Betreff
Betreuungsmanagement für Wohnungslose und Flüchtlinge - Fortführung der Zusammenarbeit mit dem Caritasverband für den Kreis Mettmann e.V.
Vorlage
51/082/2015
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

 1.   Rückblick / Entwicklung des Betreuungsmanagement

 

Mit Ratsbeschluss vom 24.06.2008 wurde der Caritasverband für den Kreis Mettmann e. V. auf der Grundlage des Konzepts vom 23.05.2008 mit dem sog. Betreuungsmanagement beauftragt. Ausgangslage waren mehrjährige Diskussionen in den politischen Gremien über den künftigen Bedarf an Unterbringungsplätzen für Wohnungslose und Flüchtlinge sowie über Standortfragen.

Das Betreuungsmanagement nahm am 01.09.2008 die Arbeit auf. Folgend wurde über die Arbeit des Betreuungsmanagements regelmäßig in den politischen Gremien berichtet.

In den ersten Jahren war Schwerpunkt der Arbeit des Betreuungsmanagements der Personenkreis der Wohnungslosen bzw. der von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen. In der Anfangsphase des Betreuungsmanagements wurde bei einem hohen Bestand an untergebrachten Personen (51) die Gründe für die Wohnungslosigkeit sowie die Möglichkeiten bzw. Hemmnisse einer „Platzierung“ auf dem Wohnungsmarkt geprüft. Nach Start des Betreuungsmanagement konnte über einen Zeitraum von knapp 1,5 Jahren die Anzahl der untergebrachten Wohnungslosen durch Wohnungsvermittlung auf 20 gesenkt werden trotz Neuaufnahmen nach Wohnungsverlust in den beiden Unterkünften (Dellerstraße, Heidfeld). Seit 2010 tritt die Stadt Haan als Mieterin von Wohnraum auf (bis heute), um „Mietfähigkeit“ / Integration der betroffenen Personen maßgeblich zu fördern bzw. zu unterstützen.

 

Die Entwicklung der Flüchtlingszahlen in 2012 / 2013 erforderte in 2013 eine Neuausrichtung des Betreuungsmanagements unter besonderer bzw. verstärkter Berücksichtigung der Flüchtlinge auch mit der Zielsetzung, verstärkt Flüchtlinge in privaten Wohnraum (ggf. bei Anmietung des Wohnraums durch die Stadt) zu vermitteln. Einen entsprechenden Beschluss fasste der Rat in seiner Sitzung am 17.12.2013 mit der Fortführung des Betreuungsmanagements für die Jahre 2014/2015.

 

Der Rat beschloss den „Betrieb“ des Betreuungsmanagements seit 2008 jeweils für zwei Jahre. Die Verwaltung hält diesen zweijährigen „Bewilligungs-Zeitraum“ für richtig, da diese relativ kurze Zeit Anlass und auch Zwang für eine regelmäßige / permanente Evaluation einfordert. Dieser ständige Prüfungsprozess findet statt in einem engen Kontakt zwischen Verwaltung und Caritasverband sowohl auf der Leitungsebene, als auch auf der operativen Ebene sowie durch Berichterstattungen in den politischen Gremien.

 

2.    Aktuelle Entwicklung / Problemlagen / Statistik

 

2.1  Wohnungslosigkeit / drohende Wohnungslosigkeit

 

Nach einer ruhigeren Phase in der Vergangenheit mit mehr oder weniger gleichbleibenden „Fallzahlen“ muss seit Beginn dieses Jahrzehnts von einer deutlichen Zunahme der Fälle von Wohnungslosigkeit / drohender Wohnungslosigkeit gesprochen werden. Diese Zunahme hat sich in 2015 nochmals deutlich gesteigert.

Wurde in 2014 in insgesamt 23 Fällen (Räumungsklagen / drohender Wohnungsverlust) die Verwaltung tätig, sind in 2015 bis Ende September 2015 bereits 31 „Fälle“ entstanden.

