Betreff
Tiny-House Siedlung in Haan
Ergebnis der Abfrage des Bedarfs an alternativer Wohnform
Vorlage
61/024/2021
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

In Haan gibt es einen hohen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. Gleichzeitig scheinen sich in einem überörtlichen Trend immer mehr Menschen aus verschiedenen Gründen für kompaktes Wohnen im eigenen Haus, in sogenannten Tiny-Houses zu interessieren.

Als Tiny-House (englisch tiny = winzig) wird grundsätzlich ein sehr kleines Gebäude bezeichnet, das dennoch über alles Wesentliche, was man zum Wohnen braucht, verfügt. Es gibt mobile Bauformen, die z. B. auf ein Fahrgestell gebaut werden oder stationäre Bauformen, die nicht bewegt werden können. Ein Tiny-House benötigt wenig Raum und Grundfläche und kommt mit einem kleinen Grundstück aus. Die Kosten für die Realisierung dieser Wohnform sind daher meist niedriger als bei einem freistehenden Einfamilienhaus. Darüber hinaus haben Tiny-House Siedlungen ein großes Potenzial, auch weitere Komponenten einer ökologischen, ressourcen- und klimaschonenden Bau- und Lebensweise sowie soziale Ansätze zu integrieren.

Die Verwaltung wurde in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planung und Bau am 09.03.2021 beauftragt, den Bedarf in Haan nach einer Tiny-House Siedlung abzufragen. Im nächsten SPUBA sollten die Ergebnisse der Abfrage vorgelegt und die Möglichkeiten der Bedarfsdeckungen auf dem Stadtgebiet besprochen werden.

 

Nach einem Erfahrungsaustausch mit Behörden, die bereits eine vergleichbare Abfrage durchgeführt hatten und teils über kaum zu bewältigende Korrespondenz nach überörtlicher Bekanntmachung berichtet haben, hat die Verwaltung ihre Abfrage im April auf der Internetseite der Stadt Haan veröffentlicht. Sie hat die „örtlichen“ Medien, die regelmäßig über Haaner Themen berichten, über den Start der Abfrage informiert.

Das Interesse an einer Parzelle für ein Tiny-House konnte unter Nennung weniger Angaben (Name, Wohnort, Email-Adresse) formlos bekundet werden. Um die Vorstellungen und Wünsche bzw. den Bedarf und die Rahmenbedingungen für eine Tiny-House-Siedlung näher einschätzen zu können, hat die Verwaltung zudem auch folgende Leitfragen formuliert, an denen sich die TeilnehmerInnen der Abfrage orientieren konnten.

1.    Wo sehen Sie mögliche Vorteile, Chancen oder Herausforderungen des Lebens in einer Tiny- House Siedlung?

2.    Möchten Sie ein stationäres Tiny-House oder ein mobiles Tiny-House realisieren?

3.    Mit wie vielen Personen möchten Sie in dem Tiny-House leben? Ist ein Kind dabei?

4.    Was sind Ihre Vorstellungen zur Lage im Stadtgebiet bzw. den Qualitäten des umliegenden Lebensraums?

5.    Was sind Ihre Vorstellungen zur Wohnfläche oder Grundstücksgröße?

6.    Besteht ein Interesse an Angeboten, die gemeinschaftlich nutzbar sind? Welche sind dies?

7.    Stellen Sie sich ein Tiny-House bzw. eine Tiny-House Siedlung mit besonderen Komponenten für eine ökologische, ressourcen- und klimaschonende Bau- und Lebensweise vor? Welche sind dies?

8.    Brauchen Sie (zwingend) einen PKW-Stellplatz / Gemeinschaftsstellplatz?

9.    Wann würden Sie voraussichtlich die Parzelle für das Tiny-House benötigen (z. B. eher in bis zwei Jahren, in zwei bis fünf Jahren oder danach?)

10. Mit welchem zeitlichen Horizont würden Sie derzeit die Parzelle nutzen wollen? (z. B. eher bis 2025, bis 2030, bis 2040 oder dauerhaft)

11. Ist Ihr Interesse an einer Tiny-House-Parzelle auf eine bestimmte Art der Grundstücksvergabe beschränkt? (z. B. Erwerb von Eigentum, pachten, etc.)

