hier: Beantwortung der Fragen gem. Anfragen der Fraktionen;
Option der Übernahme der bestehenden Personenunterführung
Sachverhalt:
1.
Anlass der Vorlage
Die DB Station&Service AG und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR
sind zusammen Vorhabenträgerin für die Änderung der Verkehrsstation
Haan-Gruiten im Rahmen der Modernisierungsoffensive (MOF) 3. In der gemeinsamen
Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Mobilität (UMA) und des Ausschusses für
Stadtentwicklung, Planung und Bau (SPUBA) am 08.09.2021 hat der Projektleiter
der DB Station&Service AG den Planungsstand der MOF 3 - Maßnahme öffentlich
präsentiert.
Der Projektauftrag
beinhaltet u. a. eine Höhenanpassung und teils Verlängerung der
Mittelbahnsteige, den Bau einer Personenüberführung und die stufenfreie
Erschließung durch Aufzüge. Die Personenunterführung zum P+R-Platz wird
verschlossen.
Wie bereits im UMA
und SPUBA thematisiert, wird die Personenunterführung zwischen Kastanienweg und
Thunbuschstraße (aktuelle Hauptpersonenunterführung) mit der vorgesehenen
Modernisierung für die DB Station&Service AG unnötig. Denn zukünftig können
die Bahnsteige barrierefrei über die Personenüberführung und die Aufzüge
erreicht werden. Seitens der DB Station&Service AG wurde daher der
Vorschlag unterbreitet, die Hauptpersonenunterführung in den Besitz und die
Unterhaltungs- bzw. Erhaltungsverpflichtung der Stadt Haan zu übergeben.
Vor diesem
Hintergrund hatte die Verwaltung im Frühjahr letzten Jahres die
Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan mbH mit einer ersten Stellungnahme zur
Abschätzung der anfallenden Kosten, Folgekosten bzw. Belastungen zur möglichen
Übernahme der bestehenden Personenunterführung beauftragt. Es wurden neben
erheblichen finanziellen Auswirkungen auch große Unwägbarkeiten festgestellt.
(Zu den durch die Gutachterin ermittelten und öffentlich vorgestellten Kosten
für eine eventuelle Übernahme der Personenunterführung siehe auch Niederschrift
über die Sitzung des UMA am 20.05.2021.)
Zum Zeitpunkt der
Bearbeitung der gutachterlichen Stellungnahme lagen verschiedene Informationen,
die für eine genauere Kostenermittlung notwendig sind, noch nicht vor. Zwischenzeitlich
hat die Vorhabenträgerin der Stadt Haan das Bauwerksbuch vertraulich und
ausschließlich zur Weitergabe an die Gutachterin zum Zweck der Bauwerksprüfung
zur Verfügung gestellt. Zudem wurde die Verwaltung in o. g. Sitzung beauftragt,
eine Fortschreibung der fachgutachterlichen Stellungnahme einzuholen. Seitens
der Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan mbH wurde die Stellungnahme im Januar
vorgelegt.
Des Weiteren wurden
zu verschiedenen Zeitpunkten – im Zusammenhang mit der Beratung in den
Ausschüssen – an die Vorhabenträgerin Fragen zur Planung und Umsetzung des
Vorhabens sowie zur Beteiligung der Öffentlichkeit gestellt. Zu einem Teil der
Fragen hat diese bereits Stellung genommen. Sie ist hierbei auch darauf
eingegangen, warum eine Rampenlösung bzw. Teilrampenlösung zur barrierefreien
Erschließung der Bahnsteige an der Bahnstation Haan-Gruiten nicht zum Tragen
kommt.
Mit Schreiben vom
30.11.2021 hat die Vorhabenträgerin auf die weiteren Anfragen der Fraktionen,
die im Anschluss an die Sitzung des SPUBA am 07.10.2021 über die Verwaltung an
die DB Station&Service AG adressiert wurden, geantwortet. Im vorgenannten
Schreiben weist sie auch noch einmal darauf hin, dass sie eine zeitnahe
Entscheidung zur Übernahme der bestehenden Personenunterführung durch die Stadt
Haan benötigt.[1]
2.
Beantwortung der Fragen der Fraktionen durch die DB
Station&Service AG
Die mit Schreiben vom 30.11.2021 übersandten Antworten der
Vorhabenträgerin sind Anlage 1 dieser Sitzungsvorlage zu entnehmen. So
sind Fahrradstellplätze, eine Überdachung der Oberleitung oder Videoüberwachung
im Modernisierungsprojekt nicht vorgesehen. Die Kastanien entlang des
Kastanienwegs bleiben erhalten. Hierzu wird ausgeführt, dass eine – der Verwaltung
nicht bekannte Baustelleneinrichtungs-überlegung – geändert wurde.
