Betreff
Maßnahmen zur Energieeinsparung der Stadt Haan
Vorlage
65/034/2022
Art
Beschlussvorlage

Allgemeiner Sachverhalt:

 

Ausgelöst durch den Russland-Ukraine-Krieg muss sich die Gesellschaft für Gasausfälle rüsten und Energie einsparen, wo sie kann. Die Notwendigkeit bezieht sich sowohl auf die Einsparung von fossilen Energieträgern wie zum Beispiel Erdgas, als auch auf die Einsparung elektrischer Energie, die aktuell noch zu nicht unerheblichen Teilen aus der Verstromung fossiler Energieträger erzeugt wird.

 

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat am 23.06.2022 die Alarmstufe, also die Stufe 2 des dreistufigen Notfallplans in Deutschland ausgerufen. Die Alarmstufe folgt auf die am 30.03.2022 ausgerufene Frühwarnstufe. Das vom BMWK eingesetzte Krisenteam Gas ist bereits seit der Frühwarnstufe aktiv, um auf mögliche Liefereinschränkungen oder Ausfälle der Gasversorgung vorbereitet zu sein. Der Gas-Notfallplan basiert auf der Verordnung (EU) 2017/1938 des europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung (SoS-Verordnung). Er regelt die Gasversorgung in Deutschland in einer Krisensituation. Der Notfallplan Gas kennt drei Eskalationsstufen – die Frühwarnstufe, die derzeit bestehende Alarmstufe und die Notfallstufe. Das Eintreten der einzelnen Krisenstufen ist abhängig vom Schweregrad der Störung, den erwarteten ökonomischen und technischen Auswirkungen und der Dringlichkeit der Störungsbeseitigung auf nationaler Ebene. Die drei Stufen des Gasnotfallplans werden wie folgt von der Bundesnetzagentur beschrieben:

 

1.      Frühwarnstufe (galt vom 30.03. - 22.06.2022)

In der ersten Stufe tritt ein Krisenteam beim BMWK zusammen, der aus Behörden und den Energieversorgern besteht. Die Gasversorger und die Betreiber der Gasleitungen werden etwa verpflichtet, regelmäßig die Lage für die Bundesregierung einzuschätzen. Noch greift der Staat aber nicht ein. Vielmehr ergreifen Gashändler und -lieferanten, Fernleitungs- und Verteilernetzbetreiber marktbasierte Maßnahmen, um die Gasversorgung aufrechtzuerhalten. Dazu gehören beispielsweise die Nutzung von Flexibilitäten auf der Beschaffungsseite, der Rückgriff auf Gasspeicher, die Optimierung von Lastflüssen oder die Anforderung externer Regelenergie.

 

 

2.      Alarmstufe (gilt derzeit seit dem 23.06.2022)

Auch in der sogenannten Alarmstufe kümmern sich die Marktakteure noch in Eigenregie um eine Beherrschung der Lage. Auch hier können die in der Frühwarnstufe genannten Maßnahmen von den Marktakteuren ergriffen werden.

 

 

 

3.      Notfallstufe

Wenn die Maßnahmen der Frühwarn- oder der Alarmstufe nicht ausreichen oder eine dauerhafte Verschlechterung der Versorgungssituation eintritt, kann die Bundesregierung per Verordnung die Notfallstufe ausrufen. In diesem Fall liegt eine „außergewöhnlich hohe Nachfrage nach Gas, eine erhebliche Störung der Gasversorgung oder eine andere erhebliche Verschlechterung der Versorgungslage“ vor. Jetzt greift der Staat in den Markt ein. Konkret heißt das: Die Bundesnetzagentur wird zum „Bundeslastverteiler“. Sie kann dann in enger Abstimmung mit den Netzbetreibern z.B. Bezugsreduktionen verfügen. Diese Verfügungen können sich auch an einzelne Letztverbraucher wenden. Dabei sind bestimmte Verbrauchergruppen gesetzlich besonders geschützt, d.h. diese sind möglichst bis zuletzt mit Gas zu versorgen. Zu diesen geschützten Verbrauchern gehören Haushalte, soziale Einrichtungen wie etwa Krankenhäuser, und Gaskraftwerke, die zugleich auch der Wärmeversorgung von Haushalten dienen. Auf die Gasverteilung haben u.a. die Kommunen in der Notfallstufe demnach keinen Zugriff bzw. keine Entscheidungskompetenzen. Sie müssen dann nur versuchen, mit den dann nur noch bereitgestellten Gasmengen auszukommen, um die öffentlichen Dienstleistungen erbringen zu können.

