Sachverhalt:
In der Vergangenheit hat es wiederholt Anlass gegeben, den Steuermaßstab als Bemessungsgrundlage für die Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte anzupassen. Wurde zunächst der Stückzahlmaßstab als Bemessungsgrundlage von der Rechtsprechung akzeptiert, gilt seit einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2005, dass diese Bemessungsgrundlage durch einen wirklichkeitsnäheren Maßstab wie den Spieleinsatz oder das Einspielergebnis ersetzt werden muss.
Dieser früheren Forderung kam die Stadt Haan bereits nach, als sie ab Juli 2006 das Einspielergebnis der Geldspielautomaten als den zulässigen und von Aufstellern und der Rechtsprechung anerkannten Maßstab verwendete. Einspielergebnis ist hierbei der Betrag der elektronisch gezählten Brutto-Kasse. Dieser errechnet sich aus der elektronisch gezählten Kasse zzgl. Röhrenentnahme (sog. Fehlbetrag), abzüglich Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld. Diese unterschiedlichen Faktoren können durch unterschiedliche Geldentnahmen, Geräteöffnungen oder Standortwechsel zu unserem Nachteil manipuliert werden, ohne dass es aus den Auslesestreifen ersichtlich wird.
Als alternative Bemessungsgrundlage bietet sich inzwischen der Spieleinsatz an, der schlicht definiert wird als Gesamtbetrag der eingesetzten Spielbeträge.
Aktuelle Rechtsprechung und Empfehlungen des Städte- und Gemeindebundes geben nun Anlass dazu, über einen Wechsel der Bemessungsgrundlage nachzudenken. Auch um Manipulationsversuche mit der Aussicht auf niedrigere Steuerfestsetzung (= Steuerverkürzung) weitestgehend auszuschalten, empfiehlt die Verwaltung, ab 2015 auf den Spieleinsatz als Bemessungsgrundlage abzustellen.
Hintergrund:
Das Bundesverwaltungsgericht hat schon im Jahr 2010 ausgeführt, dass der Maßstab des Spieleinsatzes als Summe der im Besteuerungszeitraum in ein Spielgerät zu Spielzwecken eingeworfenen Geldbeträge und der zu weiteren Spielen verwendeten Gewinne dem Gebot steuerlicher Belastungsgleichheit schon deshalb entspricht, weil es derzeit keinen praktikablen Maßstab gibt, der einen noch engeren Bezug zum individuellen Vergnügungsaufwand herstellen kann (BVerwG, Urteil v. 09.06.2010 – 9 CN 1/09, Rn.22). Zudem werde mit dem Maßstab des Spieleinsatzes eine möglichst wirklichkeitsnahe Besteuerung des Vergnügungsaufwandes der Spieler gewährleistet. Insoweit muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass das Bundesverwaltungsgericht sich in dieser Entscheidung im Wesentlichen auf eine Abgrenzung zur veralteten Bemessungsgrundlage des Stückzahlmaßstabes beschränkt hat. Lediglich die Wertung, dass es sich bei der Bemessungsgrundlage des Einspielergebnisses um einen den Vergnügungsaufwand weniger genau erfassenden optionalen Maßstab handele, lässt sich der Entscheidung entnehmen (BVerwG, Urteil v. 09.06.2010 – 9 CN 1/09, Rn. 23).
Darüber hinaus führt das Bundesverwaltungsgericht in einer anderen Sache aus, dass mit zunehmendem Zeitablauf die rechtliche Rechtfertigung für die Verwendung der Bemessungsgrundlage Einspielergebnis schwinde (BVerwG, Beschluss v. 26.10.2011 – 9 B 16/11, Rn. 9). Dies wird vor allem damit begründet, dass in den kommenden Jahren nur noch Geldspielautomaten auf dem Markt sein werden, die auf Grund ihrer technischen Ausstattung in der Lage sein werden, den Spieleinsatz im Zählwerksausdruck darzustellen.
Eine Regelung zu der Ausstattung der Geräte findet sich in der Spielverordnung (SpielVO). Der zurzeit aktuelle § 13 Abs. 1 Nr. 8 SpielVO normiert für einen Geldspielautomaten die Anforderung, dass dieser eine Kontrolleinrichtung beinhaltet, die sämtliche Einsätze zeitgerecht, unmittelbar und auslesbar erfasst. In Folge der Überarbeitung der Spielverordnung sollen weitere Anforderungen an diese Aufzeichnungspflicht der Automaten eingefügt werden. Insoweit verfügen lediglich solche Automaten nicht über die technischen Möglichkeiten der Darstellung des Spieleinsatzes, die vor dem Inkrafttreten des entsprechenden § 13 Abs. 1 Nr. 8 SpielVO zugelassen wurden.
