Sachverhalt:

 

Verfahren

 

Am 31.03.2009 hat der Rat der Stadt Haan einen Grundsatzbeschluss zur Umgestaltung des Gruitener Bahnhofs gefasst. Der dem Beschluss zugrunde liegende Maßnahmenplan beinhaltet:

 

-          die Schaffung eines barrierefreien Zugangs vom westlichen Park+Ride-Platz zum Mittelbahnsteig durch den Bau eines Aufzugs sowie

-          die Installation eines Dynamischen Fahrgastinformationssystems (DyFa).

 

Die Verwaltung hat das Büro Schüßler Plan, Köln mit der Planung zur Schaffung des barrierefreien Zugangs zum Mittelbahnsteig beauftragt und gemeinsam mit der Rheinbahn AG eine Planung für die Installation des DyFa erarbeitet.

 

Um eine verbindliche Aussage zur Förderung der Umgestaltung des Gruitener Bahnhofs zu erhalten, wurde das Vorhaben am 30.03.2009 mit Gesamtausgaben von 700.000 Euro beim Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR (VRR) angemeldet. Am 23.07.2009 hat die Stadt Haan eine Einplanungsmitteilung für das Haushaltsjahr 2010 erhalten, wobei der Fördersatz 85 % der angemeldeten Ausgaben betrug. Gemäß o. g. Ratsbeschluss wurde am 18.12.2009 fristgerecht ein Förderantrag für das Vorhaben gestellt. Die beantragte Zuwendung für die Maßnahme betrug 1.015.674 Euro.

 

Angesichts der erkennbaren Investitionsplanung der Stadt Haan und begrenzter Personalkapazitäten in der Verwaltung, die für drängendere Aufgaben benötigt wurden, wurde die Priorisierung des Vorhabens Anfang 2010 herabgesetzt. Dennoch wurde die Beauftragung / Zusammenarbeit von / mit Dritten mit verwertbaren Ergebnissen abgeschlossen. Diese werden im Folgenden vorgestellt. Die Planung zur Installation eines DyFa wurde bereits in den Bau-, Vergabe-, Verkehrs- und Feuerschutzausschuss (BVVFA) am 18.02.2010 eingebracht. Da seitdem keine Änderungen an der Planung vorgenommen wurden, widmet sich dieser Sachstandsbericht im Wesentlichen der Planung zur Schaffung eines barrierefreien Zugangs zum Mittelbahnsteig.

 

 

Lösungsmöglichkeiten eines barrierefreien Zugangs zum Mittelbahnsteig

 

Die Anforderungen an den neu zu gestaltenden Zugangsbereich und die sich aus der vorhandenen Infrastruktur ergebenden Zwangspunke schränkten eine Untersuchung von Lösungsvarianten stark ein.

 

Gemäß o. g. Ratbeschluss wurde zunächst geprüft, wie ein barrierefreier Zugang über die bestehende nördliche Personenunterführung realisiert werden kann. Hier sind heute Treppen im Ausgangsbereich zum Park+Ride-Platz und im Zugangsbereich zum Mittelbahnsteig zu überwinden.

 

Der Ausgangsbereich zum Park+Ride-Platz ließe sich sowohl mit einer Aufzugsanlage als auch mit einer Rampenanlage barrierefrei gestalten. Im Zugangsbereich zu den Gleisen ließe sich nur eine Aufzugsanlage realisieren. Aufgrund des geringen Gleisabstandes von ca. 9,30 m wäre die Ausführung einer Zugangsrampe nicht möglich. Mit dem ca. 85 m langen Bauwerk stünden im Bahnsteigbereich die erforderlichen Mindestnutzbreiten nicht mehr zur Verfügung.

 

Hiermit ergaben sich zunächst zwei Varianten eines barrierefreien Zugangs zum Mittelbahnsteig: eine „Aufzug-Aufzug-Lösung“ und eine „Rampe-Aufzug-Lösung“. Da die Folgekosten für Aufzüge hoch sind (Betrieb, Unterhaltung, Vandalismusschäden), wurde die Vorentwurfsplanung nur für die „Rampe-Aufzug-Lösung“ erarbeitet. Diese ist auch Gegenstand des Förderantrags.