Die Gründe für Wohnungslosigkeit sind vielfältig, im Wesentlichen zu nennen sind häufig multiple Problemlagen einhergehend mit Überschuldung, Trennung / Scheidung, sozialer Abstieg (z. B. nach Arbeitsplatzverlust, Krankheit), „Flucht“ der Betroffenen vor den Problemlagen. Nicht zu vergessen als Problemlage ist der angespannte Wohnungsmarkt. Der Bedarf an preiswerter Wohnraum ist groß und nimmt zu, die Verfügbarkeit demgegenüber ist nicht ausreichend. Betroffen sind Einzelpersonen und Familien (auch mit Kindern) im unterschiedlichsten Alter. Eine Steuerungsmöglichkeit über einen kommunalen Wohnungsbestand ist hier nicht gegeben. Der Bestand im öffentlich geförderten Wohnungsbau ist seit Jahrzehnten bundesweit und auch in Haan stark rückläufig und durch Beendigung von Sozialbindungen über Jahrzehnte stark abgebaut worden. Neugebaute Wohnungen in den vergangenen Jahren haben den Bestand nur marginal erweitert.

Der Allgemeine Soziale Dienst der Stadt Haan (Abt. 51-2), ggf. weitere Sachgebiete / Dienststellen der Stadt Haan (z. B. das Sachgebiet „Wohnungswesen“, ggf. das Jugendamt), das Betreuungsmanagement sowie andere Fachdienste des Caritasverbandes (u. a. Schuldnerberatung) und weitere freie Verbände arbeiten gemeinsam präventiv und am konkreten Einzelfall, oftmals, wenn das „Kind bereits in den Brunnen gefallen“ ist (terminierte Räumungsklage). Die Vermeidung von Wohnungslosigkeit erfordert einen intensiven Bearbeitungsprozess verschiedener Stellen, da häufig Zeitdruck besteht. Ziel ist, Vermieter zur Fortführung eines Mietvertrages zu bewegen (z. B. nach darlehnsweiser Übernahme von Mietschulden durch den Transferleistungsträger oder / bzw. gleichzeitig durch Führen eines Treuhandkontos durch den Caritasverband oder Wohnungslosigkeit zu vermeiden durch die kurzfristige Beschaffung von Ersatzwohnraum, ggf.  Anmietung durch die Stadt Haan). Überwiegend ist es bisher gelungen, Wohnungsverlust zu verhindern bzw. Ersatzwohnraum zu beschaffen. 

 

2.2  Flüchtlinge

 

       Über die Entwicklung der Flüchtlingszahlen wurde in den vergangenen Monaten im Zusammenhang mit der erforderlichen Schaffung von neuen / zusätzlichen Unterbringungskapazitäten in den politischen Gremien ausführlich berichtet.

       Der seit Mitte dieses Jahres zu verzeichnende weitere starke Anstieg bei den Flüchtlingszahlen erforderte in den vergangenen Monaten nicht nur immer wieder neue Maßnahmen zur Schaffung von Unterbringungskapazitäten, sondern fordert auch bei den handelnden Personen besonderen und zusätzlichen Einsatz. Die Kapazitäten der Verwaltung und auch des Betreuungsmanagements sind erschöpft und reichen bei weitem nicht mehr aus, um den Anforderungen / der Aufgabenstellung im Verwaltungshandeln und in der Flüchtlingsbetreuung gerecht werden zu können.

       Für die Arbeitsbedingungen in der Verwaltung und im Betreuungsmanagement maßgeblich und zunehmend erschwerend sind nicht nur die stark gestiegenen,  hohen Flüchtlingszahlen, sondern auch die zunehmende Anzahl an Standorten / Unterkünften und die teilweise recht provisorische Art der Unterkünfte. Waren zu Beginn des Betreuungsmanagements in 2008 an drei Standtorten 3 Flüchtlingsunterkünfte mit rd. 50 Personen zu betreuen, sind heute (Mitte  September 2015) zu betreuen 6 Standorte mit 8 Gebäuden und rd. 370 Flüchtlingen sowie weiteren rd. 60 Flüchtlingen in Privatwohnungen. Weitere Standorte / Unterkünfte kommen kurz-  bzw. mittelfristig hinzu.

