Betreff
Artenschutz für städtische Natur- und Grünflächen
hier: Bürgerantrag vom 24.06.2021
Vorlage
70/011/2021
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Grundsätzlich befürwortet die Verwaltung die Ideen und Ziele des Bürgerantrags und sieht zumindest in Teilen bereits Schnittmengen mit der aktuellen Beschlusslage, z.B. der am 25.03.2021 vom Rat der Stadt beschlossenen Nachhaltigkeitsstrategie, dem Beschluss zum Insektenschutz auf kommunalen Grünflächen vom 18.12.2018 (Vorlage 70/022/2018) sowie dem Beschluss zum Schutz der Insekten auf landwirtschaftlichen Nutzflächen im Eigentum der Gartenstadt Haan (Vorlage 60/054/2018).

 

Im Einzelnen fordert der Antragsteller:

1. Extensive Pflege öffentlicher Grünflächen

2. Die Neuanlage von mehrjährigen Wildpflanzbeeten und Wildblumenwiesen

3. Wildpflanzen auf Friedhöfen

4. Naturnahe Weg- und Feldraine

5. Neuausschreibungen von Pachtverträgen

6. Fachstelle am Bauhof schaffen

7. Lichtverschmutzung reduzieren

 

Die Breite der Forderungen, der damit verbundene Aufwand und die aus den geforderten Maßnahmen möglicherweise resultierenden Auswirkungen auf das Stadtbild erfordern aus der Sicht der Verwaltung ein koordiniertes Vorgehen, welches auch eine sinnhafte Verknüpfung und Berücksichtigung bereits beschlossener, artenschutzrelevanter Maßnahmen ermöglicht.

 

Aus diesem Grund schlägt die Verwaltung vor, im Rahmen des Zertifizierungsprozesses „StadtGrün naturnah“, begleitet von den Experten des „Kommunen für biologische Vielfalt e.V.“ sowie einer LAG (Lokale Arbeitsgruppe), eine entsprechende Strategie für die Qualifizierung der kommunalen Grünflächen mit daraus resultierenden Zielsetzungen und einem Maßnahmenplan zu entwickeln.

 

Der Kommunen für biologische Vielfalt e.V. wurde im Jahr 2012 gegründet und ist ein Bündnis von mittlerweile 316 Gemeinden, Städten und Landkreisen:

 

Das Bündnis stärkt die Bedeutung von Natur im unmittelbaren Lebensumfeld der Menschen und rückt den Schutz der biologischen Vielfalt in den Kommunen in den Blickpunkt. Es dient den Kommunen zum Informationsaustausch und unterstützt sie bei der Öffentlichkeitsarbeit. Auch Fortbildungsangebote für Verwaltungsangestellte sowie gemeinsame Aktionen und Projekte stehen auf der Agenda. Über die Homepage sowie den Newsletter informiert das Bündnis regelmäßig über aktuelle Entwicklungen im Bereich des kommunalen Naturschutzes.

 

Wichtigstes Ziel des Bündnisses ist der Schutz und die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt. Bereits vor der Bündnisgründung haben sich engagierte Kommunen aus ganz Deutschland diesbezüglich über wesentliche Eckpunkte verständigt. Entstanden ist die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“, in der zentrale Handlungsfelder des kommunalen Naturschutzes genannt und mit konkreten Zielen und Maßnahmen unterlegt werden. Die Deklaration soll als freiwillige Selbstverpflichtung Kommunen bundesweit dazu motivieren, den Erhalt der biologischen Vielfalt als Grundlage einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu berücksichtigen und entsprechende Anforderungen in kommunale Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Sie bildet darüber hinaus die naturschutzfachliche Grundlage sowie satzungsgemäß den inhaltlichen Rahmen des Bündnishandelns. Bis November 2013 haben mehr als 250 Kommunen die Deklaration „Biologische Vielfalt in Kommunen“ unterzeichnet.

