Betreff
Maßnahmen des Bundes und des Landes zur Bewältigung der Auswirkungen der Corona-Krise auf die kommunalen Haushalte
Vorlage
20/137/2020
Aktenzeichen
20.1
Art
Informationsvorlage

Sachverhalt:

Da mit dem Lockdown absehbar war, dass die kommunalen Haushalte erhebliche Einbußen bei der Gewerbesteuer in 2020 würden verkraften müssen und damit im Laufe des Jahres in Schieflage geraten, wurden die Aufsichtsbehörden bereits Mitte März  vom zuständigen Ministerium für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung (MHKBG) angewiesen, noch ausstehende Haushaltsgenehmigungen zügig zu erteilen und dabei die aktuelle Entwicklung außen vor zu lassen.

Kurz darauf wurde Ende März vom Landeskabinett ein kommunales Rettungspaket angekündigt. Ziel sollte u.a. sein, die durch Corona verursachten Mindereinnahmen/Mehrausgaben zu isolieren und die kommunalen Haushalte hiervon in einem ähnlichen Verfahren wie im Landeshaushalt zu „entlasten“. Problematisch hierbei ist aber das unterschiedliche Buchführungssystem. Während das Land weiterhin kameral bucht, haben die Kommunen auf die Doppik umgestellt. Einer wie vom Land vorgenommenen Kreditaufnahme zur Stützung der Liquidität müsste in den Kommunen ein Aktivposten gegenübergestellt werden, um eine Reduzierung des Eigenkapitals in der kommunalen Bilanz zu verhindern. Vom MHKBG wurde daher eine „Bilanzierungshilfe“ in Höhe der Corona bedingten saldierten Mindererträge/Mehraufwendungen ins Spiel gebracht, die aktiviert und über 50 Jahre abgeschrieben werden sollte. Hauptanliegen war, keinen kommunalen Haushalt durch Corona in die Haushaltssicherung zu treiben und die bisherigen Erfolge des Stärkungspaktes Kommunalfinanzen nicht zu gefährden. Durch Erlass wurde geregelt, dass die Kommunen aufgrund der verlässlich nicht abschätzbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie, von der gesetzlichen Verpflichtung zur Aufstellung eines Nachtragshaushaltes und daraus resultierend evt. der Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes in 2020 befreit sind.

 

Entsprechend wurde auch in Haan kein Nachtragshaushalt für 2020 vorbereitet.

 

 

Neben verschiedenen kurzfristigen Finanzierungshilfen des Landes (vor allem für den Ausfall von Elternbeiträgen aufgrund der Schließung von Kindertagesstätten/OGS) wurden vom Koalitionsausschuss des Bundes verschiedene Bausteine zur finanziellen Unterstützung der Kommunen beschlossen und Ende September auch gesetzlich festgezurrt. So erhöht der Bund dauerhaft seinen Anteil an den Kosten der Unterkunft nach dem SGB II von 49,9% auf 74,9% und übernimmt einmalig in 2020 die Hälfte der Gewerbesteuerausfälle der Kommunen. Der Entwurf eines Gewerbesteuerausgleichsgesetztes der Landesregierung liegt mittlerweile auch vor.

 

 

Am 29.September wurde vom Landtag NRW das Gesetz zur Isolierung der aus der COVID-19-Pandemie folgenden Belastungen in den kommunalen Haushalten und zur Sicherung der kommunalen Handlungsfähigkeit sowie zur Anpassung weiterer landesrechtlicher Vorschriften als Artikelgesetz beschlossen. Hieraus ergeben sich folgende konkrete Auswirkungen auf die Haushalte 2020 und 2021:

 

Artikel 1 nimmt mit dem NKF-COVID-19-Isolierungsgesetz – NKF-CIG direkt Bezug auf die Haushaltswirtschaft der Kommunen nach dem 8. Teil der GO.

 

 

Haushalt 2020

Die Verpflichtung zur Aufstellung eines Nachtragshaushaltes gem. § 81 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 GO findet keine Anwendung. Das gilt auch für investive Maßnahmen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

Nachtragssatzungen sind lediglich erforderlich, soweit die Kreditermächtigung in der Satzung nicht ausreicht. Sie sind in einem vereinfachten Verfahren zu beschließen und von der Aufsicht zu genehmigen.

