Betreff
Ortsbuslinie
hier: Sachstandsbericht
Vorlage
61/059/2022
Art
Informationsvorlage

Sachverhalt:

 

1.     Anlass

 

Das Büro Mathias Schmechtig, NahverkehrsConsult, Kassel bearbeitet für die Stadt Haan eine Machbarkeitsstudie zu einer modifizierten Ortsbuslinie.

 

Die Zwischenergebnisse der Studie (z. B. Liniennetzvarianten, Potenziale, Bewertung bei verschiedenen Betriebskonzepten, Kostenabschätzung) wurden im letzten Jahr dem Ausschuss für Umwelt und Verkehr (UMA) nach Vorberatung im Arbeitskreis ÖPNV vorgestellt. Die Stadtverwaltung wurde beauftragt, mit dem Kreis Mettmann in seiner Funktion als ÖPNV-Aufgabenträger und der Rheinbahn auf der Grundlage der Variante 2 mit einem 20-Minuten-Takt Gespräche zur Realisierung dieser Variante aufzunehmen. Variante 2 ist dabei eine vom Gutachter weiterentwickelte Lösung auf Basis der Linienführung der heutigen O1.[1]

 

Bereits im Vorfeld des Verwaltungsauftrags haben die Stadt Haan, der Kreis Mettmann und die Rheinbahn Gespräche zum Ortsbuskonzept geführt. Im Rahmen der Abstimmungen wurde die Variante 2 von den Beteiligten als grundsätzlich zielführend für eine Verbesserung des ÖPNV in Haan gesehen. Seitens des Gutachters, der sowohl die Stadt Haan als auch die Stadt Solingen zur Liniennetzgestaltung berät, wurde empfohlen, die weiteren Gespräche zur geänderten Ortsbuslinie dann aufzunehmen, wenn die ersten Gespräche der Aufgabenträger Kreis Mettmann und Stadt Solingen zur Abstimmung der Maßnahmenvorschläge des Solinger Nahverkehrsplans erfolgt sind.

 

Entsprechend der Ankündigung durch die Verwaltung im UMA fand der weitere Austausch mit dem Kreis Mettmann und der Rheinbahn zur Ortsbuslinie ab September 2022 statt.

 

 

2.     Sachstand zum Zeitpunkt des Verwaltungsauftrags

 

Seitens des Gutachters wurde angenommen, dass die Variante 2 – im Sinne der Verkehrswende – zu Nachfragezuwächsen führen wird. Die Annahme beinhaltete aber auch, dass die Nachfragezuwächse nicht die Zusatzeinnahmen generieren können, die einen Kostendeckungsgrad im bisherigen Niveau gewährleisten würden. Im Hinblick auf die Variante 2 wurde es so eingeschätzt, dass das ökonomische Risiko „noch beherrschbar“ gestaltet werden kann.

 

Die überschlägige Kostenabschätzung ergab, dass durch die Stadt zur Realisierung der Variante zukünftig jährlich ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf im mittleren sechsstelligen Euro-Bereich einzuplanen sei.

 

 

3.     Ergebnis der Gespräche mit dem Kreis Mettmann und der Rheinbahn AG

 

Im Zuge der weiteren Abstimmung mit dem Kreis Mettmann und der Rheinbahn AG hat sich die Sichtweise der Beteiligten zur verkehrlichen Wirksamkeit der Variante 2 nicht geändert.

 

Die Kreisverwaltung, Stabstelle Mobilität, die seitens des Aufgabenträgers an den Gesprächen teilgenommen hat, begrüßt die Planungen zur Attraktivierung des ÖPNV ausdrücklich. Die Rheinbahn steht bei den Planungen zur Ortbuslinie weiterhin beratend zur Verfügung.

 

Die Kooperationspartner beabsichtigen, sich auf der Grundlage der Modellierung der Variante 2 in der operativen Planung der Rheinbahn den finanziellen Auswirkungen der Maßnahme und einem möglichen Finanzierungsbeitrag der Stadt Haan zu nähern. Im Hinblick auf bereits im UMA angedeutete Aufwendungen wurde zusätzlich ein voraussichtlich notweniger Pausenraum als nicht zu vernachlässigende Kostenposition identifiziert.[2]

 

Im Fokus der Abstimmungen standen auch die aktuellen Herausforderungen für die ÖPNV-Planung, wie die noch nicht überstandene Corona-Pandemie, der Fachkräftemangel, Beschaffungskosten für Energie, etc. Auch im Hinblick auf die Einnahmeseite sind einige Randparameter noch ungewiss, z. B. die Fortführung von Ausgleichzahlungen / Rettungsschirmen oder die in Rede stehenden Finanzierungsreform im ÖPNV. Dabei ist nicht nur unklar, wie sich die Situation auf eine Leistungsausweitung auswirkt, unklar sind auch die Auswirkungen auf das bestehende Leistungsvolumen. Aus Sicht der Kooperationspartner wird dies möglicherweise ebenfalls in den nächsten Monaten zu betrachten sein.

