Betreff
Mögliche Hilfestellung für Einwohner_innen, die aufgrund der Energiepreissituation in finanzielle Not geraten.
Vorlage
50/016/2022
Art
Informationsvorlage

Sachverhalt:

Zurzeit sorgen explodierende Strom- und Gaspreise bundesweit für sozialen Sprengstoff. Millionen Bürgerinnen und Bürger sind mit Energiekosten bis ins Dreifache konfrontiert, ohne sich dagegen wehren zu können. Das kann schnell mehrere tausend Euro pro Jahr bedeuten. Dem Seniorenbeirat liegen zudem Informationen vor, dass die Stadtwerke Haan keine Neukunden aufnehmen. Wie reagiert die Stadt Haan/Verwaltung darauf? Dazu einige Fragen, die ggfs. vor dem nächsten Ausschuss für Soziales, Integration und Generationen (SIGA) beantwortet werden können:

 1.    Kann sich die Verwaltung vorstellen, entsprechenden Einfluss auf die
        Stadtwerke geltend zu machen:

a.    Einen "Sozialtarif" für Strom und Gas aufzulegen?

b.    Härtefall/Sozialverträge abzuschließen, für günstigere Tarife als in der
       Grundversorgung?

c.     Mit dem Amt für Soziales zusammen zu arbeiten, wenn ihnen Problemfälle
        bekanntwerden?

d.    Geldbeträge zu stunden, bis Anträge beim Amt für Soziales gestellt bzw.
       bewilligt wurden?

Antwort der Stadtwerke zu a) und b):

Die aktuelle Energiepreiskrise bedeutet für die Stadtwerke Haan GmbH, dass ihre Beschaffungskosten für Strom und Gas um ein Vielfaches angestiegen sind. Diese gestiegenen Beschaffungskosten müssen leider sukzessive durch noch bevorstehende, sehr wahrscheinlich sogar unterjährige Preisanpassungen der Strom- und Gasverkaufspreise entsprechend weitergegeben werden, was momentan lediglich durch die langfristige Beschaffungsstrategie der Stadtwerke Haan GmbH abgemildert werden konnte. Auch nach den Prognosen der internationalen Energieagentur dürften die extrem hohen Energiepreise mindestens über das ganze Jahr hinweg anhalten, sodass alle Energieversorgungsunternehmen vermutlich kontinuierlich preislich entsprechend nachziehen werden.

Hinsichtlich der Stromversorgung in Haan ist die E:ON und hinsichtlich der Gasversorgung die Stadtwerke Haan GmbH der zuständige Grundversorger mit der entsprechenden Grundversorgungspflicht. Dies bedeutet auch, dass die Stadtwerke Haan GmbH aufgrund der fehlenden Grundversorgungspflicht im Strombereich z.Zt. zur Vermeidung erheblicher Beschaffungsrisiken keine neuen Stromkunden aufnimmt. Dies wird sich sicherlich dann wieder ändern, wenn sich ein neues stabileres Beschaffungsniveau eingestellt hat und die Verkaufspreise entsprechend angepasst werden konnten. Bis dahin führen wir „Interessentenlisten“, welche von uns dann entsprechend bearbeitet werden.

Bezüglich der Gasversorgung ist, wie bereits geschildert, mit weiteren spürbaren Preissteigerungen zu rechnen. Die entsprechenden Gasgrundversorgungstarife der Energieversorgungsunternehmen und somit auch die der Stadtwerke Haan GmbH haben rein energierechtliche und energiewirtschaftliche Anforderungen unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu erfüllen. Zusätzlich ist für die Energieart Gas auch noch zu beachten, dass sich diese im Substitutionswettbewerb z.B. zu Öl befindet. So sehr die sozialen Auswirkungen der Energiepreiskrise insbesondere auch für sozial schwache Menschen nachvollziehbar sind, sind die hieraus entstehenden sozialpolitischen Aufgaben für Menschen in Notlagen durch die Sozialbehörden und nicht durch die Energieversorgungsunternehmen zu lösen. Möglicherweise kommt es in dieser Hinsicht auch zur Neuregelung beim Wohngeld, dem Energiekostenzuschuss o.ä..

