hier: Antrag der SPD-Ratsfraktion vom 13.09.2020
Sachverhalt:
Als Zubringer zum Gewerbegebiet Haan-West wurde die Büssingstraße mit
einer für Haan großzügigen Fahrbahnbreite von 10 m ausgebaut. In Teilbereichen
finden sich auch darüber hinaus gehende Fahrbahnbreiten. Beidseitig wurde ein
Gehweg von jeweils 2 m Breite angelegt. Die Fahrbahn wird insbesondere im
Abschnitt zwischen dem Kreisverkehr und der Kreuzung
Borsigstraße/Büssingstraße/Steinkulle an beiden Seiten beparkt. Daher ist beim
Verlassen der anliegenden Firmengrundstücke von den Fahrzeugführern erhöhte
Aufmerksamkeit gefordert. Das Verkehrsaufkommen ist mit bis zu 4.900 Kfz/24h
(Verkehrsentwicklungsplan, Kfz-Verkehrsstärkenanalyse 2018) nicht unerheblich.
Dabei beträgt der Anteil des Lkw-Verkehrs ca. 3,6 % (160/4.400). Darüber hinaus
wird die Büssingstraße als Schulweg genutzt.
Stellungnahme der Verwaltung:
Wie auch unter dem Tagesordnungspunkt
„Temporeduzierung vor den Kindergärten Hochdahler Straße und Erikaweg“
ausführlich erläutert, sind die straßenverkehrsrechtlichen Bedingungen für eine
Geschwindigkeitsbegrenzung in der Straßenverkehrsordnung sehr streng gefasst.
Zum besseren Verständnis werden die zu erfüllenden Voraussetzungen hier noch
einmal dargelegt. Demnach können die für die Anordnung von
Geschwindigkeitsreduzierungen zuständigen Straßenverkehrsbehörden die Benutzung
bestimmter Straßen oder Straßenstrecken nur auf Grundlage von § 45 StVO aus
sachlichen Gründen beschränken oder verbieten. Gemäß § 45 Abs. 9 StVO sind
Verkehrszeichen oder Verkehrseinrichtungen jedoch nur dort anzuordnen, wo dies
aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere dürfen
Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn
aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die
das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter
erheblich übersteigt. Darüber hinaus wurde mit der ersten Verordnung zur
Änderung der Straßenverkehrsordnung vom 30.11.2016 die Möglichkeit geschaffen,
innerörtliche streckenbezogene (max. 300 m) Geschwindigkeitsbeschränkungen von
30 km auf Straßen des überörtlichen Verkehrs oder auf weiteren Vorfahrtsstraßen
im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Schulen anzuordnen.
Ziel war es, die hohe Hürde für die streckenbezogene Anordnung von Tempo 30 auf
den genannten Straßen zu senken. Die besondere Gefahrenlage sei auch ohne den
sonst erforderlichen aufwendigen Nachweis naheliegend. Mit der Änderung ist
jedoch kein Automatismus verbunden, dass Tempo 30 vor solchen Einrichtungen
stets anzuordnen ist. Es ist daher weiterhin eine Einzelfallprüfung notwendig.
Die von der Verwaltung betrachteten Themenfelder sind nachfolgend aufgeführt.
Formalisierte Betrachtung
Bereits im Rahmen des
Verkehrsentwicklungsplans wurde ein formalisiertes Verfahren angewandt, um
Unverträglichkeiten und Konflikte zwischen den Straßenraumrandnutzungen und den
Kfz-Belastungen zu ermitteln. Dabei wurden die Einflussfaktoren Anwohnerdichte,
schützenswerte Nutzungen (z. B. Schulen), Straßenraumbreite, allgemeine
Kfz-Belastungen und Schwerverkehrsbelastungen berücksichtigt. Dieses
formalisierte Verfahren erkannte keine Unverträglichkeiten an der
Büssingstraße.
Bauliche Voraussetzungen
Der vorhandene Ausbauzustand der
Büssingstraße spricht formal gegen eine Temporeduzierung auf 30 km. Die Straße,
und insbesondere die Fahrbahn, sind deutlich zu groß. Um die baulichen
Voraussetzungen für eine Herabsetzung der zulässigen Geschwindigkeit zu
erfüllen, bedarf es wesentlicher baulicher Veränderungen im Straßenprofil.
Diese stehen jedoch im Widerspruch zu den Anforderungen einer Zufahrtsstraße
zum Gewerbegebiet.
Prüfung einer streckenbezogenen Temporeduzierung gemäß Verordnung vom
30.11.2016
Wie am Standort Kindergarten Erikaweg fehlt
es der Grundschule Steinkulle bereits an einem direkten Zugang zur
Büssingstraße. In diesem Fall kommt die Absenkung der Anordnungshürde nicht zum
Tragen, und der Nachweis, dass aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse
eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der
in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt wird erforderlich.
Diese besondere Gefahrenlage besteht aus Sicht der Straßenverkehrsbehörde hier
nicht.
Unfallgeschehen
Nach Aussage der Polizei ist die
Büssingstraße unauffällig.
Geschwindigkeitsmessungen
Die letzte Geschwindigkeitsmessung mit dem städtischen
Anzeigegerät erfolgte vom 20.08.2019 bis zum 25.08.2019. Dabei fuhren 50 % der
Kfz bis zu 46 km/h. Der Bemessungswert V85 (entspricht der Geschwindigkeit
welche 85 % der Fahrzeugführer einhalten) lag bei 53 km/h. Auch wenn in der
Spitze ein Wert von 103 km/h gemessen wurde, ergab sich somit aus Sicht der
Polizei und der Verwaltung kein Handlungsbedarf.
Fazit:
Auch wenn die subjektive Betrachtung der
Büssingstraße einen vermeintlich gefährlichen Eindruck vermittelt, ist eine
Tempobeschränkung auf 30 km mit den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung nicht
in Einklang zu bringen. Die dafür erforderlichen verkehrsrechtlichen
Voraussetzungen werden in diesem Straßenabschnitt nicht erfüllt.
Beschlussvorschlag:
Der Ausschuss nimmt die Ausführungen der
Verwaltung zur Kenntnis. Die Einrichtung einer Tempo-30-Strecke im Bereich der
Büssingstraße zwischen der Einmündung Siemensstraße und dem Kreisverkehr wird
abgelehnt.