Betreff
Bebauungsplan Nr. 171 "Klutenberg Nord"
hier: Bericht über die frühzeitigen Beteiligungsverfahren, weitere Vorgehensweise
Bezug: Antrag der SPD-Ratsfraktion vom 04.10.2012:
Erweiterung des Plangebietes im Bebauungsplan Nr. 171 "Klutenberg Nord"
Vorlage
61/095/2012
Art
Antrag

Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 04.10.2012 bittet die SPD-Fraktion um Aufnahme eines Tagesordnungspunkts "Erweiterung des Plangebietes im BP 171 sowie um die Verschiebung der Außenbereichsgrenzen im Eingangsbereich Gruiten Dorf" und stellt hierzu den folgenden Antrag:

"Die Verwaltung wird beauftragt, die Außenbereichsgrenzen im Anschluss an den Planentwurf BP 171 neu auszuweisen und den BP 171 so zu erweitern, dass zur alsbaldigen Verbesserung des Ortseingangsbildes im Eingangsbereich Gruiten Dorf für das Grundstück 1615 an der Pastor-Vömel-Straße eine Möglichkeit der Bebauung entsteht. Des Weiteren sollte für das Grundstück 1237 die Ausweisung einer überbaubaren Fläche für ein Doppelhaus vorgesehen werden."

 

 

1.      Ausgangssituation

Der Planungs- und Umweltausschuss der Stadt Haan hat in seiner Sitzung vom 30.11.2010 den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 171 "Klutenberg-Nord" gefasst. Mit der Bauleitplanung sollte die bauliche Entwicklung im Bereich Klutenberg - herausgelöst aus dem Konzept zum umfassenden Bebauungsplan Nr. 98 - abschließend geregelt werden. Auch sollte mit der Bauleitplanung einer möglichen bauplanungsrechtlichen Beurteilungsgrundlage als zusammenhängend bebauter Ortsteil nach § 34 BauGB zuvor gekommen werden.

Das Konzept umfasst neben dem Gebäudeanbau an das Wohnhaus Pastor-Vömel-Straße 23 (entsprechend einer genehmigten Bauvoranfrage) den Neubau zweier Wohngebäude entlang einer historisch belegten Wegefläche. Weitere Bebauung im Ortseingangsbereich ist nicht vorgesehen, um die Ortsrandsituation zu erhalten. Den Planungszielen und dem städtebaulichen Konzept (vgl. Anlage 2) wurde zugestimmt. Gleichzeitig wurde beschlossen, auf dieser Grundlage die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen und die Träger öffentlicher Belange frühzeitig zu beteiligen.

Zur frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit hat die Verwaltung am 10.02.2011 im Bürgerhaus Gruiten eine Diskussionsveranstaltung durchgeführt. Mit Schreiben vom 21.02.2011 hat die Verwaltung die Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 (1) BauGB mit Frist bis zum 01.04.2011 frühzeitig zur Planung beteiligt und dabei auch um Äußerung auch im Hinblick auf den erforderlichen Umfang und Detaillierungsgrad einer Umweltprüfung gebeten.

Bereits mit den Anträgen vom 13.04.2011 zum Bebauungsplan Nr. 171 hatte die SPD-Fraktion Bebauungsmöglichkeiten für die o. g. Grundstücke angeregt. Die Verwaltung hatte daraufhin empfohlen, die Entscheidung über die Anträge der SPD-Ratsfraktion vom 13.04.2011 im Zusammenhang mit der Einbringung der Ergebnisse der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung und der Ergebnisse der frühzeitigen Trägerbeteiligung zum Bebauungsplan Nr. 171 "Klutenberg-Nord" herbeizuführen (siehe Sitzungsvorlage Nr. 61/056/2011).

 

 

2.      Ergebnisse der frühzeitigen Beteiligungsverfahren

2.1    Vorgebrachte Anregungen im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 (1) BauGB

Die Ergebnisse der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung sind in Form der anonymisierten Niederschrift zur durchgeführten Diskussionsveranstaltung der Anlage 3 zu entnehmen.

