Sachverhalt:

1.     Anlass und Ziel der Lärmaktionsplanung

Gemäß des sechsten Teils des Bundesimmissionsschutzgesetzes über die Lärmminderungsplanung (47a bis 47f BImschG), der Bezug auf die EU- Umgebungslärmrichtlinie[1] nimmt, sind von den Gemeinden oder zuständigen Behörden Lärmaktionspläne zur Regelung von Lärmproblemen und Lärmauswirkungen auszuarbeiten.

Die Grundlage von Lärmaktionsplänen bilden Lärmkarten. Sie erfassen bestimmte Lärmquellen in dem betrachteten Gebiet, welche Lärmbelastungen von ihnen ausgehen und wie viele Menschen davon betroffen sind.

Ziel der Lärmaktionsplanung ist es, schädliche Auswirkungen durch Umgebungslärm zu verhindern, ihnen vorzubeugen oder sie zu mindern. Hierzu werden Lärmminderungsmaßnahmen geprüft. Sie können jedoch nur dann verbindlich in den Lärmaktionsplan aufgenommen werden, wenn die für die Umsetzung zuständigen Behörden dem zustimmen.

 

2.     Zu berücksichtigende Lärmquellen

Die Lärmaktionsplanung erfolgt stufenweise.

In der vorangestellten 1. Stufe war die Umgebung von offensichtlich stärkeren Lärmquellen zu betrachten. Die Lärmaktionsplanung der Stufe 1 wurde am 05.03.2013 durch den Rat der Stadt Haan beschlossen.

In der 2. Stufe müssen z. T. weitere Lärmquellen, insgesamt alle Hauptverkehrsstraßen (Autobahnen, Bundesstraßen, Landesstraßen) mit einem Verkehrsaufkommen von über 3 Millionen Kfz/Jahr (~ 8.220 Kfz/Tag[2]) sowie Haupteisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von mehr als 30.000 Zügen/Jahr (~ 82 Züge/Tag) im Hinblick auf ihre Lärmauswirkungen untersucht werden.

Die Hauptverkehrsstraßen, die unter diese Kriterien fallen, wurden vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) auf der Grundlage der durch Straßen.NRW durchgeführten Verkehrszählung 2010 ermittelt. Es handelt sich um

-     die Autobahn A 46

-     die Bundesstraße B 228

-     die Landesstraße L 357

Das LANUV hat für diese Straßen die Lärmkartierung durchgeführt.

Mit der Lärmaktionsplanung wurde die Arbeitsgemeinschaft der Büros Stadtverkehr, Hilden und ACCON Köln beauftragt. Sie hat zur Ermittlung der Betroffenenschwerpunkte die Lärmauswirkungen auf Basis der für den Stand 2015 geeichten Verkehrsdaten des Verkehrsentwicklungsplans, Stufe 2 neu berechnet. Der vorliegende Lärmaktionsplan ist der Teilplan für den Straßenverkehr.

Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) ist inzwischen zuständig für die Aufstellung eines bundesweiten Lärmaktionsplanes für die Haupteisenbahnstrecken des Bundes mit Maßnahmen in Bundeshoheit.

 

 

3.     Auslöseschwellen für Aktionspläne

Um Gesundheitsgefährdungen zu vermeiden und erhebliche Lärmbelästigungen zu mindern und langfristig abzustellen, empfiehlt das Umweltbundesamt folgende Auslösekriterien für die Aktionsplanung. Kriterium ist die Überschreitung einer der beiden Werte des 24-Stunden-Wertes LDEN oder des Nachtwertes LNight (in der Zeit zwischen 22.00 und 06.00 Uhr)

 

Empfehlungen zu Auslösekriterien für die Lärmaktionsplanung

 

Umwelthandlungsziel

Zeitraum

LDEN

LNight

Vermeidung gesundheitlicher Beeinträchtigungen

kurzfristig

65 dB (A)

55 dB (A)

Vermeidung erheblicher Belästigungen

mittelfristig

55 dB (A)

45 dB (A)

Vermeidung von Belästigungen

langfristig

50 dB (A)

40 dB (A)

Quelle: Umweltbundesamt

Gemäß Runderlass des MUNLV „Lärmaktionsplanung“ vom 07.02.2008 liegen Lärmprobleme im Sinne des § 47 d Abs. 1 BImSchG auf jeden Fall vor, wenn an Wohnungen, Schulen, Krankenhäusern oder anderen schutzwürdigen Gebäuden ein LDEN von 70 dB(A) oder ein LNight von 60 dB(A) erreicht oder überschritten wird.[3]

Für diese Bereiche besteht dringlichster Handlungsbedarf.

