Betreff
Lärmaktionsplanung
hier: Beschluss zur Diskussionsveranstaltung für die Öffentlichkeit
Vorlage
61/009/2010
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 Bisheriges Verfahren

Der Rat der Stadt Haan hat am 16.12.08 die Aufstellung eines Lärmaktionsplans für das Gemeindegebiet beschlossen. Durch Lärmaktionspläne gemäß § 47 d BImSchG sollen Lärmprobleme und Lärmauswirkungen insbesondere in den Gebieten, die sich bei der Kartierung gemäß § 47 c BImSchG als besonders belastet herausgestellt haben, geregelt und ruhige Gebiete vor einer Zunahme des Lärms geschützt werden. Dazu kann die Stadt Haan in ihrem Ermessen Maßnahmen festlegen und Prioritäten für deren Realisierung setzen. Die Grundlagen zur Lärmaktionsplanung, das inhaltliche Konzept sowie das vorgesehene Verfahren wurden bereits in zwei Sitzungen des Planungs-, Umwelt- und Verkehrsausschusses vorgestellt.[1]

 

 

 

Analyse der Lärmsituation, Betroffenheitsanalyse

Mit der Erarbeitung des Lärmaktionsplans, Stufe 1, wurde das Büro Stadtverkehr aus Hilden zusammen mit dem Unterauftragnehmer Büro Accon aus Köln beauftragt.

 

In Bezug auf den Straßenverkehrslärm konnte die Analyse der Lärmsituation weitgehend abgeschlossen werden. Als Grundlage hierfür wurde die Lärmkarte für Haan, die 2008 vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) zur Verfügung gestellt wurde, auf Plausibilität geprüft und neu berechnet. Bei der Neuberechnung wurde neben der Autobahn A46 auch schon die Bundesstraße B228 mit berücksichtigt. Die Straße wurde bei der Lärmkartierung durch das LANUV im Jahr 2007 nicht erfasst, da sie im Meldejahr 2005 nicht das maßgebliche Verkehrsaufkommen erreichte.[2] Heute werden die Grenzwerte für die 1. Stufe der Lärmkartierung überschritten. Die neuen Lärmkarten für die Lärmindizes LDEN und Lnight [3] zum Stichtag 01.10.2009 sind der Sitzungsvorlage beigefügt (siehe Anlagen 1 und 2).

 

Die Zahl der in Haan in ihren Wohnungen durch Umgebungslärm belasteten Menschen wurde nach 34. BImSchV § 4 Abs. 5 [4] in Verbindung mit VBEB Ziff. 3 [5] ermittelt:

 

-          226 Menschen sind ganztägig sehr hohen Belastungen (LDEN >70 dB(A)) ausgesetzt und 298 Menschen sind in der Nacht sehr hohen Belastungen (LNight >60 dB(A)) ausgesetzt.

 

-          602 Menschen sind ganztägig hohen Belastungen (LDEN 65 .. 70 dB(A)) ausgesetzt und 663 Menschen sind in der Nacht hohen Belastungen (LNight 55 .. 60 dB(A)) ausgesetzt.

 

Die Lärmkarten genügen nicht, um die Hauptbetroffenen ausreichend genau zu erfassen. Zwar können in diesen Karten die Bereiche bzw. die Gebäude mit sehr hohen und hohen Belastungen identifiziert werden, jedoch wird dort weder die Anzahl der betroffenen Personen noch die Höhe der Belastung berücksichtigt. Deshalb wurde auch der sogenannte Noise Score gemäß Probst ausgewertet. Der Noise Score ist ein Lärmbewertungsmaß, das die Anzahl der Einwohner einbezieht und das der Höhe der Pegel ein besonderes Gewicht verleiht, indem hohe Lärmpegel überproportional bewertet werden. Somit kann nicht zuletzt auch das Gefährdungspotential durch hohe Lärmpegel besser berücksichtigt werden. Durch die farbliche Darstellung des Noise Score in Karten (siehe Anlage 3) können die sog. Hot Spots hervorgehoben werden, an denen die Lärmaktionsplanung sinnvoller weise ansetzen sollte.

 

In Bezug auf den Schienenverkehrslärm war eine Plausibilitätsüberprüfung / Neuberechnung der 2008 vom Eisenbahnbundesamt (EBA) zur Verfügung gestellten Lärmkarten nicht möglich. Denn auf die erforderlichen Daten des EBA konnte nicht zugegriffen werden.