 

Die Gas- und Stromversorgung in Deutschland ist im Moment noch stabil. Die Versorgungssicherheit ist damit aktuell gewährleistet. Fehlende Gasmengen können im Moment noch anderweitig am Markt beschafft werden, allerdings zu hohen Preisen. Die Lage ist jedoch angespannt und eine weitere Verschlechterung der Situation kann nicht ausgeschlossen werden. Auch die wegen der Gasknappheit ab dem 1. Oktober 2022 eingeführte Gasumlage in Reaktion auf die steigenden Großhandelspreise und zur Vermeidung von Insolvenzen systemrelevanter Betriebe zeigt, wie ernst die Situation ist. Gaseinsparungen sind daher zwingend erforderlich, um weitere Verschlechterungen der Situation und mithin das Ausrufen der dritten und letzten Eskalationsstufen des Gas Notfallplans sowie eine Gasmangellage zu verhindern und damit die Gasversorgung in Deutschland fortlaufend zu gewährleisten. Durch die vorgenannte Verflechtung des Gas- und Strommarktes beziehen sich die nötigen Einsparmaßnahmen auf die beiden Teildisziplinen des Energiemarktes gleichermaßen.

 

Zusammenfassend sind also alle Unternehmen, der öffentliche Sektor sowie die Bürgerinnen und Bürger des Landes gleichermaßen gefordert, zu den Einsparungen beizutragen.

 

 

Sachverhalt für die Stadt Haan

 

Demnach ergibt sich auch für die Stadt Haan als Teil des öffentlichen Sektors die Notwendigkeit, Einsparungsmaßnahmen zu treffen.

 

Die Verwaltung strebt an, das gesetzte Einsparziel der Bundesregierung in Höhe von 20% des Gesamtenergieverbrauchs im eigenen Verantwortungsbereich umzusetzen. Zur Erreichung dieses Ziels müssen die Verwaltung, die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger an einem Strang zu ziehen. Nur gemeinsam lässt sich hier der gewünschte und sicher auch benötigte Erfolg erzielen.

 

Im Folgenden wird definiert, wie die Verwaltung diesbezügliche Maßnahmen umsetzen möchte. Dazu wird die Begründungsgrundlage zu den verschiedenen Ziffern des Beschlussvorschlages genauer definiert.

 

Begründung zu Ziff. 1 des Beschlussvorschlages

 

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat am 25.08.2022 zwei Verordnungen zur Sicherung der Energieversorgung erlassen. Die Verordnungen sind untergliedert in Maßnahmen mit kurzfristiger Wirksamkeit und in Maßnahmen mit mittelfristiger Wirksamkeit. Beide Verordnungstexte sind dieser Vorlage als „Anlage 1“ beigefügt. Da es sich um Verordnungen der Bundesregierung handelt, haben die Verordnungen auch für die kommunale Ebene rechtsverbindliche Wirkung. Die Verwaltung wird die enthaltenen Vorgaben dementsprechend umgehend in die operative Umsetzung überführen.

 

 

Begründung zu Ziff. 2 des Beschlussvorschlages

 

Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus ist es für die Verwaltung im Rahmen der Selbstverpflichtung und in der Funktion als Vorbild möglich, weitere Einsparmaßnahmen zu initiieren. Ein solcher Maßnahmenkatalog ist dieser Vorlage als „Anlage 2“ angefügt. Sämtliche in dieser Aufstellung enthaltenen Punkte beziehen sich in der Funktion als erster Aufschlag auf kurzfristige Einsparpotenziale ohne bauliche Veränderungen, die allein durch Verhaltens- und Gewohnheitsänderung bei der Nutzerschaft sowie durch die Anpassung von organisatorischen Rahmenbedingungen umgesetzt werden können. Die enthaltenen Aspekte wurden vorab innerhalb der Beteiligungsgremien der Stadtverwaltung thematisiert und die damit verbundene Sensibilisierung der Belegschaft angestoßen.