Aus der
Beantwortung durch die DB Station&Service AG geht zudem hervor, dass die
Umsetzungsmöglichkeiten mehrerer Ansätze, die seitens der Haaner Fraktionen
genannt wurden (z. B. Fahrradschienen auf den Treppen oder Maßnahmen zur
Verhinderung von Vogelschlag), noch weitergehend geprüft werden müssen. Die
Verwaltung hat daher um Mitteilung gebeten, wenn diesbezüglich ein neuer
Sachstand vorliegt, damit sie die Gremien entsprechend informieren kann. Für
die Verwaltung schlossen sich zudem verschiedentlich weitere Fragen an, die sie
an die DB Station&Service AG gestellt hat (z. B. zu den Kriterien einer
Videoüberwachung). Es wird daher eine ergänzende Beantwortung der DB bis zum
Sitzungstermin des UMA am 01.03.2022 erwartet.
3.
Option der Übernahme der bestehenden Personenunterführung
Die Stellungnahme der Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan mbH zur
Abschätzung anfallender Kosten bei möglicher Eigentumsübernahme[2] (Anlage
2) kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass gemäß der
Bauwerksdokumentation der DB das Bauwerksalter teils neu datiert werden müsse.
Zudem gäbe es teils erheblich abweichende Erkenntnisse zum Bauwerkszustand. Die
Gutachterin führt hierzu Folgendes aus:
„Die
Treppenanlagen wurden 1985 in einer großen Umbaumaßnahme hergestellt und
befinden sich in einem guten Zustand. Alle weiteren Bereiche des Bauwerkes
stammen aus dem Jahre 1912 und haben ihre theoretische Lebensdauer bereits 2002
erreicht und demnach heute bereits überschritten. Der Zustand der Walzträger
der Deckenkonstruktion ist unbekannt. Die theoretische Lebensdauer ist gem.
Ablösungsbeträge-Berechnungsverordnung (ABBV) bereichsweise weit überschritten.
Der Zustand der 1912 erbauten Deckenbereiche ist hinsichtlich der
Dauerhaftigkeit durch nicht wirksame oder vorhandene Abdichtungen und
eindringende Feuchtigkeit in einem schlechten Zustand. Gleiches gilt nach
Erkenntnissen durch die Umbaumaßnahmen im Jahre 1985 für die gemauerten Wände
(Bj. 1912).“ (…) „Zu beachten ist auch der unbekannte Zustand der alten
Walzträger im Beton. Eine Instandsetzung dieses Bereiches würde hinsichtlich
des Umfangs und Aufwandes einem Neubau gleichkommen.“[3]
Nach der
gutachterlichen Stellungnahme ist die Abschätzung bzgl. der wesentlichen
Kostenparameter im Vergleich zu den bereits vorgestellten Kosten nahezu gleichgeblieben.
Diese beinhalten z. B. für
-
einen
theoretischen Ersatzneubau mit aktuellen Preisen ca. 8,7 Mio. Euro (brutto),
-
laufende
Unterhaltungskosten: nunmehr durchschnittlich jährlich etwa 72.000 Euro
(brutto),
-
einen
Rückbau der Anlage am tatsächlichen Ende der Lebensdauer:
240.000 Euro (brutto).
Die Gutachterin
musste vor Kenntnis des Bauwerksbuchs mit vertiefenden Erkenntnissen von einer
theoretischen Restnutzungsdauer von 30 Jahren ausgehen. Nach der mit den neuen
Informationen erstellten gutachterlichen Stellungnahme hätte die
Personenunterführung exklusive der vorgenannten Treppenanlagen - theoretisch –
bereits erneuert oder außer Betrieb genommen werden müssen.[4]
Klarstellend wird darauf hingewiesen, dass dies nicht bedeutet, dass von der
Unterführung unmittelbare Gefahren ausgehen, da die Unterführung Gegenstand
regelmäßiger Bauwerksprüfung bzw. -überwachung ist.
Gutachterlicherseits
wird folgendes Fazit gezogen:
„Da
eine neue barrierefreie Brücke als Zugang und Querung der Gleise in
unmittelbarer Nähe geplant ist, ist eine gleichzeitige Weiternutzung der alten
nicht barrierefreien Personenunterführung aus wirtschaftlicher Sicht in Frage
zu stellen.“[5]
Die
Ingenieurgesellschaft Schüßler-Plan mbH weist zudem weiterhin darauf hin, dass
bei Übernahme der Personenunterführung durch die Stadt Haan i. d. R. die
Verkehrssicherungspflichten auf den Eigentümer bzw. die Eigentümerin übergehen.
Sie führt dazu Folgendes aus:
„Diese
Verkehrssicherungspflichten beschränken sich nicht nur auf die Personen, welche
die Personenunterführung als kurzläufige Wegeverbindung nutzen, sondern
insbesondere auch den Bahnbetrieb. Die Decke des Personentunnels dient der
Überführung der Gleise und gehört, bei Übernahme der Personenunterführung in
das Eigentum der Stadt Haan, somit ebenso zu den Verkehrssicherungspflichten.[6]“
4.