Selbstverständlich informieren die Mitarbeitende der Stadtwerke Haan GmbH aber auch über Rabattmöglichkeiten im Rahmen des bestehenden Sondervertragsportfolios HAAN & SPAR oder zu Ratenzahlungsmöglichkeiten.

Antwort der Verwaltung zu c) und d):

Eine direkte Zusammenarbeit zwischen dem Amt für Soziales und Integration und den Stadtwerken Haan ist aufgrund der Datenschutzregelungen grundsätzlich nicht möglich. In der Regel erfolgt bei Strom- oder Heizkostennachforderungen eine Kontaktaufnahme des Betroffenen mit dem Fachamt. Dort werden die angemessenen Heizkostennachzahlungen im Wege der Kosten für die Unterkunft und Heizung übernommen. Hierbei ist der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit pflichtgemäß auszulegen.

Bei Stromnachzahlungen gelten andere gesetzliche Grundlagen. Grundsätzlich sind die Kosten in den pauschalen Regelbedarfen enthalten. Eine Möglichkeit der Anpassung der Regelsätze besteht für den Sozialleistungsträger nicht. Hier muss der Bundesgesetzgeber die entsprechenden pauschalen Beträge (derzeit maximal 38,05 €) für die Energiekosten festsetzen.

Im Rahmen der Jahresrechnung können bei Stromnachzahlungen Darlehen nach § 37 SGB XII gewährt werden, um eine Notlage der Betroffenen zu verhindern. Dass den Betroffenen mit der Darlehensgewährung im Endeffekt nicht geholfen ist, muss nicht weiter ausgeführt werden.

 

2.   Kann sich die Stadt Haan/Verwaltung vorstellen, einen finanziellen
      Unterstützungsfonds, ähnlich wie bei Corona, aufzulegen? Evtl. gemeinsam
      mit den Stiftungen, die mitmachen wollen?

Antwort der Verwaltung:

Es ist davon auszugehen, dass die avisierten Hilfen des Bundes (s. Antwort zu Frage 4) ihre Wirksamkeit für Betroffene entfalten, die ihre Leistungsansprüche geltend machen. Zudem übernimmt das Amt für Soziales und Integration die umfassende Beratung und Antragsbearbeitung für alle Einwohnerinnen und Einwohner von Haan. Darüber hinaus finanzielle Unterstützung aus kommunalen Mitteln zur Verfügung zu stellen, würde das bewährte Finanzierungssystem zwischen Bund, Ländern und Kommunen für Menschen in Haan aushebeln und könnte ein Signal an den Bund sein, wonach die Kommunen bei Bedarf einspringen. Gleichzeitig sind bereits viele Kommunen in Deutschland in einer wirtschaftlichen Schieflage (Haushaltssicherung) und dürften solche freiwilligen Leistungen nicht auszahlen. Dies würde deutschlandweit zu einer Ungleichbehandlung von Menschen führen, die in einer vergleichbaren Notlage sind. Die Verwaltung kann sich jedoch bei den vielen in Haan tätigen Stiftungen dafür einsetzen, in Härtefällen finanzielle Unterstützung zu gewähren.

 

3.  Gibt es im Bereich SGB XII Möglichkeiten der Soforthilfe, z. B. Vorschüsse/ 
     Abschläge?

Antwort der Verwaltung:

Im SGB XII existiert keine gesetzliche Grundlage, um Vorschüsse und Abschläge zur Bestreitung der bei allen Leistungsempfängern auftretenden, regelmäßig wiederkehrenden Stromabschläge zu gewähren.

 

4.  Kann sich die Verwaltung vorstellen, falls Hilfsmöglichkeiten gefunden werden,
     dies öffentlich z.B. mit dem Seniorenbeirat zu "bewerben", um Mitbürgern die
     Scheu vor einer Antragstellung zu nehmen, denn diese geraten ja nicht
     selbstverschuldet in eine finanzielle Notlage?

