Betreff
Sachstand Stärkungspakt NRW
Vorlage
50/024/2023
Art
Informationsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Sachverhalt:

 

1.    Sachverhalt

Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) hat mit der Einrichtung eines Sondervermögens den angekündigten landesspezifischen Hilfsfonds aufgelegt. Die Hintergründe sind in den krisenbedingt gestiegenen Energiepreisen in NRW in Folge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine zu sehen. Über den aktuellen Sachstand, die Rahmenbedingungen und Klärungen mit dem federführenden Ministerium sowie die interkommunalen Absprachen mit dem Kreissozialamt, den anderen

kreisangehörigen Städten und Verbänden soll der SIGA mit dieser Vorlage

informiert werden. Die Thematik des Stärkungspakts NRW wurde bereits im letzten SIGA unter dem TOP Mitteilungen der Verwaltung kurz angesprochen, und es wurde berichtet, dass die Stadt Haan aus dem Stärkungspakt Geldmittel zur Verfügung gestellt bekommen hat (Bewilligungsbescheid vgl. Anlage 1).

 

Der Ursprung des Stärkungspaktes ist die Umsetzung der „dringenden Empfehlung“ der Expertenkommission des Bundes zur Bewältigung der Folgen der Energiekrise. Durch diese Expertenkommission wurden sowohl Strom- und Energiedeckel sowie diverse Einmalzahlungen vorgeschlagen und gesetzlich umgesetzt als auch Hilfsfonds auf allen föderalen Ebenen angeraten. Der Bund hat in der Folge einen solchen Hilfsfonds aufgelegt und hierbei primär „seine“ Zuständigkeiten bedacht, u.a. medizinische Reha-Einrichtungen, Werkstätten für Behinderte, Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation und anderer Leistungsanbieter nach § 60 SGB IX.

 

Der Umsetzungsprozess des Landes NRW war länger offen und wurde auch über verschiedene Ebenen innerhalb der Landesregierung, mit dem Landtag, mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Interessenvertretungen der freien Träger und Dienstleister diskutiert. Insbesondere den kommunalen Spitzenverbänden war es hierbei wichtig, eine Fokussierung auf die soziale Infrastruktur zu erreichen und über einen landesweiten Hilfsfonds auch eine möglichst einheitliche Umsetzung und Verantwortungskette zu generieren.

 

Das Land NRW hat nunmehr den Hilfsfonds in der Form eines 3-Säulen-Modells zur

Krisenbewältigung aufgelegt. Hiermit sollen bis zu 5 Milliarden Euro über den

Landeshaushalt zur Verfügung gestellt werden. Die erste Tranche umfasst den

Themenschwerpunkt „soziale Infrastruktur“, ein Gesamtvolumen von bis zu 1,638 Milliarden Euro und 50 verschiedene Handlungsmodule (Anlage 2).

 

Aus der Auflistung ergeben sich mehrere Ansätze und Förderungsmöglichkeiten, die auch Strukturen der gemeindlichen Ebene betreffen werden. U.a. sind hier die Ziffern I.27-30 für die Bereiche der Jugendhilfe und I.1 für den Bereich Sport von Bedeutung. Darüber hinaus sind auch Aspekte des Gewaltschutzes (I.31) und der Wohnungslosenhilfe (I.41) vorgesehen, in denen der Kreis (und auch teilweise kreisangehörige Städte) Kontrakte oder Vereinbarungen haben.

 

Nicht zu allen Modulen liegen schon die Richtlinien zur Umsetzung vor bzw. ist

abschließend bekannt, wie die Umsetzung erfolgen wird.

 

Der nunmehr publizierte Stärkungspakt NRW – gemeinsam gegen Armut ist die Ziffer I.40 aus dem o.g. 3-Säulen-Modell NRW, welche als Billigkeitsleistung zur „Unterstützung für Kommunen in Nordrhein-Westfalen vor dem Hintergrund krisenbedingt steigender Energiepreise […] und einer verstärkten Inanspruchnahme sozialer kommunaler Infrastrukturen“ gewährt wird.

 

Alle kreisangehörigen Städte und auch der Kreis Mettmann haben zwischenzeitlich den

Bescheid erhalten. Allein für die Stadt Haan steht eine Summe von

 

143.325,00 Euro

 

zur Verfügung.

 

Nach den zugrundeliegenden Richtlinien sollen damit Unterstützungsleistungen gedeckt

werden

 

a) zur Aufrechterhaltung des Betriebes von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur,

 

b) zur Anpassung an den erhöhten Bedarf und eine zunehmende Inanspruchnahme

von Beratungs- und Hilfsangeboten,

 

c) zur Finanzierung von kommunalen Maßnahmen.

 

Über den Sozialausschuss des Landkreistages NRW fanden bereits mehrere Austauschformate zur Umsetzung des Stärkungspaktes NRW statt. Ein gemeinsamer Austausch zur Umsetzung der konkreten Rahmenbedingungen und weiteren „Öffnungsmöglichkeiten“ erfolgte mit dem federführenden Ministerium am 10.02.2023. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS NRW) zeigte sich für konkrete Einwände aus der kommunalen Familie offen, ist jedoch bei der Definition der Richtlinien auch auf einen Konsens mit dem Finanzministerium angewiesen. Die Richtlinien sollen zeitnah erweitert bzw. konkretisiert werden.

