Sachverhalt:
Die Stadt hat die Gebäude der ehemaligen Landesfinanzschule vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes NRW (BLB) zur Unterbringung von Flüchtlingen und als Büros für Verwaltungsmitarbeitende angemietet. Dieser Mietvertrag endet zum 31.12.2022.
Der BLB hat der Stadtverwaltung nunmehr mitgeteilt, dass er eine Entbehrlichkeitsprüfung bei den Landesbetrieben und Einrichtungen des Landes für das Grundstück durchgeführt habe mit dem Ergebnis, dass kurz- und mittelfristig kein Bedarf an einer weiteren Nutzung durch das Land NRW bestehe. Der BLB beabsichtigt daher, diese Liegenschaft in den Verkauf zu bringen.
Grundsätzlich werden Landesimmobilien in einem Bieterverfahren veräußert. Hat eine Kommune im Vorfeld Interesse an dem Erwerb, so gibt es nach § 15 Abs 3 des Haushaltsgesetzes die Möglichkeit des Direkterwerbs. Dies ist nach dem Haushaltsgesetz 2022 unter folgenden Voraussetzungen möglich:
„Mit
Zustimmung des Haushalts und Finanzausschusses des Landtags dürfen Grund-stücke
1.
direkt und ohne öffentliches
Ausschreibungsverfahren auf der Grundlage einer gutachterlichen Wertermittlung
a) an Gemeinden und Gemeindeverbände oder
mehrheitlich kommunale Gesellschaften für die Erfüllung kommunaler Zwecke
oder für die Errichtung von öffentlich gefördertem Wohnraum im Sinne des
Gesetzes zur Förderung und
Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WFNG NRW vom 08. Dezember 2009 (GV. NRW. S. 772)), in der jeweils
geltenden Fassung oder
b) an Studentenwerke (Anstalten öffentlichen
Rechts) für deren gesetzlich festgelegte Zwecke, insbesondere für die
Errichtung von studentischem Wohnraum,
veräußert
werden.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit des direkten Erwerbs von Grundstücken für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern nach § 15 Abs. 3a des Haushaltsgesetzes 2022:
Gemäß § 63
Absatz 3 Satz 2 in Verbindung mit § 64 Absatz 4 der Landeshaushaltsordnung wird
zugelassen, dass Grundstücke des Landes direkt und ohne öffentliches
Ausschreibungsverfahren auf der Grundlage einer gutachterlichen Wertermittlung
an Gemeinden und Gemeindeverbände oder mehrheitlich kommunale Gesellschaften für
die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern veräußert
werden dürfen oder ein Erbbaurecht bestellt werden darf. Dies gilt abweichend
von § 63 Absatz 2 Landeshaushaltsordnung auch dann, wenn die Veräußerung
Bestandteil einer Partnerschaft von Land und Erwerber zur Erfüllung ihrer
jeweiligen Aufgaben ist. An dem Veräußerungs- und Realisierungsprozess können
auch Dritte beteiligt werden. Der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags
ist unverzüglich von der Veräußerung oder Erbbaurechtsbestellung zu
unterrichten.
Bei einem Erwerb für kommunale Zwecke (nach § 15 Abs. 3 Haushaltsgesetz 2022) ist der Begriff entsprechend den kommunalen Aufgaben im Sinne der Gemeindeordnung auszulegen. Kommunale Aufgaben sind neben der pflichtigen Selbstverwaltungs-aufgaben und den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung auch die freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben. Die hier möglichen Nutzungen hat das Land als Anlage 2 zu den Verwaltungsvorschriften zum Haushaltsgesetz zusammengestellt. (Anlage 1). Die Verwaltungsvorschriften nach § 15 Abs. 3 HHG sind der Vorlage als Anlage 2 beigefügt.
Sowohl beim Direkterwerb für kommunale Nutzung als auch beim Erwerb für sozialen Wohnungsbau im Sinne des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen ist das Grundstück zu 100% für diesen Zweck zu nutzen.
Beim Erwerb für die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern (nach § 15 Abs. 3a Haushaltsgesetz 2022) gibt es keine weiteren Verwaltungsvorschriften.
Beim Direktankauf nach § 15 Abs. 3 Haushaltsgesetz regeln die Verwaltungs-vorschriften indes unter 4.7.1 Auflagen, die die zukünftige Nutzung festschreiben und die die Stadt beachten muss. So legt das Land in den Kaufverträgen Fristen fest, in denen die beabsichtigte Nutzung umgesetzt und für welchen Zeitraum diese bestehen bleiben muss. Für das Erlangen einer Baugenehmigung ist ein Zeitraum von höchstens eineinhalb Jahren ab Grundstückskaufvertragsabschluss und für die Bezugsfertigkeit des Objekts ein Zeitraum von weiteren höchsten zwei Jahren vorzusehen. Muss noch Planungsrecht geschaffen werden, wird die Frist entsprechend verlängert. Ein Ankauf „auf Vorrat“ ist somit nicht möglich.