 

 

Begründung zu Ziff. 3 des Beschlussvorschlages

 

Über die gesetzlichen Vorgaben hinaus ist es der Stadtgesellschaft ebenfalls möglich Einsparpotenziale zu generieren. Mit diesen Möglichkeiten beschäftigen sich die Ziffern 3 bis 5. Die aufgeführten Thematiken wären damit Aspekte, die nicht nur die interne Verwaltung betreffen, sondern Auswirkungen auf das Angebot und die Ausgestaltung an städtischen Leistungen im öffentlichen Geltungsbereich haben.

 

Zur besseren Anschaulichkeit der einzelnen Maßnahmen wird im Folgenden einzeln aufgezeigt, wie die Maßnahme ausgestaltet wird, in welchem Ausmaß Einsparungen generiert werden können und wie schnell bzw. aufwändig die Umsetzungen wären.

 

Die Stadtverwaltung bittet die Politik um Einschätzung und spätestens im Rat im Oktober um abschließende Entscheidung, ob Maßnahmen im Rahmen einer reduzierten Straßenbeleuchtung getroffen werden sollen.

 

Zum einen wäre die vorzeitige Dimmung der Straßenbeleuchtung an den dafür technisch vorgerüsteten Stellen eine Option, Einsparungen zu erreichen. Bereits jetzt ist es gelebte Praxis, die Straßenbeleuchtung zu später Stunde weniger intensiv zu betreiben. Dieser Zyklus könnte ohne weiteres ausgeweitet werden. Das subjektive Empfinden der Fußgänger_innen und des Verkehrs wäre davon kaum beeinträchtigt.

 

Eine weitere Option ist die vorübergehende Stilllegung einzelner Teilabschnitte der Straßenbeleuchtung. So können beispielsweise einzelne Laternen ausgeschaltet oder ganze Straßenzüge heruntergefahren werden. Maßnahmen dieser Art werden stets sorgfältig eruiert, um das subjektive Empfinden der Stadtgesellschaft nicht über das zumutbare Maß hinaus zu beeinträchtigen. Insbesondere liegt hier der Fokus auf dem Thema der Angsträume und der Sicherheit.

 

Zeithorizont

Einspareffekt

Aufwand

kurzfristig

hoch

mittel

 

 


Begründung zu Ziff. 4 des Beschlussvorschlages

 

Die Stadtverwaltung bittet die Politik um Einschätzung und spätestens im Rat im Oktober um abschließende Entscheidung, ob in diesem Jahr auf die Weihnachtsbeleuchtung in der Innenstadt verzichtet werden soll. In diesem Jahr wäre die Leistung „Installation der Weihnachtsbeleuchtung“ neu auszuschreiben und an ein geeignetes Unternehmen zu vergeben. Die inzwischen allesamt auf LED-Lampen umgestellte Weihnachtsbeleuchtung sorgt in der Innenstadt von November bis Anfang Januar für weihnachtliche Stimmung. Die Ausschreibung ist bis zur Entscheidung des Stadtrates ausgesetzt worden.

 

Die Stadtverwaltung rät zu einem Verzicht der Weihnachtsbeleuchtung und hat dies in der Ziff. 4 des Beschlussvorschlages zum Ausdruck gebracht.

 

Die „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (Kurzfristenergiesicherungsverordnung – EnSikuV)“, die auf der Grundlage des § 30 EnSiG fußt, regelt in § 8, dass die Beleuchtung öffentlicher Gebäude und Denkmäler untersagt ist und in § 11, dass der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender Werbeanlagen nachts von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgetages untersagt ist – siehe auch Anlage 1.

 

Unter dieser Rechtsgrundlage erscheinen auch Weihnachtsbeleuchtungen in Innenstädten in diesem Winter aufgrund der Energieknappheit nicht angebracht.

 

Der Verwaltung ist bewusst, dass die Vorfreude auf Weihnachten durch die ausbleibende Weihnachtsbeleuchtung geschmälert wird. Es geht der Stadtverwaltung ausdrücklich nicht darum, Geld zu sparen, sondern um die Vorbildfunktion. Es soll einerseits weniger Energie verbraucht und andererseits auch ein Signal an die Bevölkerung gesendet werden, dass an vielen Stellen Energie eingespart werden kann.

 

 

Zeithorizont

Einspareffekt

Aufwand

kurzfristig

hoch

gering

 

 

 

 

 

 

 

 

Begründung zu Ziff. 5 des Beschlussvorschlages

 

Die Stadtverwaltung bittet die Politik um Einschätzung und spätestens im Rat im Oktober um abschließende Entscheidung, ob die Nutzung der Flutlichtanlagen auf den städtischen Sportplätzen auf das für die Ausführung des Vereinsbetriebs benötigtes Mindestmaß herabgesetzt werden soll.