12. Falls Sie in Haan wohnen: Würden Sie Ihre jetzige Unterkunft mit Nutzung des Tiny-Houses frei machen? (z. B. aus Mietwohnung ausziehen, Haus oder Eigentumswohnung verkaufen)

 

Insgesamt haben sich rd. 120 InteressentInnen im Zusammenhang mit der Bedarfsabfrage gemeldet. Viele haben recht umfangreiche und detaillierte Eingaben gemacht und sind grundsätzlich auf die Leitfragen der Verwaltung eingegangen. U. a. wurden Beispielbilder und eine Entwurfsskizze eingereicht.[1]

Etwa die Hälfte der InteressentInnen für eine Tiny House Parzelle lebt bereits in Haan, rd. ein Viertel in den umliegenden Großstädten, hier der Landeshauptstadt Düsseldorf oder im Bergischen Städtedreieck. Etwa ein Fünftel der InteressentInnen wohnt in weiteren kreisangehörigen Städten des Kreises Mettmann, die übrigen InteressentInnen sind insbesondere im weiteren Nordrhein-Westfalen zu verorten.

Es hat eine recht heterogene Gruppe mit sehr verschiedenen Vorstellungen und Wünschen geschrieben. Das Alter der TeilnehmerInnen der Abfrage reichte dabei von „gerade volljährig“ bis „fast hochbetagt“. Die TeilnehmerInnen, die ihr Alter explizit genannt oder erkennen lassen haben, sind insbesondere der Altergruppe 50 + zuzuordnen.

Einige Beispiele zu unterschiedlichen Schwerpunkten der InteressentInnen sind in Anlage 1 beigefügt.

Zusammenfassend sind zu den Leitfragen folgende Hinweise eingegangen:

 

1.         Wo sehen Sie mögliche Vorteile, Chancen oder Herausforderungen des Lebens in einer Tiny-House Siedlung?

Viele InteressentInnen sehen im Tiny-House eine bezahlbare Wohnoption bzw. die Möglichkeit zur Eigentumsbildung und / oder finanzielle Freiräume.

Auch die Möglichkeit, mit direktem Bezug und im Einklang mit der Natur zu leben, steht stark im Vordergrund.

Bereits junge InteressentInnen möchten ihre Wohn- und Grundstücksfläche reduzieren. Im Zusammenhang mit der Teilnehmerstruktur wird jedoch mit Schwerpunkt ein „altersgerechtes kleiner Setzen“ genannt.

 

Die TeilnehmerInnen weisen auf Vorzüge von Minimalismus bzw. begrenzter Fläche und eines überschaubaren Hausstandes hin - in finanzieller Hinsicht, in Bezug auf die Schonung natürlicher Ressourcen und im Hinblick auf Arbeitsaufwände.

Darüber hinaus sind Selbstversorgung, Autarkie sowie nachbarschaftliche Kontakte und Projekte viel genannte Themen.

Viele sehen mit ihrer Vorstellung von einem Tiny-House die Chance, den ökologischen Fußabdruck gering zu halten oder dies auch als Herausforderung, da einzelne Eigenschaften eines Tiny-Houses diesbezüglich nicht ganz so günstig seien.
 

Eine Herausforderung sei es, eine Flächengröße zu finden, die die Bestrebungen eines geringen Flächenverbrauchs mit einem gewissen Maß an Privatsphäre vereint.

Als Herausforderung wird auch gesehen, dass man enger und gemeinschaftlicher zusammenlebt, aber im Vorhinein nicht alle Menschen kennt, die mit in die Siedlung ziehen.



2.         Möchten Sie ein stationäres Tiny-House oder ein mobiles Tiny-House realisieren?

Die große Mehrheit der TeilnehmerInnen interessiert sich für ein stationäres Tiny-House.



3.         Mit wie vielen Personen möchten Sie in dem Tiny-House leben? Ist ein Kind dabei?

Die Tiny-Houses sind insbesondere als 1 oder 2 Personenhaushalte vorgesehen.

Es haben auch Personen / Familien ein Interesse an einem Tiny-House bekundet, die im Nachfragezeitraum wahrscheinlich mit Kind einziehen würden. Jedoch ist der Anteil eher gering.



4.         Was sind Ihre Vorstellungen zur Lage im Stadtgebiet bzw. den Qualitäten des umliegenden Lebensraums?

Die Vorstellungen beinhalten Kriterien, die allgemein als gute Lage gelten (ruhige, „grüne“ Umgebung, Bedarf des täglichen Lebens zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar, gute Nahverkehrsanbindung, etc.). Teils sind die Vorstellungen konträr (z. B. Innenstadtlage vs. Stadt- bzw. Ortsrandlage). Der Wunsch nach einer Randlage dominiert.