Da aber die Vergangenheit zeigt, dass Geldspielgeräte ganz überwiegend bereits nach maximal zwei Jahren ausgetauscht werden, wird hier nicht mehr damit gerechnet, ab 2015 in Haan noch Geldspielgeräte vorzufinden, die den jetzt geforderten Betrag des Spieleinsatzes auf den Zählwerksausdrucken nicht darstellen können. Dem steht jedoch gegenüber, dass für bereits in der Vergangenheit erteilte Bauartzulassungen (solche ohne Darstellung des Spieleinsatzes) für aufgestellte Geräte in einem gewissen Rahmen Bestandsschutz besteht. Nur dort ist das Einspielergebnis noch als Bemessungsgrundlage sachgerecht, wo es aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität angewendet werden muss bis die Altgeräte ausgetauscht werden. Dies wird jedoch ab 2015 aufgrund der technischen Ausstattung der Geräte kaum noch der Fall sein.
Um zu
gewährleisten, dass auch die älteren Geräte noch unter die neue Satzung gefasst
werden können, wird der § 7 um den Absatz 6 ergänzt, der für diese Fälle eine
Besteuerung des Einspielergebnisses nach alter Regelung zulässt.
Die Änderung
der Bemessungsgrundlage erfordert gleichsam eine Anpassung der Höhe des
Steuersatzes. Dazu schreibt der Städte- und Gemeindebund in seinem letzten
Schnellbrief zu diesem Thema am 19.03.2014 :
Der Steuersatz beträgt
bei 17 Mitgliedsstädten, die den Spieleinsatz bereits ab 01.01.2014 als
Bemessungsgrundlage der Besteuerung zugrunde legen, im Durchschnitt 4,86
Prozent, wobei die Spannbreite zwischen 2,8 Prozent und 6 Prozent liegt.
Zur Höhe des
Steuersatzes bitten wir, Folgendes zu berücksichtigen :
Vor Ort ist der
Steuersatz so zu kalkulieren, dass nach dem Wechsel des Steuermaßstabs das
bisherige Steueraufkommen zumindest wieder erreicht wird. Die Nennung von
5 % Steuersatz als Beobachtungswert von Kommunen, die bereits früher schon auf
den Steuermaßstab des Spieleinsatzes umgestellt hatten, ist nicht so zu
verstehen, dass 5 Prozent Steuersatz ohne weiteres vor Ort angesetzt werden
können. Es ist bei der Festsetzung des Steuersatzes immer das Verbot der
erdrosselnden Wirkung der Steuer zu beachten. Steuersätze, die umgerechnet auf
das Einspielergebnis eine Höhe von 20 % überschreiten, sind nach der
Rechtsprechung problematisch. Hier ist uns aus Verfahren berichtet worden, in
denen die Gerichte eine Besteuerung von 20 Prozent des Einspielergebnisses
gutachterlich im Hinblick auf die erdrosselnde Wirkung prüfen lassen.
Der Deutsche
Automaten-Verband hat in einem Gespräch mit dem Städte- und Gemeindebund darauf hingewiesen, dass
ein Steuersatz von 5 % auf den Spieleinsatz bei einer durchschnittlichen
Auszahlungsquote von 80 %, die realistisch sei, einer Kassenbesteuerung von einem
Viertel entspräche. Insofern dürften Steuersätze eher zwischen 3 % und 4 %
geeignet sein, das bisherige Aufkommen zu realisieren.
Vor dem Hintergrund
der zu erwartenden gerichtlichen Überprüfungen beim Wechsel des Steuermaßstabs
und hoher Steuersätze etwa von 5 oder 6 Prozent ist dafür Sorge zu tragen, dass
der Satzungsgeber sich hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen des
Wechsels des Steuermaßstabs und des Steuersatzes eigene Gedanken gemacht hat.
Dies sollte
auch im Ratsbeschluss dokumentiert sein (siehe Beschlussvorschlag).