Antwort der Verwaltung:

Ob selbstverschuldet oder nicht, erhalten alle Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Haan im Sozialamt eine Beratung u.a. zu möglichen Leistungsansprüchen, wenn sie sich in einer finanziellen Notlage befinden. Hier ist zu differenzieren in Menschen, die bereits in bestehende Hilfesysteme eingebunden sind (Grundsicherung bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, SGB II, Wohngeld, UVG), Menschen, die Leistungsansprüche noch nicht geltend machen und Menschen, deren Einkommen knapp oberhalb der maßgeblichen Einkommensgrenzen liegt und die in der aktuellen Situation möglicherweise einen Leistungsanspruch haben.

  • Menschen innerhalb des Hilfesystems:

 

Beim Wohngeld soll eine Gesetzesänderung mit Unterstützung für 2,1 Mio. Berechtigte erfolgen. Die geplante Unterstützung im Bereich der Wohngeldempfänger ist gestaffelt nach Haushaltsgröße für Menschen, die in den Monaten Oktober 2021 bis März 2022 Wohngeld bezogen haben oder aktuell beziehen. Wer allein wohnt, soll 135 Euro bekommen. Bei zwei Menschen in einem Haushalt sind es 175 Euro. Für jeden weiteren Mitbewohner sind 35 Euro vorgesehen.  

Insgesamt soll der Zuschuss des Bundes 190 Mio. € betragen. Der Zuschuss soll laut Ministerium zum Juni 2022 ausgezahlt werden. Als nächster Schritt solle dann laut dem Bundesbauministerium im Hinblick auf die Kosten der Heizung der CO-Preis zwischen Mietern und Vermietern aufgeteilt werden. Das soll bis zum 1. Juni 2022 beschlossen werden.

 

  • Menschen mit Leistungsanspruch, ohne diesen geltend zu machen:

 

Leider besteht bei manchen Menschen eine Schamgrenze bzw. ein fehlendes Vertrauen in die Sozialverwaltung, die möglichst gesamtgesellschaftlich aufgefangen werden muss. Der Informationsflyer zum Wohngeld aus dem Jahr 2020 des Bundes liegt als Anlage bei. Eine aktualisierte Fassung des Flyers liegt nicht vor.

 

Die in dem Flyer eingetragenen Werte haben sich minimal geändert. Haan gehört zur Mietstufe IV, dafür ist für eine Person aktuell ein Miethöchstbetrag von

491,00 € (bzw. 505,00 € inklusive des pauschalen Heizkostenzuschlags) vorgesehen. Demnach haben sich auch die Werte für das Höchsteinkommen minimal verändert.

 

Es wird auf das Merkblatt zum Wohngeld auf der Homepage der Stadt Haan verwiesen. Die zur Antragstellung vorgesehenen Formulare können auf der Homepage der Stadt Haan heruntergeladen werden. Für Fragen rund um die Antragsstellung stehen den Berechtigten die Sachbearbeiterinnen des Sachgebietes Wohngeld zur Verfügung.

 

  • Menschen, deren Einkommen oberhalb der maßgeblichen Einkommensgrenzen liegt und die in der aktuellen Situation möglicherweise einen Leistungsanspruch haben:

    Auch für diese Menschen besteht selbstverständlich das Angebot des Amtes für Soziales und Integration, ein Beratungsgespräch zu vereinbaren, um mögliche Leistungsansprüche zu prüfen.



Für alle Stromkunden gilt, dass mit der geplanten Absenkung der EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) um 43 Prozent ab Januar 2022 (von 6,5 ct/kWh auf 3,723 ct/kWh) den steigenden Strompreisen entgegengewirkt wird. Perspektivisch wird die EEG-Umlage ganz abgeschafft. Zur Entlastung von Mieterinnen und Mietern wird zudem bis Sommer eine Lösung für eine faire Aufteilung der Kosten des CO2-Preises zwischen Mietern und Vermietern erarbeitet. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass die hohen Energiekosten für alle tragbar sind.

Beschlussvorschlag:

Die Antwort der Verwaltung auf die Anfrage des Seniorenbeirates wird zur Kenntnis genommen.

 

 

Finanz. Auswirkung:

keine