 

Aktuell sind die Flutlichtanlagen im Rahmen des Vereinsbetriebs in den Abendstunden bis 21:30 Uhr aktiv. Darüber hinaus ist eine weitere Nutzung für Individualsportler (Jogger etc.) bis 23:00 Uhr möglich.

 

Die Stadtverwaltung rät an, die Nutzung der Flutlichtanlagen an den Vereinsbetrieb zu koppeln. Alle Nutzungen darüber hinaus sollten aufgrund des gegebenen Einsparpotenzials bei gleichzeitiger geringer Auswirkung auf die Stadtgesellschaft eingestellt werden.

 

Die Vereine werden dabei angehalten, für die Ausschaltung nach 21:30 Uhr Sorge zu tragen.

 

Zeithorizont

Einspareffekt

Aufwand

kurzfristig

mittel

gering

 

 

Beschlussvorschlag:

1.    Der Ausschuss nimmt die in Anlage 1 beigefügten Verordnungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur Sicherung der Energieversorgung zur Kenntnis. Die Verwaltung wird die Vorgaben der Bundesverordnung im Rahmen der Möglichkeiten umsetzten.

2.    Der Ausschuss nimmt die in Anlage 2 ausgelisteten Einsparpotenziale der Verwaltung im Rahmen der Selbstverpflichtung zur Kenntnis. Die Verwaltung wird die in der Anlage thematisierten Maßnahmen in Eigenregie umsetzen.

3.    Die Verwaltung wird beauftragt, Maßnahmen im Rahmen einer minimierten Straßenbeleuchtung für die Jahre 2022, 2023 und 2024 zu treffen.

 

Aufgrund der Beratungen im Ausschuss für Umwelt und Mobilität am 13.09.2022 wird die Vorlage um die vier folgenden Varianten ergänzt:

 

Variante 3a: Die Energieeinsparung wird durch einen verstärkten Austausch konventioneller Beleuchtungskörper in effizientere LED-Leuchtstellen vorangetrieben. Die hierfür notwendigen Haushaltsmittel werden in den Haushaltsplan für die Jahre 2023 und 2024 aufgenommen.

 

Variante 3b: Die Energieeinsparung wird durch eine über das bereits bestehende Maß hinausgehende Dimmung der Beleuchtung in Straßenzügen mit Telemanagement-System vorangetrieben. Hierzu ist sowohl der Zeitraum der Dimmung von derzeit 23:00 Uhr bis 5:00 Uhr um 2 Stunden auf 22:00 Uhr bis 6:00 Uhr, als auch das prozentuale Maß der Dimmung auf bis zu 75 % auszudehnen.

 

Variante 3c: Die Energieeinsparung erfolgt über eine Anpassung der Leuchtkörper. Hierzu werden an allen Leuchtkörpern, die über mehrere Leuchtmittel verfügen, alle Leuchtmittel bis auf eines deaktiviert. Darüber hinaus ist im Einzelfall zu prüfen, ob eventuell auch jede zweite Mastleuchte abgeschaltet werden kann. Für diese manuell durchzuführende und daher kostenträchtige Maßnahme sind zusätzliche Haushaltsmittel bereitzustellen.

 

Variante 3d: Die Energieeinsparung erfolgt über die vollständige Abschaltung der Straßenbeleuchtung in dem Zeitfenster von xxx Uhr bis xxx Uhr. Davon ausgenommen ist die gesetzlich vorgeschriebene Beleuchtung der Fußgängerüberwege.

 

 

4.    Die Verwaltung wird beauftragt, auf die jährliche Anbringung von Weihnachtsbeleuchtung im Stadtgebiet für die Saison 2022/2023 zu verzichten.

Aufgrund der Beratungen im Ausschuss für Umwelt und Mobilität am 13.09.2022 wird der vierte Punkt folgendermaßen geändert:

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die Laufzeit der Weihnachtsbeleuchtung von 18:00-22:00 Uhr zeitlich zu begrenzen.

 

5.    Die Verwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Vereinen die Nutzung der Flutlichtanlagen für die Jahre 2022, 2023 und 2024 zu minimieren.

 

 

Nachhaltigkeitseinschätzung: