Betreff
Satzung der Stadt Haan über die Änderung der Gebührensatzung für den städtischen Waldfriedhof 2024; hier Antrag der Fraktion WLH
Vorlage
60/056/2023/1
Art
Beschlussvorlage
Referenzvorlage

Sachverhalt:

 

Ausgangslage

Im Rat am 12.12.2023 wurde die 9. Änderungssatzung zur Friedhofsgebührensatzung nicht beschlossen. Als Begründung wurde aufgeführt, dass die Kosten für das öffentliche Interesse sowie die Kosten für Kriegsgräber und stillgelegten Flächen nicht die ansatzfähigen Kosten hätten mindern dürfen.

Es solle eine Darlegung der o.g. Kosten erfolgen und dem Rat erneut vorgelegt werden.

 

Stellungnahme der Verwaltung

Bei der Absetzung der Kosten für die Kriegsgräber als auch der Absetzung des öffentlichen Interesses (grünpolitischer Wert) handelt es sich nicht um eine Subventionierung. Es werden - wie rechtlich vorgeschrieben - betriebsfremde Kosten von den Gesamtkosten des Friedhofs abgesetzt, um die nach § 6 Kommunalabgabengesetz NRW (KAG NRW) ansatzfähigen Kosten zu ermitteln.

Die Verwaltung empfiehlt, mit Verweis auf den Kommentar zum KAG NRW und der Rechtsprechung, die 9. Änderungssatzung wie im Rat am 12.12.2023 vorgelegt zu beschließen. Anderenfalls würde die Änderungssatzung aufgrund des rechtswidrigen Ansatzes von betriebsfremden Kosten gegen § 6 Abs. 2 KAG NRW verstoßen und wäre rechtlich angreifbar.

 

Erläuterungen:

 

1. ansatzfähige Kosten

§ 6 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW legt fest, dass das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung oder Anlage nicht übersteigen und in der Regel die Kosten decken soll.

Kosten im Sinne des § 6 Abs. 1 KAG NRW sind die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten.

Kosten können in der Gebührenkalkulation nur angesetzt werden, wenn sie betriebsbedingt sind, d. h. durch die Leistungserstellung verursacht werden.

 

1.1 Kosten für die Unterhaltung der Kriegsgräber

Die Kosten für die Unterhaltung der Kriegsgräber sind nicht ansatzfähig, denn sie stellen keine betriebsbedingten Kosten für die Kostenstelle Nutzungsrechte dar. Dementsprechend dürfen diese Kosten bei der Kostenstelle Nutzungsrecht keine Berücksichtigung finden.

Berechnet wird der Anteil der Kosten für die Kriegsgräber anhand des Flächenanteils (siehe Anlage 1). Die Berechnung der Flächenanteile wurde durch das RPA Mettmann im Rahmen der Gebührenkalkulationsprüfung bestätigt.


 

 

Kommentar zum KAG NRW, Driehaus, Rn. 488f:

….“Zu den nicht betriebsbedingten und daher auszusondernden Kosten (vgl. Rn. 54 ff. zu § 6) gehören die Kosten der Kriegsgräber- und Denkmalpflege (vgl. Jäger/Schledorn/Wirz, a. a. O., S. 37 f.)“ …

 

1.2 Kosten für das öffentliche Interesse (grünpolitischer Wert)

Zu den Besonderheiten der Friedhofsgebührenkalkulation gehört die zwingende Berücksichtigung des öffentlichen Interesses, des sog. grünpolitischen Werts.

 

Der grünpolitische Wert ist derjenige Werteverzehr (Kostenwert), der für Leistungen im Allgemeininteresse und nicht im Nutzerinteresse entsteht. [1]

 

Der Begriff „Grünpolitischer Wert“ beschreibt die Funktionen des Friedhofs als Grünfläche zur Gliederung der bebauten Flächen und zur Verbesserung der stadtklimatischen Verhältnisse, als ökologische Nische für Flora und Fauna oder als Erholungsgebiet zur Verbesserung der Naherholung. Aufwendungen hierfür werden im Rahmen der Zweckbestimmung des Friedhofs als Ort der Bestattung und des Totengedenkens nicht verursacht.

