Betreff
Einrichtung eines Kinderparlamentes - hier: Antrag der SPD-Fraktion vom 12.06.2018
Vorlage
51/019/2018
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 12. Juni 2018 beantragt die SPD Fraktion die Einrichtung eines Kinderparlaments. (Anlage 1) Hiermit soll insbesondere für die Altersgruppe von 8 bis 14 Jährigen ein geeignetes Gremium gefunden werden, damit die Interessen der Kinder vertreten werden. Mit Ratsbeschluss vom 04.07.2018 wird der Auftrag dahingehend konkretisiert, die Verwaltung soll die Einrichtung eines Kinderparlamentes prüfen und den finanziellen sowei den personellen Bedarf herfür darstellen.

Die Verwaltung definiert ein mögliches Kinderparlament in einer anderen Altersgruppe. Inhaltlich bezeichnet Wikipedia als Kindheit den Zeitraum im Leben eines Menschen von der Geburt bis zur geschlechtlichen Entwicklung (Pubertät). „Kindheit ist dabei mehr ein kultureller, sozialer Begriff als ein biologischer. Im engeren Sinne folgt die Kindheit auf das Kleinkindalter (2. und 3. Lebensjahr) und gliedert sich in die frühe Kindheit (4.–6. Lebensjahr), die mittlere Kindheit (7.–10. Lebensjahr) und die späte Kindheit (11.–14. Lebensjahr).“

Nach deutschem Recht ist Kind, wer noch nicht 14 Jahre alt ist. Im Kontext des Achten Buches Sozialgesetzbuch (§ 8 SGB VIII), des sogenannten Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG), ist Kind, „wer noch nicht 14 Jahre alt ist“ (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII).[2] – mit Ausnahme der Bestimmungen zur Pflege und Erziehung der Kinder als Recht und Pflicht der Eltern (Kind in diesem Sinne ist, „wer noch nicht 18 Jahre alt ist“) und zur Annahme als Kind (Kind in diesem Sinn (BGB Familienrecht) sind „Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“);[3]

Aus fachlicher Sicht sollte ein Kinderparlament in Haan daher die Altersgruppe 6 bis 11 Jahre ansprechen. Damit würde die Arbeit in einem Kinderparlament die gesamte Grundschulzeit umfassen. (Die Altersgruppe ab 12 Jahren wird im Jugendparlament eingebunden).

Für die Sitzung des Rates am 04.07.2018 hat die Verwaltung bei den kreisangehörigen Städten angefragt, ob in den einzelnen Kommunen ein Kinderparlament existiert und mit welchem Stellenanteil die Arbeit begleitet wird. (s. Anlage 1) Als Ergebnis ist der beiliegenden Aufstellung zu entnehmen, dass in nur Hilden seit vielen Jahren und seit Februar 2018 in Erkrath ein Kinderparlament tätig ist.

 

Die im Antrag der SPD genannten Kinderparlamente in Wuppertal und Hilden beschreiben zwei unterschiedliche Vorgehensweisen für die Teilnahme/ Besetzung des Kinderparlamentes.

Das Kinderparlament Hilden setzt sich aus gewählten Vertreterinnen und Vertreter aller Hildener Grundschulen zusammen und vertritt die Interessen der Kinder in Hilden. Die gewählten Mitglieder treffen sich ca. ein Mal im Monat in unterschiedlichen Arbeitskreisen. Zwei Mal im Jahr findet unter dem Vorsitz des Bürgermeisters eine große Sitzung im offiziellen Sitzungssaal des Hildener Rathauses statt. Hieran können alle Hildener Kinder teilnehmen, um ihre Fragen zu stellen und Wünsche zu äußern. Anwesend sind die Vertreter der Verwaltung, die mit Kinderthemen in Berührung kommen, z.B. Straßenbau für Ampelregelungen, Grünflächenamt für Schulhof und Spielplatzgestaltung, Sportbüro für Sportmöglichkeiten etc., die Polizei, die Rheinbach AG (Schulbusse) und politische Vertreter. Wenn möglich, werden Anträge und Anfragen sofort beantwortet oder als Auftrag mitgenommen, alle übrigen Fragen werden im Protokoll festgehalten und in den nächsten Wochen von dem entsprechenden Arbeitskreis bearbeitet.

