Betreff
Antrag der Fraktion GAL vom 25.11.2019
hier: Waldschutz in Haan
Vorlage
61/310/2020
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Durch die GAL-Fraktion ist mit Schreiben vom 25.11.2019 ein Antrag zum Waldschutz in Haan vorgelegt worden (s. beigefügte Anlage). In diesem werden durch die GAL-Fraktion Vorgaben für den zukünftigen Umgang mit Waldflächen in Bebauungsplangebieten getroffen, um hierdurch “…dem weiteren Verlust von Waldflächen in Haan entgegen zu wirken und somit einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.“

 

Begriffsdefinition „Wald“:

Nach der Legaldefinition des § 2 Absatz 1 des Gesetzes zur Erhaltung des Waldes und zur Förderung der Forstwirtschaft (Bundeswaldgesetz, BWaldG) ist jede mit Forstpflanzen bestockte Fläche Wald im Sinne dieses Gesetzes.

Wie sich aus dem Titel des Gesetzes herleiten lässt, werden dem Wald im Wesentlichen zwei Aufgaben zugemessen:

·                                                               die forstliche Nutzung durch Holzeinschlag (bei Wiederaufforstungspflicht) und wirtschaftliche Verwertung des Holzertrags und

·                                                               die Schutz- und Erholungsfunktion für die Bevölkerung (wobei im Wald z. B. geringere Maßstäbe an die Verkehrssicherungspflicht angelegt werden, als etwa in öffentlichen Grünflächen).

Nach Absatz 2 des Gesetzes sind (u. A.) in der Flur und im bebauten Gebiet gelegene kleinere Flächen, die mit einzelnen Baumgruppen, Baumreihen oder mit Hecken bestockt sind, oder als Baumschulen verwendet werden von der Waldeigenschaft ausgenommen.

Dabei ist die Bezeichnung „kleinere Flächen“ als Größenangabe rechtlich unbestimmt. In der Anwendungspraxis des Gesetzes hat sich hierfür jedoch eine Größe von 2.000 m² herauskristallisiert. Dies ist damit zu begründen, dass auf Flächen unter 2.000 m² weder eine wirtschaftlich sinnvolle forstliche Nutzung, noch die Ausbildung der typischen Waldeigenschaften, wie Waldklima, Waldstruktur (Zonierung, Altersklassen) und Waldartenspektrum (Tiere, Pilze und Pflanzen) möglich sind. Unter dem Aspekt der Schutz- und Erholungsfunktion werden diese Flächen als Feldgehölz, Feldhecke, Gehölzgruppe, oder Gehölzstreifen bezeichnet (z. B. in den gängigen Biotop-Bewertungsverfahren). Im innerstädtischen Bereich werden diese wichtigen Funktionen dabei auch von privaten Flächen übernommen (Gehölzkomplexe großflächiger Gärten / entlang von Grundstücksgrenzen).

 

Stellungnahmen zu den im Antrag formulierten Zielen:

Dem im Antrag enthaltenen Ziel „Beitrag zum Klimaschutz“ entsprechend wird vornehmlich die „Erhaltung der Schutz- und Erholungsfunktion“ des Waldes bezweckt.

Diese Funktion wird (neben den geschlossenen Waldbeständen im Außenbereich) im besiedelten Bereich und allgemein in der vielfach gegliederten Kulturlandschaft zumeist durch die o. g. kleineren Gehölzkomplexe ausgefüllt. Auch wenn die forstrechtlichen Bestimmungen für diese Gehölzflächen i. d. R. nicht zur Anwendung kommen, existieren hierfür umfassende Schutz- und Regelwerke (Naturschutzrecht, u. a. Baumschutzsatzungen sowie Bauplanungsrecht). Dies vorausgesetzt, nimmt die Verwaltung zu dem Antrag wie folgt Stellung:

 

 

1.  Sind in Bebauungsplänen Waldflächen enthalten oder als solche definiert, so ist das Ziel zukünftiger Bebauungspläne der Erhalt dieser Flächen.

