Ergebnis der Abfrage des Bedarfs an alternativer Wohnform
Sachverhalt:
In
Haan gibt es einen hohen Bedarf an bezahlbarem Wohnraum. Gleichzeitig scheinen
sich in einem überörtlichen Trend immer mehr Menschen aus verschiedenen Gründen
für kompaktes Wohnen im eigenen Haus, in sogenannten Tiny-Houses zu interessieren.
Als
Tiny-House (englisch tiny = winzig) wird grundsätzlich ein sehr kleines Gebäude
bezeichnet, das dennoch über alles Wesentliche, was man zum Wohnen braucht,
verfügt. Es gibt mobile Bauformen, die z. B. auf ein Fahrgestell gebaut werden
oder stationäre Bauformen, die nicht bewegt werden können. Ein Tiny-House
benötigt wenig Raum und Grundfläche und kommt mit einem kleinen Grundstück aus.
Die Kosten für die Realisierung dieser Wohnform sind daher meist niedriger als
bei einem freistehenden Einfamilienhaus. Darüber hinaus haben Tiny-House
Siedlungen ein großes Potenzial, auch weitere Komponenten einer ökologischen,
ressourcen- und klimaschonenden Bau- und Lebensweise sowie soziale Ansätze zu
integrieren.
Die
Verwaltung wurde in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planung
und Bau am 09.03.2021 beauftragt, den Bedarf in Haan nach einer Tiny-House
Siedlung abzufragen. Im nächsten SPUBA sollten die Ergebnisse der Abfrage vorgelegt und die
Möglichkeiten der Bedarfsdeckungen auf dem Stadtgebiet besprochen werden.
Nach
einem Erfahrungsaustausch mit Behörden, die bereits eine vergleichbare Abfrage
durchgeführt hatten und teils über kaum zu bewältigende Korrespondenz nach
überörtlicher Bekanntmachung berichtet haben, hat die Verwaltung ihre Abfrage
im April auf der Internetseite der Stadt Haan veröffentlicht. Sie hat die
„örtlichen“ Medien, die regelmäßig über Haaner Themen berichten, über den Start
der Abfrage informiert.
Das
Interesse an einer Parzelle für ein Tiny-House konnte unter Nennung weniger
Angaben (Name, Wohnort, Email-Adresse) formlos bekundet werden. Um die
Vorstellungen und Wünsche bzw. den Bedarf und die Rahmenbedingungen für eine
Tiny-House-Siedlung näher einschätzen zu können, hat die Verwaltung zudem auch
folgende Leitfragen formuliert, an denen sich die TeilnehmerInnen der Abfrage
orientieren konnten.
1.
Wo sehen Sie mögliche Vorteile, Chancen oder
Herausforderungen des Lebens in einer Tiny- House Siedlung?
2.
Möchten Sie ein stationäres Tiny-House oder ein mobiles
Tiny-House realisieren?
3.
Mit wie vielen Personen möchten Sie in dem Tiny-House leben?
Ist ein Kind dabei?
4.
Was sind Ihre Vorstellungen zur Lage im Stadtgebiet bzw. den
Qualitäten des umliegenden Lebensraums?
5.
Was sind Ihre Vorstellungen zur Wohnfläche oder Grundstücksgröße?
6.
Besteht ein Interesse an Angeboten, die gemeinschaftlich
nutzbar sind? Welche sind dies?
7.
Stellen Sie sich ein Tiny-House bzw. eine Tiny-House Siedlung
mit besonderen Komponenten für eine ökologische, ressourcen- und klimaschonende
Bau- und Lebensweise vor? Welche sind dies?
8.
Brauchen Sie (zwingend) einen PKW-Stellplatz /
Gemeinschaftsstellplatz?
9.
Wann würden Sie voraussichtlich die Parzelle für das
Tiny-House benötigen (z. B. eher in bis zwei Jahren, in zwei bis fünf Jahren
oder danach?)
10. Mit
welchem zeitlichen Horizont würden Sie derzeit die Parzelle nutzen wollen? (z.
B. eher bis 2025, bis 2030, bis 2040 oder dauerhaft)
11. Ist
Ihr Interesse an einer Tiny-House-Parzelle auf eine bestimmte Art der
Grundstücksvergabe beschränkt? (z. B. Erwerb von Eigentum, pachten, etc.)