 

Im Jahresabschluss 20 sind die Corona bedingten Mindererträge/Mehraufwendungen zu ermitteln. Soweit sie nicht konkret ermittelt werden können, ist hilfsweise die Differenz zwischen Plan und Ist zu berücksichtigen. Die so ermittelte Summe der Haushaltsbelastung ist als außerordentlicher Ertrag im Rahmen der Abschlussbuchungen in die Ergebnisrechnung einzustellen und bilanziell gesondert zu aktivieren. Die Bilanzierungshilfe ist ab 2025 über einen Zeitraum von 50 Jahren linear abzuschreiben.

 

 

Daraus ergibt sich für den Haushalt 2020 der Stadt Haan, dass ein Nachtrag nicht erforderlich war und aufgrund der guten Liquiditätslage zu Beginn des Jahres auch nicht zur Erweiterung des Kreditrahmens erforderlich werden wird.

Darüber hinaus wird ein Jahresfehlbetrag nicht erwartet. Die z.Zt. erkennbaren Verschlechterungen in der Haushaltsausführung sind allein auf die Corona-Pandemie zurückzuführen und sollen nach dem NKF CIG durch einen außerordentlichen Ertrag in entsprechender Höhe ausgeglichen werden. Verbesserungen in der Haushaltsausführung (Mehreinnahmen/Minderausgaben) bestehen durchaus, sie sind jedoch ausdrücklich nicht mit den Corona-bedingten Verschlechterungen zu verrechnen und stehen somit zum Ausgleich evt. Verschlechterungen, die sich erst im Rahmen der Jahresabschlussbuchungen ergeben können (erhöhte Abschreibungen, Rückstellungen etc) zum Ausgleich zur Verfügung. 

Wie hoch letztlich der außerordentliche Ertrag, der als Bilanzierungshilfe zu aktivieren ist, ausfallen wird, lässt sich jetzt jedoch noch nicht konkret beziffern. Da es sich durchweg um zahlungswirksame Ausfälle handelt, reduzieren sich in entsprechendem Umfang die liquiden Mittel. Eine Aufnahme von Liquiditätskrediten wird in 2020 jedoch noch nicht erforderlich.

 

 

Haushalt 2021

Für die Haushaltsplanaufstellung 2021 wird nach dem Gesetz eine ähnliche Nebenrechnung zur Ermittlung der Corona bedingten Mindererträge/Mehraufwendungen wie im Abschluss 2020 gefordert. Hierbei ist der Planwert für 2021 aus der mittelfristigen Finanzplanung des Haushaltes 2020 mit dem neu ermittelten Wert aus der Haushaltsplanung 2021 zu vergleichen. Die Differenz kann als außerordentlicher Ertrag in den Ergebnisplan eingestellt werden.

 

Ausführungen, wie in der Jahresrechnung 2021 mit diesem außerordentlichen Ertrag umgegangen werden soll, werden nicht gemacht. Die Möglichkeit der Bildung einer entsprechenden Bilanzierungshilfe bleibt auf 2020 beschränkt. Da der außerordentliche Ertrag zahlungsunwirksam ist, fehlen entsprechende liquide Mittel bereits in der Finanzplanung, so dass in entsprechender Höhe die Aufnahme von Kassenkrediten vorzusehen ist.

 

 

Daraus ergibt sich für die Haushaltsplanaufstellung 2021 zunächst kein Problem einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, da zu erwartende Mindererträge/Mehraufwendungen planerisch durch den gesetzlich vorgeschriebenen außerordentlichen Ertrag ausgeglichen werden können.

Weil die entsprechenden Regelungen auch für die Umlageverbände Kreis und Landschaftsverband Rheinland gelten, dürften, trotz erheblich sinkender Umlagegrundlagen für 2021, die absoluten Umlagebeträge nicht steigen. Dennoch kann es zu Verschiebungen bei den Anteilen der einzelnen umlagepflichtigen Kommunen kommen.

Auf allen Ebenen wird jedoch der tatsächliche Finanzbedarf nur durch entsprechende Kassenkredite zu decken sein.

Soweit die Wirtschaft im Verlauf des Jahres 2021 nicht wieder extrem wächst und hierdurch Mehrerträge in Höhe des geplanten außerordentlichen Ergebnisses generiert werden können oder bis zum Jahresabschluss 2021 keine entsprechende Regelung (Bildung und Aktivierung einer Bilanzierungshilfe) wie für 2020 erfolgt muss im Jahresabschluss 2021 mit einem erheblichen Fehlbetrag gerechnet werden.