 

Da auch ein Aufzug allein noch sehr folgekostenintensiv ist, wurde nach der Antragstellung eine folgekostengünstigere Alternative ohne Aufzug untersucht. Diese könnte mit dem Bau einer neuen Personenunterführung westlich der bestehenden Unterführung realisiert werden. Diese war zunächst ausgeschlossen worden, da die Investitionskosten zu hoch erschienen. Auch für diese „Rampe-Rampe-Lösung“ wurde eine Planung erarbeitet.

 

Im Folgenden werden die beiden Planungen vorgestellt. Eine Verkleinerung der zugehörigen Lage- und Bauwerkspläne ist der Anlage beigefügt worden.

 

 

Variante I „Rampe-Aufzug-Lösung“

Die Zugangsrampe wird mit einer Neigung von 6 % und – alle 6,00 m – mit den erforderlichen Ruhepodesten hergestellt. Die um ca. 160 Grad abgewinkelte Rampe erhält eine Breite von 2,40 m und wird ca. 33 m lang. Der Belag der Rampe wird aus Betonrechteckpflaster erstellt. Die Rampe erhält beidseitig behindertengerechte Handläufe und - bei einer Absturzhöhe von > 1,00 m - zusätzlich ein Geländer. Der sich im Bereich der geplanten Bahnsteigverlängerung am Gleis 4 befindliche Kabelschacht muss aufgestockt und die Kabeltrasse auf einem Abschnitt von ca. 20 m neu verlegt werden. Bei der Ausführung der Zugangsrampe muss auf ca. fünf Stellplätze des Park+Ride-Platzes verzichtet werden, die im Westen des Park+Ride-Platzes auf dem Grundstück der Deutschen Bahn AG wieder errichtet werden können. Um die derzeit westlich des Ausgangsbereichs für mobilitätseingeschränkte Menschen vorhandenen Stellplätze in ihrer Lage zu belassen, wurde die neue Zugangsrampe auf der Ostseite eingerichtet.

 

Der Bahnsteig wird am Gleis 4 um ca. 15 m verlängert. Damit wird ein Zugangsweg zu dem auf der Westseite des Personentunnels neu zu errichtenden Aufzugs geschaffen. Die neue Treppenanlage wird hierfür um ca. 25 cm gegenüber der vorhandenen Zugangstreppe verschoben. Die Laufbreite beträgt nach wie vor 2,20 m. Im Bereich der zu erneuernden Bahnsteigkanten muss das Gleis neu in seine Solllage gestopft werden.

 

 

Variante II:“Rampe-Rampe-Lösung“

Die neue Zugangsrampe muss mit einer Länge von ca. 86 m ausgeführt werden und besitzt eine Breite von 1,60 m. Die Lage in Ost-West-Richtung wurde so gewählt, dass im Westkopf keine Gleisanlagen - hier verjüngen sich die Gleise - angepasst werden müssen. Für die Anordnung der Rampe zwischen den Gleisen wird ein Mindestmaß von 8,00 m benötigt. Um diese einhalten zu können, ragt die neue Zugangsrampe ca. 16,00 m in den vorhandenen Mittelbahnsteig hinein. Diese Fehllänge muss demzufolge auf der Ostseite  kompensiert werden.

Neben den Bauleistungen für die Rampenanlagen und die neue Personenunterführung sind folgende technischen Anpassungsmaßnahmen erforderlich:

 

-          Verlegung bzw. Sicherung der Kabeltrasse im Westkopf (ca. 70 m)

-          Anpassung der Gleisentwässerung im Westkopf

-          Verschiebung des Oberleitungsmastes 104/13 am Ostkopf zur Sicherstellung der nutzbaren Bahnsteigbreite.

 

 

 

Stellungnahmen der an der Planung Beteiligten

 

Stellungnahme des Kreises Mettmann

In seinem Schreiben vom 27.03.2009 unterstützt der Kreis Mettmann die Umgestaltung des Gruitener Bahnhofs. So würde dieser seit Aufnahme der S-Bahn Linie S8 stark frequentiert, auch die Auslastung des westlich angrenzenden Park+Ride-Platz sei sehr gut. Die Vertaktung zwischen dem Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) (Linien 641, 742 sowie O1) sei in der Vergangenheit ebenfalls optimiert worden. Die barrierefreie Herrichtung der bestehenden Verbindung zwischen dem Park+Ride-Platz und dem Mittelbahnsteig durch einen Aufzug / eine Rampe sei deshalb zwingend erforderlich.