 

Das Kinderparlament in Wuppertal tagt regelmäßig im Nachbarschaftsheim, in Elberfeld am Platz der Republik und lädt interessierte Kinder zum Mitbestimmen, Mitmachen und  Mitverantworten ein. In Wuppertal finden keine Wahlen für das Kinderparlament statt. Hier können  interessierte Kinder zwischen 6 und 14 Jahren im Kinderparlament mitarbeiten. Dieses Modell beschreibt ein Mitbestimmungs- und Beteiligungsprojekt für politisch interessierte Kinder. Einzelne Schulen können mit diesem Besetzungsverfahren unberücksichtigt sein.

 

Fachliche Einschätzung:

Grundsätzlich befürwortet die Verwaltung die Partizipation von Kindern in der genannten Altersgruppe 6 bis 11 Jahre. Partizipation ist ein Recht und kein bloßes Zugeständnis. Verankert ist das Recht auf Beteiligung im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII).

Kinder zu beteiligen heißt, Entscheidungen, die das eigene Leben und das Leben der Gemeinschaft betreffen zu teilen und gemeinsam Lösungen für Probleme zu finden. Kinder sind dabei nicht kreativer, demokratischer oder offener als Erwachsene, sie bringen aber neue Aspekte und Perspektiven in die Entscheidungsprozesse hinein. Kinderbeteiligung bedeutet, dass Kinder nicht allein, sondern mit Erwachsenen ein Problem bearbeiten oder ein Projekt gestalten.

Partizipation ist nicht nur an strukturelle und politische Voraussetzungen gebunden, vielmehr spielen auch persönliche Voraussetzungen eine Rolle. Die Frage stellt sich, ab wann Kinder aufgrund ihrer geistigen Fähigkeiten fähig sind, sich an politischen, planerischen und gestalterischen Themen, die ihre Zukunft betreffen, zu beteiligen. Mit Beginn des Grundschulalters entwickelt sich die Fähigkeit zum logischen Denken. Die Kinder können logische Schlüsse ziehen. Allerdings ist immer zu berücksichtigen, dass sich Kinder anders mitteilen, als dies Erwachsene tun. Beteiligungsformen für Kinder dürfen nicht primär auf verbalen Methoden basieren. Sie müssen vielmehr den Fähigkeiten der Kinder angepasst werden und kindgerechte Arbeitsformen umgesetzt werden, um Kindern Verantwortung für das Gemeinwesen und das Wirken von parlamentarischer Demokratie zu übermitteln.

Die Verwaltung stellt zur Diskussion, ob tatsächlich die formale Form des Kinderparlaments umgesetzt werden soll oder ob es alternative Formen gibt. In Wuppertal werden interessierte Kinder zu regelmäßigen Treffen eingeladen. Die Kinder werden über Aushänge in der Offenen Tür oder über Postings bei Facebook eingeladen.

Hierfür ist unbedingt die fachliche Unterstützung / Begleitung eines initiierten Kinderparlamentes durch eine Fachkraft erforderlich. Als ersten Schritt müssen die Kinder zu dem Thema „Kinderparlament“ eingeladen werden, für die Mitwirkung im Kinderparlament muss geworben werden. Diese Werbung kann über die Grundschulen erfolgen. Wir haben in Haan insgesamt fünf Grundschulen, so dass nach Rückmeldung des Schulamtes rechnerisch mindestens 22 Klassen berücksichtigt sein sollten. Die Waldorfschule in Gruiten ist ebenfalls in einem Kinderparlament zu beteiligen, rechnerisch mit 2 Klassen. Wenn aus jeder Klasse zwei Vertreter gewählt oder entsandt werden, ist eine mögliche Anzahl von  48 Kindern zu erwarten. Es wird aber nicht jeder Grundschüler im Kinderparlament mitarbeiten wollen, so dass eine Beteiligung konkret erst zu einem späteren Zeitpunkt zu verifizieren ist.