 

Soweit also im Verlauf der Haushaltsausführung 2021 ein Wirtschaftsaufschwung mit entsprechenden überplanmäßigen Mehrerträgen nicht feststellbar ist, müsste ein Nachtrag 2021 mit einem evt. neuen HSK erfolgen. Denn auch die Aussetzung der Verpflichtung einen Nachtrag aufstellen zu müssen, beziehen sich nur auf das Jahr 2020.

 

 

Mittelfristige Finanzplanung 2022 - 2024

Für die mittelfristige Finanzplanung liegen noch keine aktualisierten Orientierungsdaten vor. Unter Berücksichtigung der bekannten Prognosen zur wirtschaftlichen Erholung, auch des Bundeswirtschaftsministeriums, kann seriös nur mit erheblich verringerten Erträgen bei mindestens gleichmäßig steigenden Aufwendungen gerechnet werden. Inwieweit hier die Ausgleichsrücklage reicht, um einen fiktiven Ausgleich darstellen und ein HSK verhindern zu können, bleibt abzuwarten.

 

 

 

Entwurf des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes zum Ausgleich von Gewerbesteuermindereinnahmen der Gemeinden in Folge der COVID-19-Pandemie durch Bund und Länder (Gewerbesteuerausgleichsgesetz Nordrhein-Westfalen – GewStAusgleichsG NRW) und Entwurf des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2021 (GFG 2021)

Mit dem Gewerbesteuerausgleichsgesetz sollen einmalig die mit der Steuerschätzung aus Mai 2020 prognostizierten Gewerbesteuerausfälle in NRW in Höhe von insgesamt 2,72 Mrd. Euro bis zum 31.12.20 ausgeglichen werden. Der Ausgleich dient der Abmilderung der Auswirkungen der der Corona-Pandemie geschuldeten Finanzschäden. Die Ausgleichszahlung vermindert die entsprechende Bilanzierungshilfe und fließt hälftig in die Umlagegrundlagen des GFG 2021 und 2022 ein.

Die für die Stadt Haan zu ermittelnden Gewerbesteuerausfälle belaufen sich auf rd. 5,5 Mio. Euro. Soweit die Ausfälle NRW-weit den Ausgleichsbetrag von 2,72 Mrd. Euro nicht überschreiten, ist mit einer vollständigen Kompensation des Ausfalls zu rechnen. Wird der Ausgleichsbetrag überschritten, erfolgt nur ein anteiliger Ausgleich. Die Berechnung soll Anfang November vorliegen.

 

Das GFG legt im Wesentlichen die Höhe der den einzelnen Kommunen zustehenden Mittel aus dem Steuertopf des Landes, insbesondere die Schlüsselzuweisungen, fest. Als abundante Kommune erhält die Stadt Haan hieraus lediglich geringe Investitionszuweisungen (Investitions-, Schul- und Sportpauschale, insges. rd. 2 Mio. €) sowie die 2018 eingeführte Infrastrukturpauschale (rd. 150 T€), die zudem nicht in die Umlagegrundlagen einfließen. Indirekt profitiert die Stadt Haan aber von den Schlüsselzuweisungen der berechtigten kreisangehörigen Städte (i.d.R. Erkrath, Heiligenhaus, Mettmann, Velbert und Wülfrath), da sie die Umlagegrundlagen erhöhen.

Nach dem Entwurf des GFG 2021 soll die zur Verteilung anstehende Verbundmasse auf 13,6 Mrd. Euro angehoben werden. Das Volumen wird damit massiv um 5,9% gegenüber 2020 erhöht und entspricht damit dem nach dem geltenden Orientierungsdatenerlass vom 2.8.19 für 2021 in Aussicht gestellten Niveau. Unter Berücksichtigung der hälftigen Gewerbesteuerausgleichsleistung dürften sich damit keine wesentlichen Veränderungen bei den Umlagegrundlagen von LVR und Kreis ergeben und sich somit die absolute Kreisumlage nicht verändern.

 

 

 

Fazit:

Bund und Land mobilisieren gemeinsam die Kräfte, um die Kommunen in 2020 weitestgehend von den finanziellen Folgen der Corona-Pandemie zu entlasten und unternehmen alle Anstrengungen, um die haushaltsrechtlichen Folgen der weiteren Zahlungsausfälle ausblenden zu können. Problematisch könnte jedoch die Konzentration der Anstrengungen ausschließlich auf das Jahr 2020 sein, da jetzt – anders als noch zu Beginn der Pandemie – nicht mehr von einer sehr schnellen Erholung der Wirtschaft ausgegangen werden kann und frühestens 2023 damit gerechnet wird, dass das Niveau von 2019 wieder erreicht wird.

Beschlussvorschlag:

Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.