       Zum Teil erheblicher zusätzlicher Arbeitsaufwand / Zeitaufwand löst die Unterbringung von Flüchtlingen in Privatwohnungen aus, hier sind insbesondere anzusprechen die Wohnungsakquise, Wohnungsprüfung vor Ort, Verhandlungen mit Vermietern über Konditionen bzw. ggf. betreffen die Herrichtung, Vermittlung zwischen Wohnungsvermieter und Flüchtling als „Wohnungsnehmer“. Die gewollte dezentralisierte Unterbringung, auch in Wohnungen, erfordert allein durch die Wegestrecken zusätzlichen Zeitaufwand.

       Weiterer Aufwand entsteht - auch zunehmend durch die Anzahl der Standorte – durch nachbarschaftliche Konflikte, die durch das Betreuungsmanagement unterstützend bzw. maßgeblich bearbeitet werden. 

       „Hausgemacht“ erschwert wird die Arbeit des Betreuungsmanagements durch den Umstand, dass in den Unterkunftsgebäuden nach und nach die für die Arbeit des Betreuungsmanagements zunächst zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten für Beratung (u. a. Gemeinschaftsräume) für Flüchtlingsunterbringung (Verdichtung) von der Verwaltung „eingezogen“ werden mussten. Aktuell stehen nur in den Unterkünften Ellscheid II und “Haus Westfalen“ dem Betreuungsmanagement jeweils eine Räumlichkeit auch für gemeinsame Aktivitäten zur Verfügung.

       Die Verwaltung hofft, vorgenannte Situation nach Schaffung weiterer Unterbringungskapazitäten angemessen verbessern zu können.

       Die Aufgabenstellung des Betreuungsmanagements ist geprägt durch eine hohe Individualität, also orientiert am Menschen mit seinen Problemlagen.

Die einzelnen Tätigkeiten stellt der Caritasverband in seinem Antrag schwerpunktmäßig dar. Herauszustellen sind die Lernangebote sowie die Sprachförderung gerichtet an Kinder und Erwachsene. Hier soll / wird bei Verfügbarkeit der Raumressourcen eine Intensivierung erfolgen.

 

 

2.3       Statistik

 

2.31    Wohnungslose

 

            Einige markante Zahlen:

- 51 untergebrachte Wohnungslose bei „Start“ des Betreuungsmanagements (Herbst / Ende 2008)

- 20 untergebrachte Wohnungslose Februar 2010 (Tiefststand)

- 26 untergebrachte Wohnungslose Ende 2014

- 30 untergebrachte Wohnungslose Ende September 2015

 

Die erfolgreiche Arbeit wird auch deutlich durch den Unterschied zwischen dem vom Jahresanfang 2015 bis September zusätzlich untergebrachten Wohnungslosen (+ 4)  und den im gleichen Zeitraum hier aufgelaufenen und zu bearbeitenden „Fällen“ (26; siehe Ziff. 2.1).

 

2.32    Flüchtlinge

           

            Betrug die Steigerungsrate des vorangegangenen Jahres von Ende 2013 bis Anfang 2015 76 Personen und im ersten Halbjahr 2015 (Anfang 2015 bis einschl. Juni 215) 40 Personen, betrug die Steigerungsrate für die Zeit von Mitte 2015 bis einschl. September 2015 (3 Monate!) 127 Personen, davon allein im September 2015 75 Personen.

            Einige markante Zahlen:

            - Ende 2008:                          56 Flüchtlinge (davon 16 in Privatwohnungen)

            - Ende 2010:                          61 Flüchtlinge (davon 18 in Privatwohnungen)

            - Ende 2012:                           94 Flüchtlinge (davon 14 in Privatwohnungen)

            - Ende 2013:                         134 Flüchtlinge (davon 20 in Privatwohnungen)

            - Anfang 2015:                      210  Flüchtlinge (davon 40 in Privatwohnungen)

            - Ende Juni 2015:                250 Flüchtlinge (davon 39 in Privatwohnungen)

            - Ende September 2015:     377 Flüchtlinge (davon 58 in Privatwohnungen)

            - Stand 14.09.2015:             419 Flüchtlinge (davon 58 in Privatwohnungen)

 

3.         Fortführung des Betreuungsmanagements

 

Unter Ziff. 1. wurde bereits dargestellt, dass die Zusammenarbeit mit dem Caritasverband / Betreuungsmanagement jeweils für zwei Jahre durch den Rat beschlossen wurde. Dies erfolgte zuletzt für die Jahre 2014/2015 mit Ratsbeschluss am 17.12.2013. Aus Sicht der Verwaltung ist die Fortführung des Betreuungsmanagements alternativlos.