 

 

5.         Was sind Ihre Vorstellungen zur Wohnfläche oder Grundstücksgröße?

Die Spanne der Vorstellungen zur Wohnfläche reicht für von sehr kleinen Wohnflächen ab rd. 10 m² bis zu Wohnflächen, die die Verwaltung nicht mehr als „Tiny-Houses“, sondern eher als „Small-Houses“ bezeichnen würde (Wohnflächen über 45 qm pro Person plus rd. 15 qm je Person).

Für Tiny-Houses wurde im Durchschnitt eine Wohnfläche von etwa 45 m² genannt.

Es wird auf die Vorteile einer Mehrgeschossigkeit auf den erforderlichen Eingriff in die Fläche hingewiesen.

Die genannten Grundstücksgrößen für Tiny-Houses liegen im Durchschnitt bei etwa rd. 200 m².



6.         Besteht ein Interesse an Angeboten, die gemeinschaftlich nutzbar sind? Welche sind dies?

Es besteht ein vielfältiges Interesse an gemeinschaftlich nutzbaren Angeboten. Dies z. B. zur Selbstversorgung der Anwohner (wie Streuobstwiese, Gemüse- und Kräutergarten, Hühnerhaltung, Bienen / Imkererzeugnisse), als Freizeit- und Begegnungsangebote oder für besondere Anlässe, bei denen größere Räume benötigt werden. Viele TeilnehmerInnen interessieren sich auch für gemeinschaftlich genutzte Werkzeuge und Maschinen oder Angebote im Zusammenhang mit Mobiliät (Ladestation für Elektrofahrräder oder Autos, Bike- und Carsharing).



7.         Stellen Sie sich ein Tiny-House bzw. eine Tiny-House Siedlung mit besonderen Komponenten für eine ökologische, ressourcen- und klimaschonende Bau- und Lebensweise vor? Welche sind dies?

Eine große Mehrheit stellt sich besondere Komponenten für eine ökologische, ressourcen- und klimaschonende Bau- und Lebensweise vor.

Beispiele sind nachhaltige Baumaterialien, Dämmung, Dachbegrünung, Komposthaufen, Nutzung von erneuerbaren Energiequellen / Wärmepumpe / „Balkonkraftwerk“, Regenwassernutzung, Trockentoilette, Bioklärteich.

 

Es bestehen sehr große Unterschiede im gewünschten Angebot der technischen Infrastruktur. Teils wird ein „vollumfänglicher“ Anschluss an Wasser/Abwasser/Gas / Strom/Telefon/Internet gewünscht, andere streben eine weitgehende Autarkie an.



8.         Brauchen Sie (zwingend) einen PKW-Stellplatz / Gemeinschaftsstellplatz?

Es wurde überwiegend ein PKW-Stellplatz gewünscht bzw. als vorteilhaft bezeichnet. Wenige wollen oder können explizit auf einen PKW-Stellplatz verzichten. Teils liegt ein Stellplatzbedarf direkt am Tiny-House vor, andere können sich vorstellen, diesen auf Gemeinschaftsstellplätzen unterzubringen.



9.         Wann würden Sie voraussichtlich die Parzelle für das Tiny-House benötigen (z.  eher in bis zwei Jahren, in zwei bis fünf Jahren oder danach?)

Die Tiny-House Parzelle wird eher kurzfristig, aber auch oft mittelfristig benötigt.



 

10.       Mit welchem zeitlichen Horizont würden Sie derzeit die Parzelle nutzen wollen? (z. B. eher bis 2025, bis 2030, bis 2040 oder dauerhaft

Die Nutzung ist insbesondere dauerhaft vorgesehen.



11.       Ist Ihr Interesse an einer Tiny-House-Parzelle auf eine bestimmte Art der Grundstücksvergabe beschränkt? (z. B. Erwerb von Eigentum, pachten, etc.)

Das Interesse liegt insbesondere im Erwerb von Eigentum. Mehrere sind flexibel. Vereinzelt wurde ein Tiny-House auch als Anlageobjekt mit Vermietungsmöglichkeit gesehen. Von Einzelnen wurde der Wunsch einer Nutzung mit einem Wohnberechtigungsschein geäußert.



