Betreff
Bürgerbegehren Fahrradschutzstreifen an der B 228
Vorlage
32-2/013/2021
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

1.  Mit Schreiben vom 05. 06. 2021 (Anlage 1 zur Beschlussvorlage Nr. BM/006/2021) hatten Frau Rosemarie Krahwinkel sowie die Herren Detlef Krahwinkel und Oliver Rinn die Absicht erklärt, ein Bürgerbegehren in der Stadt Haan durchzuführen. Auf ihren entsprechenden Antrag hatte der Rat in seiner Sitzung am 29. 06. 2021 die Frist zur Durchführung des Bürgerbegehrens um 6 Wochen verlängert. Die Unterschriftenlisten wurden am 18. 08. 2021 zwei Tage vor Ablauf dieser Frist eingereicht.

 

Die Fragestellung lautet:

„Soll die Markierung eines Fahrradschutzstreifens an der südlichen Seite der Bahnhofstraße von Wilhelmstraße bis Kölner Straße aus dem Handlungskonzept zu Maßnahmen an der B 228 genommen werden?“

 

Ihr Begehren hatte die Vertretung des Begehrens wie folgt begründet:

„Am 25. 03. 2021 hat der Rat der Stadt Haan mehrheitlich zu Maßnahmen an der B228 u. a. entschieden, dass die gutachterlich empfohlene "Markierung eines Schutzstreifens bergauf" wieder ins Handlungskonzept aufgenommen wird.

Eine Umsetzung dieser bisher nicht gebotenen Maßnahme würde zum ersatzlosen Wegfall von 40 PKW-Parkmöglichkeiten zwischen Wilhelmstraße und Kölner Straße führen. Diese Stellplätze sind für anliegende Geschäfte und deren Kundschaft, aber auch für die Bewohner von hoher Bedeutung. Ein Teil der Kunden wird mangels geschäftsnaher Parkmöglichkeiten abwandern, ein anderer Teil Parkmöglichkeiten in den Nebenstraßen suchen und dort den Parkdruck erhöhen.

Der Verzicht auf die Maßnahme ist mit keinen Kosten verbunden, sondern führt zu Einsparungen.“

 

Das Begehren wird von einem ausreichenden Quorum unterstützt. Erforderlich sind 1.770 gültige Unterschriften. Die eingehende Prüfung aller Unterschriften hat ergeben, dass 1.906 Unterschriften gültig sind. Demzufolge ist gemäß Ziffer 1 des Beschlussvorschlages zu entscheiden.

 

 

2.  Das Begehren ist auch inhaltlich statthaft. Es wendet sich gegen einen Teil der vom Rat am 29. 03. 2021 getroffenen Beschlüsse:

 

1.  Der Rat der Stadt Haan hebt den mehrheitlich beschlossenen Änderungsbeschluss des Rates der Stadt Haan vom 04. 07. 2018 zum Handlungskonzept Radverkehr- und Fußgängerverkehr auf S. 78 des Handlungskonzepts unter "Maßnahmen B228" bei Punkt "Bahnhofstraße" auf. Damit werden die vom Gutachter empfohlenen Maßnahmen "Markierung eines Schutzstreifens bergauf" und "Alternativ Ausweisung Höchstgeschwindigkeit 30 km/h" ins Handlungskonzept wieder aufgenommen.

 

  2.  Die im Handlungskonzept Radverkehr- und Fußgängerverkehr mit Stand vom Mai 2018 angeführten Maßnahmen und Radverkehrsanlagen auf der B228 sind mindestens umzusetzen. Insbesondere sind folgende Maßnahmen zu ergänzen:

a.  Die Maßnahmen zur Bahnhofstraße werden mit der Priorität 1 versehen, wie vom Gutachter vorgeschlagen. ….“

 

Hieraus ergibt sich folgender Stand:

 

 

Nr.

 

Straße

 

Maßnahme

Straßen-

baulast

träger

 Prio-

rität

Maßnahmen B 228

 

2

 

Bahnhofstraße

Markierung eines Schutzstreifens bergauf

Beschilderung von Halteverboten

alternativ Ausweisung Höchstgeschw. 30 km/h

LBS NRW

 

1

 

 

 

Am 04. 07. 2018 hatte der Rat beschlossen:

1.  Das Handlungskonzept Radverkehr- und Fußgängerverkehr mit Stand vom Mai 2018 wird mit Ausnahme der auf S. 78 des Handlungskonzepts unter „Maßnahmen B228“ bei Punkt 2 „Bahnhofstraße“ aufgeführte erste und dritte Spiegelstriche beschlossen.

