Sachverhalt:
Da mit dem
Lockdown absehbar war, dass die kommunalen Haushalte erhebliche Einbußen bei
der Gewerbesteuer in 2020 würden verkraften müssen und damit im Laufe des
Jahres in Schieflage geraten, wurden die Aufsichtsbehörden bereits Mitte
März vom zuständigen Ministerium für
Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung (MHKBG) angewiesen, noch
ausstehende Haushaltsgenehmigungen zügig zu erteilen und dabei die aktuelle
Entwicklung außen vor zu lassen.
Kurz
darauf wurde Ende März vom Landeskabinett ein kommunales Rettungspaket angekündigt.
Ziel sollte u.a. sein, die durch Corona verursachten Mindereinnahmen/Mehrausgaben
zu isolieren und die kommunalen Haushalte hiervon in einem ähnlichen Verfahren
wie im Landeshaushalt zu „entlasten“. Problematisch hierbei ist aber das
unterschiedliche Buchführungssystem. Während das Land weiterhin kameral bucht,
haben die Kommunen auf die Doppik umgestellt. Einer wie vom Land vorgenommenen
Kreditaufnahme zur Stützung der Liquidität müsste in den Kommunen ein
Aktivposten gegenübergestellt werden, um eine Reduzierung des Eigenkapitals in
der kommunalen Bilanz zu verhindern. Vom MHKBG wurde daher eine
„Bilanzierungshilfe“ in Höhe der Corona bedingten saldierten
Mindererträge/Mehraufwendungen ins Spiel gebracht, die aktiviert und über 50
Jahre abgeschrieben werden sollte. Hauptanliegen war, keinen kommunalen
Haushalt durch Corona in die Haushaltssicherung zu treiben und die bisherigen
Erfolge des Stärkungspaktes Kommunalfinanzen nicht zu gefährden. Durch Erlass
wurde geregelt, dass die Kommunen aufgrund der verlässlich nicht abschätzbaren
Auswirkungen der Corona-Pandemie, von der gesetzlichen Verpflichtung zur
Aufstellung eines Nachtragshaushaltes und daraus resultierend evt. der
Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes in 2020 befreit sind.
Entsprechend
wurde auch in Haan kein Nachtragshaushalt für 2020 vorbereitet.
Neben
verschiedenen kurzfristigen Finanzierungshilfen des Landes (vor allem für den
Ausfall von Elternbeiträgen aufgrund der Schließung von Kindertagesstätten/OGS)
wurden vom Koalitionsausschuss des Bundes verschiedene Bausteine zur finanziellen
Unterstützung der Kommunen beschlossen und Ende September auch gesetzlich festgezurrt.
So erhöht der Bund dauerhaft seinen Anteil an den Kosten der Unterkunft nach
dem SGB II von 49,9% auf 74,9% und übernimmt einmalig in 2020 die Hälfte der Gewerbesteuerausfälle
der Kommunen. Der Entwurf eines Gewerbesteuerausgleichsgesetztes der
Landesregierung liegt mittlerweile auch vor.
Am
29.September wurde vom Landtag NRW das Gesetz zur Isolierung der aus der
COVID-19-Pandemie folgenden Belastungen in den kommunalen Haushalten und zur
Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit sowie zur Anpassung weiterer landesrechtlicher
Vorschriften als Artikelgesetz beschlossen. Hieraus ergeben sich folgende
konkrete Auswirkungen auf die Haushalte 2020 und 2021:
Artikel 1
nimmt mit dem NKF-COVID-19-Isolierungsgesetz – NKF-CIG direkt Bezug auf
die Haushaltswirtschaft der Kommunen nach dem 8. Teil der GO.
Haushalt 2020
Die
Verpflichtung zur Aufstellung eines Nachtragshaushaltes gem. § 81 Absatz 2 Satz
1 Nummer 1 und 2 GO findet keine Anwendung. Das gilt auch für investive
Maßnahmen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.
Nachtragssatzungen
sind lediglich erforderlich, soweit die Kreditermächtigung in der Satzung nicht
ausreicht. Sie sind in einem vereinfachten Verfahren zu beschließen und von der
Aufsicht zu genehmigen.