 

Darüber hinaus wurde die Thematik im Rahmen einer Sozialdezernentenkonferenz (SDK) am 26.01.2023 vorbesprochen und in einer Sondersitzung der Sozialamtsleitertagung (SAT) am 07.02.2023 konkretisiert (Anlage 3). Hierbei wurde der konkrete Gestaltungsrahmen auf der Grundlage der vorliegenden Richtlinien und Bescheide (Anlage 4) und auch das Feld der grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Einrichtungen der sozialen Infrastruktur zwischen der Kreis- und Stadtebene abgestimmt.

 

Grundsätzlich sind sich alle Beteiligten darüber einig, dass diejenige Ebene für die

Einrichtungen der sozialen Infrastruktur verantwortlich ist, die bereits über rechtliche

Zuständigkeiten, Vereinbarungen oder Kontrakte verfügt. Ziel ist, die zur Verfügung gestellten Landesmittel so effektiv wie nur möglich zu verteilen. Der Kreis der berücksichtigungsfähigen Einrichtungen der sozialen Infrastruktur ist über die

bereits vorhandenen Richtlinien klar definiert worden.

 

Als Grundmaßgabe muss seitens des MAGS NRW auch immer berücksichtigt werden, dass diese Einrichtungen weit überwiegend den krisenbedingt akuter betroffenen Personenkreisen (z.B. Transferleistungsempfänger, Geringverdiener, etc.) vorbehalten ist. Hierbei ist eine Abgrenzung zu Strukturen und Hilfsangeboten, die allen Bürgerinnen und Bürgern zugänglich sind, vorzunehmen, da diese (nach aktuellem Stand) nicht förderfähig und daher von vorneherein auszuschließen sind. Dieser Aspekt wird bei der weiteren Ausgestaltung der Umsetzung und den Abstimmungen mit den Einrichtungen der sozialen Infrastruktur eine wesentliche Rolle einnehmen.

 

Eine erste grobe Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen Kreis und Städten ist entlang der konkreten Verantwortungskette erfolgt. Beispielsweise wird der Kreis Mettmann seine kontrahierten sozialen Infrastrukturen wie Schuldnerberatung, Suchtberatung und Seniorenbegegnungsstätten fokussiert ansprechen. Die Städte werden sich auf die örtlich zugängigen Strukturen wie Tafeln, Sozialkaufhäuser

und Einrichtungen zur örtlichen Krisenbewältigung konzentrieren. Ein drittes Feld der gemeinsamen Verantwortung bezieht sich beispielhaft auf die Wohnungslosenhilfe, Aspekte des Ehrenamtes und der Quartiersentwicklung sowie sonstige

Sozialberatungen mit Bezug zum Kreis oder einer Stadt.

 

Nach dem aktuellen Stand können die o.g. Unterstützungsleistungen wie folgt realisiert werden:

 

zu a) Aufrechterhaltung des Betriebes von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur

 

Berücksichtigung können Steigerungen der Strom- und Heizkosten sowie (soweit

krisenbedingt) der Nebenkosten finden. Darüber hinaus können auch Aspekte aus der

Corona-Situation wie Reinigungs- und Desinfektionsmittel, Handschuhe, Masken,

Spuckschutz-Trennwände, Einmal-/ Mehrweggeschirr und Besteck sowie Küchenutensilien abgerechnet werden.

 

Den relevantesten Aspekt stellen hierbei die krisenbedingten Energie- und Heizkosten für die betroffenen Einrichtungen dar. Die kommunalen Spitzenverbände sind auch hierzu noch mit dem MAGS NRW im Dialog, um eine zeitliche Übertragbarkeit der Mittel in das Jahr 2024 zu erreichen. Grundsätzlich ausgeschlossen sind jegliche investiven Ausgaben.

 

zu b) Anpassung erhöhter Bedarf / zunehmende Inanspruchnahme von Beratungs- und

Hilfsangeboten

 

Diverse Beratungs- und Hilfsangebote der sozialen Infrastruktur werden seit der Energiekrise mit zusätzlichen Anfragen, Beratungsbitten und Hilfestellungen gefordert. Eine weitere Zielsetzung des Stärkungspaktes ist hierbei, dem erweiterten Bedarf Rechnung zu tragen bzw. diesen zeitlich befristet erweitern zu können. Diese Maßgabe ist leider ausschließlich über Honorarausgaben auf Stundenbasis möglich. Die Übernahme von Personalausgaben im Bestand und für neues Personal ist ausgeschlossen. Gleiches gilt für investive Ausgaben.