 

In der Summe bedeutet dies für die Beteiligten eine in dieser Form noch nicht dagewesene Unsicherheit für die ÖPNV-Planung (u. a. hinsichtlich der Fahrgastentwicklung, Personalplanung, Energieplanung, Fahrzeugplanung, etc.).

 

Der Beitrag der Rheinbahn zum Haaner Ortsbuskonzept ist eine arbeitsintensive freiwillige Leistung. Aufgrund personeller Engpässe bei der Rheinbahn wird eine detaillierte Planung der vom Gutachter vorgeschlagenen Maßnahmen erst im nächsten Jahr (1. Halbjahr 2023) möglich sein.

 

Nachdem die Ergebnisse aus der operativen Planung vorliegen, wird die weitere Vorgehensweise zur Ortsbuslinie in den zuständigen Gremien der Rheinbahn, der Stadt Haan und des Kreises zu beraten sein (s. u.). In diesem Zusammenhang wurde auch darauf hingewiesen, dass derzeit neben der Machbarkeitsstudie zur Ortsbuslinie weitere planerische Konzepte erarbeitet werden, die sich teilweise in der Zielsetzung überschneiden (s. u.). Im Hinblick auf den absehbar hohen Finanzierungsbedarf für die angestrebte Angebotsausweitung, sei es wichtig zu schauen, wie die Überlegungen sinnvoll zusammenwirken können.

 

 

4.     Überlegungen zur geänderten Ortsbuslinie im Kontext weiterer planerischer Konzepte

 

a)    Fortschreibung des Nahverkehrsplans der Stadt Solingen

 

Wie in der Sitzung des UMA am 13.09.2022 mitgeteilt, wird der Nahverkehrsplan der Stadt Solingen fortgeschrieben. Entsprechend des bereits mitgeteilten Zeitplans der Stadt Solingen gibt es zum Stand dieser Vorlagenerstellung noch keinen Beschluss der Stadt Solingen über die Beteiligungsunterlagen. Bisher wurden im Solinger Fachausschuss folgende Maßnahmen, die das Haaner Stadtgebiet unmittelbar betreffen, eingebracht:

 

▪ I-6: Verlängerung Linie 692 von Haan nach Gräfrath

In der derzeitigen Liniennetzgestaltung führt die Linie 692 vom Graf-Wilhelm-Platz in Solingen über das Solinger Rathaus und Klinikum, den Stadtteil Wald und die Heidberger Mühle in die Haaner Innenstadt und endet an der Haltestelle „Haan Markt“. Die Linie wird werktags im Halbstundentakt bedient. Die Stadtverwaltung Solingen schlägt eine Verlängerung über die Kampstraße und Kampheider Straße mit weiterer Führung über den östlichen Teil des Industrieparks Haan Ost nach Solingen Gräfrath (bis Lindgesfeld Nord) vor.

 

▪ IV-2: Verlängerung SB50 Haan bis Solingen-Mitte

In der derzeitigen Liniennetzgestaltung führt die Linie SB 50 von Düsseldorf Rheinterrasse u. a. über die Düsseldorfer Innenstadt, Uni-Kliniken und Werstener Dorfstraße sowie über die Haaner Innenstadt zum Nachbarsberg. Sie wird werktags im 30- bzw. 20-Minuten Takt bedient. Die Stadtverwaltung Solingen schlägt eine Verlängerung über die Kampstraße, Kampheider Straße und den östlichen Teil des Industrieparks Haan Ost sowie weiter über Solingen Gräfrath nach Solingen Mitte vor. Geplant ist eine Bedienung von wenigen nachfragestarken Haltestellen.

 

Sobald der Kreis Mettmann im formellen Verfahren beteiligt wird, möchte er mit der Stadtverwaltung in Kontakt treten, um eine abgestimmte Stellungnahme abgeben zu können. Wie in der Sitzung des UMA am 13.09.2022 mitgeteilt, soll aus diesem Anlass im November auch der Arbeitskreis ÖPNV einberufen werden.

 

 

b) Grundkonzeption „On-Demand“ im Kreis Mettmann

 

Mit der Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) wurden flexible Bedarfsverkehre, die eine erhebliche Bedeutung für eine zukünftige strategische Neuausrichtung des ÖPNV mit Blick auf neuartige Bedienangebote haben können, eingeführt. So wurden die Angebote "Linienbedarfsverkehr" und "gebündelter Bedarfsverkehr" als neue Verkehrsformen mit eigenem Rechtsrahmen definiert und den Kommunen bzw. Genehmigungsbehörden diesbezügliche Steuerungsmöglichkeiten gegeben. Die flexiblen Bedarfsverkehre werden auch „Sharing-“ bzw. „On-Demand“-Angebote genannt.

 

Der Kreis Mettmann möchte hierzu eine Grundkonzeption erstellen, die geeignete Potenziale für „On-Demand“-Verkehre im Kreisgebiet sowie Umsetzungsanforderungen untersucht und der räumlichen und verkehrlichen Struktur des Kreises und seiner kreisangehörigen Städte Rechnung trägt. Hierfür arbeitet die Kreisverwaltung mit zwei Beratungsunternehmen zusammen.

