Betreff
Bürgerantrag vom 18.02.2022
hier: a) Antrag auf Aufstellung einer Außenbereichssatzung i.S.v. § 35 Abs. 6 BauGB für den Bereich Haan, Fritz-Reusing-Weg;
b) Antrag auf Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans westlich der Straße „Tannenwäldchen“
Vorlage
61/051/2022
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Mit Nachricht vom 18.02.2022 stellt die Anwaltskanzlei GTW, Düsseldorf für ihre Mandantschaft die o.g. Bürgeranträge gemäß § 11 der Hauptsatzung. Der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Haan hat den o.a. Bürgerantrag in seiner Sitzung am 22.03.2022 zuständigkeitshalber an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Bau verwiesen. Das Ergebnis der Prüfung war bereits Inhalt der Verwaltungs-vorlage (10/085/2022) zur Einbringung des Antrags in den Haupt- und Finanzausschuss. Im Folgenden wird der Sachverhalt i. S. dieser Vorlage nochmals ausführlich dargelegt.

 

 

1./   Aufstellung einer Außenbereichssatzung i.S.v. § 35 Abs. 6 BauGB für den Bereich Fritz-Reusing-Weg

Hinweis: Im Antrag wird auf den Seiten 1, 2 und 4 der vorgesehene Geltungsbereich durch die Straßen Fritz-Reusing-Weg, Flurstraße und Tannenwäldchen umschrieben und diesbezüglich auf eine „Anlage 1“ (Flurkarte) und eine „Anlage 2“ (Übersichtskarte) verwiesen. Die genannten Anlagen liegen der Verwaltung auch nach wiederholter Nachfrage nicht vor; als Grundlage für eine Prüfung durch die Verwaltung ist der Geltungsbereich jedoch durch die verbale Beschreibung hinreichend definiert.

 

1.1 baulicher Bestand:

Nördlich der Flurstraße befinden sich zwischen der Ortslage „Kellertor“ und der Straße „Tannenwäldchen“ zerstreut und größtenteils über lange, private Zufahrtswege erschlossene Wohngebäude. Der Ursprung dieser Bestandsgebäude ist nicht mehr lückenlos zu ermitteln. Neben wenigen Gebäuden aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg (u. a. die ehemalige Grundschule „Heidfeld“) handelt es sich um Nutzungen aus den 1920-er/1930-er Jahren, die zum Teil im Zusammenhang mit Kleintierhaltungen entstanden. Soweit aktenkundig wurden die Gebäude aufgrund ihrer bereits damals festgestellten Außenbereichslage jeweils unter Beteiligung der Bezirksregierung unter der Maßgabe des ausschließlichen Bestandsschutzes nachträglich genehmigt (Quelle: Bauakten, Luftbilder, historische Karten).

 

1.2 rechtlicher Rahmen:

Die dem Antrag zugrunde liegenden Flächen liegen im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gemäß § 35 BauGB; sie liegen zudem im Geltungsbereich des hier gültigen Landschaftsplans (LP) Kreis Mettmann.

Der Siedlungskörper im Bereich Erkrather Straße / Flurstraße ist durch die unmittelbar angrenzenden, schutzwürdigen Naturräume „oberes Hühnerbachtal“ und „Hildener Heide“ eindeutig und klar abgegrenzt. Die Stadt Haan hat in ihrem Flächennutzungsplan (FNP) aus dem Jahre 1994 diese Abgrenzung übernommen. Demzufolge stellt der FNP die Flächen außerhalb des bebauten Bereichs als „Flächen für die Landwirtschaft“, als „Wald“ und tlw. als „Grünfläche mit der Zweckbestimmung Parkanlage“ dar. Er folgt mit diesen Darstellungen auch den Inhalten des Regionalplans, welcher hier einen regionalen Grünzug ausweist.

Der Landschaftsplan des Kreises Mettmann weist für das Gebiet das Entwicklungsziel "Erhaltung einer mit naturnahen Lebensräumen oder sonstigen natürlichen Landschaftselementen reich oder vielfältig ausgestatteten Landschaft" aus. Das Entwicklungsziel schließt die Erhaltung der vorhandenen vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt einschließlich des dazu notwendigen Lebensraumes ein. Für den Entwicklungsraum "Hühnerbachtal" wird zudem festgelegt „dass die wertbestimmenden Strukturen dieses Entwicklungsraumes zu erhalten sind. Darüber hinaus können an geeigneter Stelle Maßnahmen zur Verbesserung der Biotoptypenkomplexe der Bachtäler und der Waldbiotope durchgeführt werden.“

Die Grundstücke Fritz-Reusing-Weg Nr. 5, 6, 7 und 9 liegen zudem innerhalb des Landschaftsschutzgebiets (LSG) A 2.3-19 „oberes Hühnerbachtal“ (s. Anlage 3).

Die nördlich angrenzenden Flächen des Hühnerbachtals selbst sowie die westlich und östlich angrenzenden Flächen sind im LP als Naturschutzgebiet (NSG) festgesetzt (s. Anlage 3).

Mit den beschriebenen Festlegungen des LP wird über die Bestimmungen des § 35 BauGB hinaus bekräftigt, dass die dort vorhandenen baulichen Anlagen und Nutzungen lediglich Bestandsschutz genießen und im Falle ihrer Aufgabe / Beseitigung ausnahmslos den festgelegten naturschutzrechtlichen Bestimmungen unterliegen.

