Betreff
Lärmbelästigung Grundschule Mittelhaan in den Abendstunden und am Wochenende
hier: Bürgerantrag vom 13.06.2022
Vorlage
65_32_70/042/2022
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Sachverhalt:

 

In seiner Sitzung vom 18.10.2022 hat der zuständige Haupt- und Finanzausschuss nach Beratung den Bürgerantrag der Anwohnenden der Alsenstraße (s. Anlage) in folgende Fachausschüsse verwiesen:

-          Ausschuss für Feuerschutz- und Ordnungsangelegenheiten (FOA)

-          Ausschuss für Bildung und Sport (BSA) sowie den

-          Jugendhilfeausschuss (JHA)

Verkürzt zusammengefasst beantragen die Anwohnenden, dass der Schulhof an den Wochenenden und in den Abendstunden in Zukunft nicht mehr frei zugänglich ist und ggfls. abgesperrt wird. Des Weiteren bitten sie um Prüfung, inwieweit die Fenster während der Übungszeiten der Musikschule (zwecks Schallschutzes) geschlossen werden können.

 

In ihrem Forderungskatalog vom 28.08.2022 fordern die Antragsteller u.a.:

-          Dass der Schulhof in den Abendstunden ab 19.00 Uhr und an den Wochenenden (Samstag und Sonntag) sowie an allen Feiertagen in Zukunft nicht mehr frei zugänglich ist und abgesperrt wird.

-          Das Verbot von Ballspielen sowie Abspielen lautstarker Musik auf dem gesamten Schulhof.

-          Eine Einhausung der außenliegenden Treppenanlagen.

-          Das Schließen der Eingangsnischen im Erdgeschoss zur Schule mittels Gitter.

-          eine Begrünung der Fassade des Schulgebäudes mittels Rankgerüsten auf der

gesamten Länge und Höhe, sowie Grünstreifen vor der Fassade.

-          Die Aufstellung eines Zaunes als Schallschutz zwischen dem Parkplatz und dem

Schulhof (mindestens 5 m hoch, mit rankenden Gewächsen bepflanzt).

-          Die Prüfung. inwieweit die Fenster während der Übungszeiten der Musikschule die Fenster (zwecks Schallschutzes) geschlossen werden können.

-          Die Abschaltung der lnnen- u. Außenbeleuchtung unmittelbar nachdem die letzte

Person das Gebäude verlassen hat, einschließlich der Zugangsnischen

-          Eine Kontrolle und Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die von der Stadt

Haan erlassene behördlichen Verordnung.

Die Antragsteller begründen die um Forderungskatalog aufgestellten Forderungen damit, dass diese die Lärmbelästigung verringern und den Schallschutz verbessern würden. Die ausführliche Begründung kann dem als Anlage beigefügten Forderungskatalog entnommen werden.

 

I.      Grundsätzliches zur Spielfläche „Schulhof Grundschule Dieker Straße“

§ 9 der Ordnungsbehördlichen Verordnung zur Aufrechtrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Haan (Straßenordnung) legt besondere Nutzungsbedingungen für Spiel- und Bolzplätze sowie Schulhöfe fest:

 

 § 9 Kinderspielplätze, Bolzplätze und Schulhöfe

 (1) Kinderspielplätze dienen nur der Benutzung durch Kinder bis 14 Jahre, soweit nicht durch Schilder eine andere Altersgrenze festgelegt ist.

 (2) Andere Aktivitäten, insbesondere Skateboardfahren und Fahren mit Inlineskatern oder Rollschuhen sowie Ballspiele jeglicher Art sind auf Kinderspielplätzen verboten, es sei denn, dass hierfür besondere Flächen ausgewiesen sind oder Einrichtungen vorgehalten werden.

(3) Der Aufenthalt auf den Kinderspiel- und Bolzplätzen ist nur tagsüber bis zum Einbruch der Dunkelheit erlaubt.

