Betreff
Umbau des Bahnhofs Gruiten im Rahmen der MOF 3
hier: Beantwortung der Fragen gem. Anfragen der Fraktionen;
Option der Übernahme der bestehenden Personenunterführung
Vorlage
61/045/2022
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

1.     Anlass der Vorlage

Die DB Station&Service AG und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR sind zusammen Vorhabenträgerin für die Änderung der Verkehrsstation Haan-Gruiten im Rahmen der Modernisierungsoffensive (MOF) 3. In der gemeinsamen Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Mobilität (UMA) und des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planung und Bau (SPUBA) am 08.09.2021 hat der Projektleiter der DB Station&Service AG den Planungsstand der MOF 3 - Maßnahme öffentlich präsentiert.

Der Projektauftrag beinhaltet u. a. eine Höhenanpassung und teils Verlängerung der Mittelbahnsteige, den Bau einer Personenüberführung und die stufenfreie Erschließung durch Aufzüge. Die Personenunterführung zum P+R-Platz wird verschlossen.

Wie bereits im UMA und SPUBA thematisiert, wird die Personenunterführung zwischen Kastanienweg und Thunbuschstraße (aktuelle Hauptpersonenunterführung) mit der vorgesehenen Modernisierung für die DB Station&Service AG unnötig. Denn zukünftig können die Bahnsteige barrierefrei über die Personenüberführung und die Aufzüge erreicht werden. Seitens der DB Station&Service AG wurde daher der Vorschlag unterbreitet, die Hauptpersonenunterführung in den Besitz und die Unterhaltungs- bzw. Erhaltungsverpflichtung der Stadt Haan zu übergeben.

Vor diesem Hintergrund hatte die Verwaltung im Frühjahr letzten Jahres die Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan mbH mit einer ersten Stellungnahme zur Abschätzung der anfallenden Kosten, Folgekosten bzw. Belastungen zur möglichen Übernahme der bestehenden Personenunterführung beauftragt. Es wurden neben erheblichen finanziellen Auswirkungen auch große Unwägbarkeiten festgestellt.
(Zu den durch die Gutachterin ermittelten und öffentlich vorgestellten Kosten für eine eventuelle Übernahme der Personenunterführung siehe auch Niederschrift über die Sitzung des UMA am 20.05.2021.)

 

Zum Zeitpunkt der Bearbeitung der gutachterlichen Stellungnahme lagen verschiedene Informationen, die für eine genauere Kostenermittlung notwendig sind, noch nicht vor. Zwischenzeitlich hat die Vorhabenträgerin der Stadt Haan das Bauwerksbuch vertraulich und ausschließlich zur Weitergabe an die Gutachterin zum Zweck der Bauwerksprüfung zur Verfügung gestellt. Zudem wurde die Verwaltung in o. g. Sitzung beauftragt, eine Fortschreibung der fachgutachterlichen Stellungnahme einzuholen. Seitens der Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan mbH wurde die Stellungnahme im Januar vorgelegt.

 

Des Weiteren wurden zu verschiedenen Zeitpunkten – im Zusammenhang mit der Beratung in den Ausschüssen – an die Vorhabenträgerin Fragen zur Planung und Umsetzung des Vorhabens sowie zur Beteiligung der Öffentlichkeit gestellt. Zu einem Teil der Fragen hat diese bereits Stellung genommen. Sie ist hierbei auch darauf eingegangen, warum eine Rampenlösung bzw. Teilrampenlösung zur barrierefreien Erschließung der Bahnsteige an der Bahnstation Haan-Gruiten nicht zum Tragen kommt.

Mit Schreiben vom 30.11.2021 hat die Vorhabenträgerin auf die weiteren Anfragen der Fraktionen, die im Anschluss an die Sitzung des SPUBA am 07.10.2021 über die Verwaltung an die DB Station&Service AG adressiert wurden, geantwortet. Im vorgenannten Schreiben weist sie auch noch einmal darauf hin, dass sie eine zeitnahe Entscheidung zur Übernahme der bestehenden Personenunterführung durch die Stadt Haan benötigt.[1]

 

 

2.     Beantwortung der Fragen der Fraktionen durch die DB Station&Service AG

Die mit Schreiben vom 30.11.2021 übersandten Antworten der Vorhabenträgerin sind Anlage 1 dieser Sitzungsvorlage zu entnehmen. So sind Fahrradstellplätze, eine Überdachung der Oberleitung oder Videoüberwachung im Modernisierungsprojekt nicht vorgesehen. Die Kastanien entlang des Kastanienwegs bleiben erhalten. Hierzu wird ausgeführt, dass eine – der Verwaltung nicht bekannte Baustelleneinrichtungs-überlegung – geändert wurde.