 

1.3 Prüfergebnis:

Die Stadt Haan hat bereits in den frühen 1990-er Jahren verschiedene, im Außenbereich gelegene Ortslagen daraufhin abgeprüft, ob für diese eine Überplanung nach dem (damals neu geschaffenen) Instrument der „Außenbereichs-satzung“ in Frage kommen könnte. Die zu betrachtenden Flächen nördlich der Flurstraße wurden dabei schon damals von der Verwaltung unzweifelhaft als „überwiegend landwirtschaftlich geprägt“ erkannt und dementsprechend das Vorliegen einer „Wohnbebauung von einigem Gewicht“ hierfür verneint.

Die Verwaltung hat die Möglichkeit des Erlasses einer Außenbereichssatzung nunmehr unter den aktuellen rechtlichen Vorgaben erneut geprüft. Ergebnis der Prüfung ist, dass für den Erlass einer Satzung nach § 35 Abs. 6 BauGB nach wie vor die rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Denn Voraussetzung für die Erstellung einer Außenbereichssatzung ist, dass

„…ein bebauter Bereich besteht, der sich wegen seiner vorhandenen Bebauung deutlich unterscheidet von dem von § 35 (BauGB) verfolgten Zweck, den Außenbereich von Bebauung freizuhalten, und der für eine bauliche Verdichtung in seinem Bereich als geeignet erscheint.

Nach dem BVerwG, Urt. v. 13.7.2006 – 4 C 2.05, ist daher ein bebauter Bereich anzunehmen, wenn und soweit bereits eine vorhandene Bebauung dazu führt, dass der Außenbereich seine Funktion, als Freiraum oder als Fläche für privilegiert zulässige Vorhaben zu dienen, nicht mehr oder nur noch mit wesentlichen Einschränkungen erfüllen kann. Die vorhandene Bebauung muss auf eine weitere Bebauung im Wege der baulichen Verdichtung hindeuten, und der bauliche Zusammenhang muss den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermitteln…“ (Kommentierung EZBK/Söfker zu § 35 BauGB (Rn. 169-171)).

Der zu betrachtende Bereich erfüllt diese Voraussetzungen keineswegs. Er hat unzweifelhaft eine überwiegend land- bzw. forstwirtschaftliche Prägung. Dem entsprechend liegt hier keine „Wohnbebauung von einigem Gewicht“ vor. Im Haaner Stadtgebiet existieren zudem viele weitere, vergleichbare Außenbereichslagen, für welche die beantragte Außenbereichssatzung eine Vorbildwirkung entfalten würde. Dies liefe einer geordneten städtebaulichen Entwicklung zuwider, da der Grundsatz des BauGB, den Außenbereich zu schonen, verletzt wäre.

Dem Erlass einer Außenbereichssatzung stehen über die rein städtebaulichen Aspekte hinaus auch grundsätzliche, nicht zu beseitigende rechtliche Hindernisse entgegen, da – wie in diesem Fall – naturschutzrechtliche Festlegungen (hier: ein festgesetztes Landschaftsschutzgebiet) möglichen Vorhaben auch im Geltungsbereich der Satzung entgegenstehen würden.

Die Verwaltung der Stadt Haan hat die Thematik ausführlich mit der Oberen Bauaufsichtsbehörde des Kreises Mettmann erörtert. Beide Behörden stimmen darin überein, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Außenbereichssatzung für die beantragten Flächen grundsätzlich und unabhängig vom Zuschnitt eines möglichen Geltungsbereiches nicht gegeben sind.

 

2./   Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans westlich der Straße „Tannenwäldchen“

Hinweis: Im Antrag wird auf der Seite 5 der vorgesehene Geltungsbereich durch Benennung der Flurstücke Gemarkung Haan, Flur 2, Nr. 590 (teilweise), 504, 505 und 506 eindeutig definiert. Die genannten Flurstücke sind in der Anlage 2 in Gelb hinterlegt.

Auch das Instrument eines Bebauungsplans kann hier nicht zur Anwendung kommen. Davon abgesehen, dass keine städtebauliche Erforderlichkeit für eine Planung erkennbar ist und die gleichen Gründe, die gegen eine Außenbereichssatzung sprechen, auch hier zum Tragen kommen, widerspräche eine Überplanung auch den durch den Regionalplan formulierten Zielen der Raumordnung (hier: regionaler Grünzug).

Vor allem aber liegt der vorgesehene Geltungsbereich des Bebauungsplans innerhalb des Landschaftsplans, welcher für eine Teilfläche ein Landschafts-schutzgebiet, für den Teilbereich westlich der Straße „Tannenwäldchen“ sogar ein Naturschutzgebiet festsetzt. Diese naturschutzrechtlichen Festlegungen stellen ein unüberwindbares Planungshindernis dar.

Beschlussvorschlag:

 

a) Außenbereichsatzung:

Dem Antrag für die Aufstellung einer Außenbereichssatzung i.S.v. § 35 Abs. 6 BauGB für den Bereich Fritz-Reusing-Weg in Haan wird nicht stattgegeben.

 

b) Vorhabenbezogener Bebauungsplan:

Dem Antrag auf Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans wird nicht stattgegeben.

Finanz. Auswirkung:

 

Sollte einem der Anträge entgegen der Empfehlung der Verwaltung dennoch stattgegeben werden, so wären die Planungskosten vom Antragsteller zu übernehmen; der Stadt entstünden keine externen Kosten.

Nachhaltigkeitseinschätzung:

 

Eine aussagekräftige Prüfung der Nachhaltigkeitskriterien ist zum derzeitigen Zeitpunkt nicht sinnvoll.