Es ist festzuhalten, dass sich die Öffentlichkeit grundsätzlich negativ gegenüber den im Planentwurfskonzept dargestellten, zusätzlichen Bebauungsmöglichkeiten geäußert hat.

 

 

2.2    Stellungnahmen im Rahmen der frühzeitigen Behördenbeteiligung nach § 4 (1) BauGB

Die Prüfergebnisse zu den diesbezüglichen Stellungnahmen sind der Anlage 4 zu entnehmen.

Bedenken wurden seitens des Kreises Mettmann vorgetragen, welcher auf die unzureichende Abwasserbehandlung des Klärwerkes Gruiten Bezug nimmt.

Seitens der AGNU Haan wurden grundsätzliche Bedenken gegen die Planung vorgetragen.

 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass zurzeit öffentliche Belange, hier: die Grundstücksentwässerung als Teilaspekt der Erschließung entgegen gehalten werden, welche jedoch mit Verwirklichung der Abwasserleitung zur Kläranlage Mettmann gegenstandslos werden.

Weitere grundsätzliche Bedenken wurden gegen die geplante Bebauung vorgetragen, da diese den Denkmalcharakter beeinträchtigt, schutzwürdige Obstwiesenflächen in Anspruch nimmt und auch erhöhten Lärmemissionen ausgesetzt sein wird. Der Straßenbaulastträger der Umgehungsstraße L 423 hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass er für evtl. zusätzlich erforderliche Lärmschutzmaßnahmen, welche durch eine Wohnbebauung im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens begründet ist, nicht aufkommen wird.

(Anm.: Eine Stellungnahme des beteiligten Rheinischen Amtes für Denkmalpflege liegt nicht vor. Die Behörde wurde am 09.10. 2012 erneut um Stellungnahme gebeten; eine Antwort steht aber zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Sitzungsvorlage noch aus.)

 

 

3.      Antrag der SPD-Fraktion

3.1    Aussagen zur Bebaubarkeit des Flurstücks Nr. 1237:

Das beantragte Vorhaben liegt nach Auffassung der Verwaltung im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) und ist bereits deshalb unzulässig. Gemäß Abstimmung mit dem Kreis Mettmann ist das Vorhaben auch nicht ausnahmsweise nach § 35 (2) BauGB genehmigungsfähig, da unter anderem denkmalpflegerische Aspekte als öffentliche Belange entgegen stehen. Bereits im städtebaulichen Teilkonzept Klutenberg zum Bebauungsplan Nr. 98 aus dem Jahre 1985 wurde an dieser Stelle keine Bebauungsmöglichkeit für ein Wohnhaus vorgesehen. Dem entsprechend sieht auch das hieraus entwickelte städtebauliche Konzept zum Bebauungsplan Nr. 171 an dieser Stelle keine Wohnbebauung vor.

Im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens anlässlich eines ablehnenden Bescheides der Bauaufsichtsbehörde gegen ein beantragtes Vorhaben zur Errichtung eines Wohngebäudes auf dem Flurstück Nr. 1237 wurde die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit geklärt: Nach Durchführung eines Ortstermins am 07.05.2012 und anschließender Beratung hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Sache an den Einzelrichter übertragen und darauf hingewiesen, dass gegen das Vorhaben bauplanungsrechtliche Bedenken bestehen und die Klage deshalb unbegründet sei. Die Bauvoranfrage wurde daraufhin zurückgezogen.

Nach Auffassung des Gerichts endet der zusammenhängend bebaute Ortsteil bereits mit dem Gebäude Pastor-Vömel-Straße 31; das Flurstück Nr. 1237 einschließlich des bestehenden Wohngebäudes Pastor-Vömel-Straße 25 wird zur Gänze dem planungsrechtlichen Außenbereich zugeordnet. Das Gericht führt weiterhin aus, dass das Vorhaben nach § 35 BauGB einer ungeregelten Erweiterung des Ortsteils Gruiten in den Außenbereich Vorschub leisten würde,  eine Vorbildwirkung für die nördlichen und südlichen Grundstücke begründet und somit neue Spannungen in den Bereich hinein getragen würden.