Zum Verkaufsprozess:
Der Verkaufsprozess wurde bereits in den vergangenen Beratungen aufgezeigt, daher wird dieser nur kurz dargestellt:
- In der ersten Phase haben die Interessenten 3 Monate Zeit, ihr Interesse zu bekunden.
- Berücksichtigt werden u.a. Gemeinden wie die Gartenstadt Haan, aber keine anderen Personen oder Unternehmen.
- Die Zwecke der Nutzung sind gesetzlich im Haushaltsgesetz festgelegt.
- Die zweite Phase ist die Verkaufsphase.
- Entweder es erfolgt ein zweckgebundener Direktverkauf oder ein zweckgebundener Verkauf über ein Bieterverfahren zum Höchstgebot.
- Der zweckgebundene Direktverkauf erfolgt zum Kaufpreis des Verkehrswertgutachtens des BLB.
- Wurde kein Interesse bekundet, erfolgt ein Bieterverfahren am freien Markt.
Weitere Vorgehensweise:
Der BLB lässt ein Verkehrswertgutachten erstellen und
veröffentlicht den Verkauf der Liegenschaft auf seiner Homepage. Innerhalb
einer Frist von 3 Monaten kann die Gartenstadt Haan dann ihr Erwerbsinteresse
schriftlich bekunden. Dies ist für die Stadt aber auch schon im Vorfeld
möglich. Hierbei muss sie die zukünftig geplante Nutzung darstellen. Mit dieser
Interessenbekundung geht die Gartenstadt keinerlei Verpflichtung zum Ankauf
ein. Im Rahmen der Interessenbekundung ist mitzuteilen, nach welcher Vorschrift
der Erwerb geplant ist.
Der im Verkehrswertgutachten ermittelte Wert ist preisbegründend und stellt den Verkaufspreis bei einem Direkterwerb dar. Ein Verkauf unterhalb des ermittelten Verkehrswertes ist nicht zulässig. Sofern dieser Wert bekanntgemacht wurde, legt die Verwaltung eine Beschlussvorlage für das weitere Verfahren vor.
Bekundet die Stadt kein Ankaufsinteresse, wird der BLB das
Grundstück auf Grundlage des zu erstellenden Wertgutachtens im Bieterverfahren
veräußern. Der Erwerb ist hier mit der Auflage verbunden, mit einer Quote von mindestens 30
% geförderten Wohnraum entstehen zu lassen. Der Verkauf erfolgt zum
Höchstgebot.
Das Verfahren besteht in der Regel aus zwei bis drei Runden. In der zweiten und jeder weiteren Bieterrunde nennt der BLB NRW sämtlichen Bietern aus der vorhergegangenen Bieterrunde das bisherige Höchstgebot. Diese haben dann die Möglichkeit, das eigene Angebot zu verbessern und ein neues Angebot abzugeben.
Aufgrund der Entbehrlichkeitsprüfung und der Erstellung eines Wertgutachtens, welches voraussichtlich in diesem Jahr vorliegen wird, ist damit zu rechnen, dass der BLB das Grundstück im ersten Halbjahr 2023 veräußern wird, da der Kaufvertrag innerhalb von sechs Monaten nach Feststellung des Verkehrswertes geschlossen werden muss.
Mit dem BLB wurde bereits ein Gespräch geführt. Hier hat die Stadt u.a.um Prüfung gebeten, ob ein Direkterwerb nach § 15 Abs. 3 Haushaltsgesetz auch mit einem Genossenschaftsmodell möglich wäre. Fest steht, dass bei einem Direkterwerb nach § 15 Abs. 3 Haushaltsgesetz viel Klärungs- und Abstimmungsbedarf (s. die Auflagen unter 4.7.1 der Verwaltungsvorschriften) besteht, so dass ein Direktkauf nach § 15 Abs. 3a Haushaltsgesetz erfolgsversprechender erscheint. Die Verwaltung klärt aktuell mit dem BLB diese Vorgehensweise.
Für den Fall, dass ein Dritter das Grundstück erwirbt, muss beachtet werden: Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 4. Es ist als Kerngebiet mit der Festsetzung Landessteuerschule ausgewiesen. Für eine Neubebauung (Wohnbau) ist die Änderung des Bebauungsplanes erforderlich. Da auch hier der bestehende Baulandbeschluss der Stadt Haan zur Anwendung kommt, ergibt sich schon mi der Bebauungsplanänderung für Investoren die Verpflichtung zur Errichtung von 30% gefördertem Wohnungsbau.
Beschlussvorschlag:
Die Verwaltung wird
beauftragt, den Ankauf der ehemaligen Landesfinanzschule -wie dargestellt-
weiterzuverfolgen und die politischen Beschlüsse hierzu vorzubereiten. Eine
Interessenbekundung ist entsprechend durchzuführen.
Finanz. Auswirkung:
Die Interessenbekundung selbst hat keine finanziellen Auswirkungen.
Nachhaltigkeitseinschätzung:
Bezugnehmend auf den Kriterienkatalog für die Nachhaltigkeitseinschätzung der Haaner Nachhaltigkeitsstrategie liegen weder fördernde noch hemmende Auswirkungen vor.