 

Gegenüber dem MAGS NRW wurde aus der kommunalen Familie deutlich gemacht, dass mindestens die Option der Stundenaufstockung von bestehendem Personal ermöglicht werden sollte. Nur so wird der Nachweisaufwand für die soziale Infrastruktur minimiert und auch eine qualitative Erweiterung der Beratungs- und Hilfsangebote ermöglicht. Darüber hinaus sind die Hilfsstrukturen durch den Fachkräftemangel für die Sicherstellung eines qualifizierten Angebotes zunehmend auf das bereits vorhandene Personal angewiesen.

 

zu c) Finanzierung von kommunalen Maßnahmen

 

Der Aspekt „Einzelfallhilfen zur kurzfristigen, außerplanmäßigen Intervention für besondere Angelegenheiten“ ist in der praktischen Umsetzung mit den bestehenden Ressourcen der betroffenen Verwaltungen und der sozialen Infrastruktur kaum, wenn nicht sogar überhaupt nicht umsetzbar.

 

Die weitere Möglichkeit zur Einrichtung von Härtefallfonds auf Kreis- oder Stadtebene wird innerhalb der kommunalen Gemeinschaft des Landkreistages NRW kritisch gesehen. Dieses potenzielle Aufgabenfeld wird einhellig bei einer Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Kreis- und Stadtebene auf der örtlichen Ebene verortet. Eine derartige Grobabstimmung ist ebenfalls über die Sozialamtsleitungen der Städte und des Kreises erfolgt.

 

In der Praxis wird dieser gut gemeinte Aspekt kaum umsetzbar sein. Rein aus leistungsrechtlichen Aspekten müssten derartige Sonderzahlungen als Einnahmen im SGB II und SGB XII berücksichtigt und bei den Transferleistungen angerechnet werden. Darüber hinaus erscheint über einen Austausch von Praktikern der Sozialbehörden keine offensichtliche Personengruppe – insbesondere nach der Wohngeldnovelle und der Regelbedarfsanpassung – für diesen Unterstützungsaspekt übrig zu bleiben.

 

2.    Weiteres Vorgehen der Stadtverwaltung Haan und im Kreis Mettmann

 

Der Kreis Mettmann plant, mit der Liga der Wohlfahrtsverbände im Kreis Mettmann kurzfristig in einen grundsätzlichen Austausch zu den Bedarfen und Möglichkeiten zur konkreten Umsetzung der Unterstützungsmaßnahmen im Kreis Mettmann einzutreten. Ein enger Austausch wird hierbei auch immer zu den städtischen Umsetzungsstrategien sichergestellt. Es ist über die Treffen der Sozialamtsleiter im Kreis Mettmann auch angedacht, gemeinschaftliche „Grundspielregeln“ aus den vorliegenden Richtlinien zur

Umsetzung aller Stellen im Kreisgebiet abzuleiten.

 

In jedem Fall muss berücksichtigt bleiben, dass der Stärkungspakt NRW der kommunalen Familie diverse Möglichkeiten der Unterstützung eröffnet, diese jedoch auch alle rechtsmittelfähig umgesetzt werden müssen. Darüber hinaus muss auch das gesamte Nachweis- und Verwendungswesen über die Kommunen und Kreise gegenüber dem MAGS NRW abgewickelt werden.

 

Die Stadtverwaltung Haan hat im März 2023 alle Verbände und Vereine angeschrieben, die im Rahmen der Zuschussgewährung Zuwendungen der Stadt Haan bekommen. In diesem Rahmen wird der Stärkungspakt den Vereinen und Wohlfahrts ausführlich vorgestellt. Die vorgenannten Beteiligten erhalten sodann die Möglichkeit, entsprechende Zuwendungsanträge stellen, die durch die Stadtverwaltung geprüft und ggf. bewilligt werden. Für diesen nicht unerheblichen Umsetzungsaufwand stehen kreisweit bei keiner kommunalen Verwaltungsstelle personellen Ressourcen zur Verfügung, sodass wahrscheinlich mit Priorisierungen und Aufgabenreduzierungen an anderer Stelle gearbeitet werden muss.

 

Seitens des MAGS NRW wurde auch sehr deutlich gemacht, dass die zugrundeliegenden Richtlinien in jedem Fall berücksichtigt werden müssen und die Gesamtverantwortung zur Umsetzung, Gestaltung und dem Gelingen einseitig auf die kommunale Familie übertragen wurde.

 

Über die weitere Umsetzung des Stärkungspaktes in der Stadt Haan und im Kreis Mettmann – inklusive der weiteren Entwicklungen der Ausgestaltungsmöglichkeiten und Förderrichtlinien seitens des MAGS NRW – wird in den kommenden Sitzungen des Ausschusses für Soziales, Integration und Generation regelhaft berichtet.

 

 

Beschlussvorschlag:

 

Der SIGA nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur Kenntnis.

 

Finanz. Auswirkung:

 

Keine (Zuwendung des Landes)

 

Nachhaltigkeitseinschätzung:

 

Bezugnehmend auf den Kriterienkatalog für die Nachhaltigkeitseinschätzung der Haaner Nachhaltigkeitsstrategie liegen weder fördernde noch hemmende Auswirkungen vor.