hier: Waldschutz in Haan
Sachverhalt:
Durch die GAL-Fraktion ist mit Schreiben vom
25.11.2019 ein Antrag zum Waldschutz in Haan vorgelegt worden (s. beigefügte
Anlage). In diesem werden durch die GAL-Fraktion Vorgaben für den zukünftigen
Umgang mit Waldflächen in Bebauungsplangebieten getroffen, um hierdurch “…dem weiteren Verlust von Waldflächen in Haan
entgegen zu wirken und somit einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz zu
leisten.“
Begriffsdefinition „Wald“:
Nach der Legaldefinition des § 2 Absatz 1
des Gesetzes zur Erhaltung des Waldes und
zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz, BWaldG) ist jede mit Forstpflanzen bestockte Fläche
Wald im Sinne dieses Gesetzes.
Wie sich aus dem Titel des Gesetzes
herleiten lässt, werden dem Wald im Wesentlichen zwei Aufgaben zugemessen:
·
die
forstliche Nutzung durch
Holzeinschlag (bei Wiederaufforstungspflicht) und wirtschaftliche Verwertung
des Holzertrags und
·
die
Schutz- und Erholungsfunktion für
die Bevölkerung (wobei im Wald z. B. geringere Maßstäbe an die
Verkehrssicherungspflicht angelegt werden, als etwa in öffentlichen
Grünflächen).
Nach Absatz 2 des Gesetzes
sind (u. A.) in der Flur und im bebauten Gebiet gelegene kleinere Flächen, die
mit einzelnen Baumgruppen, Baumreihen oder mit Hecken bestockt sind, oder als
Baumschulen verwendet werden von der Waldeigenschaft ausgenommen.
Dabei ist die Bezeichnung „kleinere Flächen“
als Größenangabe rechtlich unbestimmt. In der Anwendungspraxis des Gesetzes hat
sich hierfür jedoch eine Größe von 2.000
m² herauskristallisiert. Dies ist damit zu begründen, dass auf Flächen
unter 2.000 m² weder eine wirtschaftlich sinnvolle forstliche Nutzung, noch die
Ausbildung der typischen Waldeigenschaften, wie Waldklima, Waldstruktur
(Zonierung, Altersklassen) und Waldartenspektrum (Tiere, Pilze und Pflanzen)
möglich sind. Unter dem Aspekt der Schutz-
und Erholungsfunktion werden
diese Flächen als Feldgehölz, Feldhecke,
Gehölzgruppe, oder Gehölzstreifen bezeichnet (z. B. in den gängigen
Biotop-Bewertungsverfahren). Im innerstädtischen Bereich werden diese wichtigen
Funktionen dabei auch von privaten
Flächen übernommen (Gehölzkomplexe großflächiger Gärten / entlang von
Grundstücksgrenzen).
Stellungnahmen zu den im Antrag formulierten
Zielen:
Dem im Antrag enthaltenen
Ziel „Beitrag zum Klimaschutz“ entsprechend wird vornehmlich die „Erhaltung der Schutz- und
Erholungsfunktion“ des Waldes bezweckt.
Diese Funktion wird (neben den geschlossenen
Waldbeständen im Außenbereich) im besiedelten Bereich und allgemein in der
vielfach gegliederten Kulturlandschaft zumeist durch die o. g. kleineren
Gehölzkomplexe ausgefüllt. Auch wenn die forstrechtlichen Bestimmungen für
diese Gehölzflächen i. d. R. nicht zur Anwendung kommen, existieren hierfür
umfassende Schutz- und Regelwerke (Naturschutzrecht, u. a. Baumschutzsatzungen
sowie Bauplanungsrecht). Dies vorausgesetzt, nimmt die Verwaltung zu dem Antrag
wie folgt Stellung:
1. Sind in Bebauungsplänen Waldflächen enthalten
oder als solche definiert, so ist das Ziel zukünftiger Bebauungspläne der
Erhalt dieser Flächen.
Sind in
Bebauungsplänen Waldflächen festgesetzt (in Haan i. d. R. ab einer Flächengröße
von ca. 2.000 m²), so erfolgte dies als Ergebnis der Beteiligung der
Forstbehörde als Träger öffentlicher Belange. Diese Flächen unterliegen nahezu
ausschließlich auch naturschutzrechtlichen Bestimmungen. Sie sind somit durch
das Forstrecht, durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes sowie durch das
Naturschutzrecht geschützt. Eine Umwandlung dieser Waldflächen (etwa in
Baugebiete) ist daher nur durch die Änderung des betreffenden Bebauungsplanes
und somit unter Einbindung aller zuständigen Fachbehörden sowie der politischen
Gremien möglich. Dem entsprechend stehen einer solchen Umwandlung bereits heute
nur schwer überwindbare rechtliche Hürden entgegen. Eine besondere Beschlussfassung
hierzu ist daher aus Sicht der Verwaltung nicht erforderlich.
