Betreff
Ökokontoguthaben für Waldausgleichsmaßnahmen
Vorlage
61/290/2019/2
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Sachverhalt:

Vorbemerkung:

Die Verwaltung hat in ihrer Sitzungsvorlage zum Thema Waldersatz über die Absicht berichtet, in Abstimmung mit dem Landesbetrieb Wald und Holz (W+H) und in Zusammenarbeit mit der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft eine ca. 1,2 ha große Waldersatzfläche im Stadtgebiet von Mettmann anlegen zu lassen. Im SUVA am 30.10.2019 wurde die Verwaltung beauftragt, zur kommenden Sitzung am 26.11.2019 die den Waldersatz bedingenden Vorhaben in einer tabellarischen Übersicht darzustellen und nähere Erläuterungen darzulegen, insbesondere zu den Themen

      alternative Nutzung der im Bebauungsplan Nr. 18b, 3. Änderung als Ausgleichsmaßnahme festgesetzten Obstwiese als Waldersatzfläche und

      alternative Erwerbsmöglichkeiten von Ackerflächen mit Waldanschluss für die Gewährleistung von Waldersatzflächen auf städtischem Gebiet.

Hintergrund der ergänzenden Erläuterungen ist der im Ausschuss geäußerte Wunsch, den notwendigen Waldersatz im Haaner Stadtgebiet zu realisieren.  

 

 

Rechtliche Grundlagen:

Gemäß Landesforstgesetz NRW sind für Eingriffe in Waldflächen entsprechende Ersatzaufforstungen durchzuführen (siehe Vorlage 61/290/2019). Ansprüche auf forstrechtliche Ersatzmaßnahmen entstehen nach den Vorgaben des Landesbetriebs Wald und Holz NRW (W + H) auch dann, wenn i. S. des Bundeswaldgesetzes „bestockte“ Flächen, für die im Rahmen gültiger Bebauungspläne oder gemäß § 34 BauGB bereits Baurecht besteht, bebaut oder anderweitig genutzt werden sollen. Nach der gängigen Rechtsprechung sind hiervon nur „isolierte oder im bebauten Gebiet“ gelegene Flächen bis zu einer Größe von 2.000 m² ausgenommen, da diese Flächen im forstrechtlichen Sinne keine „Waldeigenschaft“ besitzen.

 

 

Sachverhalt:

A./  Die Verwaltung hat die in Rede stehenden Waldflächen in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt:

Nr.

Beschreibung

Ersatzforderung

Bedarf

1

Eine im Bebauungsplan Nr. 92 als Gewerbegebiet überplante, bis heute aber noch nicht bebaute, städtische Fläche an der Düsselberger Straße in Gruiten (ehem. Gelände der Firma "Rockwell") soll für eine Bebauungsplan-konforme Nutzung vermarktet werden. Auf der Fläche stockt ein ca. 5.000 m² großer Laubholzbestand.

Da die Fläche bereits rechtskräftig überplant ist (BP 92), wird seitens W+H ein flächengleicher Ausgleich von 5.000 m² gefordert.

Kurzfristig, um die Fläche zeitnah an Firmen auch mit geringerem Platzbedarf vermarkten zu können 

2

Im Rahmen des Bebauungsplans Nr. 183 ist die Entwicklung eines kleinen Wohngebiets vorgesehen. Dafür sind Eingriffe in einen Waldbestand vorgesehen; die betroffene Fläche von ca. 2.000 m² ist bereits durch einen rechtskräftigen Bebauungsplan (BP 31) als Bau- bzw. als Grünfläche überplant.

Da die Fläche bereits rechtskräftig überplant ist (BP 31), wird seitens W+H ein flächengleicher Ausgleich von 2.000 m² gefordert.

Mittelfristig im Rahmen der Umsetzung des BP 183

3

Für die geplante Kindertagesstätte am Erikaweg ist die Erweiterung des Außengeländes in einen 427 m² großen, angrenzenden Waldbestand an der Ohligser Straße geplant. Die beanspruchte Erweiterungsfläche liegt im bauplanungsrechtlichen Außenbereich und ist im FNP als Wald dargestellt.

W+H fordert hier die doppelte Ersatzfläche 854 m², da durch das Vorhaben auch die angrenzenden Waldflächen in ihrer Funktion beeinträchtigt werden.

Kurzfristig (in 2019), da für die Nutzung des Außengeländes der Waldersatz gesichert sein muss, da ansonsten keine Nutzungsgenehmigung erteilt werden kann.

 

Insgesamt besteht somit ein kurz- bis mittelfristiger Waldersatzbedarf von 7.854 m².

 

In der Vorlage 61/290/2019/1 stellt die Verwaltung die Vorteile dar, welche sich aus der vorgeschlagenen Regelung mit der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft ergeben. So können die aufwendige Pflege und Unterhaltung der Flächen an die Stiftung delegiert und gleichzeitig die aufwendige Suche nach Ersatzflächen vermieden werden. Die ökologischen Vorteile bestehen insbesondere darin, dass die Ersatzmaßnahmen im Vorgriff erfolgen und somit zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme bereits wirksam sind.

Die von der Stiftung hierfür bereitgestellte Waldersatzfläche liegt in geringer räumlicher Entfernung innerhalb des den größten Teil des Haaner Stadtgebietes umfassenden Landschaftsraums „Mettmanner Lößterrassen“. Sie umfasst eine verfallene, ehemals intensiv bewirtschaftete Obstplantage sowie eine ehemalige Weihnachtsbaumkultur. Somit ist gewährleistet, dass mit dieser Regelung keine weiteren, landwirtschaftlich genutzten Flächen aus der Produktion genommen werden. Da die bereitgestellte Ersatzfläche ca. 1,2 ha groß ist, verbleibt nach dem derzeitigen Planungsstand ein Überschuss von ca. 0,4 ha als Reserve für spätere Ersatzbedarfe. 

