Betreff
Bewirtschaftung Waldfriedhof
hier: Antrag der Fraktion WLH vom 21.02.2024
Vorlage
60/070/2024
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Ausgangslage

Im Rahmen der Friedhofsgebührenanpassung im Jahr 2024 sind die Kosten wiederholt diskutiert worden. Darüber hinaus wurde die Verwaltung beauftragt zu prüfen, wie die Bewirtschaftungskosten des Waldfriedhofs gesenkt werden können.

Maßgeblich soll geprüft werden, ob Teile des Waldfriedhofs herausgenommen und an Dritte, beispielsweise für die Anlage eines Tierfriedhofs, verpachtet werden können (Beschluss des Rates vom 9. April 2024).

Wandelnde Bestattungskultur

Der städtische Waldfriedhof sieht sich mit einer wandelnden Bestattungskultur konfrontiert. Die zunehmende Präferenz für individuelle Bestattungsformen wie pflegeleichte Gemeinschaftsgräber und Begräbniswälder sowie Seebestattungen stellt die Friedhofsverwaltung vor Herausforderungen. Trotz der gesetzlichen Verpflichtung der Kommune im Bestattungswesen, geteilt mit den Kirchengemeinden, muss die Stadt Haan mit einem defizitären Haushalt umgehen und dabei den Wandel in den Bestattungswünschen berücksichtigen.

Waldfriedhof „kostenrechnende Einrichtung“

Als Kommune ist die Stadt Haan verpflichtet, die für ihre Aufgaben notwendigen Finanzen zuerst durch Gebühren zu erlangen. Hierzu zählen insbesondere die Nutzungsentgelte für öffentliche Einrichtungen. Nur wenn diese Einnahmen nicht ausreichen, darf die Stadt Haan auf allgemeine Mittel wie Steuern zurückgreifen. Der städtische Waldfriedhof finanziert sich überwiegend durch Gebühren und gilt als „kostenrechnende Einrichtung“.

Wettbewerb zwischen Friedhofsträgern

Die Wirtschaftlichkeit des Waldfriedhofs steht dennoch vor Herausforderungen, da das Thema Tod und Bestattung oft tabuisiert wird und die Nachfrage nach traditionellen Sargbestattungen sinkt. Zudem existiert ein Wettbewerb sowohl zwischen verschiedenen Friedhofsträgern als auch zwischen verschiedenen Friedhöfen innerhalb der Gemeinde. Obwohl generell Friedhofspflicht besteht, ist die Wahl des Friedhofs und der Bestattungsart im Einzelfall frei, einschließlich alternativer Bestattungsformen wie Seebestattungen oder Waldbestattungen.

Gebühreneinnahmen

Einnahmesteigerungen sind nur durch höhere Gebühreneinnahmen möglich. Das Bauverwaltungsamt berechnet die Friedhofsgebühren nach dem Kölner Modell. Eine willkürliche Festsetzung höherer Gebührensätze zur Einnahmesteigerung ist ein Verstoß gegen die Grundsätze der Gebührenkalkulation (Kostendeckung, keine Kostenüberschreitung) und daher nicht zulässig. Über Gebühren dürfen grundsätzlich nur die Kosten gedeckt werden, welche tatsächlich entstanden sind. Festgestellte Überschüsse sind in späteren Gebührenkalkulationen gebührenmindernd anzusetzen.

Entwicklung der Friedhofsgebühren des städt. Waldfriedhofs Haan

 

 

 

Gebührenvergleich

Im Vergleich zu den kirchlichen Trägern positioniert sich die Stadt Haan überwiegend unterhalb der anderen Gebührensätze. Wobei die Bauverwaltung eine jährliche Anpassung der Gebühren vornimmt. Die katholische Kirche hat die letzte Anpassung im Jahr 2019 vorgenommen. Die evangelische Kirche hat ihre Gebühren zuletzt im Jahr 2020 aktualisiert.

 

 

 

 

 

Fallzahlenentwicklung der Grabformen

Die traditionelle Sargbestattung verzeichnet einen deutlichen Rückgang, während die Nachfrage nach Urnenbestattungen, insbesondere nach Baumbestattungen, signifikant zunimmt.

 

 

 

 

Dieser Trend spiegelt den Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger nach individuelleren und naturverbundenen Bestattungsformen wider. Darüber hinaus zeigt sich ein zunehmendes Interesse an pflegeleichten Grabarten, was die Bedürfnisse einer sich wandelnden Gesellschaft widerspiegelt, in der Mobilität und Zeitknappheit zunehmend relevante Faktoren sind.

Das geänderte Bestattungsverhalten führt zu Überhangflächen und finanziellen Verlusten.