Beschlussempfehlung und weitere Vorgehensweise
Aus Sicht der Verwaltung erfüllt die bestehende Personenunterführung in
verschiedener Hinsicht einen Nutzen. Dies für die Erreichbarkeit der Bahnanlage
(z. B. bei Ausfall einer oder mehrerer der vier Aufzuganlagen) sowie als
innerörtliche Verbindung zu Nahversorgungsmöglichkeiten südlich der
Schienenstrecke im weiteren Sinne ( u. a. zum Einzelhandel,
Kindertageseinrichtung, Spielplatz Thunbuschstraße, Ärzte, Sparkasse,
Postservice) und damit auch als Frequenzbringer für den zentralen
Versorgungsbereich Bahnstraße. Der Nutzen für die Erreichbarkeit der Bahnanlage
sowie für die innerörtliche Verbindung wird grundsätzlich auch mit der
Personenüberführung erreicht.
Den Vorteilen bei
Übernahme der Personenunterführung stehen erhebliche finanzielle Auswirkungen
und schwer kalkulierbare Risiken (s. o.) gegenüber.
Vor diesem
Hintergrund kann aus Sicht der Verwaltung eine Übernahme Personenunterführung
in den Besitz und die Unterhaltungs- bzw. Erhaltungsverpflichtung nicht
empfohlen werden.
Die DB
Station&Service AG hat die Planung zu ihrem Vorhaben öffentlich
präsentiert. Es bestand Gelegenheit, Fragen an die Vorhabenträgerin zu richten.
Seitens der Vorhabenträgerin ist keine weitere Präsentation vorgesehen.
Die Verwaltung
selbst könnte aufgrund der verschiedentlich vertraulich übermittelten
Plangrundlagen und Plangenehmigungsunterlagen nur äußerst eingeschränkt über
das Vorhaben informieren, was der Erwartungshaltung an eine solche
Veranstaltung nicht gerecht werden dürfte, zumal die Verwaltung auch nicht
Herrin des Entwurfs ist.
[1] Der Stadt Haan wurde zudem vertraulich ein Arbeitsstand von einzelnen Plangenehmigungsunterlagen (u. a. Bauwerkspläne Ingenieurbau und Verkehrsanlagen, Grunderwerbspläne und -verzeichnis, Baustelleneinrichtungspläne) zur Verfügung gestellt, die in den nicht-öffentlichen Sitzungsteil eingebracht werden.
[2] Schüßler-Plan: Personenunterführung Bahn Haan-Gruiten - Abschätzung anfallender Kosten bei möglicher Eigentumsübernahme für die Stadt Haan, Düsseldorf, Januar 2022
[3] ebd. Seite 18
[4] In der gutachterlichen Stellungnahme sind noch Kosten im Zusammenhang mit den Treppenanlagen einbezogen, da hierzu noch keine verbindliche Aussage der DB besteht.
[5] ebd. Seite 18
[6] ebd. Seite 19
Beschlussvorschlag:
2. Die
Übernahme der Personenunterführung zwischen den Zugängen Thunbuschstraße und
Kastanienweg wird abgelehnt.
Finanz. Auswirkung:
keine
Nachhaltigkeitseinschätzung:
Im Folgenden ist
der sogenannte „Kurzcheck“ zu den Zielen der Haaner Nachhaltigkeitsstrategie
dargestellt.
Die Kenntnisnahme
der Antworten der DB Station&Service AG zum Umbau des Bahnhofs Gruiten hat
keine Auswirkungen auf die Ziele der Haaner Nachhaltigkeitsstrategie.
Ein Beschluss, die
Übernahme der aktuellen Hauptpersonenunterführung abzulehnen, wirkt sich
zunächst hemmend auf Ziel 2.1. "Umweltverträgliche Fortbewegung
ermöglichen" der Nachhaltigkeitsstrategie aus. Denn die DB beabsichtigt,
die Personenunterführung zu verschließen, was sich im Vergleich zu einem Erhalt
der Personenunterführung in Bezug auf die Zugänglichkeit zu einem
umweltverträglichen Fortbewegungsmittel schlechter darstellt. Gleichzeitig
vermeidet man es, schwer kalkulierbare finanzielle Risiken einzugehen, die
ebenfalls zu Hemmnissen bei der Zielerfüllung der Nachhaltigkeitsstrategie
führen können.
Zudem gibt es
Auswirkungen auf das Ziel 3.2. "Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren, CO2
Ziele erreichen" der Nachhaltigkeitsstrategie. Hier ist u. a. der
Vorsprung des Schienenpersonennahverkehrs gegenüber dem motorisierten
Individualverkehr hinsichtlich der Treibhausgasemissionen miteinzubeziehen, der
durch den wachsenden Anteil von Ökostrom und energiesparenden Bahnen
ausgeweitet wurde. Es ist aber auch der Ausstoß von Treibhausgasen im
Zusammenhang mit der notwendigen Ertüchtigung und Unterhaltung einer Zweiterschließung
einzubeziehen.
Aufgrund der
vielfach auch indirekten Wirkmechanismen ist eine Quantifizierung schwierig. Ob
überwiegend fördernde oder hemmende Auswirkungen zu erwarten sind, kann nicht
sicher eingeschätzt werden.
In der
Gesamtbetrachtung der MOF - 3 - Maßnahme werden jedoch vielfältige
Nachhaltigkeitskriterien erfüllt.