Betreff
Gebührenbedarfsberechnungen für den Kalkulationszeitraum von einem Jahr Informationen zu den Gebührenbedarfsberechnungen
Vorlage
60/035/2022
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Gebührenbedarfsberechnung für den Kalkulationszeitraum von einem Jahr

Der Rat der Stadt Haan beschloss am 15.11 2016, dass die Gebührenbedarfsberechnungen der Abfall-, Abwasser-, Straßenreinigungs-, Winterdienst und Friedhofsgebühren ab 2018 für einen Kalkulationszeitraum von zwei Jahren erfolgen.

In der Praxis erweist sich der zweijährige Kalkulationszeitraum als nachteilig. Für diese zwei Jahre sind einheitliche Gebührensätze festgesetzt, da sich Berechnungs- und Veranlagungszeitraum wegen des Grundsatzes der Periodengerechtigkeit decken müssen. Stellt sich nach einem Jahr heraus, dass die Kosten stärker steigen als bei der Zweijahreskalkulation vorhergesehen, ist eine Erhöhung der Gebührensätze für das verbleibende Jahr ausgeschlossen. Es können sich hohe Kostendefizite ergeben.

Die Zweijahreskalkulation wirkt sich auch nachteilig beim Ausgleich von Über- oder Unterdeckungen aus Gebührenabrechnungen aus. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Kommunalabgabengesetz NRW (KAG NRW) sind Kostenüberdeckungen am Ende eines Kalkulationszeitraumes innerhalb der nächsten vier Jahre auszugleichen; Kostenunterdeckungen sollen innerhalb dieses Zeitraumes ausgeglichen werden. Die Feststellung einer Über- oder Unterdeckung erfolgt nach Abschluss des Kalkulationszeitraums. Im Feststellungsjahr läuft bereits der neue zweijährige Kalkulationszeitraum mit festgesetzten Gebühren. Als Zeitraum für den Ausgleich der Über- oder Unterdeckung verbleiben nur noch die Jahre 3 und 4 des vierjährigen Ausgleichszeitraums. Bei einem Kalkulationszeitraum von einem Jahr ist ein Ausgleich zusätzlich im Jahr 2 des Ausgleichzeitraums möglich. Eine hohe Unterdeckung kann dann in selbstgewählten Anteilen auf die Jahre 2, 3 und 4 verteilt ausgeglichen werden.

Vor dem Hintergrund der unvorhersehbaren zukünftigen Preis- und Kostenentwicklung sowie zur Vermeidung eines übermäßigen Anstiegs der Gebühren durch den verkürzten Ausgleichszeitraum für Unterdeckungen schlägt die Verwaltung vor, ab dem Jahr 2023 die Gebühren für einen Einjahreszeitraum zu kalkulieren.

Kalkulatorische Zinsen in den Gebührenbedarfsberechnungen

Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des OVG NRW war bei den vergangenen Gebührenbedarfsberechnungen der Durchschnittswert der Emissionsrendite für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten der letzten 50 Jahre maßgebend für die Höhe des Zinssatzes zur Berechnung der kalkulatorischen Zinsen für das aufgewandte Kapital. Das OVG NRW hat in seinem Urteil vom 17.05.2022 seine bisherige Meinung aufgegeben und diese Zinssatzermittlung für nicht mehr gerechtfertigt erklärt. Das Gericht hält es für angemessen, den zehnjährigen Durchschnittwert dieser Geldanlagen zugrunde zu legen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil die beklagte Gemeinde eine Nicht-Zulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt worden ist. Es wird davon ausgegangen, dass die Beschwerde erfolglos bleibt, weil die Auslegung von Landesrecht und nicht von Bundesrecht den Verfahrensgegenstand bildet.

Im Interesse der Bürger_innen und der Empfehlung des Städte- und Gemeindebundes NRW folgend ist der Zinssatz zur Berechnung der kalkulatorischen Zinsen der Gebührenberechnungen 2023 entsprechend dem OVG Urteil vom 17.05.2022 ermittelt. Er beträgt 0,46 %.

Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt

Der Rat der Stadt Haan hat am 13.12.2016 beschlossen, dass der örtlichen Rechnungsprüfung die Prüfung der Gebührenbedarfsberechnungen übertragen wird. Dem Rechnungsprüfungsamt wurden die Gebührenbedarfsberechnungen einschließlich der erforderlichen Unterlagen zwischen Ende August und Oktober mit der Bitte übersandt, eine möglichst kurzfristige Prüfung vorzunehmen, um eine Verabschiedung der neuen Satzung noch in der letzten Ratssitzung 2022 zu ermöglichen.

Die Beschlussentwürfe stehen daher unter dem Vorbehalt der möglichen Änderungen. Die Verwaltung wird hierzu mündlich oder durch eine Tischvorlage berichten, da Änderungen, welche sich durch die Prüfung ergeben, in die Berechnungen eingebaut werden.

Es werden folgende Gebührenbedarfsberechnungen für das Jahr 2023 mit separaten Sitzungsvorlagen eingebracht:

·         Satzung der Stadt Haan über die Festsetzung der Abfallentsorgungsgebühren

·         Satzung der Stadt Haan über die 7. Änderung der Satzung über die Erhebung von Benutzungsgebühren für die Inanspruchnahme der Abwasseranlage - Abwassergebührensatzung -

·         Satzung der Stadt Haan über die 3. Änderung der Satzung über die Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen

·         Satzung über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren (und Winterdienstgebühren) in der Stadt Haan (Straßenreinigungs- und Gebührensatzung)

·         Satzung der Stadt Haan über die 8. Änderung der Gebührensatzung für den städtischen Friedhof (Friedhofsgebührensatzung)

 

Beschlussvorschlag:

 

Die Gebührenbedarfsberechnungen für die Abfall-, Abwasser-, Grundstücksentwässerungs-, Straßenreinigungs-, Winterdienst- und Friedhofsgebühren erfolgen ab dem Jahr 2023 für den Kalkulationszeitraum von einem Jahr.

Die weiteren Sachverhalte werden zur Kenntnis genommen.

 

Finanz. Auswirkung:

Im Einzelnen wirkt sich die geänderte Zinssatzberechnung wie folgt aus:

Gebührenbedarfsberechnung für das Jahr 2023

Gebührenbereich

Zinskosten mit

Zinssatz 5,078% (alte OVG Recht-sprechung)

Zinskosten mit

Zinssatz 0,46% (OVG Urteil vom 17.05.2022)

Differenz

Abfall

1.450,44 €

131,79 €

-1.318,65 €

Abwasser

603.232,86 €

54.644,96 €

-548.587,90 €

Friedhof

19.555,44 €

1.785,22 €

-17.770,22 €

Winterdienst

977,63 €

88,56 €

-889,07 €

Bei der Grundstücksentwässerung und der Straßenreinigung ist kein Anlagevermögen vorhanden. Kalkulatorischen Zinsen fallen daher nicht an.

Gebührenbedarfsberechnung Rettungsdienst für das Jahr 2022:

Gebührenbereich

Zinskosten mit

Zinssatz 5,242% (alte OVG Recht-sprechung)

Zinskosten mit

Zinssatz 0,73% (OVG Urteil vom 17.05.2022)

Differenz

Rettungsdienst

95.782,81 €

13.338,69 €

-82.444,12 €