12.       Falls Sie in Haan wohnen: Würden Sie Ihre jetzige Unterkunft mit Nutzung des Tiny-Houses frei machen? (z. B. aus Mietwohnung ausziehen, Haus oder Eigentumswohnung verkaufen)

Die Frage war an Interessenten/Innen aus Haan gerichtet, wurde aber von diesen vergleichsweise wenig beantwortet. Aus dem Gesamtzusammenhang der Antworten ist davon auszugehen, dass das Tiny-House überwiegend als Alternative und nicht als zusätzliche Wohnfläche erworben würde.

 

 

Möglichkeiten der Bedarfsdeckungen auf dem Stadtgebiet

Die Möglichkeit, eine Tiny-House Siedlung zu realisieren, setzt u. a. voraus, dass ein Grundstück in einer Größenordnung verfügbar ist, auf dem mehrere Häuser in Siedlungsform errichtet werden können. Die Stadt Haan ist nur Eigentümerin weniger Grundstücke, die hierzu in Frage kommen.[2]

 

Die in der Innenstadt bzw. in zentraler Lage liegenden städtischen Grundstücke Rathauskurve, Verwaltungsstandort Alleestraße, VHS Dieker Straße und Bürgerhaus scheiden aus Sicht der Verwaltung aufgrund ihrer innerstädtischen Lage, der umgebenden städtebaulichen Kubaturen und aufgrund entgegenstehender politischer Beschlüsse und Planungsziele aus.

 

Folgende unter dem Gesichtspunkt der Größe potenziell geeignete städtische Grundstücke liegen vorwiegend am Stadt- bzw. Ortsteilrand:

 

1.    Wäldchen am Erikaweg

2.    ehemalige städtische Wohnunterkünfte am Heidfeld

3.    Reservefläche für Flüchtlingsunterkünfte an der Kampheider Straße

4.    Grundschule Bachstraße

5.    „Zirkuswiese“ in Gruiten

Das Grundstück Erikaweg sollte aus Sicht der Verwaltung jedoch nicht weiter betrachtet werden, da hier für die Entwicklung weniger Wohneinheiten ein vorhandener Waldbestand gerodet und erheblich in die bestehende Grünvernetzung zwischen Hildener Heide und dem Bereich Tenger eingegriffen werden müsste.

Die übrigen Grundstücke (Nr. 2-5) kommen aus Sicht der Verwaltung potenziell aufgrund der Größe für eine Tiny-House Siedlung in Frage. Zur weiteren Einschätzung der bauplanungsrechtlichen Entwicklungsmöglichkeit eines Wohngebiets an den Standorten Nr. 2-5 wären jedoch weitergehende Untersuchungen z.B. zu einzelnen Fachbelangen (Immissionschutz, Entwässerung), Flächengrößen, sonstigen Restriktionen durchzuführen.

Für Tiny-House-Siedlungen gelten grundsätzlich bauplanungsrechtlich die gleichen Anforderungen wie für eine „normale“ Wohnbebauung. So kann ein Tiny House, das einer Wohnnutzung dient, nur in einem Baugebiet errichtet oder längerfristig abgestellt werden, das eine Wohnnutzung ermöglicht. Eine der Bedarfsabfrage entsprechende Tiny-House Siedlung wäre bauplaungsrechtlich als Wohngebiet einzuordnen. Nach dem Baulandbeschluss wäre ab einer Größe von 10 Wohneinheiten auch bei Tiny-Houses ein Anteil von 30 % der Wohnfläche als geförderter Wohnungsbau zu errichten.



[1] Darüber hinaus sind im Zusammenhang mit der Abfrage auch gewerblich mit Tiny-Houses befasste Personen - teils auch aus Haan - auf die Verwaltung zugekommen.

[2] Im Hinblick auf die Möglichkeit einer Bedarfsdeckung sind immer auch konkurrierende Nutzungen zu betrachten. Die Verwaltung führt auch eine allgemeine Liste, in die sich Bauland-InteressentInnen für Eigenheime eintragen lassen können. Diese ist mit der Interessentenliste im Rahmen der Tiny-House Abfrage nicht direkt vergleichbar, da sie über mehrere Jahre, aber ohne besondere Abfrage entstanden ist. Die Verwaltung weist jedoch darauf hin, dass auch darin rd. 160 Personen aus verschiedenen Wohnorten (InteressentInnen eher mit Kindern) registriert sind.

 

Beschlussvorschlag:

 

Beschluss gemäß Beratungsergebnis

Finanz. Auswirkung:

 

Es entstehen je nach Beschlusslage ggf. Kosten für gutachterliche Leistungen.