Betreff
6. Änderung des Bebauungsplans Nr. 16 „nördliche Flemingstraße“ / Anpassung des Flächennutzungsplanes im Bereich „nördliche Flemingstraße“ im Wege der Berichti-gung (44. Änderung des Flächennutzungsplans)
hier: - Aufstellungsbeschluss, § 2 (1) BauGB
- Beschluss über die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung, § 3 (1) BauGB
- Beschluss zur Änderung des FNP im Wege der Berichtigung
Vorlage
61/336/2020
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Sachverhalt:

 

1/.   Anlass der Planung

Die evangelische Kirchengemeinde Haan plant auf dem Grundstück Flemingstraße 26 in Haan, das bestehende Gemeindegebäude aufzugeben, abzureißen und durch die Errichtung eines Baukörpers im geförderten Wohnungsbau zu ersetzen. Geplant ist, soziales Wohnen für bedürftige Familien der Kirchengemeinde Haan als geförderter Wohnungsbau mit insgesamt 14 Wohnungen umzusetzen. Hierfür stellt die evangelische Kirchengemeinde Haan den Antrag vom 27.05.2020, den rechtskräftigen Bebauungsplan Nr.16 für das Grundstück Flemingstraße 26 zu ändern (siehe Anlage 1), um die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Mehrfamilienwohngebäudes im öffentlich geförderten Geschosswohnungsbau zu schaffen.

Das Grundstück ist derzeit mit dem I-II-geschossigen Gemeindezentrum der evangelischen Kirchengemeinde Haan bebaut. Neben den baulichen Anlagen der Kirche (Gemeindezentrum, Garage, Stellplätze) ist das Grundstück durch Zierrasen mit wenigen Einzelbäumen geprägt (siehe Luftbild, Anlage 2). Bzgl. der Haaner Baumschutzsatzung ist festzuhalten, dass die Gehölze entweder nicht unter den Schutz der Satzung fallen (Atlaszeder im Norden), oder gemäß § 4 Absatz 1 Buchstabe b unter die Ausnahmeregelung des § 3 der Satzung fallen, da eine nach baurechtlichen Vorschriften statthafte Nutzung sonst nicht oder nur unter wesentlichen Beschränkungen verwirklicht werden könnte (Birken, Blutbuche). Ein zwingender Erhalt der Bäume ist hierdurch somit nicht vorgegeben. Bei Fällung der 2 Bäume ist jedoch ein entsprechender Antrag gemäß Baumschutzsatzung zu stellen und es sind Ersatzpflanzungen vorzunehmen.

Die Umgebung des Plangebietes ist ausschließlich wohnbaulich geprägt. Westlich der Flemingstraße befindet sich geschlossener Geschosswohnungsbau der 70er Jahre mit III-VIII Vollgeschossen und Flachdächern. Im Osten grenzen Reihenhauszeilen in zweigeschossiger Bauweise mit Satteldach sowie Garagenzeilen an das Plangebiet heran.

 

 

2/.   Bestehendes Planungsrecht

2.1  Flächennutzungsplan

Der Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Haan stellt für das Grundstück Flemingstraße 26 eine Fläche für den Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung „Kirchen und kirchlichen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen“ dar. Die umgebenden Flächen sind als Wohnbauflächen dargestellt (siehe Anlage 3).

 

2.2  Bebauungsplan

Das Grundstück Flemingstraße 26 liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 16 (rechtskräftig seit dem 07.01.1971). Der Bebauungsplan setzt für das Grundstück ein „Allgemeines Wohngebiet“ (WA6) gemäß § 4 BauNVO in offener Bauweise fest. Überlagert wird die vorgenannte Festsetzung durch die Ausweisung einer Fläche für den Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung „kirchlichen und kirchlichen Zwecken dienende Gebäude, kirchliche Anlage (evangelisch)“. Die zeichnerischen Festsetzungen sind auch dem Ausschnitt aus dem Bebauungsplan zu entnehmen, der als Anlage 4 beigefügt wurde. Das Maß der baulichen Nutzung wird mit einer GRZ von 0,4 und einer GFZ von 0,8 bestimmt. Es sind maximal zwei Vollgeschosse zulässig. Die Baugrenzen halten zur Straße einen Mindestabstand von 5,5 m ein; zu den übrigen Grundstücksgrenzen dagegen nur den bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Mindestabstand von 3,0 m. In der Abstandsfläche zur Straße sieht der Bebauungsplan die Unterbringung von grundstücksbezogenen Stellplätzen vor.