 

 

Stellungnahme der DB Station&Service AG

Auch die DB Station&Servive AG befürwortet den barrierefreien Ausbau der Station Gruiten (siehe Schreiben vom 27.03.2009). Im Telefonat am 23.07.2010 weist der für Haan zuständige Sachbearbeiter Herr Becher jedoch darauf hin, dass bei Variante II eine extrem lange Rampe entstünde. Diese münde zunächst in einem „Tunnel“ und dann im abgelegenen westlichen Teil des Park+Ride-Platzes. Dieser Weg könne insbesondere weiblichen Nutzern abends und nachts nicht zugemutet werden. Variante II befürworte er deshalb nicht.

 

 

Stellungnahme des Behindertenbeauftragten der Stadt Haan

Der Behindertenbeauftragte der Stadt Haan wurde am 18.12.2009 an der Planung beteiligt. Grundsätzlich begrüßt er das Vorhaben, die Situation am Gruitener Bahnhof entsprechend Variante I zu verbessern. Im Erörterungstermin thematisiert er insbesondere die Erschließung der Gleise 6 und 7 für bewegungseingeschränkte Personen. Die Verwaltung erläutert, dass diese aufgrund der hohen Kosten, die etwa für eine Verlängerung der Personenunterführung und die Errichtung eines zweiten Aufzugs aufgewendet werden müssten, in der aktuellen Planung nicht enthalten sei. Der Behindertenbeauftragte verzichtet wegen der hohen Kosten zunächst auf eine essentielle Forderung eines barrierefreien Zugangs zu beiden Bahnsteigen. Im Schreiben vom 02.06.2010 beantragt er jedoch auch die Schaffung eines barrierefreien Zugangs zu den Gleisen 6 und 7. Er bittet zu prüfen, ob dies durch die Installation von Treppenliften erfolgen kann.

 

 

 

Einschätzung der Planung durch die Stadtverwaltung

 

Aus Sicht der Verwaltung wird mit der derzeitigen Planung nur eine halbwegs zufriedenstellende Lösung erreicht. Denn bei Realisierung der Planung würde nur der Mittelbahnsteig barrierefrei erschlossen. Neben den bereits von den Beteiligten genannten Kritikpunkten, die die Verwaltung teilt, müssten die Nutzer von / zu den Bushaltestellen einen langen Weg über den Park+Ride-Platz in Kauf nehmen. Sie müssten bei Variante I ca. 170 m zurückzulegen, bei Variante II sogar ca. 230 m. Der barrierefreie Zugang käme damit vor allem Nutzern zugute, die über ein Auto verfügen und den Park+Ride-Platz anfahren.[1]

 

 

 

Kostenschätzung / Eigenanteil der Stadt Haan

 

Die Kostenschätzung für das Vorhaben und der davon abhängige Eigenanteil der Stadt Haan ist mit dem Detaillierungsgrad der Planung stetig gestiegen.

 

Für Variante I werden nach gegenwärtigem Planungsstand Gesamtinvestitionskosten in der Höhe von rd. 1,6 Mio. Euro inkl. Mwst. geschätzt. In den Kosten ist die Installation des DyFa mit rd. 63.000 Euro inkl. Mwst. enthalten. Diese Kosten liegen um rd. 900.000 Euro höher als bei der Anmeldung des Vorhabens bzw. um rd. 300.000 Euro höher als bei der Antragstellung beim VRR. Gründe für den Kostenanstieg liegen u. a. in der Notwendigkeit, den Bahnsteig zu verlängern und eine vorhandene Treppe zu versetzen, um die erforderlichen Abstände zum Fahrstuhl einzuhalten. Der DB Station&Service AG ist es mittelfristig nicht möglich, die Umgestaltung des Gruitener Bahnhofs fachlich zu begleiten. Die Rheinbahn AG sieht ihre Aufgabe nur in der fachlichen Begleitung. Eine finanzielle Beteiligung wurde von beiden Unternehmen nicht in Aussicht gestellt. Aufgrund der geänderten Gesamtkosten müsste ein Änderungsantrag beim Fördergeber gestellt werden. Bei einer Bewilligung würde der von der Stadt Haan zu tragende Eigenanteil an der Maßnahme auf rd. 420.000[2] Euro ansteigen.

