Hier: - Antrag der GAL-Fraktion vom 27.05.2022
- Beschluss der Satzung
Sachverhalt:
1.)
Bisheriges Verfahren
Mit Schreiben
vom 27.05.2022 hat die GAL-Fraktion einen Antrag zur Aktualisierung der Haaner
Baumschutzsatzung eingereicht (Anlage 1). Dieser wurde im Ausschuss für Umwelt
und Mobilität am 13.09.2022 erstmalig beraten. Im Rahmen dieser Sitzung wurde
seitens der Verwaltung ebenfalls ein
grundsätzlicher Aktualisierungsbedarf gesehen, da die Haaner Baumschutzsatzung nicht auf den
aktuellen Rechtsgrundlagen fußt. Im Rahmen der Sitzung wurde daher
vorgeschlagen, dass die Verwaltung auf Grundlage der Musterbaumschutzsatzung des
Städte- und Gemeindebundes eine Haaner Variante entwirft und diese im Rahmen
einer Arbeitsgruppe mit den politischen Verteter_innen weiter abgestimmt und
diskutiert wird, um sie dann den Fachausschüssen und dem Rat zur Entscheidung
vorzulegen. Dieser Vorgehensweise wurde einvernehmlich vom Ausschuss
zugestimmt. Gemäß dem Antrag der GAL-Fraktion wurden folgende
Änderungserfordernisse gesehen:
§
Ausweitung
des Geltungsbereichs auf die Gartenstadt Haan
§
Ausweitung
der Gültigkeit auf Hecken und Obstbäume
§
Möglichkeit
der Anordnung von Schutz- und Pflegemaßnahmen
§
Deutliche
Erhöhung des Umfangs der Ersatzmaßnahmen auf 40 cm Umfang
§
Deutliche
Erhöhung der Anzahl der Ersatzpflanzungen
§ Deutliche Erhöhung der Ausgleichszahlung auf das 3-fache der Kosten für
die
Ausgleichsmaßnahmen
§
Klarstellung
und Regelung des Baumschutzes auf Baustellen
§
Es ist
ein öffentliches Berichtswesen über Anträge und erfolgte Fällungen sowie deren
Ersatzmaßnahmen einzuführen
Die Verwaltung hat aufbauend auf der alten Satzung und der Musterbaumschutzsatzung des Städte- und Gemeindebundes einen neuen Satzungsentwurf erarbeitet und dabei auch die Änderungsvorschläge der GAL-Fraktion geprüft (s. hierzu im Detail Pkt. 3). Dieser erste Entwurf wurde am 14.12.2022 den Vertretern der politischen Fraktionen im Arbeitskreis Baumschutz vorgestellt und diskutiert. Zudem wurden die Prüfung und Umsetzbarkeit der Änderungsvorschläge aus dem GAL-Antrag nochmals separat dargelegt. Aufbauend auf den Ergebnissen des 1. Arbeitskreises hat die Verwaltung den Satzungsentwurf noch einmal überarbeitet. Dieser wurde dann in einer 2. Sitzung der Arbeitskreises Baumschutz am 09.03.2023 erneut diskutiert.
Es wurde einvernehmlich beschlossen, dass die Baumschutzsatzung in die Sitzungsfolge vor der Sommerpause eingebracht werden soll, damit der Satzungsbeschluss innerhalb der Vogelschutzzeiten erfolgt. Zur Entlastung der Verwaltung müssen bis zu diesem Zeitpunkt die ergänzenden Unterlagen wie das Antragsformular, Informationsflyer, Empfehlungen zum Baumschutz auf Baustellen sowie das Berichtswesen noch nicht erarbeitet werden. Die Präsentationen und die Protokolle zu den beiden nicht-öffentlichen Arbeitskreisen wurden den Fraktionsvorsitzenden und den Teilnehmenden der Arbeitskreise übersendet.
2.) Berücksichtigung der
Anforderungen des Antrages der GAL-Fraktion
Die Änderungsvorschläge der GAL-Fraktion aus dem Antrag vom 27.05.2022 wurden geprüft. Als Ergebnis dieser Prüfung ist festzuhalten:
a) Ausweitung des Geltungsbereichs auf die
Gartenstadt Haan
Gemäß § 49 des
Landesnaturschutzgesetzes NRW (LNatSchG) können die
Gemeinden durch
Satzung den Schutz des Baumbestandes innerhalb der im Zusammenhang bebauten
Ortsteile und des Geltungsbereichs der Bebauungspläne regeln. Somit gibt es in Nordrhein-Westfalen (NRW)
keine rechtliche Grundlage, Baumschutzsatzungen auch auf den
bauplanungsrechtlichen Außenbereich zu erstrecken.
b) Ausweitung der Gültigkeit auf Hecken und Obstbäume
Der Schutz von
Hecken ist in NRW ebenfalls durch die Rechtsgrundlage des § 49 LNatSchG NRW
nicht gedeckt, da der Regelungsinhalt der Vorschrift nur den „Baumbestand“
umfasst. Der Änderungsvorschlag kann daher nicht berücksichtigt werden.