 

Das LANUV empfiehlt vor diesem Hintergrund zunächst die Aufstellung eines Teilaktionsplans für den Straßenverkehr. Für diesen kämen grundsätzlich die nachfolgenden Maßnahmenvorschläge in Betracht. Die Stadtverwaltung und die beauftragten externen Dienstleister prüfen zur Zeit die Machbarkeit dieser Maßnahmen.

 

 

 

Mögliche Maßnahmenvorschläge für die Problembereiche in Haan

 

Generelle Vorschläge für die B228

M 1: Absenkung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf der B228 innerhalb der Stadtgrenze von Haan  auf 30 km/h

             
In geschlossenen Ortschaften werden mit der Herabsetzung von Tempo 50 km/h auf Tempo 30 Pegelminderungen von 1,5 dB(A) bis 2,5 dB(A) erreicht. Dieser Effekt kann aber noch verstärkt werden, wenn sich durch die Verlangsamung des Verkehrs eine Verstetigung des Verkehrslärms ergibt. Die Straßenverkehrsbehörde kann demnach Tempo 30 für den ganzen Tag oder nur für die Nachtstunden anordnen, wenn dies dem „Schutz der Bevölkerung vor Lärm“ dient. Eine solche Maßnahme ist oft besonders wirksam, da an Hauptverkehrsstraßen meist hohe Immissionspegel und hohe Einwohnerdichten zusammen treffen. Nicht nur der Mittelungspegel sinkt durch eine solche Maßnahme, es lassen sich dadurch insbesondere auch die besonders lästigen Spitzenpegel durch Kraftfahrzeuge mit überhöhter Geschwindigkeit erheblich reduzieren. Eine Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit verringert neben dem Lärm auch die Schadstoff- bzw. CO2-Emissionen und die Unfallhäufigkeit.

Die Bundesstraße 228 hat eine regionale Bedeutung. Eine Absenkung der Höchstgeschwindigkeit würde allerdings die Aufnahmefähigkeit der Straße herabsetzen. Des Weiteren käme es bei dem Busverkehr zu  Fahrzeitverlängerungen. Diese Maßnahme ist auch als zeitlich begrenztes Tempolimit denkbar.

 

M 2: Absenkung der Geschwindigkeitsbeschränkung auf der B228 auf 30 km/h
in Teilbereichen  zwischen:

 

-           Straße Buschhöfen und Jägerstraße (Abschnitt B228 Bahnhofstraße)

-            Turnstraße und Nordstraße

Durch eine Reduzierung  in den genannten Abschnitten kann die Lärmemission verringert werden. In genannten Abschnitten befinden sich sog. Hot Spots. Allerdings würde auch diese Teilbeschränkung zu den bereits unter M 1 aufgeführten Problemen führen.

 

M 3: Verstärkte Überwachung der Geschwindigkeitsbeschränkungen durch Geschwindigkeitsmessungen         

M 4: Reduzierung des Straßenquerschnittes auf der B228 mit folgenden Ergänzungen:


-            Errichtung bzw. Ergänzung eines Radweges in beiden Richtungen    
             (Radangebotsstreifen oder Radweg)

-            Mittelstreifen zur Verbesserung der Querung der Straße

 

M 5: Nachtfahrverbot für den Schwerlastverkehr ab Hochdahler Straße (von Hilden kommend) und ab Nordstraße (von der A46 kommend).

           

M 6: Durchfahrtsverbot für den Schwerlastverkehr auf der B228 für den Schwerlastdurchgangsverkehr ab Hochdahler Straße (von Hilden kommend) und ab Nordstraße (von der A46 kommend).

 

Bei Nachtfahrt- bzw. Durchfahrverboten für bestimmte Abschnitte, muss bedacht werden, dass es zu Verlagerungseffekten kommen kann, bzw. das dies zu einer Mehrbelastung auf den Umleitungsstrecken führt (Hochdahler Straße, Flurstraße, Dieker Straße, Feldstraße, Nordstraße)

 

M 7: Einsatz von lärmoptimiertem Asphalt (LOA 5 D, Lärmarmer Splittmastixasphalt):

 

-           Etwa 4 dB(A) Lärmminderung (bei LKW Reifen nur rund 1dbA)

-            Geschwindigkeit min. 50 km/h

 

LOA 5 D wird bereits in der Landeshauptstadt Düsseldorf erfolgreich innerstädtisch eingesetzt.

