Betreff
Schließung des Jugendtreffs im Stadtteil Gruiten
Vorlage
51/024/2010
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Jugendarbeit -beziehungsweise die Kinder- und Jugendarbeit- ist gemäss § 11 SGB VIII ein Teil der Kinder- und Jugendhilfe. Sie ist neben der Bildung und Erziehung im Elternhaus, in Kindergarten oder Schule und der beruflichen Ausbildung ein weiterer, wichtiger, ergänzender Bildungsbereich in der Freizeit von Kindern und Jugendlichen. Sie soll an den Interessen der jungen Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden.

Im Zuge der Diskussionen von Angeboten der Jugendarbeit in Gruiten wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Ideen erörtert und Konzepte erarbeitet, um Kinder und Jugendliche vor Ort mit ansprechenden Angeboten zu versorgen.  Letztendlich sollte in diesem Zusammenhang auch die Frage geklärt werden, ob im Stadtteil Gruiten Bedarf für ein eigenständiges Angebot der städtischen Jugendarbeit vorliegt.

Bereits im Vorfeld der konkreten Überlegungen zur konzeptionellen Gestaltung eines stadtteilorientierten Angebotes für Kinder und Jugendliche im Stadtteil Gruiten wurde jedoch deutlich, dass nur eine Zusammenarbeit, eine Vernetzung aller –oder zumindest möglichst vieler- Anbieter von Massnahmen der Kinder- und Jugendarbeit in Gruiten geeignet ist, ein umfassendes und für eine grosse Zahl von Kindern und Jugendlichen akzeptables und attraktives Angebot verlässlich zu schaffen. Aber auch der Erkenntnis einer „durchaus endlichen Anzahl“ potentieller Nutzer von Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit in Gruiten wurde frühzeitig Beachtung geschenkt. Bereits im März 2001 wurde in der „Konzeption eines stadtteilorientierten Angebotes für Kinder und Jugendliche“  ein Modell der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Stadtteil Gruiten als Verbundsystem beschlossen. Allerdings wurde bald deutlich, dass das ursprünglich mit viel Begeisterung geplante Modell –zumindest im Bereich direkter Jugendarbeit- nicht über das Planungsstadium hinauswachsen, der künftige "Jugendtreff Gruiten" von Beginn an "nur" ein städtisches Angebot präsentieren würde. 

Vor diesem Hintergrund wurde im Mai 2001 der "Jugendtreff Gruiten" an der Thunbuschstrasse (angemietete Räume) eröffnet und bis zum 30.06.2006 betrieben. Auch in dieser Zeit gelang es nicht, das "Verbundsystem" mit Leben zu erfüllen. Standort und Räumlichkeiten des Treffs erwiesen sich letztlich als nicht uneinge-                              schränkt zufriedenstellend. Als Begründung für den ganz erheblichen Besucherschwund, der nach anfänglichem Andrang zu verzeichnen war, konnten diese Faktoren allein jedoch kaum herangezogen werden. Es verdichtete sich die Erkenntnis, dass für die gewählte Form der Jugendarbeit in Form eines "Offenen Treffs" in Gruiten nicht genügend Bedarf vorhanden ist.

Die Aufgabe des Jugendtreffs zum Beginn der Sommerferien 2006 war unumgänglich, da eine weitere Anmietung der Räume nicht mehr möglich war. In einer umfangreichen Vorlage für den JHA (JHA/56 aus 2006) schlug die Verwaltung vor, keinen neuen "Offenen Jugendtreff" in Gruiten zu etablieren, sondern nach alternativen Formen einer möglicherweise von mehr Zuspruch gekennzeichneten Jugendarbeit zu suchen. Der JHA vermochte diesem Vorschlag nicht zu folgen sondern beschloss: Der städtische „Jugendtreff Gruiten“ Thunbuschstr. 3, wird zum 30.06.06 geschlossen. Die bisherigen Angebote werden an anderem Ort  -vorzugsweise in städtischen Räumlichkeiten- fortgeführt.“

Angesichts der schon damals nicht unproblematischen städtischen Haushaltssituation wurde nach Räumlichkeiten gesucht, die ohne grössere finanzielle Aufwendungen Jugendlichen als Treffpunkt angeboten werden konnten. 