 

B./  im Bebauungsplan Nr. 18b, 3. Änderung festgesetzte Obstwiese (ca. 17.200 m²) und

       Obstwiese südöstlich des Geländes der Bauberufsgenossenschaft (ca. 4.300 m², in der Darstellung mit Punktlinie umrandet):

In der Sitzung am 30.10.2019 wurde seitens der Fraktion WLH angeregt, die im Bebauungsplan Nr. 18b, 3. Änderung festgesetzte, in Teilen geschädigte Obstwiese als Waldersatzfläche zu nutzen und die Obstbäume ersatzweise auf der ebenfalls im Bebauungsplan Nr. 18b, 3. Änderung, nordwestlich der Wohnbauflächen festgesetzten, öffentlichen Grünfläche neu anzupflanzen. Die betreffende Grünfläche ist mit der Zweckbestimmung „Parkanlage“ in Kombination mit Regenrückhaltebecken sowie weiteren Anlagen zur offenen Entwässerung und Versickerung des aus dem Baugebiet anfallenden Regenwassers festgesetzt und hat eine Größe von ca. 19.500 qm.

 

 

 

Prüfergebnis der Verwaltung:

Die Anregung begegnet landschaftsplanerischen und bauplanungsrechtlichen Bedenken.

Festsetzungen der 3. Änderung des Bebauungsplans Nr. 18b:

Die vorgeschlagene Änderung von „Ausgleichsfläche, Obstwiese“ in „Wald“) berührt einen Grundzug der Planung, sodass ein förmliches Bebauungsplan-Änderungsverfahren durchzuführen wäre. Parallel wäre auch der Flächennutzungsplan zu ändern. Verfahrensdauer und erforderlicher verwaltungstechnischer Aufwand sind dem entsprechend hoch anzusetzen.

Bauplanungs- und Naturschutzrecht:

Maßgeblich gegen eine Aufforstung der beiden benannten Obstwiesen steht das in Nordrhein-Westfalen bestehende Grünlandumbruchsverbot. Dieses Verbot beinhaltet auch die Umwandlung von Grünland in Wald. Eine Aufforstung der Obstwiese wäre somit nur genehmigungsfähig, wenn die Stadt einen flächengleichen Ersatz herstellt, also eine Ackerfläche erwirbt und dauerhaft in Grünland umwandelt. Dies widerspricht jedoch den Grundsätzen des § 1a Abs. 2 BauGB („Umwidmungssperrklausel“, siehe unter Nr. 3).

Daneben entspricht die festgesetzte Obstwiese als Form der Grünlandnutzung dem Erscheinungsbild der Kulturlandschaft innerhalb der Landschaftseinheit „Mettmanner Lößterrassen“. Es ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass die fruchtbaren Hochflächen landwirtschaftlich genutzt werden (Ackerbau, Grünland), während die Talhänge der Bachtäler i.d.R. mit Wald bestockt sind. Eine Aufforstung der Obstwiese steht diesem Landschaftsbild entgegen.

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

© Kreis Mettmann                                                        © Stadt Haan

 

 

© Kreis Mettmann                                                                                      © Stadt Haan

 

3./ Erwerb von Ackerflächen mit Waldanschluss:

 

 

C./  Erwerb von Ackerflächen mit Waldanschluss:

Die Anregung begegnet bodenverkehrs- und bauplanungsrechtlichen Bedenken.

In der Sitzung am 30.10. wurde seitens der GAL-Fraktion angeregt, Ackerflächen auf Haaner Stadtgebiet, welche an bestehende Waldflächen angrenzen, für den Waldersatz zu erwerben. Durch den Waldanschluss soll gewährleistet werden, dass auch kleinere Teilflächen als Waldersatzmaßnahmen anerkannt werden.

 

Stellungnahme der Verwaltung:

Nach der sogenannten „Umwidmungssperrklausel“ des § 1a Abs. 2 BauGB dürfen landwirtschaftliche, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen nur im notwendigen Umfang für andere Nutzungsarten in Anspruch genommen werden. Da geeignete Alternativen in Form einer verfallenen, ehemals intensiv bewirtschafteten Obstplantage sowie einer ehemaligen Weihnachtsbaumkultur in geringer räumlicher Entfernung zur Verfügung stehen, stünde der Erwerb von bewirtschafteten Ackerflächen für die Anlage von Waldersatzmaßnahmen im Widerspruch zu den Grundsätzen des § 1a Abs. 3 BauGB.

Zudem können kaufinteressierte Landwirte nach § 2 Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) über die Landwirtschaftskammer NRW ein Vorkaufsrecht ausüben, wenn der Flächenerwerb durch einen Nichtlandwirt erfolgt. Von diesem Vorkaufsrecht wurde in der Vergangenheit bereits Gebrauch gemacht, um zu gewährleisten, dass landwirtschaftlich genutzte Flächen in der Produktion verbleiben.

Zudem ist anzumerken, dass derzeit landwirtschaftlich genutzte Flächen auch kaum zum Verkauf angeboten werden und somit offen ist, wann ein solcher Verkauf überhaupt grundsätzlich möglich wäre.

 

Beschlussvorschlag:

Der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr nimmt die ergänzenden Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.