Für die  Kinder  des Kinderparlaments ist es wichtig zu wissen, wer die Leitung des Kinderparlamentes hat, wer lädt sie regelmäßig zu den Treffen ein, wer ist Ansprechpartner, wer organisiert inhaltlich die Sitzungen. Für die Altersgruppe der Grundschüler ist es aus pädagogischer Sicht wichtig, sich in zeitlich kurzen Abständen zu treffen und einen vertrauensvollen Ansprechpartner zu haben.

Es muss ein fester Raum zur Verfügung gestellt werden, in dem sich ca. 50 Personen oder mehr zu einer Sitzung treffen können. Bei einer solchen Beteiligung bzw. bei einer solchen Anzahl von Deligierten ist eine pädagogische Unterstützung durch eine weitere Fachkraft erforderlich (Aufsichtspflicht)

Die Arbeit eines Kinderparlamentes ist auf die Unterstützung und Mitwirkung Vieler angewiesen. Damit die Arbeit eines Kinderparamentes einen festen Platz in der Kinderarbeit der Stadt einnehmen kann, sind Strukturen zu entwickeln, die ein gutes Zusammenwirken von Kinderparlament, Ämtern der Stadtverwaltung und der Politik ermöglichen. Dazu ist die Bereitschaft der Zusammenarbeit aller Akteure unabdingbar.

In den beiden genannten Kommunen steht eine Fachkraft mit mindestens 19,5 Wochenstunden zur Verfügung. Aus fachlicher Sicht gehen wir davon aus, dass mindestens 30 Wochenstunden erforderlich sind. Aktuell steht in der Verwaltung hierfür keine Personalressource zur Verfügung. Die Arbeit eines Kinderparlamentes muss notwendigerweise mit einem finanziellen Budget ausgestattet werden. Ausgehend von dem Budget in Hilden geht das Jugendamt davon aus, dass mindestens 10.000 € Haushaltsmittel zu etatisieren sind.

 

Fazit:

Die Verwaltung favorisiert die Einbindung von Kindern zwischen 6 und 11 Jahren. Für dieses Alter ist aus pädagogischer Sicht eine alternative Beteiligung ohne Wahl anzustreben. Für ein solches Modell sind sowohl räumliche, personelle und finanzielle Ressourcen bereit zu stellen. Bei der fachlichen Begleitung der Arbeit des Kinderparlamentes ist auch die Aufsichtspflicht sicherzustellen. Je nach Größe der Gruppe bzw. nach Anzahl der teilnehmenden Kinder ist eine zweite pädagogische Fachkraft erforderlich.

Mit der personellen Ausstattung ist ein Konzept für die Arbeit eines Kinderparlamentes zu erstellen. Damit verbunden ist auch das finanzielle Budget zu konkretisieren.

Aktuell steht im Jugendamt für diese wichtige, interessante und umfangreiche Arbeit keine der genannten Ressourcen zur Verfügung.

 

Beschlussvorschlag:

 

Die Verwaltung begrüßt die Partizipation von Kindern im Grundschulalter (6 -11Jahre). Es soll ein Konzept entwickelt werden, wie für dieses Alter eine Beteiligung der Kinder erfolgen kann.

 

Finanz. Auswirkung:

 

·         Budget für die Arbeit im Kinderparlament 10.000 € / jährlich

·         Personalkosten für eine pädagogische Fachkraft; Sozialpädagogin TVöD 9

 

Anmerkung:

In der Niederschrift der Sitzung des Rates vom 04.07.2018 wurde konkret festgelegt, dass die Verwaltung den finanziellen  sowie den personellen Bedarf darstellen soll. Insofern können die o.g. Passagen nicht gestrichen werden.