 

 

3.2    Aussagen zur Bebaubarkeit des Flurstücks Nr. 1615:

Das zur Bebauung beantragte Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 109, welcher hier eine Grünfläche mit der Zweckbestimmung "C-Spielplatz, öffentlich" festsetzt; mit der Einbeziehung als Grünfläche ist das Grundstück gleichwohl dem planungs-rechtlichen Außenbereich zuzuordnen. Im Flächennutzungsplan ist die Fläche ebenfalls als Grünfläche dargestellt.

Wie der Anlage 5 zu entnehmen ist, liegt das Grundstück zudem im Geltungsbereich des Landschaftsplans (LP) des Kreises Mettmann, hier in Form der sogen. "Doppeldeckung" gemäß § 16 (1) LGNW. Die "Doppeldeckung" besagt, dass sich der LP auch auf Flächen im Geltungsbereich von Bebauungsplänen erstrecken kann, wenn diese als Wald, landwirtschaftliche Flächen, naturschutzrechtliche Ausgleichsflächen oder, wie im vorliegenden Fall, als Grünflächen festgesetzt sind.

Natur- und kulturräumlich ist das Grundstück als ein durch den Bau der Umgehungsstraße abgetrennter Teil der Talaue der Kleinen Düssel in Ortsrandlage anzusehen. Das im Vergleich zum Ortseingangsbereich deutlich niedrigere, gewässernahe Geländeniveau ist trotz der baulichen Entwicklungen im Umfeld (Restfläche der alten Osterholzer Straße, neue Straßeneinmündung, Lärmschutzwall) noch gut wahrnehmbar. Die Geländeform ist somit integrativer Bestandteil des historischen Ortseingangsbildes, was mit der expliziten Einbeziehung in den Geltungsbereich des LP auch zum Ausdruck gebracht wird. Eine vormalige Bebauung der Fläche zu Wohnzwecken ist nicht belegt; sie ist weder bauplanungsrechtlich, noch aus landschaftsrechtlicher / naturräumlicher Sicht (Gewässereinzugsbereich, Talauenfläche) zu begründen.

 

 

3.3    Beantragte bauliche Nutzungen im Verhältnis zu den Zielen der Bauleitplanung

Beschlossenes Ziel des Bauleitplanverfahrens ist die Steuerung der baulichen Entwicklung im Bereich des Klutenbergs und insbesondere die Verhinderung eines Vordringens der Bebauung in den Außenbereich. Als Streu- und Haufendorf ist die Siedlungsanlage von Gruiten-Dorf nicht als (allseitig) geschlossene Siedlungsform, sondern durch eine Bebauung in unregelmäßiger Anordnung entlang eines geschichtlich gewachsenen Wegenetzes charakterisiert *.

Das städtebauliche Konzept verfolgt das Ziel, die Ortseingangssituation und das Erscheinungsbild eben genau dieser charakteristischen Dorfanlage zu erhalten.

Gemäß § 1 Absatz 5 BauGB sollen die Bauleitpläne (…) eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende, sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten (…). In § 1 Absatz 6 Nr. 5 BauGB werden die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes als bei der Bauleitplanung besonders zu berücksichtigende Belange hervor gehoben.

Der Antrag der SPD-Fraktion zielt darauf ab, mittels eines Bebauungsplanverfahrens die Nutzung zweier im planungsrechtlichen Außenbereich gelegener Grundstücke zu Wohnbauzwecken zu legalisieren. Die hierin begründete Ausweitung des Siedlungsbereichs steht im Widerspruch zu den o. g. Zielen. Sie dient vornehmlich privaten Einzelinteressen.

Die im Antrag angeführte Begründung einer "Verbesserung des Ortseingangsbildes" wird nicht konkretisiert; sie könnte gleichermaßen für andere Bereiche des historischen Siedlungsrandes heran gezogen werden. Hiermit würde eine Vorbildwirkung für weitere Begehrlichkeiten im Hinblick auf eine Bebauung im Ortsrandbereich ausgelöst, denen man im Anschluss nur schwer begegnen könnte.