 (4) Konsum von Alkohol, Drogen und Rauschmitteln, auch soweit sie nicht bereits nach anderen gesetzlichen Vorschriften verboten sind, ist auf Kinderspiel- und Bolzplätzen untersagt, ebenso das Mitführen von Tieren, insbesondere von Hunden (vgl. § 5).

(5) Sofern auf Schulhöfen außerhalb der Schulzeit eine Freigabe als Spielfläche erfolgt, gelten die Regelungen in den Absätzen 3 und 4 auch für die Schulhöfe. Welche Nutzung dieser Spielfläche zugelassen ist, ergibt sich aus der Beschilderung vor Ort.

Für Schulhöfe ist mithin ausdrücklich geregelt, dass die Absätze 3 und 4 unmittelbar anwendbar sind, nicht aber die Absätze 1 und 2. Was auf einem Schulhof möglich sein soll, wird durch Absatz 5 Satz 2 bestimmt, in dem dies eine Beschilderung vor Ort festgelegt.

 

Die Vorschrift ist auch sinnvoll, weil die Lage und Einrichtung von Schulhöfen sehr unterschiedlich und im Einzelfall über den Umfang der Nutzung zu entscheiden ist. Dabei sind auch andere insbesondere höherrangige Vorschriften, z. B. zum Immissionsschutz zu beachten.

 

So ist an der Grundschule Mittelhaan die Nutzung des dortigen Bolzplatzes außerhalb der schulischen Nutzung aus immissionsschutzrechtlichen Gründen (schalltechnische Untersuchung aus dem Jahr 2009) nicht möglich. Die Verwaltung hat hieraus die Schlussfolgerung gezogen, dass was für den Bolzplatz, konsequenterweise auch für den Rest des Schulhofes gilt und beschilderte den Schulhof in Anwendung von § 9 Abs. 5 Satz 2 der Straßenordnung.

 

Weiteres Argument folgt aus dem Schutzzweck von § 9 Abs. 2 der Straßenordnung, der nicht nur auf Spielplätzen, sondern auch auf Schulhöfen gilt:  Hier wurde vom Schutzzweck der Norm weniger auf den Immissionsschutz abgestellt, sondern darauf, spielende Kinder vor Verletzungen durch andere spielende Kinder zu schützen.

 

Aus dem Spielflächenleitplan hingegen können aus ordnungsrechtlicher Sicht keine rechtlichen Ansprüche abgeleitet werden. Der Spielflächenleitplan stellt ein Planungsinstrument mit Handlungsempfehlungen dar. Die praktische Umsetzung der „Empfehlungen“ muss sich an den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen orientieren.

 

II.    Runder Tisch

Am 20.10.2022 lud die Verwaltung zu einem „Runder Tisch“ ein. Teilnehmende waren die Musikschule (Herr Krautwig (Leiter Musikschule Haan), Frau Günther (1. Vorsitzende Trägerverein Musikschule Haan e.V.), die Polizei PHK Nellen (Leiter PW Haan) und die Verwaltung (Bürgermeisterin, Vertreter der Ämter 32, 40, 65, 70 und der Stabsstelle Wirtschaftsförderung, Tourismus und Kultur).

 

1.    Erläuterungen der Anwohnenden

 

Die Anwohnenden erklärten ihren Bürgerantrag im Einzelnen und gingen auf den Forderungskatalog vom 28.08.2022 näher ein. Motorrollerrennen auf dem Schulhof, Partys, Fußballspielen gegen Wände und das Netz der Tischtennisplatte seien ursächlich für die Ruhestörungen, die sich für sie als unerträglich darstellten. Die Jugendlichen seien älter als 14 Jahre und hielten sich in den späten Abendstunden auf dem Schulhof, aber auch tagsüber an den Wochenenden auf. Ferner berichteten sie, dass auf dem Schulhof Alkohol, Zigaretten und Drogen konsumiert und auf das Gelände uriniert werde. Die Anwohnenden betonten, dass sie sich nicht an dem Kinder“lärm“, verursacht durch Grundschule oder nachmittäglichen Spielplatzlärm, störten – solange es Kinder unter 14 Jahre seien.  Sie seien sich bewusst, dass „normaler“ Kinderlärm nicht als Lärmbelästigung zu bewerten sei.