  2.  Die Verwaltung wird jährlich über den Stand der Umsetzung des Maßnahmenkonzeptes berichten.“

Hiernach gilt der Beschluss über eine Beschilderung von Halteverboten seit mehr als drei Jahren unverändert. Dahingegen gilt die Beschlusslage für die Markierung eines Schutzstreifens und die alternative Ausweisung einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h erst seit dem 29. 03. 2021.

 

2.1  Somit konnte die Markierung eines Schutzstreifens Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein, weil die Ausschlussfrist nach § 26 Abs. 3 Satz 2 GO NRW nicht abgelaufen war. Es bedurfte auch keines Begehrens gegen eine Verringerung der Höchstgeschwindigkeit, weil diese eine Alternative zum Schutzstreifen darstellt und nicht dessen Bestandteil ist. Zudem ist der Fragestellung des Bürgerbegehrens zu erkennen, dass eine Geschwindigkeitsbegrenzung nicht abgelehnt wird.

 

Ferner ist es für den Beginn dieses Begehrens weder erforderlich noch möglich, zunächst die Umsetzung der Geschwindigkeitsbegrenzung abzuwarten. Denn die Einleitung eines Bürgerbegehrens nach Scheitern der Geschwindigkeitsbegrenzung wäre wegen Ablaufs der Ausschlussfrist unzulässig geworden. Zudem ist die Geschwindigkeitsbegrenzung als Alternative zum Schutzstreifen beschlossen worden. Dies lässt den Schluss zu, dass sie erst umgesetzt werden soll, falls der Schutzstreifen nicht angelegt werden kann. Ein zeitlicher Vorrang der Geschwindigkeitsbegrenzung oder eine Gleichrangigkeit mit dem Schutzstreifen ist der Beschlusslage nicht zu entnehmen.

 

Vielmehr ist der in der Sitzung am 29. 03. 2021 zuvor gestellte Antrag auf eine zeitliche und inhaltliche Priorisierung der Geschwindigkeitsbegrenzung:

„Vor Installation eines Radschutzstreifens auf der B228 im Bereich der Bahnhofstraße wird eine intensive Prüfung mit dem Ziel, in dem genannten Bereich ganztägig eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Km/h festzusetzen, durchgeführt. Sollte die zuständige Behörde einer ganztägigen Anordnung der Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h zustimmen, wird von der Installation des Radschutzstreifens abgesehen.“

abgelehnt worden. Hierdurch hat der Rat vorgegeben, dass die Anlegung eines Schutzstreifens weder zeitlich noch inhaltlich von einer Geschwindigkeitsbegrenzung abhängig sein soll.

 

2.2  Allerdings ist Gegenstand des Bürgerbegehrens nicht die Aufhebung einer Beschilderung von Halteverboten. Daher würde ein Verzicht auf den Schutzstreifen für Radfahrer sich nach der Beschlusslage nicht unmittelbar gegen einen drohenden Verlust von Parkmöglichkeiten auswirken. Denn der Beschluss über die Beschilderung von Halteverboten wäre noch existent, auch wenn dieser im Zusammenhang mit der Markierung des Schutzstreifens zu sehen ist.

 

Dennoch ist zu erwarten, dass bei einem Ausbleiben des Schutzstreifens auch der Beschluss über die Anordnung von Halteverboten keinen Bestand haben wird. Denn bei einem Wegfall des Schutzstreifens müsste die Anordnung von Halteverboten besonders begründet werden.

 

Angesichts der aktuellen Verkehrssituation ohne Schutzstreifen und Halteverbote drängt sich kein besonderer Grund auf, Halteverbote anzuordnen. Der Zusammenhang mit dem Schutzstreifen würde fehlen, und die Herausnahme parkender Fahrzeuge aus dem Straßenraum würde die Fahrbahnbreite vergrößern, höhere Geschwindigkeiten befürchten lassen und unvereinbar mit den verkehrspolitischen Zielen sein.

 

Zudem würde eine Ausführung der beschlossenen Beschilderung von Halteverboten bei einer unzureichenden Begrünung mit überwiegenden Erfolgsaussichten gerichtlich anfechtbar sein. Daher dürfte ein erfolgreiches Begehren mittelbar dazu führen, dass keine Halteverbote eingerichtet werden.

 

 

2.3  Mögliche Szenarien

 

Sollte der Rat dem Bürgerbegehren entsprechen, würde kein Schutzstreifen markiert werden. Die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung könnte dahingegen weiterverfolgt werden. Der Beschuss über Halteverbote sollte mangels Erforderlichkeit aufgehoben bzw nicht umgesetzt werden.

 

Entspricht der Rat dem Begehren nicht, ist innerhalb von drei Monaten nach dieser Entscheidung ein Bürgerentscheid durchzuführen. Dies wäre spätestens am 13. 03. 2022 geboten. Die Verwaltung schlägt auch keinen früheren Termin vor, weil nach der städtischen Satzung über die Durchführung von Bürgerentscheiden eine Vielzahl an Vorbereitungen zu treffen ist.