 

M 8: Verstetigung des Verkehrsablaufes durch Anpassung der Grünen Welle auf der B228  auf die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h (Unterstützung zu M 1)

 

M 9: Verstetigung des Verkehrsablaufes durch Anpassung der Grünen Welle auf der B228  auf die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h (Unterstützung zu M 7). Der Landesbetrieb Straßen NRW rüstet zur Zeit 10 Ampelanlagen um (der Umbau soll bis April 2010 abgeschlossen sein), um eine Optimierung des Verkehrsflusses zu erreichen.

 

M 10: Umleitung des Durchgangsverkehrs über die Hochdahler Straße bzw. Nordstraße

 

M 11: Schallschutzfensterprogramm für betroffene Wohnungen

 

M 12: Stärkung des ÖPNV und Steigerung des Radverkehranteils durch Nutzung vorhandener Potentiale und Ausbau des Angebots. Optimierung des Buslinienangebots (z. B. Anbindung des Gewerbegebiets „Haan Ost“ und Anbindung von lückenhaften Einzugsbereichen) und Erhöhung des Radfahreranteils.

 

 

Generelle Vorschläge für die A 46

 

Die möglichen Maßnahmen für die A 46 sind begrenzt. In erster Linie kommen dafür in Frage:

 

-                      Offenporiger Asphalt (OPA, zweifach offenporig)

-                      Optimierung der Schallschutzeinrichtungen

-                      Zeitlich begrenztes Tempolimit

-                      Schallschutzfenster betroffener Wohnungen

 

 

 

Öffentlichkeits- und Trägerbeteiligung

 

Laut Umgebungslärmrichtlinie muss es für die Öffentlichkeit rechtzeitige und effektive Mitwirkungsmöglichkeiten bei der Erstellung der Lärmaktionspläne geben. Die Verwaltung empfiehlt, eine Bürgerdiskussionsveranstaltung durchzuführen, da sich diese Beteiligungsform bei ähnlichen Planungsverfahren (Bauleitplanung) bewährt hat. In der Veranstaltung soll den betroffenen Bürgern die Möglichkeit gegeben werden, sich über die EU-Umgebungslärmrichtlinie und die Lärmkonflikte vor Ort zu informieren. Zudem werden grundsätzlich in Betracht kommende Maßnahmen / Vorschläge für den Lärmaktionsplan vorgestellt. Die Bürger haben in der Veranstaltung die Möglichkeit, Anregungen und Hinweise zu den jeweiligen Lärmaktionsplanbereichen einzubringen. Diese sind bei der Aufstellung des Lärmaktionsplans zu berücksichtigen.

 

Die Maßnahmenvorschläge werden auch an die Träger öffentlicher Belange und Baulastträger (z. B. Landesbetrieb Straßen NRW) mit der Bitte um Stellungnahme verschickt.

 

Der Planungs- und Umweltausschuss wird über die Ergebnisse der Beteiligungsverfahren unterrichtet.

 

 

 



[1] vgl. Vorlage zur Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Verkehrsausschusses am 26.08.2008 und

Vorlage zur Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Verkehrsausschusses am 02.12.2008.

 

[2] 2005 mussten u. a. Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen mit mehr als 6 Millionen Kfz/Jahr gemeldet werden.

[3] Der Lden ist ein gewichteter Mittelwert, der zwölf Tagesstunden (von 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr), vier Abendstunden (von 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr) und acht Nachtstunden (von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) umfasst. Der Lnight betrifft nur die acht Nachtstunden. Je höher die Werte für die Lärmindizes sind, desto lauter ist es.

[4] Bundesimmisionsschutzverordnung

[5] Vorläufige Berechnungsmethode zur Ermittlung der Belastetenzahlen durch Umgebungslärm

Beschlussvorschlag:

„Die Öffentlichkeit wird nach § 47 d Abs. 3 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) zu Vorschlägen für den Lärmaktionsplan gehört. Sie erhält die Möglichkeit, frühzeitig an der Ausarbeitung des Lärmaktionsplans mitzuwirken. Hierzu ist auf der Grundlage der Vorentwurfsplanung eine Diskussionsveranstaltung durchzuführen.“

 

 

 

Finanz. Auswirkung:

keine