 

 

4.     Verfahren und Beteiligung

Die Vorgehensweise und Zwischenergebnisse bei der Ausarbeitung des Lärmaktionsplans wurden dem Ausschuss für Stadtent­wicklung, Umwelt und Verkehr (SUVA) jeweils vorgestellt. Daraufhin wurde ein Entwurf des Lärmaktionsplans, Stufe 2 mit Stand von Januar 2016 für die Stadt Haan erstellt.

Gemäß § 47d Abs. 3 BImschG wird die Öffentlichkeit zu den Vorschlägen für Lärmaktionspläne gehört. Sie erhält rechtzeitig und effektiv die Möglichkeit, an der Ausarbeitung der Lärmaktionspläne mitzuwirken.

Der Ausschuss für Planung, Umwelt und Verkehr hat am 16.02.2016 den Beschluss gefasst, den Entwurf des Lärmaktionsplans in der Fassung vom 27.01.2016 öffentlich auszulegen. Die öffentliche Auslegung erfolgte nach ortsüblicher Bekanntmachung am 08.04.2016 in der Zeit vom 18.04.2016 bis zum 20.05.2016.

Die berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, Nachbarstädte und Naturschutzverbände wurden mit Schreiben vom 08.03.2016 von der öffentlichen Auslegung benachrichtigt und zur Abgabe einer Stellungnahme in o. g. Frist aufgefordert.

 

 

5.     Problembereiche und Maßnahmenkonzept

Im Entwurf des Lärmaktionsplans wurde dargestellt, dass Problembereiche vor allem im Umfeld der B 228 und L 357 zu verzeichnen sind. Hier sind vor allem die zentralen Bereiche der B 228 (Bahnhofstraße, Kaiserstraße und Alleestraße) sowie Bereiche der L 357 (Polnische Mütze) zu nennen.

Für die untersuchten Straßenzüge, ergeben sich verschiedenste kurz- (1-2 Jahre), mittel- (2-5 Jahre) und langfristige Maßnahmen (ab 5 Jahre, bzw. in laufenden Programmen) mit dem Ziel der Reduzierung der Anzahl der von Lärm betroffenen Personen.[4]

Die kurzfristigen Maßnahmen beziehen sich meist auf eine Reduzierung des Lärms durch eine Geschwindigkeitsreduzierung in den betroffenen Straßenzügen. In Bezug auf die langfristigen Maßnahmen ist unter anderem der Einbau von lärmoptimierten Asphalten zu nennen.

 

 

6.     Stellungnahmen im Rahmen der öffentlichen Auslegung

Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung zum Entwurf des Lärmaktionsplans haben sich rd. 125 Personen (einschließlich Nebenwohnsitz, Vorstand Bürgerinitiative, Mitglieder Fachausschuss und Rat) geäußert, darunter 109 Personen im Rahmen einer gemeinsamen Stellungnahme.

Hierbei wurden weitergehende Lärmminderungsmaßnahmen gefordert.

Die seitens der Öffentlichkeit vorgebrachten Anregungen sind mit dem Ergebnis der Prüfung durch die Verwaltung Anlage 1a zu entnehmen.

 

 

7.     Stellungnahmen im Rahmen der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, der Nachbarstädte und der Naturschutzverbände

Die übergeordneten Behörden weisen darauf hin, dass die Lärmaktionsplanung ein Instrument des gebietsbezogenen Immissionsschutzes und der Lärmaktionsplan keine eigenständige Rechtsgrundlage zur Durchführung baulicher oder straßenverkehrlicher Art ist. Es sind zur Durchführung die spezialgesetzlichen Rechtsgrundlagen anzuwenden.

Zum Teil treffen auch gegensätzliche Einschätzungen und Bewertungen aufeinander, insbesondere hinsichtlich der Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen auf der B 228 und der L 357 zur Verkehrslärmreduzierung.[5]

Die seitens der beteiligten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, der Nachbarstädte und der Naturschutzverbände vorgebrachten Anregungen sind mit dem Ergebnis der Prüfung durch die Verwaltung der Anlage 1b zu entnehmen.