Lobend wurde erwähnt, dass die von der Verwaltung in Auftrag gegebene neue, ergänzte Beschilderung auf dem Schulhof schon im Hinblick auf die Hunde und das Ballspielen eine leichte Verbesserung herbeigeführt habe.

 

2.    Möglichkeiten von Polizei und Ordnungsamt

 

In einem sich anschließenden Gespräch ermutigte Polizeihauptkommissar Nellen die Anwohnenden, bei einer nächtlichen Ruhestörung nicht abzuwarten, sondern unverzüglich die Polizei zu verständigen. Er habe intern die Problematik weitergeleitet und um allgemeine Kontrollen durch die Streifendienste präventiv gebeten und bei konkreten Störungen die Personalienfeststellung gefordert. Diese werden dann zwecks weiterer Veranlassung an das Ordnungsamt weitergeleitet. Da der Streifenwagen aus Hilden komme, könne es im Einzelfall durchaus sein, dass - je nachdem wie das Einsatzmittel bei dem Anruf gebunden sei - zwischen Alarmierung und tatsächlicher Ankunftszeit ein längerer Zeitraum liegen könne.

Frau Kotthaus erläuterte für das Ordnungsamt, dass es in Haan keinen kommunalen Ordnungsdienst gäbe und der Außendienst im Schwerpunkt mit der Überwachung des ruhenden Verkehrs betraut sei. (Polizeihauptkommissar Nellen wird im FOA das Einsatzaufkommen aktualisiert schildern.)

 

3.    Umgestaltung des Schulhofes – eigeschränkte Zugänglichkeit ist förderschädlich

 

Herr Gabe von Amt 70 / Betriebshof präsentierte positive Veränderungen auf dem Schulhof, welche durch die anstehende Umgestaltung des Schulhofes aufgrund der Förderung über das REACT EU Förderprogramm „Grüne Infrastruktur“ erfolgt. Die Umgestaltung beinhaltet eine begrünte Stahlpergola, fest installierte Schultische im Freien, eine Tischtennisplatte mit vollständigem Betonkorpus, eine Aufwertung des Eingangsbereiches durch neue Bepflanzung und ein grünes Klassenzimmer mit Pflanzhochbeeten. Die Bezirksregierung habe auf Nachfrage der Verwaltung bekräftigt, dass eine eingeschränkte Zugänglichkeit (beispielswiese zwischen 20 Uhr und 6 Uhr morgens) förderschädlich sei. Insofern ist eine Einzäunung und Absperrung des Geländes zu bestimmten Zeiten ausgeschlossen. Auch verdeutlichte die Verwaltung, dass an Schulen bzw. Schulhofgestaltungen Vorgaben geknüpft seien. So könnten die Not- bzw. Feuertreppen nicht ohne Weiteres verschlossen werden.

 

4.    Musikschule

 

Die von den Anwohnenden gewünschte Verlegung der Musikklassen in den Innenbereich ist aufgrund baulicher Gegebenheiten nicht möglich. Die Musikschule versprach, das Kollegium nochmals zu bitten, während der Unterrichtszeiten die Fenster geschlossen zu halten und stattdessen während der Pausenzeiten zu lüften.

 

5.    Kontaktaufnahme zum Jugendparlament

 

Die Anwohnenden erklärten ihr Interesse, sich mit Vertretern des Jugendparlamentes zu treffen, um auf der Ebene der Kinder und Jugendlichen für Verständnis für die Anwohnenden zu bitten und das gegenseitige Verständnis zu fördern. (Der Kontakt wurde zwischenzeitlich hergestellt).