 

 

3/. Erforderlichkeit eines förmlichen Planänderungsverfahrens

Aus Sicht der Verwaltung ist es zur Umsetzung des Vorhabens zwingend erforderlich, dass der Bebauungsplan Nr. 16 in diesem Bereich geändert werden muss (6. Änderung des BP Nr. 16). Eine Befreiung gemäß § 31 (2) BauGB scheidet aus, da durch das geplante Vorhaben die Grundzüge der Planung betroffen sind. Durch die Festsetzung des kirchlichen Grundstücks als Gemeinbedarfsfläche hat der Satzungsgeber klar zum Ausdruck gebracht, dass er auf dem festgesetzten Grundstück entsprechende Einrichtungen sichern möchte. Ansonsten hätte eine Festsetzung als WA-Gebiet ausgereicht, um wohnbauliche und auch kirchliche Nutzungen umsetzen zu können. In den Akten zur Aufstellung des Bebauungsplanes befinden sich zudem Unterlagen, die eindeutig die Bedarfsanmeldung zur Ausweisung von Grundstücken für kirchliche Nutzungen durch beide Konfessionsrichtungen belegen. Die langjährige entsprechende Nutzung des Grundstückes durch die Kirche entspricht zudem den getroffenen Festsetzungen.

Die Doppelfestsetzung als Gemeinbedarfsfläche und allgemeines Wohngebiet erfolgte in den frühen 1970-er Jahren, um auch Aussagen zum Maß der baulichen Nutzung treffen zu können (s. bspw. auch BP 31 „Bachstraße“, hier WA-Gebiet – Gemeinbedarfsfläche „Schule“).

Erst seit dem Beschluss des BVerwG  v. 10.10.2005 - 4 B 56.05 gilt der Leitsatz,  dass "Jedenfalls seit In-Kraft-Treten des BBauG 1976 das Maß der baulichen Nutzung im Bebauungsplan nicht nur für Baugebiete im Sinne der BauNVO, sondern auch für Flächen festgesetzt werden kann, deren Art der baulichen Nutzung auf der Grundlage von § 9 Abs. 1 BauGB - hier Nr. 5 (Flächen für den Gemeinbedarf) - bestimmt wird."

 

Seitens der Kirchengemeinde wurde eine Anwaltskanzlei damit beauftragt zu überprüfen, ob das Bebauungsplanänderungsverfahren wirklich erforderlich ist. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass die Stadt auch von der Festsetzung des Bebauungsplanes befreien könnte und der Gemeinde somit ein Ermessensspielraum vorliege. Seitens der Verwaltung wird diese Auffassung weiterhin nicht geteilt. Da eine solche Entscheidung Auswirkungen auf mehrere, ähnlich gelagerte Fälle im Haaner Stadtgebiet hätte und somit einen Präzedenzfall darstellen würde, wird durch die Verwaltung ebenfalls eine Anwaltskanzlei mit der Prüfung des Sachverhalts beauftragt. Da ein Ergebnis der Prüfung voraussichtlich bis zur Sitzung des SUVA nicht vorliegen wird, hat die Verwaltung in Abstimmung mit der Kirchengemeinde die Unterlagen zur Änderung des Bebauungsplanes vorgelegt, um zeitliche Verzögerungen des erforderlichen Planverfahrens auszuschließen und die Planung zügig durchzuführen. Um unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden, wird jedoch vorgeschlagen, derzeit noch keinen Aufstellungsbeschluss zu fassen. Dieser kann nach Klärung der Rechtslage auch erst zum Beschluss der öffentlichen Auslegung gefasst werden. Sollte sich im Nachhinein ergeben, dass das Vorhaben auch ohne Planänderung umgesetzt werden kann, wird die Verwaltung hierüber in der nächsten Sitzung des SUVA berichten.

 

 

4/. Geplantes Vorhaben, Planungsziele

Die evangelische Kirchengemeinde Haan hat von einem Architekturbüro ein Bebauungskonzept zum geplanten Bauvorhaben erarbeiten lassen, welches ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt 14 Mietwohneinheiten für den sozialen Wohnungsbau, eine Tiefgarage für 6 PKW-Stellplatze und 8 oberirdische Stellplätze beinhaltet. Der Baukörper ist als Flachdachgebäude mit zwei Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss geplant. Die konkrete Baubeschreibung, ein Lageplan sowie Ansichten zu dem geplanten Baukörper sind im Detail der Anlage 5 zu entnehmen. Die Planung wird in der Ausschusssitzung am 23.06.2020 durch den Vorhabenträger bzw. durch den beauftragten Architekten vorgestellt.

Ziel der Bebauungsplanänderung ist somit, die bisherige Gemeinbedarfsfläche zukünftig als Allgemeines Wohngebiet festzusetzen, um hier ein Gebäude für 14 Wohneinheiten im sozialen Wohnungsbau zu errichten.

 

 

5./ Bauleitplanverfahren

Das geplante Bauvorhaben stimmt zwar in großen Teilen mit den Festsetzungen des rechtskräftigen Bebauungsplans Nr. 16 überein. Entgegen steht jedoch die überlagernde Festsetzung einer Fläche für den Gemeinbedarf "kirchliche Anlage", welche durch die nunmehr beabsichtigte Nutzung nicht mehr eingehalten wird.