Für den Aufbau eines städtischen Betreuungsmanagements fehlen die Personalressourcen und das beim Caritasverband angesiedelte langjährige Know-how.

Derzeit setzt der Caritasverband im Betreuungsmanagement für Wohnungslose und Flüchtlinge / Flüchtlingshilfe insgesamt rd. 2,3 Vollzeitstellen ein.

Im Haushaltsplan 2015 stehen bei Produkt 050110 „Förderung der Allgemeinen Wohlfahrtspflege“ für das Betreuungsmanagement Mittel in Höhe von 109.840 EUR/Jahr sowie für die Flüchtlingshilfe 41.242 EUR/Jahr (für Personalaufwand  einschl. Sachkostenpauschale) insgesamt 151.082 EUR/Jahr)  zur Verfügung (siehe Haushaltsplan 2015, siehe Seite 350, Nr. 15. und Seite 352, Erläuterung zu Nr. 15.) zur Verfügung. Für die Planjahre 2016 – 2018 sind vorgenannte Ansätze im Haushaltsplan 2015 „durchgeschrieben“.

 

Mit Antrag vom 15.10.2015 (siehe Anlage) stellt der Caritasverband begründet dar, dass auf Grund des gestiegenen Arbeitsvolumens (Flüchtlingszahlen) /  zur Erledigung der anfallenden Aufgaben künftig ein Personaleinsatz von rd. 4,6 Vollzeitstellen erforderlich werden. Aus Sicht der Verwaltung ist der dargestellte Personalumfang angemessen. Die Begründung hierfür ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen.

Der Gesamtaufwand für rd. 4,6 Vollzeitstellen (Personalaufwand einschl. Tarifsteigerung und Sachkostenpauschale) beträgt 311.761 EUR/Jahr. Die der Verwaltung bekannten und zu Grunde liegenden Entgeltgruppen sind angemessen.

 

Die Flüchtlingsbetreuung ist eine pflichtige Aufgabe und mit angemessener Personalressource zu versehen. Der vom Caritasverband im Antrag angesprochene Personalschlüssel von 1 : 120 betrachtet die Verwaltung als angemessen. Bei der Anwendung des Personalschlüssels ist die zum Jahresbeginn 2016 zu erwartende Flüchtlingszahl - diese wird voraussichtlich deutlich über 500 liegen – sowie der Aufwand betreffend die Wohnungslosenhilfe zu berücksichtigen.

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Das Betreuungsmanagement mit dem Caritasverband für den Kreis Mettmann e. V., Johannes-Flintrop-Str. 19, 40822 Mettmann, im Rahmen der Wohnungslosenhilfe / Flüchtlingsbetreuung wird in den Jahren 2016 und 2017 fortgesetzt.

Auf Antrag des Caritasverbandes vom 15.10.2015 wird ab 01.01.2016 dem erhöhten Personaleinsatz (+ rd. 2,3 Vollzeitstellen, dann insgesamt rd. 4,6 Vollzeitstellen) für das Betreuungsmanagement Wohnungslosenhilfe / die Flüchtlingshilfe zugestimmt und ein Zuschuss von insgesamt 311.761 EUR/jährlich (Personalaufwand und Sachmittelpauschale) gewährt.

Die Verwaltung wird beauftragt, im Haushaltplan 2016 Mittel in Höhe von 311.761 für die Jahre 2016 – 2019 einzuplanen.

 

Finanz. Auswirkung:

 

 Aufwand bei Produkt 050110 – Förderung der allgemeinen Wohlfahrtspflege – bei der Aufwandsart „Transferaufwendungen“: 311.761 EUR/Jahr

Es entsteht ein Mehraufwand in Höhe von 160.679 EUR/Jahr.

Die Kommunalaufsicht wird über den Mehraufwand informiert.

Es handelt sich um einen Vorgriff auf den Haushaltsplan 2016.