Aus der Beantwortung durch die DB Station&Service AG geht zudem hervor, dass die Umsetzungsmöglichkeiten mehrerer Ansätze, die seitens der Haaner Fraktionen genannt wurden (z. B. Fahrradschienen auf den Treppen oder Maßnahmen zur Verhinderung von Vogelschlag), noch weitergehend geprüft werden müssen. Die Verwaltung hat daher um Mitteilung gebeten, wenn diesbezüglich ein neuer Sachstand vorliegt, damit sie die Gremien entsprechend informieren kann. Für die Verwaltung schlossen sich zudem verschiedentlich weitere Fragen an, die sie an die DB Station&Service AG gestellt hat (z. B. zu den Kriterien einer Videoüberwachung). Es wird daher eine ergänzende Beantwortung der DB bis zum Sitzungstermin des UMA am 01.03.2022 erwartet.

 

 

3.     Option der Übernahme der bestehenden Personenunterführung

Die Stellungnahme der Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan mbH zur Abschätzung anfallender Kosten bei möglicher Eigentumsübernahme[2] (Anlage 2) kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass gemäß der Bauwerksdokumentation der DB das Bauwerksalter teils neu datiert werden müsse. Zudem gäbe es teils erheblich abweichende Erkenntnisse zum Bauwerkszustand. Die Gutachterin führt hierzu Folgendes aus:

       „Die Treppenanlagen wurden 1985 in einer großen Umbaumaßnahme hergestellt und befinden sich in einem guten Zustand. Alle weiteren Bereiche des Bauwerkes stammen aus dem Jahre 1912 und haben ihre theoretische Lebensdauer bereits 2002 erreicht und demnach heute bereits überschritten. Der Zustand der Walzträger der Deckenkonstruktion ist unbekannt. Die theoretische Lebensdauer ist gem. Ablösungsbeträge-Berechnungsverordnung (ABBV) bereichsweise weit überschritten. Der Zustand der 1912 erbauten Deckenbereiche ist hinsichtlich der Dauerhaftigkeit durch nicht wirksame oder vorhandene Abdichtungen und eindringende Feuchtigkeit in einem schlechten Zustand. Gleiches gilt nach Erkenntnissen durch die Umbaumaßnahmen im Jahre 1985 für die gemauerten Wände (Bj. 1912).“ (…) „Zu beachten ist auch der unbekannte Zustand der alten Walzträger im Beton. Eine Instandsetzung dieses Bereiches würde hinsichtlich des Umfangs und Aufwandes einem Neubau gleichkommen.“[3]

 

Nach der gutachterlichen Stellungnahme ist die Abschätzung bzgl. der wesentlichen Kostenparameter im Vergleich zu den bereits vorgestellten Kosten nahezu gleichgeblieben. Diese beinhalten z. B. für

-       einen theoretischen Ersatzneubau mit aktuellen Preisen ca. 8,7 Mio. Euro (brutto),

-       laufende Unterhaltungskosten: nunmehr durchschnittlich jährlich etwa 72.000 Euro (brutto),

-       einen Rückbau der Anlage am tatsächlichen Ende der Lebensdauer:
240.000 Euro (brutto).

 

Die Gutachterin musste vor Kenntnis des Bauwerksbuchs mit vertiefenden Erkenntnissen von einer theoretischen Restnutzungsdauer von 30 Jahren ausgehen. Nach der mit den neuen Informationen erstellten gutachterlichen Stellungnahme hätte die Personenunterführung exklusive der vorgenannten Treppenanlagen - theoretisch – bereits erneuert oder außer Betrieb genommen werden müssen.[4] Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass dies nicht bedeutet, dass von der Unterführung unmittelbare Gefahren ausgehen, da die Unterführung Gegenstand regelmäßiger Bauwerksprüfung bzw. -überwachung ist.

 

Gutachterlicherseits wird folgendes Fazit gezogen:

       „Da eine neue barrierefreie Brücke als Zugang und Querung der Gleise in unmittelbarer Nähe geplant ist, ist eine gleichzeitige Weiternutzung der alten nicht barrierefreien Personenunterführung aus wirtschaftlicher Sicht in Frage zu stellen.“[5]

Die Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan mbH weist zudem weiterhin darauf hin, dass bei Übernahme der Personenunterführung durch die Stadt Haan i. d. R. die Verkehrssicherungspflichten auf den Eigentümer bzw. die Eigentümerin übergehen.
Sie führt dazu Folgendes aus:

       „Diese Verkehrssicherungspflichten beschränken sich nicht nur auf die Personen, welche die Personenunterführung als kurzläufige Wegeverbindung nutzen, sondern insbesondere auch den Bahnbetrieb. Die Decke des Personentunnels dient der Überführung der Gleise und gehört, bei Übernahme der Personenunterführung in das Eigentum der Stadt Haan, somit ebenso zu den Verkehrssicherungspflichten.[6]

 

4.     Beschlussempfehlung und weitere Vorgehensweise

Aus Sicht der Verwaltung erfüllt die bestehende Personenunterführung in verschiedener Hinsicht einen Nutzen. Dies für die Erreichbarkeit der Bahnanlage (z. B. bei Ausfall einer oder mehrerer der vier Aufzuganlagen) sowie als innerörtliche Verbindung zu Nahversorgungsmöglichkeiten südlich der Schienenstrecke im weiteren Sinne ( u. a. zum Einzelhandel, Kindertageseinrichtung, Spielplatz Thunbuschstraße, Ärzte, Sparkasse, Postservice) und damit auch als Frequenzbringer für den zentralen Versorgungsbereich Bahnstraße. Der Nutzen für die Erreichbarkeit der Bahnanlage sowie für die innerörtliche Verbindung wird grundsätzlich auch mit der Personenüberführung erreicht.