12. Falls
Sie in Haan wohnen: Würden Sie Ihre jetzige Unterkunft mit Nutzung des
Tiny-Houses frei machen? (z. B. aus Mietwohnung ausziehen, Haus oder
Eigentumswohnung verkaufen)
Insgesamt
haben sich rd. 120 InteressentInnen im Zusammenhang mit der Bedarfsabfrage
gemeldet. Viele haben recht umfangreiche und detaillierte Eingaben gemacht und
sind grundsätzlich auf die Leitfragen der Verwaltung eingegangen. U. a. wurden
Beispielbilder und eine Entwurfsskizze eingereicht.[1]
Etwa
die Hälfte der InteressentInnen für eine Tiny House Parzelle lebt bereits in
Haan, rd. ein Viertel in den umliegenden Großstädten, hier der Landeshauptstadt
Düsseldorf oder im Bergischen Städtedreieck. Etwa ein Fünftel der
InteressentInnen wohnt in weiteren kreisangehörigen Städten des Kreises
Mettmann, die übrigen InteressentInnen sind insbesondere im weiteren
Nordrhein-Westfalen zu verorten.
Es
hat eine recht heterogene Gruppe mit sehr verschiedenen Vorstellungen und
Wünschen geschrieben. Das Alter der TeilnehmerInnen der Abfrage reichte dabei
von „gerade volljährig“ bis „fast hochbetagt“. Die TeilnehmerInnen, die ihr
Alter explizit genannt oder erkennen lassen haben, sind insbesondere der
Altergruppe 50 + zuzuordnen.
Einige
Beispiele zu unterschiedlichen Schwerpunkten der InteressentInnen sind in Anlage
1 beigefügt.
Zusammenfassend
sind zu den Leitfragen folgende Hinweise eingegangen:
1. Wo sehen Sie mögliche
Vorteile, Chancen oder Herausforderungen des Lebens in einer Tiny-House
Siedlung?
Viele
InteressentInnen sehen im Tiny-House eine bezahlbare Wohnoption bzw. die
Möglichkeit zur Eigentumsbildung und / oder finanzielle Freiräume.
Auch
die Möglichkeit, mit direktem Bezug und im Einklang mit der Natur zu leben,
steht stark im Vordergrund.
Bereits
junge InteressentInnen möchten ihre Wohn- und Grundstücksfläche reduzieren. Im
Zusammenhang mit der Teilnehmerstruktur wird jedoch mit Schwerpunkt ein
„altersgerechtes kleiner Setzen“ genannt.
Die
TeilnehmerInnen weisen auf Vorzüge von Minimalismus bzw. begrenzter Fläche und
eines überschaubaren Hausstandes hin - in finanzieller Hinsicht, in Bezug auf
die Schonung natürlicher Ressourcen und im Hinblick auf Arbeitsaufwände.
Darüber
hinaus sind Selbstversorgung, Autarkie sowie nachbarschaftliche Kontakte und
Projekte viel genannte Themen.
Viele
sehen mit ihrer Vorstellung von einem Tiny-House die Chance, den ökologischen
Fußabdruck gering zu halten oder dies auch als Herausforderung, da einzelne
Eigenschaften eines Tiny-Houses diesbezüglich nicht ganz so günstig seien.
Eine
Herausforderung sei es, eine Flächengröße zu finden, die die Bestrebungen eines
geringen Flächenverbrauchs mit einem gewissen Maß an Privatsphäre vereint.
Als
Herausforderung wird auch gesehen, dass man enger und gemeinschaftlicher
zusammenlebt, aber im Vorhinein nicht alle Menschen kennt, die mit in die
Siedlung ziehen.
2. Möchten Sie ein
stationäres Tiny-House oder ein mobiles Tiny-House realisieren?
Die
große Mehrheit der TeilnehmerInnen interessiert sich für ein stationäres
Tiny-House.
3. Mit wie vielen Personen
möchten Sie in dem Tiny-House leben? Ist ein Kind dabei?
Die
Tiny-Houses sind insbesondere als 1 oder 2 Personenhaushalte vorgesehen.
Es
haben auch Personen / Familien ein Interesse an einem Tiny-House bekundet, die
im Nachfragezeitraum wahrscheinlich mit Kind einziehen würden. Jedoch ist der
Anteil eher gering.
4. Was sind Ihre
Vorstellungen zur Lage im Stadtgebiet bzw. den Qualitäten des umliegenden
Lebensraums?
Die
Vorstellungen beinhalten Kriterien, die allgemein als gute Lage gelten (ruhige,
„grüne“ Umgebung, Bedarf des täglichen Lebens zu Fuß oder mit dem Fahrrad
erreichbar, gute Nahverkehrsanbindung, etc.). Teils sind die Vorstellungen
konträr (z. B. Innenstadtlage vs. Stadt- bzw. Ortsrandlage). Der Wunsch nach
einer Randlage dominiert.