Im Jahresabschluss 20 sind die Corona bedingten
Mindererträge/Mehraufwendungen zu ermitteln. Soweit sie nicht konkret ermittelt
werden können, ist hilfsweise die Differenz zwischen Plan und Ist zu
berücksichtigen. Die so ermittelte
Summe der Haushaltsbelastung ist als außerordentlicher Ertrag im Rahmen der
Abschlussbuchungen in die Ergebnisrechnung einzustellen und bilanziell gesondert
zu aktivieren. Die Bilanzierungshilfe ist ab 2025 über einen Zeitraum von 50
Jahren linear abzuschreiben.
Daraus
ergibt sich für den Haushalt 2020 der Stadt Haan, dass ein Nachtrag nicht erforderlich
war und aufgrund der guten Liquiditätslage zu Beginn des Jahres auch nicht zur
Erweiterung des Kreditrahmens erforderlich werden wird.
Darüber
hinaus wird ein Jahresfehlbetrag nicht erwartet. Die z.Zt. erkennbaren Verschlechterungen
in der Haushaltsausführung sind allein auf die Corona-Pandemie zurückzuführen
und sollen nach dem NKF CIG durch einen außerordentlichen Ertrag in
entsprechender Höhe ausgeglichen werden. Verbesserungen in der Haushaltsausführung
(Mehreinnahmen/Minderausgaben) bestehen durchaus, sie sind jedoch ausdrücklich
nicht mit den Corona-bedingten Verschlechterungen zu verrechnen und stehen somit
zum Ausgleich evt. Verschlechterungen, die sich erst im Rahmen der Jahresabschlussbuchungen
ergeben können (erhöhte Abschreibungen, Rückstellungen etc) zum Ausgleich zur
Verfügung.
Wie hoch letztlich
der außerordentliche Ertrag, der als Bilanzierungshilfe zu aktivieren ist, ausfallen
wird, lässt sich jetzt jedoch noch nicht konkret beziffern. Da es sich durchweg
um zahlungswirksame Ausfälle handelt, reduzieren sich in entsprechendem Umfang
die liquiden Mittel. Eine Aufnahme von Liquiditätskrediten wird in 2020 jedoch
noch nicht erforderlich.
Haushalt 2021
Für die Haushaltsplanaufstellung 2021 wird nach dem Gesetz eine ähnliche Nebenrechnung zur Ermittlung der Corona bedingten Mindererträge/Mehraufwendungen wie im Abschluss 2020 gefordert. Hierbei ist der Planwert für 2021 aus der mittelfristigen Finanzplanung des Haushaltes 2020 mit dem neu ermittelten Wert aus der Haushaltsplanung 2021 zu vergleichen. Die Differenz kann als außerordentlicher Ertrag in den Ergebnisplan eingestellt werden.
Ausführungen, wie in der Jahresrechnung 2021 mit diesem außerordentlichen Ertrag umgegangen werden soll, werden nicht gemacht. Die Möglichkeit der Bildung einer entsprechenden Bilanzierungshilfe bleibt auf 2020 beschränkt. Da der außerordentliche Ertrag zahlungsunwirksam ist, fehlen entsprechende liquide Mittel bereits in der Finanzplanung, so dass in entsprechender Höhe die Aufnahme von Kassenkrediten vorzusehen ist.
Daraus ergibt sich für die Haushaltsplanaufstellung 2021 zunächst kein Problem einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, da zu erwartende Mindererträge/Mehraufwendungen planerisch durch den gesetzlich vorgeschriebenen außerordentlichen Ertrag ausgeglichen werden können.
Weil die entsprechenden Regelungen auch für die Umlageverbände Kreis und Landschaftsverband Rheinland gelten, dürften, trotz erheblich sinkender Umlagegrundlagen für 2021, die absoluten Umlagebeträge nicht steigen. Dennoch kann es zu Verschiebungen bei den Anteilen der einzelnen umlagepflichtigen Kommunen kommen.
Auf allen Ebenen wird jedoch der tatsächliche Finanzbedarf nur durch entsprechende Kassenkredite zu decken sein.
Soweit die Wirtschaft im Verlauf des Jahres 2021 nicht wieder extrem wächst und hierdurch Mehrerträge in Höhe des geplanten außerordentlichen Ergebnisses generiert werden können oder bis zum Jahresabschluss 2021 keine entsprechende Regelung (Bildung und Aktivierung einer Bilanzierungshilfe) wie für 2020 erfolgt muss im Jahresabschluss 2021 mit einem erheblichen Fehlbetrag gerechnet werden.