Anders ist aus Sicht
der Verwaltung die Aufnahme von Obstbäumen zu bewerten. Sowohl im offenen
Landschaftsraum als auch im Innenbereich ist ein fortschreitender Verlust
insbesondere von alten, jedoch oft noch vitalen Obstbäumen zu verzeichnen. Alte
Obstbäume sind aufgrund ihrer Eigenschaften (Blüte, Fruchtbildung, ggfs.
Höhlenreichtum) ökologisch besonders hochwertig. Im Umfeld von historisch
gewachsenen Hofschaften (in Haan z.B. Stöcken, Horst u.a.) bereichern und
prägen alte Obstbäume das Ortsbild; sie haben darüber hinaus eine bedeutende kulturelle
Archivfunktion für alte, vom Aussterben
bedrohte Obstsorten
Im Innenbereich
dienen Obstbäume dem privaten Eigennutz. Neben der Nutzung der Früchte erfüllen
sie vor allem gestalterische, ökologische und stadtklimatische Funktionen.
Hierin sind sie den anderen Laubbäumen zumindest gleichgestellt, sodass auch
die gleichen Rechtfertigungsgründe für ihre Unterschutzstellung gegeben sind.
Aus den genannten
Gründen empfiehlt die Verwaltung, dem Antrag der GAL hier zu folgen und
Obstbäume unter Schutz zu stellen.
c) Möglichkeit der Anordnung von Schutz- und Pflegemaßnahmen
Bereits die
Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes enthält einen Paragrafen
„Anordnung von Maßnahmen“ (§ 5), um die Belange des Baumschutzes durchzusetzen.
Der Städte- und Gemeindebund NRW führt
hierzu folgendes aus:
„Diese Norm dient der Durchsetzung der Belange des
Baumschutzes und deren Überwachung. Die Verbotsbestimmungen des § 4 der
Mustersatzung werden durch eine Vorsorgeregelung, die den Eintritt von
Zerstörungen oder Schädigungen verhindern soll, unterstützt. Maßnahmen zur
Pflege, Erhaltung und Sicherung sind von den Eigentümern oder
Nutzungsberechtigten im Rahmen des Zumutbaren zu leisten. Die Stadt/Gemeinde
sollte bei derartigen Auflagen dem Eigentümer / dem Nutzungsberechtigten Hinweise
über die richtige und zweckmäßige Durchführung von Pflege-, Erhaltungs- und
Schutzmaßnahmen an Bäumen geben. Bei Überschreitungen der Grenze des Zumutbaren
soll es möglich sein (…), dass die Stadt/Gemeinde ersatzweise eintritt.“
Entsprechend wurde dieser Paragraf mit in den Satzungsentwurf
aufgenommen.
d) Deutliche Erhöhung des Umfangs der Ersatzmaßnahmen auf 40 cm Umfang
Die derzeitigen Kosten für Anschaffung und Pflanzung eines satzungskonformen
Ersatzbaumes (Stammumfang 20 cm) betragen im Mittel ca. 700 € netto. Das
Gewicht beträgt ca. 235 kg. Im Gegensatz zu den weitaus überwiegenden Satzungen
anderer Städte (ein Ersatzbaum, selten auch zwei) sind in Haan sogar mindestens
drei Bäume zu pflanzen. Den „Normalfall“ vorausgesetzt (3 Ersatzbäume für einen
geschützten Baum), betragen die Gesamtkosten somit bereits heute ca. 2.100 €
netto.
Die Kosten für die Pflanzung eines dem Antrag entsprechenden Ersatzbaums
(Stammumfang 40 cm) betrügen im Mittel ca. 3.380 €. Das Gewicht beträgt ca.
1.200 kg. Analog beliefen sich die Gesamtkosten im „Normalfall“ auf ca. 10.140
€.