5. Was sind Ihre
Vorstellungen zur Wohnfläche oder Grundstücksgröße?
Die
Spanne der Vorstellungen zur Wohnfläche reicht für von sehr kleinen Wohnflächen
ab rd. 10 m² bis zu Wohnflächen, die die Verwaltung nicht mehr als
„Tiny-Houses“, sondern eher als „Small-Houses“ bezeichnen würde (Wohnflächen
über 45 qm pro Person plus rd. 15 qm je Person).
Für
Tiny-Houses wurde im Durchschnitt eine Wohnfläche von etwa 45 m² genannt.
Es
wird auf die Vorteile einer Mehrgeschossigkeit auf den erforderlichen Eingriff
in die Fläche hingewiesen.
Die
genannten Grundstücksgrößen für Tiny-Houses liegen im Durchschnitt bei etwa rd.
200 m².
6. Besteht ein Interesse an
Angeboten, die gemeinschaftlich nutzbar sind? Welche sind dies?
Es
besteht ein vielfältiges Interesse an gemeinschaftlich nutzbaren Angeboten.
Dies z. B. zur Selbstversorgung der Anwohner (wie Streuobstwiese, Gemüse- und
Kräutergarten, Hühnerhaltung, Bienen / Imkererzeugnisse), als Freizeit- und
Begegnungsangebote oder für besondere Anlässe, bei denen größere Räume benötigt
werden. Viele TeilnehmerInnen interessieren sich auch für gemeinschaftlich
genutzte Werkzeuge und Maschinen oder Angebote im Zusammenhang mit Mobiliät
(Ladestation für Elektrofahrräder oder Autos, Bike- und Carsharing).
7. Stellen Sie sich ein
Tiny-House bzw. eine Tiny-House Siedlung mit besonderen Komponenten für eine
ökologische, ressourcen- und klimaschonende Bau- und Lebensweise vor? Welche
sind dies?
Eine
große Mehrheit stellt sich besondere Komponenten für eine ökologische,
ressourcen- und klimaschonende Bau- und Lebensweise vor.
Beispiele
sind nachhaltige Baumaterialien, Dämmung, Dachbegrünung, Komposthaufen, Nutzung
von erneuerbaren Energiequellen / Wärmepumpe / „Balkonkraftwerk“,
Regenwassernutzung, Trockentoilette, Bioklärteich.
Es
bestehen sehr große Unterschiede im gewünschten Angebot der technischen
Infrastruktur. Teils wird ein „vollumfänglicher“ Anschluss an
Wasser/Abwasser/Gas / Strom/Telefon/Internet gewünscht, andere streben eine
weitgehende Autarkie an.
8. Brauchen Sie (zwingend)
einen PKW-Stellplatz / Gemeinschaftsstellplatz?
Es wurde überwiegend ein PKW-Stellplatz gewünscht bzw.
als vorteilhaft bezeichnet. Wenige wollen oder können explizit auf einen
PKW-Stellplatz verzichten. Teils liegt ein Stellplatzbedarf direkt am Tiny-House
vor, andere können sich vorstellen, diesen auf Gemeinschaftsstellplätzen
unterzubringen.
9. Wann würden Sie
voraussichtlich die Parzelle für das Tiny-House benötigen (z. eher in bis zwei Jahren, in zwei bis fünf
Jahren oder danach?)
Die
Tiny-House Parzelle wird eher kurzfristig, aber auch oft mittelfristig
benötigt.
10. Mit welchem zeitlichen
Horizont würden Sie derzeit die Parzelle nutzen wollen? (z. B. eher bis 2025,
bis 2030, bis 2040 oder dauerhaft
Die
Nutzung ist insbesondere dauerhaft vorgesehen.
11. Ist Ihr Interesse an einer
Tiny-House-Parzelle auf eine bestimmte Art der Grundstücksvergabe beschränkt?
(z. B. Erwerb von Eigentum, pachten, etc.)
Das
Interesse liegt insbesondere im Erwerb von Eigentum. Mehrere sind flexibel.
Vereinzelt wurde ein Tiny-House auch als Anlageobjekt mit
Vermietungsmöglichkeit gesehen. Von Einzelnen wurde der Wunsch einer Nutzung
mit einem Wohnberechtigungsschein geäußert.
12. Falls Sie in Haan wohnen:
Würden Sie Ihre jetzige Unterkunft mit Nutzung des Tiny-Houses frei machen? (z.