 

 

8.     Überarbeitung der Planunterlagen

Die Planunterlagen wurden entsprechend der Prüfergebnisse überarbeitet.

Hinsichtlich der Auslösewerte werden explizit auch die Bereiche betrachtet, in denen Lärmpegel von LDEN 65 dB(A) und  55 dB(A) LNight erreicht oder überschritten werden.

Darüber hinaus hat die Verwaltung im Nachgang der öffentlichen Auslegung den Landesbetrieb Straßen.NRW um schalltechnische Überprüfung für eine Geschwindigkeitsreduzierung auf der B 228 innerhalb von Haan gebeten. Es wurde in Aussicht gestellt, dass eine 30 km / h Begrenzung nachts umsetzbar ist, allerdings auf den betroffenen Bereich und nicht für die gesamte Ortsdurchfahrt.

Hinsichtlich der Geschwindigkeitsreduzierung tags auf der B 228 wurden verschiedentlich Bedenken geäußert, die nachvollziehbar sind. Die Geschwindigkeitsreduzierung würde das langfristige Ziel der Stärkung des ÖPNV deutlich erschweren. Denn aufgrund der niedrigeren Geschwindigkeiten steigen nicht nur die ohnehin längeren Reisezeiten im straßengebundenen ÖPNV. Es steigen durch erhöhten Personal- und Fahrzeugaufwand auch die Kosten. Die Konkurrenzfähigkeit zum MIV wird dadurch verschlechtert.[6] In der Abwägung wurde die Teilmaßnahme gestrichen.

Der Lärmaktionsplan wurde entsprechend überarbeitet. Hierbei wurden auch Verfahrensangaben fortgeschrieben. 

Der zum Beschluss anstehende Lärmaktionsplan, Stufe 2 ist Anlage 2 zu entnehmen.

 

 

9.     Beschlussempfehlung und weiteres Vorgehen

Die Verwaltung empfiehlt, den Prüfergebnissen in den Anlagen 1a und 1b zuzustimmen und den Lärmaktionsplan, Stufe 2 in der Fassung vom 28.08.2017 zu beschließen. Der Lärmaktionsplan muss zudem über das Landesumweltministerium an die EU gemeldet werden.

Nach ihrer erstmaligen Aufstellung müssen die Lärmaktionspläne bei bedeutsamen Entwicklungen für die Lärmsituation, ansonsten alle fünf Jahre überprüft und erforderlichenfalls überarbeitet werden.

 

 



[1] Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juli 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm

[2] Bei dieser Bemessungsverkehrsstärke handelt es sich um die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke. Die im Zuge des Verkehrsentwicklungsplans Stufe 2 ermittelten Verkehrsmengendaten von Runge und Küchler stellen hingegen den werktäglichen Verkehr für die typischen Wochentage dar. Der DTV ist um 10 bis 15 % niedriger als der werktägliche Verkehr für die typischen Wochentage.  

[3] Dies gilt nicht in Gewerbe- oder Industriegebieten nach §§ 8 und 9 der Baunutzungsverordnung sowie in Gebieten nach § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches mit entsprechender Eigenart.

[4] Die Maßnahmen des Entwurfs und des zum Beschluss anstehenden Lärmaktionsplans werden jeweils im Kapitel 5.4 Maßnahmensteckbriefe und Wirkungsanalyse beschrieben. Auf Änderungen im Zuge der Überarbeitung der Planunterlagen wird unter Punkt 8 dieser Vorlage eingegangen.

[5] Gegen Maßnahmen, die der Erhöhung der Verkehrssicherheit dienen, insbesondere vor Schulen,  Kindergärten und anderen sensiblen Bereichen, die Synergien bilden können, werden von den Trägern öffentlicher Belange hingegen keine Bedenken geäußert. Der Verkehrssicherheitsbelang geht in die Abwägung ein.

[6] In den sensiblen Zeiten nachts sind zumindest weniger Kurse der Buslinien betroffen.

Beschlussvorschlag:

„1.   Über die im Rahmen der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange vorgebrachten Anregungen wird entsprechend dem Ergebnis der Prüfung in dieser Sitzungsvorlage entschieden.

2.    Der Lärmaktionsplan, Stufe 2, gem. § 47d BImSchG in der Fassung vom 28.08.2017 wird beschlossen.“