 

Den Vorteilen bei Übernahme der Personenunterführung stehen erhebliche finanzielle Auswirkungen und schwer kalkulierbare Risiken (s. o.) gegenüber.

 

Vor diesem Hintergrund kann aus Sicht der Verwaltung eine Übernahme Personenunterführung in den Besitz und die Unterhaltungs- bzw. Erhaltungsverpflichtung nicht empfohlen werden.

 

Die DB Station&Service AG hat die Planung zu ihrem Vorhaben öffentlich präsentiert. Es bestand Gelegenheit, Fragen an die Vorhabenträgerin zu richten. Seitens der Vorhabenträgerin ist keine weitere Präsentation vorgesehen.

 

Die Verwaltung selbst könnte aufgrund der verschiedentlich vertraulich übermittelten Plangrundlagen und Plangenehmigungsunterlagen nur äußerst eingeschränkt über das Vorhaben informieren, was der Erwartungshaltung an eine solche Veranstaltung nicht gerecht werden dürfte, zumal die Verwaltung auch nicht Herrin des Entwurfs ist.

 

 



[1] Der Stadt Haan wurde zudem vertraulich ein Arbeitsstand von einzelnen Plangenehmigungsunterlagen (u. a. Bauwerkspläne Ingenieurbau und Verkehrsanlagen, Grunderwerbspläne und -verzeichnis, Baustelleneinrichtungspläne) zur Verfügung gestellt, die in den nicht-öffentlichen Sitzungsteil eingebracht werden.

[2]  Schüßler-Plan: Personenunterführung Bahn Haan-Gruiten - Abschätzung anfallender Kosten bei möglicher Eigentumsübernahme für die Stadt Haan, Düsseldorf, Januar 2022

[3] ebd. Seite 18

[4] In der gutachterlichen Stellungnahme sind noch Kosten im Zusammenhang mit den Treppenanlagen einbezogen, da hierzu noch keine verbindliche Aussage der DB besteht.

[5] ebd. Seite 18

[6] ebd. Seite 19

Beschlussvorschlag:

 

1.    Die Antworten der DB Station&Service AG zu den Anfragen der Fraktionen (Anlage 1) werden zur Kenntnis genommen.

2.    Die Übernahme der Personenunterführung zwischen den Zugängen Thunbuschstraße und Kastanienweg wird abgelehnt.

 

Finanz. Auswirkung:

keine

 

Nachhaltigkeitseinschätzung:

 

Im Folgenden ist der sogenannte „Kurzcheck“ zu den Zielen der Haaner Nachhaltigkeitsstrategie dargestellt.

 

 

 

 

Die Kenntnisnahme der Antworten der DB Station&Service AG zum Umbau des Bahnhofs Gruiten hat keine Auswirkungen auf die Ziele der Haaner Nachhaltigkeitsstrategie.

 

Ein Beschluss, die Übernahme der aktuellen Hauptpersonenunterführung abzulehnen, wirkt sich zunächst hemmend auf Ziel 2.1. "Umweltverträgliche Fortbewegung ermöglichen" der Nachhaltigkeitsstrategie aus. Denn die DB beabsichtigt, die Personenunterführung zu verschließen, was sich im Vergleich zu einem Erhalt der Personenunterführung in Bezug auf die Zugänglichkeit zu einem umweltverträglichen Fortbewegungsmittel schlechter darstellt. Gleichzeitig vermeidet man es, schwer kalkulierbare finanzielle Risiken einzugehen, die ebenfalls zu Hemmnissen bei der Zielerfüllung der Nachhaltigkeitsstrategie führen können.

 

Zudem gibt es Auswirkungen auf das Ziel 3.2. "Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren, CO2 Ziele erreichen" der Nachhaltigkeitsstrategie. Hier ist u. a. der Vorsprung des Schienenpersonennahverkehrs gegenüber dem motorisierten Individualverkehr hinsichtlich der Treibhausgasemissionen miteinzubeziehen, der durch den wachsenden Anteil von Ökostrom und energiesparenden Bahnen ausgeweitet wurde. Es ist aber auch der Ausstoß von Treibhausgasen im Zusammenhang mit der notwendigen Ertüchtigung und Unterhaltung einer Zweiterschließung einzubeziehen.

 

Aufgrund der vielfach auch indirekten Wirkmechanismen ist eine Quantifizierung schwierig. Ob überwiegend fördernde oder hemmende Auswirkungen zu erwarten sind, kann nicht sicher eingeschätzt werden.

 

In der Gesamtbetrachtung der MOF - 3 - Maßnahme werden jedoch vielfältige Nachhaltigkeitskriterien erfüllt.