B. aus Mietwohnung ausziehen, Haus oder Eigentumswohnung verkaufen)
Die
Frage war an Interessenten/Innen aus Haan gerichtet, wurde aber von diesen
vergleichsweise wenig beantwortet. Aus dem Gesamtzusammenhang der Antworten ist
davon auszugehen, dass das Tiny-House überwiegend als Alternative und nicht als
zusätzliche Wohnfläche erworben würde.
Möglichkeiten der Bedarfsdeckungen auf dem Stadtgebiet
Die
Möglichkeit, eine Tiny-House Siedlung zu realisieren, setzt u. a. voraus, dass
ein Grundstück in einer Größenordnung verfügbar ist, auf dem mehrere Häuser in
Siedlungsform errichtet werden können. Die Stadt Haan ist nur Eigentümerin
weniger Grundstücke, die hierzu in Frage kommen.[2]
Die
in der Innenstadt bzw. in zentraler Lage liegenden städtischen Grundstücke
Rathauskurve, Verwaltungsstandort Alleestraße, VHS Dieker Straße und Bürgerhaus
scheiden aus Sicht der Verwaltung aufgrund ihrer innerstädtischen Lage, der
umgebenden städtebaulichen Kubaturen und aufgrund entgegenstehender politischer
Beschlüsse und Planungsziele aus.
Folgende
unter dem Gesichtspunkt der Größe potenziell geeignete städtische Grundstücke
liegen vorwiegend am Stadt- bzw. Ortsteilrand:
1.
Wäldchen am Erikaweg
2.
ehemalige städtische Wohnunterkünfte am Heidfeld
3.
Reservefläche für Flüchtlingsunterkünfte an der Kampheider
Straße
4.
Grundschule Bachstraße
5.
„Zirkuswiese“ in Gruiten
Das
Grundstück Erikaweg sollte aus Sicht der Verwaltung jedoch nicht weiter
betrachtet werden, da hier für die Entwicklung weniger Wohneinheiten ein
vorhandener Waldbestand gerodet und erheblich in die bestehende Grünvernetzung
zwischen Hildener Heide und dem Bereich Tenger eingegriffen werden müsste.
Die übrigen Grundstücke (Nr. 2-5) kommen aus Sicht der Verwaltung potenziell
aufgrund der Größe für eine Tiny-House Siedlung in Frage. Zur weiteren
Einschätzung der bauplanungsrechtlichen Entwicklungsmöglichkeit eines
Wohngebiets an den Standorten Nr. 2-5 wären jedoch weitergehende Untersuchungen
z.B. zu einzelnen Fachbelangen (Immissionschutz, Entwässerung), Flächengrößen,
sonstigen Restriktionen durchzuführen.
Für
Tiny-House-Siedlungen gelten grundsätzlich bauplanungsrechtlich die gleichen
Anforderungen wie für eine „normale“ Wohnbebauung. So kann ein Tiny House, das
einer Wohnnutzung dient, nur in einem Baugebiet errichtet oder längerfristig
abgestellt werden, das eine Wohnnutzung ermöglicht. Eine der Bedarfsabfrage
entsprechende Tiny-House Siedlung wäre bauplaungsrechtlich als Wohngebiet
einzuordnen. Nach dem Baulandbeschluss wäre ab einer Größe von 10 Wohneinheiten
auch bei Tiny-Houses ein Anteil von 30 % der Wohnfläche als geförderter Wohnungsbau
zu errichten.
[1] Darüber hinaus sind im Zusammenhang mit der Abfrage auch gewerblich mit Tiny-Houses befasste Personen - teils auch aus Haan - auf die Verwaltung zugekommen.
[2]
Im Hinblick auf die
Möglichkeit einer Bedarfsdeckung sind immer auch konkurrierende Nutzungen zu
betrachten. Die Verwaltung führt auch eine allgemeine Liste, in die sich
Bauland-InteressentInnen für Eigenheime eintragen lassen können. Diese ist mit
der Interessentenliste im Rahmen der Tiny-House Abfrage nicht direkt
vergleichbar, da sie über mehrere Jahre, aber ohne besondere Abfrage entstanden
ist. Die Verwaltung weist jedoch darauf hin, dass auch darin rd. 160 Personen
aus verschiedenen Wohnorten (InteressentInnen eher mit Kindern) registriert
sind.
Beschlussvorschlag:
Beschluss
gemäß Beratungsergebnis
Finanz. Auswirkung:
Es
entstehen je nach Beschlusslage ggf. Kosten für gutachterliche Leistungen.