Sind in Bebauungsplänen Waldflächen festgesetzt (in Haan i. d. R. ab einer Flächengröße von ca. 2.000 m²), so erfolgte dies als Ergebnis der Beteiligung der Forstbehörde als Träger öffentlicher Belange. Diese Flächen unterliegen nahezu ausschließlich auch naturschutzrechtlichen Bestimmungen. Sie sind somit durch das Forstrecht, durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes sowie durch das Naturschutzrecht geschützt. Eine Umwandlung dieser Waldflächen (etwa in Baugebiete) ist daher nur durch die Änderung des betreffenden Bebauungsplanes und somit unter Einbindung aller zuständigen Fachbehörden sowie der politischen Gremien möglich. Dem entsprechend stehen einer solchen Umwandlung bereits heute nur schwer überwindbare rechtliche Hürden entgegen. Eine besondere Beschlussfassung hierzu ist daher aus Sicht der Verwaltung nicht erforderlich.

Anders verhält es sich jedoch zum Beispiel, wenn sich auf Flächen innerhalb eines rechtskräftigen Bebauungsplanes, welcher Baugebiete ausweist, durch Nichtausnutzung des Baurechtes im Laufe der Zeit eine Vegetation entwickelt, welche durch die Forstbehörde als Wald i. S. des § 2 (1) BWaldG eingestuft wird:

Der Eigentümer hat dann einen Rechtsanspruch auf Umsetzung seines Bauvorhabens, muss aber für den Verlust der Waldfläche einen vom Landesbetrieb Wald und Holz vorzugebenden Waldausgleich oder ggf. Ersatzgeldzahlungen leisten. Die Kommune bzw. die Baugenehmigungsbehörde hat hierbei weder einen Einfluss auf die Einschätzung der Fachbehörde, ob es sich um eine Waldfläche handelt, noch auf die Festlegung der erforderlichen Größe der Waldersatzpflanzung. Soll die entstandene Waldfläche / Pflanzfläche gesichert werden, kann dies wiederum nur über eine Änderung des Planungsrechtes erfolgen. Die Rücknahme des Baurechts erfordert ggf. Entschädigungsleistungen nach § 42 BauGB.

 

2.  Die Stadt Haan definiert Waldflächen, die diesem besonderen Schutz unterliegen, bei isoliert oder in bebauten Gebieten liegenden Flächen ab einer Größe von 500 m2 oder bei Flächen jeder Größe, die an einen Wald grenzen.

Bzgl. der Sicherung der zu definierenden Flächen wird auf die Ausführungen unter Nr. 1 verwiesen. Mit Gehölzen bestandene Flächen < 2.000 qm sind nach der gängigen Rechtsprechung im forstrechtlichen Sinne kein Wald, da sie keine Waldeigenschaften besitzen (s. o.). Der Schutz solcher Flächen könnte jedoch ebenso über Festsetzungen z. B. als Pflanzbindungen nach § 9 (1) Nr. 25b BauGB im Rahmen eines Bebauungsplanes erfolgen.

Insgesamt ist mit einer Untersuchung aller vorhandenen Bebauungspläne / nicht überplanten Innenbereichsflächen ein erheblicher Aufwand verbunden, für den in der Stadtverwaltung keine ausreichenden Personalressourcen vorhanden sind sowie das erforderliche Fachwissen fehlt. Auch der sich aus einer solchen Untersuchung anschließende bauleitplanerische Änderungsbedarf kann nur unter Zurückstellung anderer Projekte geleistet werden. Zudem wird auf die unter Pkt. 1 bereits angeführten möglichen Entschädigungsleistungen verwiesen.

 

3. Ist eine Rodung von Waldflächen vorgesehen,

a.  so ist dem Umweltausschuss der Stadt Haan eine ausführliche Begründung vorzulegen.

Anträge zur Rodung/Umwandlung von Waldflächen werden der Verwaltung nur bekannt, wenn diese im Rahmen von Vorhabengenehmigungsverfahren oder auf städtischen Flächen erfolgen. Entsprechend könnte auch nur über solche Vorgänge berichtet werden. Zudem sind hierbei die Belange des Datenschutzes zu beachten.

Hinweis: Der bloße Holzeinschlag (mit anschließender Wiederaufforstung) ist auf Flächen bis zu 2 ha forstrechtlich nicht einmal genehmigungspflichtig. Die Verwaltung braucht über diese rechtlich zulässige Nutzung des Waldes durch den jeweiligen Eigentümer nicht in Kenntnis gesetzt zu werden. Um forstlich zulässige Nutzungen zu verhindern bzw. zumindest zu begrenzen, wäre eine formale Ausweisung als „Erholungswald“ nach § 13 BWaldG i. V. m. § 50 Landesforstgesetz (LFoG) erforderlich. Gegenüber Privateigentümern wäre die Stadt als Veranlasser für die nur noch eingeschränkte Nutzbarkeit entschädigungspflichtig. Nach Auskunft der Forstbehörde wird dieses Verwaltungsverfahren schon wegen seines hohen Aufwandes nur äußerst selten angewendet.