 

Allein die Benachrichtigung der Abstimmungsberechtigten und die Einrichtung einer Abstimmung per Brief bedingen einen zeitlichen Vorlauf von mindestens 7 Wochen vor dem Abstimmungstag. Daneben sind Abstimmungslokale festzulegen sowie Abstimmungsvorstände zu besetzen und vorher zu schulen.

 

Mit der Benachrichtigung der Abstimmungsberechtigten ist ein Abstimmungsheft zu versenden. Dies besteht u. a. aus:

 

-    Titelseite mit der Überschrift Abstimmungsheft/Informationsblatt der Stadt Haan zum Bürgerentscheid und den unverändert zu übernehmenden Text der zu entscheidenden Frage sowie Tag und Uhrzeit, zu denen die Stimmräume für die Stimmabgabe geöffnet sind und bis zu denen der Stimmbrief beim Bürgermeister eingegangen sein muss.

-    Kurze sachliche Begründung der Vertretungsberechtigten des Bürgerbegehrens.

-    Kurze sachliche Begründung der im Rat vertretenen Fraktionen, die das Bürgerbegehren abgelehnt haben.

     Kurze sachliche Begründung der im Rat vertretenen Fraktionen, die dem Bürgerbegehren zugestimmt haben.

-    Übersicht über die Stimmempfehlungen der im Rat vertretenen Fraktionen samt Angabe ihrer Fraktionsstärke. Sondervoten einzelner Ratsmitglieder und die Stimmempfehlung der Bürgermeisterin sind auf deren Wunsch wiederzugeben.

 

Über Umfang und sachlichen Inhalt der Kurzbegründungen, Empfehlungen und Voten ist eine einvernehmliche Verständigung aller Beteiligten mit der Bürgermeisterin zu erzielen. Dies bedeutet, dass wegen Drucklegung und Versand das Einvernehmen bis zum 10. 01. 2022 in Gestalt einer endgültigen Textfassung hergestellt sein muss.

 

Sollte dies angesichts der Ferienzeit nicht möglich sein, würde das Abstimmungsheft weniger Informationen enthalten. Dann würde sich die Darstellung im Abstimmungsheft auf die Unterrichtung über den Ablauf der Abstimmung, eine Erläuterung des Verfahrens der Stimmabgabe durch Brief und den Begründungstext des Bürgerbegehrens sowie die Übersicht über die Stimmempfehlungen der im Rat vertretenen Fraktionen, der Bürgermeisterin und eventueller Sondervoten einzelner Ratsmitglieder beschränken.

 

 

2.4  Ergänzend weist die Verwaltung darauf hin, dass der Erfolg eines Bürgerentscheid nach § 26 Abs. 7 GO NRW von den nachstehenden Voraussetzungen abhängig ist. Zunächst müsste die Mehrheit der Abstimmenden die zur Entscheidung gesellt Frage mit „Ja“ beantwortet haben. Zudem müsste diese Mehrheit mindestens 20 % der Bürger, also der am Abstimmungstag zur Gemeindewahl wahlberechtigten Personen betragen. Unter Zugrundelegung von 25.278 Wahlberechtigten bei der letzten Wahl am 13. 09. 2020 wären dies mindestens 5.056 gültige Ja-Stimmen.

Beschlussvorschlag:

 

1.    Die Voraussetzungen liegen vor, dass mindestens 7 % der Haaner Bürgerinnen und Bürger das Bürgerbegehren gegen die Markierung eines Fahrradschutzstreifens an der südlichen Seite der Bahnhofstraße von Wilhelmstraße bis Kölner Straße unterzeichnet haben.

 

2.    Dem Bürgerbegehren wird entsprochen

oder

Es wird ein Bürgerentscheid mit der Fragestellung:

„Soll die Markierung eines Fahrradschutzstreifens an der südlichen Seite der Bahnhofstraße von Willhelmstraße bis Kölner Straße aus dem Handlungskonzept zu Maßnahmen an der B 228 genommen werden?“

durchgeführt. Der Bürgerentscheid findet am 13. 03. 2022 statt.

Finanz. Auswirkung:

 

Bei Durchführung eines Bürgerentscheids sind für Drucklegung, Benachrichtigungen, Versand von brieflichen Abstimmungen, Besetzung von Abstimmungslokalen insgesamt Kosten von mindestens 25.000 € zu erwarten. Nicht einbezogen sind die Personalkosten von ca. 10.000 € für den Einsatz hauptamtlicher Dienstkräfte z. B. wegen Bearbeitung von Anträgen auf briefliche Abstimmung, Organisation des Bürgerentscheids, Herrichtung der Abstimmungslokale und Prüfung des Abstimmungsergebnisses.