Künftig ergibt
sich die Vergnügungssteuer aus der Multiplikation des Spieleinsatzes mit
einem in Prozent festgelegten Steuersatz. Zur Ermittlung dieses jetzt auf
den Spieleinsatz anzuwendenden Prozentsatzes konnten in Haan die vorliegenden
Spieleinsätze von nur zwei Spielstätten als Berechnungsbasis zu Grunde gelegt
werden, da die Höhe des Spieleinsatzes noch nicht von allen Spielstätten lückenlos
vorliegt. Ursachen liegen in der mangelhaften Lesbarkeit der Kopien der
Zählwerkausdrucke, der nur teilweisen Vorlage von Ausdrucken oder der noch
nicht ausgewiesenen Summe der Spieleinsätze.
Vergleich von
2 Spielstätten mit lückenlosem Verlauf über einen Zeitraum von 12 Monaten:
|
Spielhalle |
Gaststätte |
Einspielergebnis |
388.200 € |
11.553 € |
bisheriger Steuersatz |
x 15 % |
x 12 % |
bisherige Vergnügungssteuer |
58.230 € |
1.386 € |
Spieleinsatz |
1.684.000 € |
40.837 |
gewünschtes Aufkommen (wie beim Einspielergebnis) |
58.230 € |
1.386 € |
ergibt Steuermaßstab von |
3,46 % |
3,39 % |
Bei den
beiden vergleichbaren Fällen handelt es sich einmal um eine Spielhalle und
einmal um einen Aufsteller in Gaststätten. Beide Male wurde die Höhe des
bisherigen Einspielergebnisses mit dem ausgewiesenen Spieleinsatz ins
Verhältnis gesetzt und der Prozentsatz für die Bemessungsgrundlage nach dem
Spieleinsatz ermittelt. In beiden Fällen führt eine Bemessungsgrundlage von
aufgerundet 3,5 % bei Spielhallen wie 3,4 % beim Gaststättenaufsteller zum
bisherigen Vergnügungssteueraufkommen.
Um ein gleich
hohes Vergnügungssteueraufkommen wie bisher zu erhalten, wäre von einem
durchschnittlichen Steuersatz von 3,5 % an allen Aufstellorten auszugehen, auch
unter Berücksichtigung etwaiger Schwankungen aufgrund Spielstättenlage und
Konsumverhalten der Spieler. Aufgrund des ungenügenden Zahlenvergleichsmaterials
wird jedoch nochmal darauf hingewiesen, dass es sich bei diesem Steuersatz
lediglich um eine Schätzung auf der Basis der Einspielergebnisse und Spieleinsätze
von nur 2 Spielstätten handelt.
Trotzdem wird
hier angenommen, dass mit einem Steuermaßstab von 3,5 % auf den Spieleinsatz
bei den Geldspielautomaten das bisherige Vergnügungssteueraufkommen in Haan
erreicht wird. Gleichzeitig soll aber auch die Umstellung der
Besteuerungsgrundlagen zum Anlass genommen werden, mit einer maßvollen Anhebung
des Prozentsatzes auf den Spieleinsatz eine höhere Vergnügungssteuereinnahme zu
erreichen. Mit der Steigerung des Besteuerungsmaßstabes von 3,5 % auf 4,5 %
wird vorsichtig eine Mehreinnahme von etwa 80.000 € erwartet. Das Vergnügungssteueraufkommen
sollte dann in Haan bei annähernd gleichem Spieleinsatz in 2015 bei 380.000 € liegen.
Soweit ältere
Geldspielgeräte mangels der Ausweisung des Spieleinsatzes auch 2015 noch nach
dem Einspielergebnis besteuert werden müssen, steigt hier als Übergangsregelung
der Besteuerungsmaßstab in Spielhallen von 15 % auf 18 % und in Gaststätten und
sonstigen Orten von 12 % auf 15 %. Wie
bereits angeführt, sollten aber alle Geräte ab 2015 den Spieleinsatz ausweisen
können.
Sollte sich
durch die Umstellung des Besteuerungsmaßstabes und mögliche Reaktionen der
Automatenaufsteller das Steueraufkommen nicht wie erhofft entwickeln, ist im
kommenden Jahr die Höhe des Prozentsatzes zu überprüfen. Dazu müssen hier aber
erst die Spieleinsätze aller Aufsteller aus mindestens einer Abrechnungsperiode
(= ein Quartal) bekannt sein.
Davon
ausgehend, dass das Spielerverhalten nach Einsatz und Häufigkeit in den
umliegenden Städten vergleichbar ist, wurde eine Umfrage über die aktuellen
Vergnügungssteuersätze in den Kreisstädten und den benachbarten Großstädten
durchgeführt und sollte den hier empfohlenen Steuermaßstab bestätigen (Anlage
3).