Am 08. März 2007 wurden mit den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses die leerstehenden Räumlichkeiten der ehemaligen Gaststätte im Bürgerhaus besichtigt, um zu prüfen, ob an diesem Standort ein Jugendtreff einzurichten sei.

Im Juni 2007 entschied der Jugendhilfeausschuss, dass die o.g. Räumlichkeiten in den anstehenden Sommerferien renoviert werden sollten, um für Jugendliche in Gruiten ein weiteres Angebot zu schaffen. Unterstützt wurde das Vorhaben, neben der angestellten Honorarkraft als Leiterin des neuen Jugendtreffs, von einer engagierten Gruppe Jugendlicher, die auch bereit waren die Räumlichkeiten mit zu renovieren und zu gestalten. 

Die Räumlichkeiten befanden sich in einem schlechten Zustand und wurden seit Beginn der Sommerferien 2007 von jungen Menschen aus Gruiten in ehrenamtlicher Leistung renoviert und hergerichtet. Die Maßnahmen des Gebäudemanagementes konnten sich so auf die Durchführung von Aufgaben beschränken, die für die Erledigung in Eigenarbeit nicht in Frage kamen, wie Änderungen der Elektroinstallation, Heizungssteuerung. Über Spenden vom Bürger- und Verkehrsverein Gruiten, politischen Parteien sowie einer Privatperson konnte die Ausstattung des Treffs unterstützt werden.

Am 11.11.2007 wurde schliesslich der neue städtische Jugendtreff eröffnet.

Die Besucherzahlen entwickelten sich, nach einer positiven Startphase, im Jahr 2009 kontinuierlich zurück. Bis September 2009 besuchte eine feste Gruppe Jugendlicher regelmäßig die Angebote des Jugendtreffs, so dass sich die Besucherzahlen in einem annehmbaren Verhältnis darstellten. Waren in den Monaten von Januar bis Juni rund 25 Jugendliche regelmässig in den Räumlichkeiten anwesend, so waren in den Monaten von Oktober bis Dezember durchschnittlich nur noch 10 Jugendliche anzutreffen.

In den vergangenen Monaten wurde deutlich, dass kaum noch ein Interesse bei Gruitener Jugendlichen zu verzeichnen war, den Treff aufzusuchen.

Im Jahr 2010 sind kaum noch Besucherzahlen in die Besucherstatistik aufzunehmen. Inzwischen ist auch bei den Honorarkräften die Motivation gesunken, das Angebot weiterhin aufrecht zu halten.

Es ist unbestritten, das es sich bei dem Stadtteil Gruiten um ein kleines, relativ überschaubares Gemeinwesen handelt und die Anzahl der dort lebenden Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen durchaus „endlich“ ist. Dieser Umstand wurde bereits bei der Konzeptionierung auch dieses Jugendtreffs zugrunde gelegt.

Viele Anbieter der Kinder- und Jugendarbeit „beackern“ gerade in Gruiten „das Feld“ in vielfältiger Form. Von den Jugendabteilungen der Hilfeorganisationen und des örtlichen Sportvereins über die Kirchen, Vereine und Verbände spannt sich der Bogen bis zu spezifischen Interessengruppen wie dem Deutschen Amateur Radio Club (inzwischen allerdings in Mettmann angesiedelt).

Im „klassischen“ Altersbereich der Kinder- und Jugendarbeit stehen diesen Anbietern Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Gruiten wie folgt „zur Verfügung“:  

 

Zielgruppe

Alter

männlich

weiblich

Kinder

 6 – 13 Jahre

220

208

Jugendliche/ Heranwachsende

14 – 17 Jahre

120

114

Junge Erwachsenene

18 – 21 Jahre

114                     

117

gesamt

 

454

439

 

 

                            893

 

                                                                                                                                                                       

Damit ist zu vermuten, dass der überwiegende Teil dieser jungen Menschen Angebote der o.gen. Anbieter nutzt.

Allerdings ist gleichzeitig festzuhalten, dass die Wahrnehmung dieser Angebote -bis auf wenige Ausnahmen- in der Regel mit bestimmten Bedingungen oder Vorleistungen verbunden ist, wie z.B. Konfessionszugehörigkeit, Vereinsmitgliedschaft (oft mit Kosten verbunden), regelmässige Teilnahme etc.