Soweit also im Verlauf der Haushaltsausführung 2021 ein Wirtschaftsaufschwung mit entsprechenden überplanmäßigen Mehrerträgen nicht feststellbar ist, müsste ein Nachtrag 2021 mit einem evt. neuen HSK erfolgen. Denn auch die Aussetzung der Verpflichtung einen Nachtrag aufstellen zu müssen, beziehen sich nur auf das Jahr 2020.
Mittelfristige
Finanzplanung 2022 - 2024
Für die mittelfristige Finanzplanung liegen noch keine aktualisierten Orientierungsdaten vor. Unter Berücksichtigung der bekannten Prognosen zur wirtschaftlichen Erholung, auch des Bundeswirtschaftsministeriums, kann seriös nur mit erheblich verringerten Erträgen bei mindestens gleichmäßig steigenden Aufwendungen gerechnet werden. Inwieweit hier die Ausgleichsrücklage reicht, um einen fiktiven Ausgleich darstellen und ein HSK verhindern zu können, bleibt abzuwarten.
Entwurf des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zum Ausgleich von Gewerbesteuermindereinnahmen der Gemeinden in Folge der COVID-19-Pandemie durch Bund und Länder (Gewerbesteuerausgleichsgesetz Nordrhein-Westfalen – GewStAusgleichsG NRW) und Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2021 (GFG 2021)
Mit dem Gewerbesteuerausgleichsgesetz sollen einmalig die mit der Steuerschätzung aus Mai 2020 prognostizierten Gewerbesteuerausfälle in NRW in Höhe von insgesamt 2,72 Mrd. Euro bis zum 31.12.20 ausgeglichen werden. Der Ausgleich dient der Abmilderung der Auswirkungen der der Corona-Pandemie geschuldeten Finanzschäden. Die Ausgleichszahlung vermindert die entsprechende Bilanzierungshilfe und fließt hälftig in die Umlagegrundlagen des GFG 2021 und 2022 ein.
Die für die Stadt Haan zu ermittelnden Gewerbesteuerausfälle belaufen sich auf rd. 5,5 Mio. Euro. Soweit die Ausfälle NRW-weit den Ausgleichsbetrag von 2,72 Mrd. Euro nicht überschreiten, ist mit einer vollständigen Kompensation des Ausfalls zu rechnen. Wird der Ausgleichsbetrag überschritten, erfolgt nur ein anteiliger Ausgleich. Die Berechnung soll Anfang November vorliegen.
Das GFG legt im Wesentlichen die Höhe der den einzelnen Kommunen zustehenden Mittel aus dem Steuertopf des Landes, insbesondere die Schlüsselzuweisungen, fest. Als abundante Kommune erhält die Stadt Haan hieraus lediglich geringe Investitionszuweisungen (Investitions-, Schul- und Sportpauschale, insges. rd. 2 Mio. €) sowie die 2018 eingeführte Infrastrukturpauschale (rd. 150 T€), die zudem nicht in die Umlagegrundlagen einfließen. Indirekt profitiert die Stadt Haan aber von den Schlüsselzuweisungen der berechtigten kreisangehörigen Städte (i.d.R. Erkrath, Heiligenhaus, Mettmann, Velbert und Wülfrath), da sie die Umlagegrundlagen erhöhen.
Nach dem Entwurf des GFG 2021 soll die zur Verteilung anstehende Verbundmasse auf 13,6 Mrd. Euro angehoben werden. Das Volumen wird damit massiv um 5,9% gegenüber 2020 erhöht und entspricht damit dem nach dem geltenden Orientierungsdatenerlass vom 2.8.19 für 2021 in Aussicht gestellten Niveau. Unter Berücksichtigung der hälftigen Gewerbesteuerausgleichsleistung dürften sich damit keine wesentlichen Veränderungen bei den Umlagegrundlagen von LVR und Kreis ergeben und sich somit die absolute Kreisumlage nicht verändern.
Fazit:
Bund und Land mobilisieren gemeinsam die Kräfte, um die Kommunen in 2020 weitestgehend von den finanziellen Folgen der Corona-Pandemie zu entlasten und unternehmen alle Anstrengungen, um die haushaltsrechtlichen Folgen der weiteren Zahlungsausfälle ausblenden zu können. Problematisch könnte jedoch die Konzentration der Anstrengungen ausschließlich auf das Jahr 2020 sein, da jetzt – anders als noch zu Beginn der Pandemie – nicht mehr von einer sehr schnellen Erholung der Wirtschaft ausgegangen werden kann und frühestens 2023 damit gerechnet wird, dass das Niveau von 2019 wieder erreicht wird.
Beschlussvorschlag:
Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.