Gesamtfläche Waldfriedhof

Gesamtfläche Waldfriedhof

Asphalt

610,00 m²

Pflaster

2.255,00 m²

wassergebundene Decke

5.980,00 m²

Rasen

11.491,00 m²

Hackflächen

2.445,00 m²

Bodendeckerflächen

2.800,00 m²

Gehölzflächen

1.552,00 m²

Wald

7.561,00 m²

Grabflächen

7.580,00 m²

Gebäude

143,00 m²

Wege (wasserdurchlässiges Betonrechteckpflaster)

1.402,00 m²

Parkplatz

85,50 m²

Rasenflächen (später Grabflächen)

6.590,82 m²

Pflanzflächen

2.097,14 m²

Gesamtfläche

52.592,46 m²

 

Davon sind reine Friedhofsflächen

 

Die Überhangfläche auf dem Waldfriedhof wird immer größer werden.

 

Tierfriedhof

Beim Tierfriedhof schließt sich das Bauverwaltungsamt den Darstellungen aus der Vorlage 60/055/2019/1 an, da das finanzielle Risiko zu groß ist. Der Verzicht auf die Einrichtung eines Tierfriedhofes, wurde mehrheitlich beschlossen.

Auszug aus der Vorlage 60/055/2019/1

Mit Ratsbeschluss vom 17.10.2017 hat der Rat der Stadt Haan die Schließung von Teilflächen/ Grabfeldern beschlossen. Eine weitergehende Reduzierung der Friedhofsfläche ist derzeit nicht absehbar. Somit ist keine direkte Kostenreduzierung durch Umwandlung von Friedhofsfläche in Tierfriedhofsfläche möglich. Der Betrieb eines Friedhofes für Tiere ist vom Waldfriedhof für Humanbestattungen zu trennen, daher könnten mögliche Überschüsse -sofern erzielbar mit einem Tierfriedhof- nicht als Einnahmesteigerung und/oder Ausgabeverringerung des Waldfriedhofes eingesetzt werden. Der Betrieb eines Tierfriedhofes wäre eine zusätzliche, freiwillige Aufgabe. Es besteht ein hohes finanzielles Risiko, dass die Stadt Haan einen privat betriebenen Tierfriedhof weiterführen müsste, wenn ein solcher auf einem städtischen Grundstück realisiert werden würde. Insofern sollte auch diese Variante nicht weiterverfolgt werden.

Anpassung des Flächenmanagements

Um den Überhangflächen und den damit verbundenen finanziellen Verlusten entgegenzuwirken, sind eine Bestandsaufnahme und eine Anpassung des Flächenmanagements notwendig. Hier bieten sich eine Mensch-Tierbestattung und/oder ein Begräbniswald jeweils im unteren Bereich und/oder Sammelurnengräber im mittleren Bereich des städtischen Waldfriedhofs an.

Mensch-TierbestattungenAuch bei der Mensch-Tierbestattung schließt sich das Bauverwaltungsamt den Darstellungen aus der Vorlage 60/055/2019/1 an. Der Verzicht der Weiterverfolgung wurde auch hier mehrheitlich beschlossen. Die Verwaltung schlägt jetzt jedoch vor, die Mensch-Tierbestattung als zusätzliche Bestattungsform weiter zu verfolgen.

Auszug aus der Vorlage 60/055/2019/1

Im Jahr 2015 haben die ersten Gemeinden auf ihren Friedhöfen die Möglichkeit eingeräumt, Haustiere als Grabbeigabe ins Grab mitzugeben. Im Kreis Mettmann bietet Ratingen diese Bestattungsform seit dem 30.06.2017 an. Die Tiere müssen kremiert sein. Es findet die Definition für Heimtier lt. Art. 3 Nr. 8 der EU-Verordnung 1069/2009 Anwendung: „Heimtier“: Ein Tier einer Art, die normalerweise von Menschen zu anderen als zu landwirtschaftlichen Nutzzwecken gefüttert und gehalten, jedoch nicht verzehrt wird. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich das Land hiermit befasst und das Bestattungsgesetz dahingehend überprüft. Es wurde bestätigt, dass eine solche Grabbeigabe den Bestimmungen des Bestattungsgesetztes NRW nicht widerspricht. Das kremierte Tier gilt hier als Grabbeigabe gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 des Bestattungsgesetzes NRW. Da das Tier lediglich eine Grabbeigabe darstellen kann, ist auch eine Bestattung des Tieres vor dem Halter nicht möglich. Die Beigabe erfolgt in der Regel mit der Bestattung des Menschen. Die Asche zuvor verstorbener Tiere muss also solange aufbewahrt worden sein. Sollte das Tier zum Todeszeitpunkt des Halters noch leben, kann die Asche auch noch nachträglich dazugegeben werden. Wegen des hierbei notwendigen Mehraufwandes wird in diesem Falle i.d.R. die Grabbereitungsgebühr für die Bestattung einer Urne in Rechnung gestellt. Das verstorbene Tier darf gegenüber beigesetzten Menschen nur in deutlich untergeordneter Art und Weise auf dem Grabmal erwähnt werden. Gleichzeitig darf auch die Grabgestaltung nicht auf das Tier abgestimmt sein. Dies ist erforderlich, um den Bestimmungen des Art. 1. Satz 1 des Grundgesetztes gerecht zu werden, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist. Das Tier muss deshalb in den Hintergrund rücken. Wenn auch das Tier für manchen Tierhalter so wichtig ist wie ein Mensch, darf dies nicht verallgemeinert werden. Andere Menschen/ Besucher stören sich ggf. daran, wenn Tiere auf einem Friedhof für Menschen betrauert werden. Die Möglichkeit der Mensch-Tierbestattung sollte daher, wenn überhaupt, auf wenige Grabfelder begrenzt werden. Es besteht ein Risiko, dass Nutzungsberechtigte mit vorhandenen Gräbern im Umfeld dieser Neuerung skeptisch gegenüberstehen. Ein weiteres Risiko besteht in Abwanderungen auf andere Friedhöfe. Die hier eingeräumte Möglichkeit setzt sich deutlich von der Bestattung von Tieren auf einem Tierfriedhof ab. Dort steht das Tier im Mittelpunkt, Grabstein und Grabgestaltung beziehen sich auf das Tier.

