel zu denken. Weiterhin ist die Bewilligung von Fördergeldern auf Kreis- und Landesebene zu klären.

 

4.3 Akquirieren von Begegnungsräumen in den Quartieren

 

·         Suche nach Begegnungsräumen bzw. -stätten
Erster Schritt: Hier sind die teilweise bereits begonnenen Gespräche mit Einrichtungen wie Friedensheim, Carpe Diem, Stella Vitalis, Haus der Familie am Bandenfeld, Wohnungsbau Sahle und den Kirchen/Vereinen/Verbänden zu intensivieren, um die Frage zu klären, welche Einrichtungen als Anlaufstellen im Quartier weiterentwickelt werden können.

 

 

5. Ausblick

 

Die Seniorenarbeit in Haan ist ein dynamischer Prozess, der kontinuierlich fortzuschreiben ist. Nach Umsetzung der unter 4. beispielhaft angesprochenen Themen, könnte eine Aufnahme der unter 3.3 aufgeführten Projekte bei entsprechender personeller und finanzieller Mittelbereitstellung in Betracht gezogen werden.

 

 

 

Es wird zukünftig darum gehen müssen, Planungen und Aufgabenstrukturen, die die seniorengerechte Quartiersarbeit, sowie die Entwicklung von Quartieren in der Stadt Haan insgesamt tangieren oder entwickeln sollen, ämterübergreifend zu gestalten. Es müssen daher hierzu ämterübergreifende Strukturen entwickelt werden. Hierzu zählt auch, dass die vorgelegten Handlungsempfehlungen Grundlage des zukünftigen planerischen Handels für eine seniorengerechte Quartiersentwicklung wird. 

 

Beschlussvorschlag:

 

 

1.    Der Sozial- und Integrationsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Haan, die vorliegende Handlungsempfehlung als Leitlinie zur Entwicklung der Seniorenarbeit/seniorengerechte Quartiersentwicklung zugrunde zu legen.

 

2.    Der Sozial- und Integrationsausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Haan, die Verwaltung zu beauftragen, auf Basis der Handlungsempfehlung Maßnahmen zur Entwicklung seniorengerechter Quartiere zu ergreifen. Hierfür sind Mittel in den Haushalt 2019 einzustellen.

 

Finanz. Auswirkung:

 

noch nicht absehbar