Betreff
Aktuelle Lage Flüchtlingssituation
Vorlage
50/030/2023
Art
Informationsvorlage

Sachverhalt:

 

Die weltweiten Fluchtbewegungen haben in den letzten Wochen und Monaten an Dynamik zugenommen – befeuert durch globale Krisenherde und Kriege. Viele Geflüchtete kommen nach Deutschland und werden nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer und vor dort auf die Kommunen verteilt. Grundsätzlich ist es vorgesehen, dass die Menschen in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes verbleiben, bis sie registriert und in das förmliche Asylverfahren eingemündet sind. Bislang hat das Land NRW zugesagt, dass ausschließlich Menschen mit realer Bleibeperspektive an die Kommunen weiterverteilt werden. Jedoch sieht sich das Land zunehmend vor ähnliche Probleme gestellt wie die Kommunen. Die Unterkünfte des Landes sind überfüllt und die Ertüchtigung weiterer Standorte für Landesunterkünfte ist weitaus schwieriger als erwartet. Daher werden den Kommunen seit Anfang August dieses Jahres vermehrt Geflüchtete zugewiesen, dies mit zunehmender Dynamik.

 

Die Zahlen für die Stadt Haan belegen dies:

Datum

Zuweisungen

Erfüllungsquote

Wohnsitzauflage

20.04.2023

6

87,25%

69,06%

27.04.2023

11

88,49%

69,36%

04.05.2023

8

91,83%

69,51%

11.05.2023

2

91,63%

70,22%

22.05.2023

3

91,15%

72,69%

30.05.2023

8

92,80%

73,31%

15.06.2023

1

92,48%

73,13%

29.06.2023

3

94,80%

73,72%

13.07.2023

2

94,40%

75,63%

04.08.2023

8

91,69%

75,51%

17.08.2023

14

92,49%

76,94%

31.08.2023

13

94,23%

77,08%

12.09.2023

13

93,47%

76,84%

28.09.2023

15

95,10%

74,75%

02.10.2023

10

89,06%

74,93%

19.10.2023

39

93,71%

73,70%

26.10.2023

12

95,36%

74,55%

 

Aktuell leben in den städtischen Gemeinschaftsunterkünften in Haan insgesamt 427 Personen.

 

Nach Einschätzung der Ausländerbehörde des Kreises Mettmann werden die Zuweisungen perspektivisch nicht weniger, sondern eher mehr werden. Die meisten der in den letzten Monaten ins Kreisgebiet zugewiesenen Geflüchteten haben eine gute Bleibeperspektive, werden also mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr in ihre Heimatländer zurückkehren. Aktuell gibt es im Kreis Mettmann nur ca. 1.200 Menschen mit einer Duldung, was einer Quote von 1,5 % aller hier lebenden Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit entspricht. Durch Rechtsänderungen (z.B. Chancenaufenthaltserlaubnisse) prognostiziert die Ausländerbehörde einen weiteren Rückgang bei den rechtskräftig Ausreisepflichtigen. Rückführungen werden bei der Ausländerbehörde fokussiert durchgeführt.

 

Bei der Mehrheit der neu nach Haan zugewiesenen Menschen ist das Asylverfahren noch nicht abschlossen. Viele haben bereits ein Aufenthaltsrecht. Außerdem leben in Haan derzeit 138 Personen mit einer Duldung.

 

Obwohl das Land keine belastbaren Prognosen zur Flüchtlingsentwicklung veröffentlicht und die erforderliche Anzahl von Unterkünften für die Menschen somit immer mit vielen Fragezeichen versehen ist, konnte die Stadtverwaltung Haan dank einer vorausschauenden Planung lange auf bestehende Ressourcen zurückgreifen, so z.B. auf die im letzten Jahr ertüchtigten Unterkünfte an der Düsseldorfer und der Deller Str. Auch die Unterkunft am Neandertalweg, die eigentlich zurückgebaut werden sollte, wird weiter genutzt. Zudem konnten im letzten Jahr weitere Kapazitäten an verschiedenen Standorten ausgebaut werden. Aktuell wird die Belegung in allen städtischen Unterkünften maximal verdichtet und deren Nutzungsdauer verlängert. In der Planung vorgesehen war auch die Ertüchtigung des Hauses Westfalen in der ehemaligen Landesfinanzschule. Das gesamte Ensemble wird jedoch durch das Land Nordrhein-Westfalen gerade vermarktet, obwohl die Stadt Haan das dringende Erfordernis geltend gemacht hatte, das Haus Westfalen für die Unterbringung von Geflüchteten wieder instand zu setzen. Damit fehlt ein wichtiger Baustein in der Unterkunftsstrategie.

