Sachverhalt:
Gebührenbedarfsberechnung für
den Kalkulationszeitraum von einem Jahr
Der Rat der Stadt
Haan beschloss am 15.11 2016, dass die Gebührenbedarfsberechnungen der Abfall-,
Abwasser-, Straßenreinigungs-, Winterdienst und Friedhofsgebühren ab 2018 für
einen Kalkulationszeitraum von zwei Jahren erfolgen.
In der Praxis
erweist sich der zweijährige Kalkulationszeitraum als nachteilig. Für diese
zwei Jahre sind einheitliche Gebührensätze festgesetzt, da sich Berechnungs-
und Veranlagungszeitraum wegen des Grundsatzes der Periodengerechtigkeit decken
müssen. Stellt sich nach einem Jahr heraus, dass die Kosten stärker steigen als
bei der Zweijahreskalkulation vorhergesehen, ist eine Erhöhung der
Gebührensätze für das verbleibende Jahr ausgeschlossen. Es können sich hohe
Kostendefizite ergeben.
Die Zweijahreskalkulation wirkt sich auch nachteilig beim Ausgleich von Über- oder Unterdeckungen aus Gebührenabrechnungen aus. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Kommunalabgabengesetz NRW (KAG NRW) sind Kostenüberdeckungen am Ende eines Kalkulationszeitraumes innerhalb der nächsten vier Jahre auszugleichen; Kostenunterdeckungen sollen innerhalb dieses Zeitraumes ausgeglichen werden. Die Feststellung einer Über- oder Unterdeckung erfolgt nach Abschluss des Kalkulationszeitraums. Im Feststellungsjahr läuft bereits der neue zweijährige Kalkulationszeitraum mit festgesetzten Gebühren. Als Zeitraum für den Ausgleich der Über- oder Unterdeckung verbleiben nur noch die Jahre 3 und 4 des vierjährigen Ausgleichszeitraums. Bei einem Kalkulationszeitraum von einem Jahr ist ein Ausgleich zusätzlich im Jahr 2 des Ausgleichzeitraums möglich. Eine hohe Unterdeckung kann dann in selbstgewählten Anteilen auf die Jahre 2, 3 und 4 verteilt ausgeglichen werden.
Vor dem
Hintergrund der unvorhersehbaren zukünftigen Preis- und Kostenentwicklung sowie
zur Vermeidung eines übermäßigen Anstiegs der Gebühren durch den verkürzten
Ausgleichszeitraum für Unterdeckungen schlägt die Verwaltung vor, ab dem Jahr
2023 die Gebühren für einen Einjahreszeitraum zu kalkulieren.
Kalkulatorische Zinsen in den Gebührenbedarfsberechnungen
Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des OVG NRW war bei den vergangenen Gebührenbedarfsberechnungen der Durchschnittswert der Emissionsrendite für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten der letzten 50 Jahre maßgebend für die Höhe des Zinssatzes zur Berechnung der kalkulatorischen Zinsen für das aufgewandte Kapital. Das OVG NRW hat in seinem Urteil vom 17.05.2022 seine bisherige Meinung aufgegeben und diese Zinssatzermittlung für nicht mehr gerechtfertigt erklärt. Das Gericht hält es für angemessen, den zehnjährigen Durchschnittwert dieser Geldanlagen zugrunde zu legen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil die beklagte Gemeinde eine Nicht-Zulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt worden ist. Es wird davon ausgegangen, dass die Beschwerde erfolglos bleibt, weil die Auslegung von Landesrecht und nicht von Bundesrecht den Verfahrensgegenstand bildet.
Im Interesse der
Bürger_innen und der Empfehlung des Städte- und Gemeindebundes NRW folgend ist
der Zinssatz zur Berechnung der kalkulatorischen Zinsen der
Gebührenberechnungen 2023 entsprechend dem OVG Urteil vom 17.05.2022 ermittelt.
Er beträgt 0,46 %.
Prüfung durch das
Rechnungsprüfungsamt
Der Rat der Stadt Haan hat am 13.12.2016 beschlossen,
dass der örtlichen Rechnungsprüfung die Prüfung der Gebührenbedarfsberechnungen
übertragen wird. Dem Rechnungsprüfungsamt wurden die Gebührenbedarfsberechnungen
einschließlich der erforderlichen Unterlagen zwischen Ende August und Oktober
mit der Bitte übersandt, eine möglichst kurzfristige Prüfung vorzunehmen, um
eine Verabschiedung der neuen Satzung noch in der letzten Ratssitzung 2022 zu
ermöglichen.
Die Beschlussentwürfe stehen daher unter dem
Vorbehalt der möglichen Änderungen. Die Verwaltung wird hierzu mündlich oder
durch eine Tischvorlage berichten, da Änderungen, welche sich durch die Prüfung
ergeben, in die Berechnungen eingebaut werden.
Es werden folgende Gebührenbedarfsberechnungen
für das Jahr 2023 mit separaten Sitzungsvorlagen eingebracht:
·
Satzung der Stadt
Haan über die Festsetzung der Abfallentsorgungsgebühren
·
Satzung der Stadt
Haan über die 7. Änderung der Satzung über die Erhebung von Benutzungsgebühren
für die Inanspruchnahme der Abwasseranlage - Abwassergebührensatzung -
·
Satzung der Stadt
Haan über die 3. Änderung der Satzung über die Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen
·
Satzung über die
Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren (und
Winterdienstgebühren) in der Stadt Haan (Straßenreinigungs-
und Gebührensatzung)
· Satzung der Stadt Haan über die 8. Änderung der Gebührensatzung für den städtischen Friedhof (Friedhofsgebührensatzung)
Beschlussvorschlag:
Die Gebührenbedarfsberechnungen für die
Abfall-, Abwasser-, Grundstücksentwässerungs-, Straßenreinigungs-,
Winterdienst- und Friedhofsgebühren erfolgen ab dem Jahr 2023 für den
Kalkulationszeitraum von einem Jahr.
Die weiteren Sachverhalte werden zur Kenntnis genommen.
Finanz. Auswirkung:
Im Einzelnen wirkt sich die geänderte
Zinssatzberechnung wie folgt aus:
Gebührenbedarfsberechnung
für das Jahr 2023
Gebührenbereich |
Zinskosten mit Zinssatz 5,078% (alte OVG
Recht-sprechung) |
Zinskosten mit Zinssatz 0,46% (OVG
Urteil vom 17.05.2022) |
Differenz |
Abfall |
1.450,44 € |
131,79 € |
-1.318,65 € |
Abwasser |
603.232,86 € |
54.644,96 € |
-548.587,90 € |
Friedhof |
19.555,44 € |
1.785,22 € |
-17.770,22 € |
Winterdienst |
977,63 € |
88,56 € |
-889,07 € |
Bei der
Grundstücksentwässerung und der Straßenreinigung ist kein Anlagevermögen
vorhanden. Kalkulatorischen Zinsen fallen daher nicht an.
Gebührenbedarfsberechnung Rettungsdienst für
das Jahr 2022:
Gebührenbereich |
Zinskosten mit Zinssatz 5,242% (alte OVG
Recht-sprechung) |
Zinskosten mit Zinssatz 0,73% (OVG
Urteil vom 17.05.2022) |
Differenz |
Rettungsdienst |
95.782,81 € |
13.338,69 € |
-82.444,12 € |