So bleibt die Vermutung des Vorhandenseins einer potentiellen Nutzergruppe für die originäre Offene Jugendarbeit, die keine Vorbedingungen verlangt, für jeden Jugendlichen offen ist und auf Bindungsdruck völlig verzichtet.

Gespräche mit jungen Menschen im Stadtteil bestätigen beides, das Vorhandensein einer grossen Anzahl junger Menschen, die Angebote verschiedenster Träger nutzen ebenso, wie den Unwillen oder das Unvermögen Einzelner, sich an vorhandene Angebotsstrukturen eng zu binden.

Mit dem Betrieb des Jugendtreffs im Bürgerhaus war nach wie vor die Aufgabe verbunden, letztendlich die strittige Frage zu klären, ob in Gruiten Bedarf für ein eigenständiges Angebot Offener Jugendarbeit vorhanden ist. Nach wie vor ist auch aus heutiger Sicht diese Frage nicht eindeutig zu beantworten. Wiederum ist aber deutlich geworden, dass ein Angebot wie der Jugendtreff nicht geeignet ist, Jugendliche „von der Strasse zu holen“, die Ihre Freizeit lieber „unstrukturiert“, an „Aussenorten“ (Thunbuschpark, Bürgerhaus, Sinterstrasse etc.) verbringen und dort zum Leidwesen vieler Bürger provokant und grenzüberschreitend agieren. Vielmehr sind es junge Menschen, die auch bei Angeboten anderer Träger engagiert sind, die ab und an den Weg in den Jugendtreff gefunden haben, inzwischen dieses Angebot aber nicht mehr nutzen.

Im Hinblick auf den „Zeitgeist“ und veränderten Freizeitgewohnheiten junger Menschen   sollte künftig über andere Massnahmen und Projekte nachgedacht werden. Vor dem Hintergrund der aktuell äusserst angespannten Haushaltslage der Stadt Haan sieht die Verwaltung für ein städtisches Engagement bei Angeboten der Jugendarbeit im Stadtteil Gruiten über die existierenden Elemente der aufsuchenden Arbeit und der sehr gut angenommenen Veranstaltungsreihe "F.I.B." (Fête im Bürgerhaus) hinaus keine hohe Priorität. Grundlegende Gedanken zur Versorgung des Stadtteils im Hinblick auf Angebote der Jugendarbeit sollten aber in der künftigen Jugendförderplanung angemessen berücksichtigt werden.

Die Verwaltung schlägt vor, den Treff in Gruiten umgehend zu schließen. Die Räumlichkeiten sollten allerdings nicht aufgegeben werden, da  nach wie vor Nutzungsmöglichkeiten und       -wünsche bestehen, die kaum finanzielles Engagement seitens der Stadt erfordern. So werden anteilig Räume schon seit Bestehen des Treffs seitens der Verkehrskadetten regelmässig genutzt. Die Jugendfeuerwehr könnte ggf. während des Neubaus der Feuerwache Haan dort ein Ausweichquartier beziehen. Weiterhin dient der Treff seit geraumer Zeit als räumliche Basis für Angebote der aufsuchenden Jugendarbeit im Stadtteil. Aktuell plant der von den Jugendgerichtshilfen Haan, Mettmann, Heiligenhaus und Wülfrath   gegründete Verein "Neue Wege" verschiedene Projekte. Es wäre denkbar, für junge Menschen aus Haan Angebote unter Einbeziehung der Räume des Jugendtreffs zu realisieren.

Bei Schliessung des Jugendtreffs als "Offener Treff" würden Haushaltsmittel wie folgt eingespart:

2010  (Restmittel)

·         Honorare:      ca. 2.500,00 €

·         Sachkosten:  ca.    500,00 €

2011   (und Folgejahre)

·         Honorare:            8.000,00 € 

·         Sachkosten:        1.000,00 €

Anteilig reduzieren sich Kosten für Reinigung, Hausmeistertätigkeit, Instandhaltung und Energie.

              

 

Beschlussvorschlag:

 

Der Jugendtreff Gruiten wird auf Grund mangelnden Bedarfs mit sofortiger Wirkung geschlossen.

 

Finanz. Auswirkung:

 

Siehe Sachverhalt