Anders verhält es
sich jedoch zum Beispiel, wenn sich auf Flächen innerhalb eines rechtskräftigen
Bebauungsplanes, welcher Baugebiete ausweist, durch Nichtausnutzung des
Baurechtes im Laufe der Zeit eine Vegetation entwickelt, welche durch die
Forstbehörde als Wald i. S. des § 2 (1) BWaldG eingestuft wird:
Der Eigentümer hat
dann einen Rechtsanspruch auf Umsetzung seines Bauvorhabens, muss aber für den
Verlust der Waldfläche einen vom Landesbetrieb Wald und Holz vorzugebenden
Waldausgleich oder ggf. Ersatzgeldzahlungen leisten. Die Kommune bzw. die
Baugenehmigungsbehörde hat hierbei weder einen Einfluss auf die Einschätzung
der Fachbehörde, ob es sich um eine Waldfläche handelt, noch auf die Festlegung
der erforderlichen Größe der Waldersatzpflanzung. Soll die entstandene
Waldfläche / Pflanzfläche gesichert werden, kann dies wiederum nur über eine
Änderung des Planungsrechtes erfolgen. Die Rücknahme des Baurechts erfordert ggf.
Entschädigungsleistungen nach § 42 BauGB.
2. Die Stadt Haan definiert Waldflächen, die
diesem besonderen Schutz unterliegen, bei isoliert oder in bebauten Gebieten
liegenden Flächen ab einer Größe von 500 m2 oder bei Flächen jeder
Größe, die an einen Wald grenzen.
Bzgl. der Sicherung
der zu definierenden Flächen wird auf die Ausführungen unter Nr. 1 verwiesen.
Mit Gehölzen bestandene Flächen < 2.000 qm sind nach der gängigen
Rechtsprechung im forstrechtlichen Sinne kein Wald, da sie keine Waldeigenschaften
besitzen (s. o.). Der Schutz solcher Flächen könnte jedoch ebenso über
Festsetzungen z. B. als Pflanzbindungen nach § 9 (1) Nr. 25b BauGB im Rahmen
eines Bebauungsplanes erfolgen.
Insgesamt ist mit
einer Untersuchung aller vorhandenen Bebauungspläne / nicht überplanten
Innenbereichsflächen ein erheblicher Aufwand verbunden, für den in der
Stadtverwaltung keine ausreichenden Personalressourcen vorhanden sind sowie das
erforderliche Fachwissen fehlt. Auch der sich aus einer solchen Untersuchung
anschließende bauleitplanerische Änderungsbedarf kann nur unter Zurückstellung
anderer Projekte geleistet werden. Zudem wird auf die unter Pkt. 1 bereits
angeführten möglichen Entschädigungsleistungen verwiesen.
3. Ist
eine Rodung von Waldflächen vorgesehen,
a. so ist dem Umweltausschuss der Stadt Haan
eine ausführliche Begründung vorzulegen.
Anträge zur Rodung/Umwandlung von Waldflächen
werden der Verwaltung nur bekannt, wenn diese im Rahmen von
Vorhabengenehmigungsverfahren oder auf städtischen Flächen erfolgen.
Entsprechend könnte auch nur über solche Vorgänge berichtet werden. Zudem sind
hierbei die Belange des Datenschutzes zu beachten.
Hinweis: Der bloße Holzeinschlag (mit anschließender
Wiederaufforstung) ist auf Flächen bis zu 2 ha forstrechtlich nicht einmal
genehmigungspflichtig. Die Verwaltung braucht über diese rechtlich zulässige
Nutzung des Waldes durch den jeweiligen Eigentümer nicht in Kenntnis gesetzt zu
werden. Um forstlich zulässige Nutzungen zu verhindern bzw. zumindest zu
begrenzen, wäre eine formale Ausweisung als „Erholungswald“ nach § 13 BWaldG i.
V. m. § 50 Landesforstgesetz (LFoG) erforderlich. Gegenüber Privateigentümern
wäre die Stadt als Veranlasser für die nur noch eingeschränkte Nutzbarkeit entschädigungspflichtig. Nach Auskunft
der Forstbehörde wird dieses Verwaltungsverfahren schon wegen seines hohen
Aufwandes nur äußerst selten angewendet.
b. Wegfallende Waldflächen sind
durch die doppelte Fläche auszugleichen.