 

Urbane Grünflächen wie Parks, Gärten, Gewässer, Stadtwälder oder Brachflächen mit ihrer Vielfalt an Nutzungsarten und -intensitäten bilden ein buntes Mosaik unterschiedlichster Lebensräume und somit beste Voraussetzungen für großen Artenreichtum. Außerdem tragen sie zur Lebensqualität der Menschen bei und ermöglichen wertvolle Naturerfahrungen im unmittelbaren Arbeits- und Wohnumfeld. Jede neue Straße und Stadtentwicklungsmaßnahme hat direkte Auswirkungen auf Boden, Vegetation und Mikroklima. Werden biodiversitätsrelevante Gesichtspunkte frühzeitig berücksichtigt, können negative Einwirkungen minimiert und neue Strukturen zum Erhalt der biologischen Vielfalt geschaffen werden. Das Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ will die Kommunen dabei unterstützen, dieses Potential für Mensch und Natur zu fördern.

Quelle: www.kommbio.de

 

 

 

Der gesamte Zertifizierungsprozess wird mindestens 12 Monate in Anspruch nehmen und startet mit einer eingehenden Bestandsaufnahme.

 

Im Wesentlichen umfasst der Zertifizierungsprozess die folgenden Punkte:

1.    Bestandserfassung mit Bewertung

2.    Festlegen von Handlungsfeldern / Optimierungspotenzialen
(mit Unterstützung Label-Geber und LAG)

3.    Entwicklung und Verabschiedung einer Grünflächenstrategie

4.    Ausarbeitung eines Maßnahmenplans
(mit Unterstützung Label-Geber und LAG)

5.    Erst-Zertifizierung (Gold/Silber/Bronze) für drei Jahre

6.    Umsetzung der verabschiedeten Maßnahmen

7.    Evaluierung / Rezertifizierung (alle drei Jahre)

8.    Fortschreibung, jeweils über weitere drei Jahre

 

Berichte aus Kommunen, welche den Labelprozess bereits durchlaufen haben, sind überaus positiv. So berichtet z.B. die Stadt Trier über eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung gegenüber artenschutzrelevanten Maßnahmen im Stadtgrün. Besonders hervorgehoben seitens der Stadtverwaltung Trier wurde der im Rahmen des Prozesses verbindlich festgelegte Handlungsrahmen (Grünflächenstrategie), welcher der Verwaltung als ein Leitfaden für die Entscheidungsprozesse in den laufenden Geschäften der Verwaltung dient.

 

Aufgrund des zu erwartenden Bearbeitungs- und Koordinierungsaufwands kann der Prozess nicht mit den derzeit vorhandenen, personellen Ressourcen des Dezernats III begleitet werden.

 

Somit wäre eine zwingende Voraussetzung zur weiteren Bearbeitung des zur Rede stehenden Bürgerantrags im Rahmen des Labelprozesses „StadtGrün – naturnah“ die Besetzung der zusätzlichen Projektingenieurstelle bei Amt 70 (Vorlage 10/076/2021).

 

Beschlussvorschlag:

Den grundsätzlichen Ideen und Zielen dieses Bürgerantrags folgend, wird die Verwaltung beauftragt, eine Teilnahme an dem Zertifizierungsprozess „StadtGrün naturnah“ über das Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt e.V.“ zu beantragen.

 

Finanz. Auswirkung:

Es werden für die Teilnahme an dem Zertifizierungsprozess „StadtGrün – naturnah“ und der damit verbundenen Unterstützung externer Fachexpertise insgesamt 4.760 € brutto fällig, jeweils hälftig aufgeteilt auf die Haushaltsjahre 2022 und 2023. Der Betrag kann aus dem laufenden Haushalt bzw. dem Produktbereich des Amtes 70 gedeckt werden.

 

Darüber hinaus ist für die Begleitung des gesamten Prozesses ein entsprechend qualifizierter Stellenanteil bei Amt 70 erforderlich. Hierfür kann ein noch zu definierender Anteil an der zusätzlichen Projektingenieurstelle bei Amt 70 (Vorlage 10/076/2021) verwendet werden.