Sachverhalt:
Wie die Kommune die notwendigen Finanzmittel zu beschafft hat, ist in § 77 GO NRW normiert. Danach hat die Gemeinde
- Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften zu erheben und
- die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten, aus selbst zu bestimmenden Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen
- sowie im Übrigen aus Steuern zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen.
Es zeichnet sich ab, dass die Haushaltsplanung 2024 ff hoch defizitär sein wird. Die Stadt Haan verstößt damit gegen den Haushaltsgrundsatz nach § 75 Abs. 2 GO NRW, wonach der Haushalt in jedem Jahr in Planung und Rechnung ausgeglichen sein muss. Entsprechend muss die Stadt hier gegensteuern und Maßnahmen ergreifen, um den Haushaltsausgleich wieder herzustellen. Eine dieser Maßnahmen ist die Anhebung der Steuersätze.
GFG 2024
Die Eckpunkte zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2024 sehen für die kreisangehörigen Städte und Gemeinden neue fiktive Hebesätze bei den Grundsteuern vor:
Grundsteuer A 259 v.H.
Grundsteuer B 501 v.H.
Damit weichen die Hebesätze für die Grundsteuern der Stadt Haan von den fiktiven Hebesätzen des Landes Nordrhein-Westfalen ab.
Die fiktiven Hebesätze werden für den kommunalen Finanzausgleich in NRW vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung festgesetzt und entsprechen dem um 5% geminderten durchschnittlichen Hebesatz aller kreisangehörigen Kommunen in NRW. Die Datenbasis für das GFG 2024 bilden die Jahre 2016 bis 2020 ab. Für den Finanzausgleich wird damit die Steuerkraft einer Kommune normiert, unabhängig von den tatsächlichen örtlichen Hebesätzen. Weicht der örtliche Hebesatz nach unten ab, so wird der Kommune ein höheres fiktives Steueraufkommen angerechnet, als tatsächlich erwirtschaftet wurde.
Bei einem tatsächlichen Grundsteuer B-Aufkommen von 7,2 Mio. € (bei einem HS von 480%) werden daher der Stadt Haan im Finanzausgleich 7,515 Mio. € angerechnet. Auf Basis der fiktiven Steuerkraft wird dann die zu zahlende Kreisumlage berechnet. Bei einem Hebesatz der Kreisumlage von 30% muss die Stadt Haan also 94.500 € aus einem fiktiven Steueraufkommen, das ihr tatsächlich nicht zugeflossen ist, an den Kreis abführen.
Ausgleich
des Wertverlustes durch Inflation
Unabhängig von der Berücksichtigung eines fiktiven Hebesatzes beim kommunalen Finanzausgleich, ist die Grundsteuer auch nicht dynamisch, sondern statisch ausgerichtet. In der Zeit von 2016 bis 2023 hat die Inflation einen Wertverlust von 21,7% hervorgebracht. Entsprechend der aktuellen Prognosen wird in den Jahren 2024 bis 2026 mit einem weiteren inflationsbedingten Werteverlust von 8,5% gerechnet:
|
2016 |
2017 |
2018 |
2019 |
2020 |
2021 |
2022 |
2023 |
2024 |
2025 |
2026 |
Inflationsrate* |
0,5% |
1,5% |
1,8% |
1,4% |
0,5% |
3,1% |
6,9% |
6,0% |
3,5% |
2,5% |
2,5% |
Beispielrechnung** |
549,7
|
558,0
|
568,0
|
576,0
|
578,9
|
596,8
|
638,0
|
676,3
|
699,9
|
717,4
|
735,4
|
Hebesatz |
433 |
433 |
433 |
433 |
433 |
433 |
433 |
480 |
540 |
540 |
540 |
tats. Grundsteuer |
549,7
|
549,7
|
549,7
|
549,7
|
549,7
|
549,7
|
549,7
|
609,6
|
685,8
|
685,8
|
685,8
|
Diff. Inflat./tats. |
0,00 |
-8,25 |
-18,29 |
-26,24 |
-29,12 |
-47,07 |
-88,25 |
-66,67 |
-14,14 |
-31,63 |
-49,57 |
* Quelle: statista.com und Helaba für Prognose |
|||||||||||
** Messbetrag 127,00 € für durchschnittliches Zweifamilienhaus |
Bei einem angenommenen Messbetrag von 127,00 Euro ergeben sich die in der Tabelle dargestellten Werte. In der Beispielrechnung wird deutlich, dass die Grundsteuer unter Berücksichtigung der Inflationsrate im Jahr 2024 bei 699,94 € liegen müsste, um die volle inflationäre Belastung abzufedern. Tatsächlich liegt die Belastung bei einem Hebesatz von dann 540 v.H. in 2024 bei 685,80 €.
Mit der Anhebung des Hebesatzes auf 540 v.H. bewegt sich die Kostensteigerung damit immer noch deutlich unterhalb der prognostizierten Inflationsraten.
Grundsteuerhebesätze benachbarter Kommunen aus 2023:
Stadt |
Hebesatz Grundsteuer B |
Stadt |
Hebesatz Grundsteuer B |
Erkrath |
652 |
||
Haan |
480 |
||
Heilgenhaus |
680 |
Solingen |
690 |
Hilden |
480 |
Wuppertal |
620 |
Langenfeld |
299 |
Düsseldorf |
440 |
Mettmann |
675 |
Duisburg |
855 |
Monheim |
250 |
Essen |
670 |
Ratingen |
400 |
Krefeld |
533 |
Velbert |
550 |
Mülheim
a.d. Ruhr |
890 |
Wülfrath |
615 |
Neuss |
495 |
Durchschnitt
ka Städte (ohne Haan): |
511 v.H. |
Durchschnitt
Nachbarkommunen (ohne Haan): |
576 v.H. |
Hinweis:
Da diese Übersicht nur die Vorjahreszahlen widerspiegelt und viele kreisangehörige Kommunen die Grundsteuer-Hebesätze 2024 erhöhen, wird die Stadt Haan mit einem Hebesatz von 540 v.H. im kreisweiten Durchschnitt und deutlich unterhalb des Durchschnitts bei Berücksichtigung kreisfreier Nachbarkommunen liegen.
Die Verwaltung empfiehlt daher den Hebesatz der Grundsteuer B wie vorgeschlagen anzuheben.
Der Hebesatz der Gewerbesteuer soll hingegen unverändert bleiben, um ein mögliches Abwandern leistungsstarker Unternehmen zu verhindern.
Beschlussvorschlag:
§ 1 der Satzung der Stadt Haan über die Erhebung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer (Hebesatz-Satzung) der Stadt Haan wird wie folgt geändert:
Die Steuersätze für die
Realsteuern werden ab dem 1.1.2024 wie folgt festgesetzt:
1.
Grundsteuer
1.1 für die land- und
forstwirtschaftlichen
Betriebe (Grundsteuer A) auf 254 v.H.
1.2 für die Grundstücke
(Grundsteuer B) auf
540 v.H.
2. Gewerbesteuer auf 421 v.H.
Finanz. Auswirkung:
Steigerung der Grundsteuererträge um ca. 0,9 Mio. €.