 

Aufgrund der Flexibilität ist „On-Demand“ besonders gut geeignet, Lücken im liniengebundenen öffentlichen Verkehr zu schließen und das Problem der ersten / letzten Meile zu lösen.

 

Die Stadt Haan wird in den Erarbeitungsprozess einbezogen. Am 28.10.2022 findet hierzu die Auftaktveranstaltung beim Kreis Mettmann statt.

 

 

5.     Weitere Vorgehensweise

 

Als weiterer Schritt zum Ortsbuskonzept steht an, dass sich die Verfahrensbeteiligten unter betrieblicher und finanzieller Perspektive auf eine Strategie einigen.

 

Die Maßnahme ist derzeit nicht in der Mittelfristplanung der Rheinbahn enthalten. Nachdem die Maßnahme in der operativen Planung der Rheinbahn dargestellt und berechnet wurde, wäre im Weiteren die Öffnung des Wirtschaftsplans der Rheinbahn zu klären. Zudem müsste die Stadt Haan einen Beschluss fassen, mit der sie die Umsetzung der Variante forcieren möchte und auch bereit ist, die damit verbundenen Kosten zu übernehmen.

 

Die Finanzierung im Kreis Mettmann ist derzeit so geregelt, dass die kreisangehörigen Städte die jeweils auf ihrem Bedienungsgebiet anfallende ÖPNV-Leistung finanzieren (sogenannte Spitzabrechnung entsprechend der Buskilometersätze, die mit den Verkehrsunternehmen vereinbart werden).

 

Der Kreis Mettmann würde den vorgenannten Beschluss der Stadt Haan zum Anlass nehmen, das Konzept in die Kreisgremien einzubringen. Die Stabstelle Mobilität des Kreises Mettmann sieht es dabei als möglich an, die Angebotsausweitung als ein den Nahverkehrsplan verstärkendes Element zu verorten. Mit dem Beschluss der Maßnahme würde diese Teil des Öffentlichen Dienstleistungsauftrags (ÖDA), mit dem das Verkehrsunternehmen betraut wird.

 

Aus Sicht der Stadtverwaltung kann die notwendige Entscheidung der Stadt Haan über den Ortsbus einschließlich einer Finanzierungszusage erst dann sinnvoll getroffen werden, wenn es weitere Klarheit über die vorgenannten Konzepte und Vorhaben der weiteren Planungsträger zur Stärkung des ÖPNV sowie über die finanziellen Auswirkungen gibt. Dies kann in ihrer Einschätzung frühestens mittelfristig sein.

 

Da sich die vorgenannten v. a. krisenbedingten Rahmenbedingungen nicht nur branchenspezifisch auf den Verkehrssektor auswirken, sondern zusammen mit anderen Entwicklungen (z. B. der stark gestiegenen Zahl der unterzubringenden Geflüchteten) erheblich auf die Kommunalhaushalte auswirken, erscheint aus Sicht der Stadtverwaltung eine mittelfristige Finanzierbarkeit der Maßnahme schwierig.

 

Jedoch wird von verschiedenen Seiten eine grundlegende Finanzierungsreform des ÖPNV gefordert bzw. angestrebt. So ist z. B. im Rahmen des ÖPNV-Ausbau- und Modernisierungspakts der Bundesregierung vorgesehen, dass sich Bund, Länder und Kommunen auf die Finanzierung des ÖPNV bis 2030 verständigen. Ziel ist es, im Herbst 2022 die Ergebnisse vorzustellen. Hierzu wird derzeit seitens der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag und Deutscher Städte- und Gemeindebund) eine Finanzierungsanalyse durchgeführt.

Aus Sicht der Verwaltung erscheint als Ergebnis der Aushandlungsprozesse eine stärkere Unterstützung der Kommunen bei der Finanzierung des ÖPNV realistisch.

 

 

 



[1] zur Linienführung der Variante 2 siehe auch Sitzungsvorlage 61/039/2021

[2] Hintergrund ist, dass für Fahrer_innen im Linienverkehr Lenk- und Ruhezeiten durch Verordnung geregelt sind. Wenn die Pausen im Sinne eines flexiblen Einsatzes der Busse nicht auf den Fahrzeugen verbracht werden sollen, muss es einen Pausenraum geben. Ggf. können der Stadt Haan zur Verfügung stehende Räumlichkeiten als Pausenraum genutzt werden, so dass bei einer dahingehenden Ertüchtigung die Kosten minimiert werden könnten. Sobald die konkreten Anforderungen an den Pausenraum durch das Verkehrsunternehmen benannt wurden, kann diese Möglichkeit weitergehend durch die Stadt Haan geprüft werden.

Beschlussvorschlag:

 

Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.

 

 

Nachhaltigkeitseinschätzung:

 

Die Machbarkeitsstudie zur geänderten Ortsbuslinie ist Gegenstand der Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Haan. Da es sich beim Beschluss um eine Kenntnisnahme zum Sachstand und nicht um einen verfahrensleitenden Beschluss bzw. eine Richtungsentscheidung handelt, werden die Nachhaltigkeitskriterien nicht im Einzelnen dargestellt.