 

6.    Verbesserung durch Schallschutz

 

Nach ausgiebiger Diskussion bestanden die Anwohnenden auf eine schallschutztechnische Prüfung, ob die „Aufstellung eines Zauns als Schallschutz zwischen dem Parkplatz und Schulhof“ helfen könnte, die geschilderte Lärmproblematik durch Fehlnutzungen des öffentlichen Schul- und Spielplatzgeländes für die Rückseiten der Häuser entlang der Alsenstraße signifikant zu verbessern.

Die Verwaltung erläuterte den Anwohnenden, dass die Ausbreitung von Schall und dessen Eindämmung eine komplexe Thematik darstelle, die nur durch entsprechend fachkundige Ingenieure – in der Regel durch Simulationsmodelle – prognostiziert werden könne, sicherte aber zu, die Bitte nach schallschutztechnischer Betrachtung an den zuständigen Ausschuss, hier: Ausschuss für Stadtentwicklung, Planung und Bau (SPUBA) vorzutragen.

 

III.   Weiteres Verfahren:

Sollte sich der Fachausschuss entscheiden, dem Wunsch der Anwohnenden nach einer schallschutztechnischen Prüfung nachzukommen, empfiehlt die Verwaltung, zunächst zu untersuchen, ob

- lärmbezogene Richt- oder Grenzwerte hinsichtlich von der Anwohnerschaft festgestellter Nutzungen überschritten werden und

- eine schallschutztechnische Betrachtung zu dem Ergebnis kommt, dass diese konkrete Schallschutzmaßnahme einen nennenswerten Effekt für die Anwohnerschaft der Alsenstraße hätte.

Im Falle des Auftrages an die Verwaltung zur Beauftragung eines Schall-Gutachters empfiehlt diese, eine zweistufige Beauftragung, mit folgenden geschätzten Kosten:

 

1. Allgemeine Stellungnahme und Ersteinschätzung:                                    ca. 2.000 €
Ortstermin, Lärmquellen, Lärmpegel aus Erfahrungswerten, rechtliche Betrachtungen hinsichtlich des Lärmschutzes und der Rahmenbedingungen / genehmigten Nutzungen, Ersteinschätzung möglicher Lärmschutzmaßnahmen und deren Effekte hinsichtlich einer deutlichen Schallreduzierung für die Anwohner, ohne konkrete Berechnungen aus Erfahrungswerten.

2. Berechnung einer Schallschutzwand und erforderlicher flankierender Maßnahmen gegen Reflexionen:                                                                                                             ca. 4.000 €
Berechnung / Simulation zur Dimensionierung einer Schallschutzwand und flankierender Maßnahmen einschließlich der Ermittlung der zu erwartenden Verminderung der Schallpegel entlang der Rückseiten der Häuser Alsenstraße.

Die Beauftragung der zweiten Stufe erfolgt nur, wenn dies als Ergebnis der Einschätzungen der ersten Stufe, nach verwaltungsinterner und politischer Beratung, noch als zielführend erachtet wird.

Beschlussvorschlag:

 

1.    Der Antrag auf Umzäunung des Schulhofes der Grundschule Mittelhaan, so dass er an den Wochenenden und in den Abendstunden in Zukunft nicht mehr frei zugänglich ist, wird abgelehnt.

 

2.    Die Verwaltung wird beauftragt gutachterlich prüfen zu lassen, ob die „Aufstellung eines Zauns als Schallschutz zwischen dem Parkplatz und Schulhof“ helfen könnte, die geschilderte Lärmproblematik durch Fehlnutzungen des öffentlichen Schul- und Spielplatzgeländes für die Rückseiten der Häuser entlang der Alsenstraße signifikant zu verbessern (Beauftragung wie unter III. beschrieben).

Finanz. Auswirkung:

 

Finanzielle Mittel für eine gutachterliche Prüfung in Höhe von 6.000 € sind im Haushaltsplan 2022 nicht vorhanden und müssten in den HHP 2023 aufgenommen werden.