Die Entwicklungen in anderen, sensiblen Stadtbereichen wie z.B. in der Horst oder im Bereich Stöcken haben zudem gezeigt, wie schwierig sich die Einbindung neuer Bauvorhaben in eine denkmalgeschützte Bausubstanz gestaltet und dass der bauordnungsrechtliche Handlungsspielraum hierbei begrenzt ist. Der Bebauungsplan ist hier kein Mittel zur Steuerung und Verwirklichung einer "denkmalverträglichen" Bebauung, zumal die Kriterien hierzu nur schwer zu formulieren und im Anschluss daran schwer zu realisieren sein dürften.

* aus: Harro Vollmar, Gutachten zum Denkmalbereich Dorf Gruiten, 1985, Seiten 5, 14

 

 

4.      Fazit

Eine Einbeziehung der beantragten  Bebauungsmöglichkeiten in den Bebauungsplan Nr. 171 steht im Widerspruch zu den städtebaulichen Zielen. Die bauplanungsrechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts zur Bebaubarkeit des Flurstücks Nr. 1615 bestätigt das beschlossene städtebauliche Konzept, keine Wohnbebauung außerhalb der definierten Ortslage zu ermöglichen. Die Verwaltung empfiehlt aus den o. g. Gründen, dem Antrag nicht zu folgen.

 

Ebenso empfiehlt die Verwaltung, das Bauleitplanverfahren zum Bebauungsplan Nr. 171 "Klutenberg-Nord" nicht fortzuführen. Ein öffentliches Interesse an einer baulichen Entwicklung im Bereich Klutenberg kann nicht nachgewiesen werden, wie das Ergebnis der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung bestätigt. In der bauleitplanerischen Abwägung überwiegen aus Sicht der Verwaltung die öffentlichen Belange, hier: Denkmal-, Natur- und Landschaftsschutz die privaten Belange, hier: bauliche Nutzung von Grundstücken im Außenbereich. Ein mit den Grundsätzen der Bauleitplanung zu vereinbarendes, zwingendes städtebauliches Erfordernis ist nicht erkennbar.

 

Aus Sicht der Verwaltung ist eine Weiterführung des Bauleitplanverfahrens auch mit

erheblichen rechtlichen Risiken verbunden. Ein Bebauungsplan, dessen Erfordernis nicht nachzuweisen ist, hält einer möglichen verwaltungsgerichtlichen Prüfung nicht stand.

Schließlich ist zu betonen, dass mit einer Fortführung des Bauleitplanverfahrens ein nicht unerheblicher Kostenaufwand verbunden ist:

Dieser resultiert aus der Erstellung der Bauleitplanung selbst (Bebauungsplan, evtl. FNP-Änderung) sowie der Anfertigung der hierzu notwendigen Vermessungsgrundlage, der Landschaftspflegerischen Begleitplanung, der Umweltprüfung incl. Artenschutz, dem Lärmgutachten und einer fachlichen Bewertung zum Thema Denkmalschutz.

Im Übrigen wäre ein Verfahren zur Änderung des Landschaftsplans durch den Kreis Mettmann (als verfahrensführende Behörde) einzuleiten, dessen Verlauf nur schwer zu beeinflussen ist.  

 

Beschlussvorschlag:

 

„1./  Der Bericht der Verwaltung über die Ergebnisse der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit gemäß § 3 (1) BauGB und der Träger öffentlicher Belange gemäß § 4 (1) BauGB wird zur Kenntnis genommen. Den Ergebnissen entsprechend wird das Bauleitplanverfahren zum Bebauungsplan Nr. 171 "Klutenberg-Nord" nicht fortgeführt.

2./   Dem Antrag der SPD-Fraktion vom 04.10.2012, wird nicht gefolgt.“

 

Finanz. Auswirkung:

keine