Der erforderliche
Waldausgleich wird durch die zuständige Fachbehörde festgelegt. Die Stadt Haan
hat hier keine gesetzliche Befugnis, einen höheren Ausgleich zu fordern. Auch
im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen muss sich die Stadt Haan an die
geltenden Gesetze halten und kann keine eigenen Regelungen treffen. Gemäß
Auskunft der Forstbehörde ist im Normalfall ein Ausgleich von 1:1 zu leisten.
Höhere Forderungen ergäben sich nur bei besonders wertvollen Beständen bzw. bei
starker Beeinträchtigung der Waldfunktionen angrenzender Bestände.
Grundsätzlich würde eine Verdopplung der Ersatzflächen auch den
Nutzungskonflikt mit der Landwirtschaft verschärfen.
c. Die Ausgleichsflächen sind bereits bei der
Aufstellung eines Bebauungsplans detailliert mit Benennung des Ortes zu
beschreiben.
Im Rahmen der
Aufstellung von heutigen Bebauungsplänen muss und wird bereits der Waldersatz
im laufenden Planverfahren mit den zuständigen Fachbehörden (Landesbetrieb Wald
und Holz, ULB Kreis Mettmann) abgestimmt und gesichert. So wurde z. B. bei der Aufstellung
des Bebauungsplanes Nr. 120, 2. Änderung (Haaner Felsenquelle) eine
entsprechende Waldersatzfläche im Bebauungsplan festgesetzt.
d. Die Umsetzung des Ausgleichs
hat vor Beginn der Rodungsarbeiten zu erfolgen.
Umfang und Zeitpunkt von erforderlichen
Waldersatzmaßnahmen werden von der zuständigen Forstbehörde bestimmt (siehe
unter b.). In Abstimmung mit dieser kann der Umsetzungszeitpunkt bei der
Aufstellung von Bebauungsplänen ggf. durch einen städtebaulichen Vertrag
gesichert werden.
Fazit:
Im Rahmen der gängigen Praxis werden bei der
Aufstellung von Bebauungsplänen die Belange des Waldes umfassend eingestelltund
- soweit erforderlich - entsprechende Waldersatzpflanzungen in Abstimmung mit
dem zuständigen Landesbetrieb Wald+Holz vorgenommen.
Eine Untersuchung aller bestehenden
Bebauungspläne zur Sicherung von mit Bäumen bestandenen Flächen ab einer
Größenordnung von 500 qm oder sogar aller Flächen, die unmittelbar an größere
Waldbestände angrenzen, ist aus Sicht der Verwaltung nicht sinnvoll und es
fehlen hierfür auch die erforderlichen Personalressourcen.
Innerhalb von rechtskräftigen
Bebauungsplänen und im unbeplanten Innenbereich sind Großbäume durch die
Baumschutzsatzung der Stadt Haan geschützt. Bebauungspläne enthalten
üblicherweise Festsetzungen zu erhaltenswerten Pflanzflächen und
Baumstandorten.
Zudem ist noch darauf zu verweisen, dass im
Rahmen von Bebauungsplanverfahren alle öffentlichen und privaten Belange zu
berücksichtigen und gemäß § 1 Abs. 7 BauGB gegeneinander und untereinander
gerecht abzuwägen sind. Ein grundsätzlicher Vorrang, hier der Schutz von
Gehölzen, kann nicht als Planungsziel verfolgt werden, da dies dem v. g.
Abwägungsgebot widerspricht. Es bedarf somit immer einer Einzelfallprüfung und
Abwägung.
Des Weiteren ist anzuführen, dass die
formale Ausweisung von Gehölzflächen < 2 ha als Wald nicht zwingend das geeignete Planungsinstrument ist, um die
vorhandene Schutz- und Erholungsfunktion auf kleinen, bestockten Flächen zu
schützen. Denn forstrechtlich wäre selbst ein vollständiger Holzeinschlag (mit
anschl. Wiederaufforstung) auf diesen Flächen zulässig (zu Ausweisung als
„Erholungswald“ siehe oben). Bis eine Wiederaufforstung die ursprüngliche
Schutz- und Erholungsfunktion erreichen würde, vergingen jedoch viele Jahre.
Beschlussvorschlag:
Dem Antrag der GAL-Fraktion vom 25.11.2019 „Waldschutz in Haan“ wird nicht gefolgt.