Neben dem Kostenaspekt ist zu berücksichtigen, dass die Pflanzung von
Bäumen der geforderten Größe z.B. auf rückwärtigen Grundstücksflächen oft schon
logistisch kaum zu bewältigen ist („passt nicht durch die Gartenpforte –
Autokran erforderlich“). Zudem erfordern Bäume dieser Größenklasse einen
erhöhten „Nachsorgeaufwand“ (Anwachspflege), um ein verzögertes Wachstum oder
einen Totalausfall zu vermeiden.
Die Verwaltung sieht daher hier den Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit als beeinträchtigt an und hat diesen
Änderungsvorschlag nicht aufgenommen. Der Gefahr, dass Grundstücksbesitzer sich
ihres Baumbestandes vor Erreichen des jeweiligen Mindestumfangs und somit der
Schutzwürdigkeit vorsorglich entledigen, würde hierdurch zudem Vorschub
geleistet.
e) Deutliche Erhöhung der Anzahl
der Ersatzpflanzungen
Die derzeitige Haaner Baumschutzsatzung
beinhaltet bereits für den „Normalfall“ (Bäume mit Stammumfängen < 150 cm)
eine Ersatzpflanzung von 3 Bäumen. Das ist das 3-fache des in der Mustersatzung
des Städte- und Gemeindebundes NRW empfohlenen bzw. in den Satzungen der
meisten Städte festgelegten Umfangs (s. auch Ausführungen zu d)). Eine weitere
Erhöhung würde aus Sicht der Verwaltung ebenfalls den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit beeinträchtigen, mit den unter d) benannten Konsequenzen. Zudem
würde eine Erhöhung der Zahl der Ersatzbäume schnell an die Grenze der
Flächenverfügbarkeit und damit der praktischen Umsetzbarkeit stoßen.
Abweichend vom „Normalfall“ sieht die
Verwaltung jedoch einen Rechtfertigungsgrund, dem besonderen Wert von sehr
alten Bäumen (Stammumfang ≥ 150 cm) verstärkt Rechnung zu tragen. Deshalb
wurde in den neuen Entwurf der Musterbaumschutzsatzung bei Bäumen mit
Stammumfängen ≥ 150 cm, anstatt je angefangenen Meter, je angefangene 50
cm Stammumfang die Pflanzung eines zusätzlichen Ersatzbaums vorgegeben.
f) Deutliche Erhöhung der
Ausgleichszahlung auf das 3-fache der Kosten für die Ausgleichsmaßnahmen
Eine Erhöhung der
Ausgleichzahlungen führt aus Sicht der Verwaltung auch zu einer erheblichen
Beeinträchtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Hierdurch würden
bereits bei kleineren Maßnahmen Kosten entstehen, die dem Bürger nicht mehr
vermittelbar sind. Bei dem unter d) genannten Beispiel wären dann für einen
Baum ≤ 150 cm Ausgleichzahlungen in Höhe von 8.190 € (Kaufpreis zzgl.
Pflanzkostenpauschale) zu zahlen. Eine Erhöhung der Ausgleichzahlung wurde
daher in den Entwurf der neuen Satzung nicht mit aufgenommen.
g) Klarstellung und Regelung des Baumschutzes auf Baustellen
Neben den Regelungen der Baumschutzsatzung gelten für den Baumschutz auf
Baustellen bereits
·
die DIN 18 920 (Schutz von Bäumen und
Pflanzbeständen),
·
die RAS-LP 4 (Richtlinien für die Anlage von
Straßen, Teil: Landschaftsbau, Abschnitt 4: Schutz von Bäumen,
Vegetationsbeständen und Tieren bei Baumaßnahmen) sowie
·
die ZTV-Baumpflege (zusätzliche technische
Vertragsbedingungen und Richtlinien).
Wie in anderen Städten bereits praktiziert soll
daher für die Internetseite der Stadt Haan ein eigener Bereich zum Schutz des
Baumbestandes erarbeitet werden. Diese soll neben der Baumschutzsatzung, dem
Antragsformular und einem Informationsflyer auch Empfehlungen zum Schutz von
Bäumen auf Baustellen (unter Bezugnahme auf das Merkblatt der
Gartenamtsleiterkonferenz (GALK)) enthalten und zum Download bereitstellen.
h) Es ist ein öffentliches Berichtswesen über Anträge und erfolgte
Fällungen sowie deren Ersatzmaßnahmen einzuführen
Die Verwaltung beabsichtigt über die
Gesamtanzahl der eingegangenen und genehmigten Anträge sowie über die Anzahl
der durchgeführten Ersatzpflanzungen sowie den Eingang von Ersatzgeldzahlungen
und deren Verwendung zu berichten. Aufgrund der privaten Inhalte der
Anträge stehen datenschutzrechtliche Gründe gegen ein detaillierteres öffentliches
Berichtswesen. Die Verwaltung wird hierzu einen entsprechenden Vorschlag
erarbeiten und dem Ausschuss vorstellen.