Begräbniswald

Begräbniswälder als Form naturnaher Urnenbestattungen gewinnen an Beliebtheit, bieten kostengünstige Alternativen und erfordern kein Grabpflegebudget. Die rechtliche Basis für Begräbniswälder wird durch das Bestattungsgesetz geregelt, das Bestattungen grundsätzlich auf ausgewiesenen Friedhöfen vorsieht. Die Trägerschaft für Friedhöfe beschränkt sich auf Gemeinden und anerkannte Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dies würde nicht nur den Wünschen vieler Bürgerinnen und Bürger nach einer letzten Ruhestätte in der Natur entgegenkommen, sondern auch eine ökologisch sinnvolle Nutzung unserer Überhangflächen ermöglichen. Ein Begräbniswald kann zudem ein Ort der Ruhe und Besinnung für alle Stadtbewohner sein, der die Verbundenheit mit der Natur fördert und einen wertvollen Beitrag zum lokalen Ökosystem leistet.

Sammelurnengräber

Weitere ungenutzte Flächen könnten durch Sammelurnengräber, als Urnenreihengrab generiert werden. In solcher Urnengemeinschaftsgrabstätte können 16 Urnen der Reihe nach beigesetzt werden. Die Grabstätte wird mit einem Grabstein mit den Namen der dort Bestatteten versehen. Die Ruhefrist beträgt 20 Jahre die Pflege erfolgt durch die Friedhofsgärtner. An einer ausgewiesenen Ablagefläche können Kerzen und Blumen abgelegt werden.

Sonstiges

Das Bauverwaltungsamt hat den Auftrag zur Einsparung in der Gewinnung von zusätzlichen Einnahmen fokussiert, um die Qualität und den Zugang zu dieser wichtigen städtischen Einrichtung zu erhalten.

In der Beratung wurden die hohen Kosten des Betriebshofes angesprochen. Diese basieren überwiegend auf den Personalkosten unserer Friedhofsgärtner. Sie sind unerlässlich für die Pflege und Erhaltung der Friedhofsflächen. Mit lediglich zwei Gärtnerinnen für 5,2 Hektar ist die Stadt Haan in einer guten Machbarkeitsposition, sodass eine Reduzierung des Personals keine Option darstellt.

Die Beschlüsse können erst zur Umsetzung gelangen, wenn das Bauverwaltungsamt wieder vollständig besetzt ist. Derzeit ist die Friedhofsverwaltung unbesetzt und im Bereich der Gebührenberechnung fehlt eine Vollzeitkraft.

 

Beschlussvorschlag:

 

 

  1. Die Ausführungen der Verwaltung zur Bewirtschaftung des städtischen Waldfriedhofes werden zur Kenntnis genommen.

 

  1. Die Stadt Haan stellt keine Flächen für Tierfriedhöfe zur Verfügung.

 

  1. Die zusätzliche Möglichkeit von Mensch-Tierbestattungen wird weiterverfolgt.

 

  1. Die zusätzliche Möglichkeit eines Begräbniswaldes wird weiterverfolgt.

 

  1. Die zusätzliche Möglichkeit von Sammelurnengräbern wird weiterverfolgt.

 

Finanz. Auswirkung:

 

Das Bauverwaltungsamt weist darauf hin, dass Kosten für die Errichtung, Instandhaltung und Pflege auf den Überhangflächen entstehen. Aber langfristig werden die Überhangflächen Einnahmen in Form von Gebühren generieren. Die Bezifferung der Kosten und der Gebühren kann erst nach genauer Betrachtung erfolgen.