 

b. Wegfallende Waldflächen sind durch die doppelte Fläche auszugleichen.

Der erforderliche Waldausgleich wird durch die zuständige Fachbehörde festgelegt. Die Stadt Haan hat hier keine gesetzliche Befugnis, einen höheren Ausgleich zu fordern. Auch im Rahmen der Aufstellung von Bebauungsplänen muss sich die Stadt Haan an die geltenden Gesetze halten und kann keine eigenen Regelungen treffen. Gemäß Auskunft der Forstbehörde ist im Normalfall ein Ausgleich von 1:1 zu leisten. Höhere Forderungen ergäben sich nur bei besonders wertvollen Beständen bzw. bei starker Beeinträchtigung der Waldfunktionen angrenzender Bestände. Grundsätzlich würde eine Verdopplung der Ersatzflächen auch den Nutzungskonflikt mit der Landwirtschaft verschärfen.

 

c.  Die Ausgleichsflächen sind bereits bei der Aufstellung eines Bebauungsplans detailliert mit Benennung des Ortes zu beschreiben.

Im Rahmen der Aufstellung von heutigen Bebauungsplänen muss und wird bereits der Waldersatz im laufenden Planverfahren mit den zuständigen Fachbehörden (Landesbetrieb Wald und Holz, ULB Kreis Mettmann) abgestimmt und gesichert. So wurde z. B. bei der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 120, 2. Änderung (Haaner Felsenquelle) eine entsprechende Waldersatzfläche im Bebauungsplan festgesetzt.

 

d. Die Umsetzung des Ausgleichs hat vor Beginn der Rodungsarbeiten zu erfolgen.

Umfang und Zeitpunkt von erforderlichen Waldersatzmaßnahmen werden von der zuständigen Forstbehörde bestimmt (siehe unter b.). In Abstimmung mit dieser kann der Umsetzungszeitpunkt bei der Aufstellung von Bebauungsplänen ggf. durch einen städtebaulichen Vertrag gesichert werden.

 

Fazit:

Im Rahmen der gängigen Praxis werden bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die Belange des Waldes umfassend eingestelltund - soweit erforderlich - entsprechende Waldersatzpflanzungen in Abstimmung mit dem zuständigen Landesbetrieb Wald+Holz vorgenommen.

Eine Untersuchung aller bestehenden Bebauungspläne zur Sicherung von mit Bäumen bestandenen Flächen ab einer Größenordnung von 500 qm oder sogar aller Flächen, die unmittelbar an größere Waldbestände angrenzen, ist aus Sicht der Verwaltung nicht sinnvoll und es fehlen hierfür auch die erforderlichen Personalressourcen.

Innerhalb von rechtskräftigen Bebauungsplänen und im unbeplanten Innenbereich sind Großbäume durch die Baumschutzsatzung der Stadt Haan geschützt. Bebauungspläne enthalten üblicherweise Festsetzungen zu erhaltenswerten Pflanzflächen und Baumstandorten.

Zudem ist noch darauf zu verweisen, dass im Rahmen von Bebauungsplanverfahren alle öffentlichen und privaten Belange zu berücksichtigen und gemäß § 1 Abs. 7 BauGB gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Ein grundsätzlicher Vorrang, hier der Schutz von Gehölzen, kann nicht als Planungsziel verfolgt werden, da dies dem v. g. Abwägungsgebot widerspricht. Es bedarf somit immer einer Einzelfallprüfung und Abwägung. 

Des Weiteren ist anzuführen, dass die formale Ausweisung von Gehölzflächen < 2 ha als Wald nicht zwingend das geeignete Planungsinstrument ist, um die vorhandene Schutz- und Erholungsfunktion auf kleinen, bestockten Flächen zu schützen. Denn forstrechtlich wäre selbst ein vollständiger Holzeinschlag (mit anschl. Wiederaufforstung) auf diesen Flächen zulässig (zu Ausweisung als „Erholungswald“ siehe oben). Bis eine Wiederaufforstung die ursprüngliche Schutz- und Erholungsfunktion erreichen würde, vergingen jedoch viele Jahre.

Beschlussvorschlag:

 

Dem Antrag der GAL-Fraktion vom 25.11.2019 „Waldschutz in Haan“ wird nicht gefolgt.