3.) Entwurf einer neuen
Baumschutzsatzung
Aufbauend auf der der aktuellen Muster-Baumschutzsatzung des Städte- und Gemeindebundes NRW, ergänzt um die Prüfergebnisse des Antrags der GAL-Fraktion und den Beratungen im Arbeitskreis Baumschutz hat die Verwaltung den Entwurf einer aktualisierten Baumschutzsatzung verfasst (s. Anlage 2). Als Anlage zur Baumschutzsatzung wurde eine Auswahl geeigneter Gehölze für die Ersatzpflanzung erarbeitet, die bindend zu berücksichtigen ist (s. Anlage 3). Die erarbeitete Liste berücksichtigt auch die Anforderungen zu Klimaresilienz und zur Insektenfreundlichkeit. Um die Änderungen zu der bisherigen Satzung und auch gegenüber dem Entwurf der Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes besser nachvollziehen zu können, ist in Anlage 4 zu dieser Sitzungsvorlage eine Synopse aller drei Satzungen beigefügt, in der auch die vorgenommenen Änderungen nochmals kurz erläutert werden.
4.) Weitere Vorgehensweise /
Beschlussempfehlung
Die Verwaltung empfiehlt die neue Baumschutzsatzung zum besseren Schutz des Baumbestandes in der Stadt Haan zu beschließen. Die Verwaltung wird im Anschluss die noch fehlenden Unterlagen wie Informationsflyer, Antragsformular, Einrichtung einer Informationsseite auf der Internetseite der Stadt Haan, Überlegungen zu einem öffentlichen Berichtswesen, Empfehlungen zum Baumschutz an Baustellen ausarbeiten. Die entsprechenden Informationen auf der Internetseite sollen bis Ende September erarbeitet und veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung und somit die Rechtskraft der Satzung erfolgt ebenfalls vor dem 1. Oktober.
Beschlussvorschlag:
„1. Dem Antrag der GAL-Fraktion vom 27.05.2022 wird teilweise
entsprochen.
2. Die Satzung über den Baumbestand der
Gartenstadt Haan mit Stand vom 25.04.2023 wird beschlossen.“
Finanz. Auswirkung:
Der Stadt Haan entstehen durch die Erarbeitung der Satzung nach bisherigem Kenntnisstand keine externen Kosten. Dadurch, dass zukünftig mehr Bäume unter Schutz fallen, wird zukünftig auch ein erhöhter Arbeitsaufwand in den betroffenen Ämtern entstehen. Durch die Einrichtung eines Berichtswesens und der Anwuchskontrolle gemäß § 9 der Satzung entsteht darüber hinaus beim Betriebshof hierfür ein höherer Verwaltungsaufwand.
Nachhaltigkeitseinschätzung:
Durch die Novellierung der Baumschutzsatzung soll dem Baumbestand in den besiedelten Bereichen der Stadt Haan eine höhere Wertigkeit/ Bedeutung zugesprochen und der Baumbestand gegenüber konkurrierenden Nutzungen stärker geschützt werden. Die Novellierung ist zudem ein Baustein zur Entwicklung einer anpassungsfähigen, grünen Stadt (Klimaschutz, Klimawandelanpassung). Durch die Erweiterung des Schutzes auf Nadelgehölze und Obstbäume sowie durch die Erhöhung der Anzahl der Ersatzpflanzungen bei alten Bäumen mit großen Stammumfängen, können die Ziele 4.1.2 (Begrünung privater Flächen) und 4.2.4 (Erhöhung der Gesamtzahl der Stadtbäume) der Haaner Nachhaltigkeitsstrategie gefördert werden. Die Einrichtung einer neuen Seite „Baumschutz“ auf der Internetseite der Stadt Haan soll zudem dazu führen, dass über die Bedeutung von Baumschutz und die einzuhaltenden Vorgaben z.B. an Baustellen weiter informiert und sensibilisiert wird. Durch die vorgegebene Auswahl an Baumarten können zudem Anforderungen an die Klimaresilienz einfließen und die Pflanzung von zukunftsfähigen Ersatzbäumen gefördert werden.