 

Angesichts der aktuellen Entwicklung ist die Stadt Haan wie bereits im letzten Jahr wieder auf der Suche nach Interims-Standorten für die Unterbringung von Geflüchteten. Bevorzugt werden dabei bestehende Gebäude, auch in Gewerbegebieten. Auch wird eine Kooperation mit einem Hotel in Haan aus dem letzten Jahr wieder reaktiviert, weil es insbesondere an kurzfristigen Unterbringungsmöglichkeiten mangelt. Dort werden den Menschen auch Kochmöglichkeiten zur Verfügung gestellt, damit sie sich selbst versorgen können und nicht auf ein externes Catering angewiesen sind.

 

Darüber hinaus werden aktuell verschiedene Standorte im Stadtgebiet hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Eignung für die übergangsweise Belegung mit Containern bzw. Modulbauten geprüft. Hierfür bedarf es einer befestigten Fläche mit der Möglichkeit der Zu- und Ableitung von Wasser sowie der Stromversorgung. Ein konkretes Angebot für eine Containerlandschaft für 48 Menschen konnte von der Stadtverwaltung wegen sehr hoher Kosten bei gleichzeitig langer Vertragslaufzeit aus wirtschaftlichen Erwägungen leider nicht weiterverfolgt werden. Eine Liste mit allen Standorten, welche in den letzten Wochen einer näheren Überprüfung unterzogen wurden, ist im nichtöffentlichen Teil hinterlegt.

 

Es wird oft hinterfragt, warum die Stadt schon wieder auf der Suche nach Wohnraum für Geflüchtete ist. Das liegt u.a. daran, dass viele Kriegsvertriebene aus der Ukraine noch nicht in ihre Heimat zurückkehren konnten und somit in Haan auch Plätze in den städtischen Unterkünften belegen, und dass gleichzeitig der Zugang aus Drittstaaten wie Syrien und Afghanistan wieder deutlich zugenommen hat. Viele Menschen verbleiben auch nach der Anerkennung ihres Asylantrages in den Unterkünften, weil sie keinen bezahlbaren Wohnraum finden. Dieser ist in Haan wie in vielen anderen Städten nicht ausreichend vorhanden. Hinzu kommt, dass die Kommunen in NRW gern bessere Vorsorge vor Ort betreiben würden, um Geflüchteten eine qualitativ gute Unterbringung als Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration bieten zu können. Auch in Haan steht ein städtisches Grundstück zur Verfügung, das mit einer neuen Unterkunft bebaut werden könnte. Allerdings fehlen der Stadt Haan hierfür die eigenen finanziellen Mittel und sind auch keine Förderprogramme des Bundes und des Landes in Sicht. Daher wird es erneut erforderlich, wie schon in den Jahren 2015/16 und 2022 im Krisenmodus Übergangslösungen anzumieten und zu ertüchtigen. Verwaltung, Rat und Stadtgesellschaft sind sich darüber einig, dass die Sporthalle Adlerstraße nur als „Ultima Ratio“ und auch nur vorübergehend wieder als Notunterkunft eingerichtet werden darf. Die Stadtverwaltung arbeitet mit Hochdruck weiter daran, dass es hierzu nicht kommt. Inzwischen gibt es hoffnungsvolle Entwicklungen in diese Richtung.

 

Das Land Nordrhein-Westfalen hat außerdem zugesagt, zum Beginn des nächsten Jahres 3.000 zusätzliche Plätze in Landesunterkünften zu schaffen. Wenn zudem weitere Instrumente zur Steuerung der Migration auf Bundes- und EU-Ebene erfolgreich abgestimmt und eingesetzt werden, wird sich die Situation auch in Haan wieder entspannen – dies aber wahrscheinlich eher lang- als mittelfristig.

 

Beschlussvorschlag:

 

Die Ausführungen der Verwaltung zur Flüchtlingssituation in Haan (Stand 26.10.2023) werden zur Kenntnis genommen.

 

Finanz. Auswirkung:

 

Noch nicht absehbar, jedoch im Haushaltsplan 2023 sowie im Haushaltsplanentwurf 2024 ff noch nicht enthalten. Eine zumindest teilweise Refinanzierung wird über die FlüAG-Pauschale bzw. nach dem Rechtskreiswechsel über die anzupassende Gebührensatzung für die Unterkünfte realisiert.

 

Nachhaltigkeitseinschätzung:

 

Diese Vorlage berührt die Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt Haan nicht.