 

Die von der Stadt Haan zu tragenden Folgekosten sind abhängig von den noch ausstehenden Vereinbarungen zwischen den Beteiligten. Bisher liegt nur eine unverbindliche Stellungnahme der DB Station&Service zu Variante I vor. Darin ist sie bereit, alle Betriebskosten aus dem laufenden Betrieb und der Unterhaltung sowie die anfallenden Kosten, die aus Vandalismusschäden resultieren, bis zu einer Höhe von jährlich 3.000 Euro zu tragen. Die Betriebskosten und Kosten zur Wartung der Aufzugsanlage liegen noch nicht vor. Die Stellungnahme der DB Station&Service AG lässt große Interpretationsspielräume. Für das DyFa wurden jährliche Folgekosten in der Höhe von rd. 10.000 Euro pro Jahr geschätzt.

 

Für Variante II werden nach gegenwärtigem Planungsstand Gesamtinvestitionskosten in der Höhe von rd. 2,5 Mio. Euro inkl. Mwst. geschätzt. In den Kosten ist die Installation des Dyfa und der Rückbau der vorhandenen Personenunterführung einschließlich Verfüllung mit enthalten. Bei einer Bewilligung der Maßnahme betrüge der von der Stadt Haan zu tragende Eigenanteil an der Maßnahme rd. 700.000 Euro. Die Höhe der Investitionskosten steht aus Sicht der Verwaltung nicht im Verhältnis zum erzielten Mehrwert. Eine Kosten-Nutzen-Analyse für die Varianten kann erst erarbeitet werden, wenn mit der DB und Rheinbahn Vereinbarungen über Folgekosten und andere notwendige Regelungen getroffen worden sind.

 

 

 

Weitere Vorgehensweise

 

Seitens des VRR liegt noch kein Bewilligungsbescheid für eine Förderung des Vorhabens vor, da bestimmte Unterlagen (s. u.) noch nicht eingereicht werden konnten.

 

Wenn die Eigenanteile der Planung von der Stadt Haan aufgebracht werden könnten, wäre aufgrund der Erhöhung der Gesamtkosten ein Änderungsantrag beim Fördergeber einzureichen. Um die Antragsunterlagen zu vervollständigen, wären weitere Leistungen zu erbringen, So wäre noch die restliche Entwurfsplanung und die Genehmigungsplanung zu erarbeiten. Zudem wäre die Beteiligungsbereitschaft Dritter an der Umgestaltung des Gruitener Bahnhofs nachzuweisen. So wäre eine unterschriebene Baudurchführungsvereinbarung mit der DB Station&Service AG für die Schaffung des barrierefreien Zugangs zum Mittelbahnsteig einzureichen sowie eine Kooperationsvereinbarung zur dynamischen Fahrgastinformation mit der Rheinbahn AG.

 

Bei der Umgestaltung des Gruitener Bahnhofs handelt es sich um eine freiwillige Leistung. Angesichts des bestehenden Nothaushalts empfiehlt die Verwaltung, den VRR darüber in Kenntnis zu setzten, dass mittelfristig nicht mit der Umsetzung des Vorhabens zu rechnen ist. Bei Bedarf kann die Planung später fortgesetzt werden.

 



[1] Die Installation von Treppenliften ist aus Sicht der Stadtverwaltung nicht zu empfehlen. Benötigt würden mindestens zwei Treppenlifte, einer für die Treppe am Hauptzugang und ein weiterer für die Treppe zu den Gleisen 6 und 7. Allerdings sind auch Treppenlifte keine barrierefreie Lösung. An den einzelnen Bahnhöfen, an denen die Deutsche Bahn AG Treppenlifte eingeführt hat, sind die Nutzer bei der Bedienung i. d. R. auf die Hilfe anderer angewiesen. Deshalb werden die Treppenlifte dort mit Servicepersonal angeboten. Dies ist aber an einem kleinen Bahnhof, wie dem Gruitener Bahnhof kaum möglich. Zudem ist davon auszugehen, dass die Treppenlifte wegen Vandalismusschäden zeitweise außer Betrieb sein würden und die Schäden zu hohen Folgekosten führen würden.

[2] Trotz eines Fördersatzes von 85 % ist der zu tragende Eigenanteil so hoch, weil ein Großteil der anfallenden Planungskosten und Genehmigungsgebühren nicht zu den zuwendungsfähigen Ausgaben zählt.

Beschlussvorschlag:

 

Der Bericht der Verwaltung zur Umgestaltung des Gruitener Bahnhofs wird zur Kenntnis genommen.