Zur Umsetzung der Planung muss daher das Bauplanungsrecht entsprechend geändert werden. Als Planungsinstrument empfiehlt sich in diesem Fall aufgrund der geringen Plangebietsgröße und der beabsichtigten Nachverdichtung im Rahmen der bestehenden Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung die Aufstellung eines Bebauungsplans der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB an:

Die Vorteile dieses Verfahrens liegen zum einen darin, dass kein eigenständiges Verfahren zur Änderung des FNP erforderlich wird, sondern dieser lediglich im Wege der Berichtigung an die neue Planung angepasst wird. Zum anderen entfällt die Verpflichtung, im Rahmen des Planverfahrens eine Umweltprüfung gemäß § 2 (4) BauGB durchzuführen, einen Umweltbericht gemäß § 2a BauGB sowie eine zusammenfassende Erklärung anzufertigen und die Angabe nach § 3 Absatz 2 Satz 2 BauGB, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind.

Des Weiteren ist in Anwendung des § 13a (2) Nr. 4 BauGB die Berücksichtigung der Eingriffsregelung nicht erforderlich. Eingriffe, die aufgrund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, gelten als im Sinne des § 1a (3) Satz 5 BauGB vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig. Von der frühzeitigen Unterrichtung und Erörterung nach § 3 Absatz 1 (Beteiligung der Öffentlichkeit) und § 4 Absatz 1 (Beteiligung der Träger öffentlicher Belange) kann abgesehen werden.

Neben der Änderung des rechtskräftigen Bebauungsplans muss auch der Flächennutzungsplan geändert werden, da die vorgesehene Nutzung der bisherigen Ausweisung als Fläche für den Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung „Kirchen und kirchlichen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen“ widerspricht. Aufgrund der Anwendung des Verfahrens der Innenentwicklung nach § 13a BauGB, kann der Flächennutzungsplan im Wege der Berichtigung gemäß § 13a (2) Nr. 2 BauGB angepasst werden.

 

 

6./ Beschlussempfehlung und weitere Vorgehensweise

Die Verwaltung empfiehlt, die Erarbeitung der Aufstellung der 6. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 16 und des Bebauungsplanentwurfes im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB, die Anpassung des Flächennutzungsplans durch seine 44. Änderung im Wege der Berichtigung und die in der Sitzungsvorlage aufgeführten Planungsziele zu beschließen.

Obwohl die Voraussetzungen zur Durchführung des beschleunigten Verfahrens gegeben sind, empfiehlt die Verwaltung, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit durchzuführen. Mangels Planungsvarianten und unter Berücksichtigung der Auswirkungen der COVID19-Pandemie, schlägt die Verwaltung jedoch vor, anstelle einer Diskussionsveranstaltung die Öffentlichkeit durch eine Auslegung der Planunterlagen im Amt für Stadtplanung und Bauaufsicht bzw. zusätzlich auf der Homepage der Stadt Haan auf die Dauer von 2 Wochen frühzeitig an der Planung zu beteiligen und ihnen somit die Möglichkeit zur frühzeitigen Stellungnahme zu geben. I. S. der Verfahrensbeschleunigung nach § 13 (2) Nr. 1 BauGB wird jedoch auf eine frühzeitige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange verzichtet.

 

Beschlussvorschlag:

„1./ Die Verwaltung wird beauftragt, die Aufstellung und den Entwurf zur 6. Änderung des Bebauungsplans Nr. 16 „nördliche Flemingstraße“ gemäß § 2 (1) i. V. m. § 13a BauGB im beschleunigten Verfahren vorzubereiten. Das Plangebiet liegt in Haan-Ost, an der Einmündung der Flemingstraße in die Landstraße. Der Geltungsbereich der Bauleitplanung umfasst das Flurstück 501, Flur 11 in der Gemarkung Haan. Die genaue Festlegung des räumlichen Geltungsbereiches erfolgt durch die Planzeichnung.

2./ Den Planungszielen entsprechend dieser Sitzungsvorlage wird zugestimmt. Der weiteren Planung ist das vorgelegte Bebauungskonzept zugrunde zu legen.

3./ Der Flächennutzungsplan im Bereich „nördliche Flemingstraße“ ist im Wege der Berichtigung (44. Änderung des Flächennutzungsplanes) anzupassen.

4./ Die frühzeitige Unterrichtung und Erörterung nach § 3 (1) BauGB erfolgt in Form einer öffentlichen Auslegung der Planunterlagen für die Dauer von 2 Wochen."

 

Finanz. Auswirkung:

Der Verwaltung entsteht durch die Erarbeitung der Planung keine Kosten. Der Vorhabenträger muss sich im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages zur Tragung der Planungs- und ggf. erforderlicher Folgekosten verpflichten.