Danach haben
im Kreisgebiet bisher nur die Städte Langenfeld und Monheim seit Anfang 2014
die Spieleinsatzbesteuerung mit einem Prozentsatz von 5 % eingeführt, die Stadt
Wülfrath beabsichtigt dies ab 2015 mit 3,8 % und Hilden mit 4 % (ab 2016 4,5
%).
Ergebnis :
Die
Verwaltung schlägt vor, den Steuersatz für alle Geldspielgeräte (in Spielhallen
und Gaststätten) auf 4,5 % des Spieleinsatzes festzusetzen. Die Erhöhung der
Vergnügungssteuer ist neben der Verbesserung der Haushaltslage auch als
ordnungspolitisches Lenkungsinstrument zur Regelung des Spielhallen- bzw.
Automaten-bestandes in Haan zu sehen. Der Steuersatz sollte auch vorrangig dem
Zweck dienen, die Spielsucht einzudämmen. Dieser zulässige Lenkungszweck war
bereits im Steuersatz auf das Einspielergebnis in der aktuellen
Vergnügungssteuersatzung enthalten.
Wie sich die
Einnahmen aus der Vergnügungssteuer aufgrund der Änderung der
Bemessungsgrundlage einschließlich des angehobenen Steuersatzes ab 2015
tatsächlich entwickeln werden, bleibt letztendlich abzuwarten
Vergnügungssteueraufkommen in Haan
in den letzten Jahren : |
||||
2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
180.000 € |
210.000 € |
265.000 € |
320.000 € |
293.000 € |
Wie auch der
aktuellen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu entnehmen ist, wird in dem
vorgeschlagenen Steuersatz von 4,5 % auf den Spieleinsatz keine erdrosselnde
Wirkung für die Automatenaufsteller gesehen, da in der Vergangenheit bereits
Satzungen bestätigt wurden, die Steuersätze von bis zu 5,5 % auf den
Spieleinsatz beinhalten. Eine unzumutbare Belastung der
Spielautomatenaufsteller ist somit durch den Steuersatz in Höhe von 4,5 % nicht
gegeben.
Ein reduzierter
Steuersatz für Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit in Gastwirtschaften und an
sonstigen Orten wird nicht mehr festgesetzt. Glücksspiel und Spielsucht in
Spielhallen oder Gaststätten sind ähnlich zu betrachten und sollten daher nicht
durch einen günstigeren Steuertarif für Gaststätten begünstigt werden.
Als positiver
Nebeneffekt wird durch eine Umstellung auf den neuen Steuermaßstab sowohl eine Erklärungsvereinfachung
beim Steuerpflichtigen als auch ein erheblich geringerer Kontrollaufwand bei
der späteren Veranlagung in der Verwaltung erreicht.
Die
Verwaltung empfiehlt, die weiteren Satzungsregelungen, insbesondere die Höhe
der übrigen Steuersätze für sonstige Unterhaltungsgeräte ohne Gewinnmöglichkeit
(aktuell
3 Stück) und gewaltverherrlichende Geräte (letztere nicht in Haan vorhanden)
nicht zu verändern und aus der aktuellen Vergnügungssteuersatzung zu übernehmen,
da diese kaum einnahmerelevant sind und bislang in verwaltungsgerichtlichen
Verfahren auch nicht beanstandet wurden.
Im Zuge der
vorgenannten Satzungsänderung sollten auch redaktionelle Änderungen vorgenommen
werden, die der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen in seiner
aktuellen Mustersatzung empfohlen und veröffentlicht hat
(siehe
Vergleich der Änderungen in Anlage 2).
Nachrichtlich:
In Haan wurde
die Satzung über die Erhebung der Vergnügungssteuer zuletzt zum 01.04.2011
geändert. Seinerzeit waren allein zum Zwecke der Einnahmeerhöhung die
Prozentsätze zur Besteuerung des Einspielergebnisses bei Geldspielgeräten mit
Gewinnmöglichkeit moderat angehoben worden.
Beschlussvorschlag:
Die ab 01.01.2015 in Haan geltende Vergnügungssteuersatzung
wird in der Fassung der Anlage 1 beschlossen. Die in der Ratsvorlage
aufgeführte Begründung zur Umstellung der Besteuerungsmaßstäbe und der Erhöhung
des Steueraufkommens wird vom Rat der Stadt Haan ausdrücklich zustimmend zur
Kenntnis genommen.