 

Der auf den sogenannten „Wert für öffentliche Leistungen und Funktionen“ entfallende Aufwand darf deshalb nicht in die Friedhofsgebühren einfließen, sondern ist von der Kommune aus dem allgemeinen Haushalt zu tragen. Über den Wert als Grünfläche hinaus sind dabei auch der denkmalpflegerische, der wirtschaftliche und der soziale Wert zu berücksichtigen. [2]

 

Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auch auf dem Kommentar zum KAG NRW, Driehaus:

Kommentar Rn 488g:

“Da Friedhöfe nicht nur der Bestattung, sondern wie Grün- und Parkanlagen auch der Allgemeinheit zur Erholung dienen, ist bei der Gebührenkalkulation ein entsprechender Anteil der Allgemeinheit abzuziehen (vgl. Gaedke/Diefenbach, a. a. O., S. 93; s. Rn. 59c zu § 6). Die Ermittlung dieses Anteils ist der Einschätzung durch den Friedhofsträger anheimgestellt. Feste Prozentwerte können dazu nicht angegeben werden. Der Friedhofsträger wird sich bei sachgemäßer Ausübung seines Einschätzungsspielraumes bei der Ermittlung dieses sog. grünpolitischen Wertes an dem Verhältnis zu orientieren haben, in dem der Kostenaufwand für die Gräberfelder mitsamt den Wegen und Gebäuden zu den Kosten für die Einrichtung und Pflege der parkähnlichen Freiflächen steht. Zur Ermittlung des „Grünanteils” können die Empfehlungen zur Grünwertberechnung der Ständigen Konferenz der Gartenamtsleiter beim Deutschen Städtetag (vgl. Jäger/Schledorn/Wirz, a. a. O., S. 39 und Anhang 1) herangezogen werden. Zwingend ist ihre Anwendung nicht.“

Vgl OVG NRW vom 16.01.2014 – 14 A 2794/12. Dort hat das OVG NRW einen öffentlichen Anteil von 20% der Kosten, den der Friedhofsträger ohne nähere Begründung im Einzelnen festgelegt hatte, nicht beanstandet Dies verdeutlicht die Weite des kommunalen Einschätzungsspielraums.

Der Grünpolitische Wert des Haaner Waldfriedhofs wurde nicht einfach geschätzt, sondern anhand des Flächenanteils berechnet (26,62%) und durch das RPA Mettmann im Rahmen der Gebührenkalkulationsprüfung bestätigt. Aufgrund des gestellten Antrages der WLH wurde das RPA Mettmann beratend hinzugezogen. Das RPA Mettmann erklärte daraufhin, dass die Stadt Haan im Vergleich mit anderen Städten eine sehr genaue und nachvollziehbare Berechnung mittels Flächenanteil aufgestellt habe. Viele Städte würden einen pauschalen Prozentsatz abziehen, für den es keine nachvollziehbare Begründung gäbe.

Bereits bei der Gebührenkalkulation 2015 wurde in Anlehnung an den Vorschlag des Rechnungsprüfungsamtes des Kreises Mettmann das öffentliche Grün wie folgt berechnet:

Auszug GBB Friedhof 2015

 

Von den Kosten abzusetzen:

 

A       Grabstätten und gärtnerische Anlagen

1.5         Städtischer Kostenanteil

 

Berechnung in Anlehnung an den Vorschlag des Gemeindeprüfungsamtes des Kreises Mettmann:

 

Um würdige Bestattungen und einen angemessenen Rahmen für die Begräb­nisstätten zu gewährleisten, sind als notwendige Grünflächen 10% der Fried­hofsflächen anzusehen. Darüberhinausgehende Grünflächen überschreiten das Mindestmaß. Sie dienen demzufolge sowohl dem Bestattungszweck als auch dem öffentlichen Interesse (Erholungsfunktion als öffentliche Grünan­lage). Die über das Mindestmaß von 10% der Gesamtfläche hinausgehenden Flächen sind demzufolge zu je 50% dem Bestattungszweck und der Grünflä­chenfunktion zuzuordnen.

 

Daraus ergibt sich für den Waldfriedhof folgende Berechnungsformel:

 

 

 



[1] Die Kalkulation von Friedhofsgebühren, Prof. Dr. Erik Gawel

[2] Aeternitas e.V.

Beschlussvorschlag:

 

Die Satzung der Stadt Haan über die 9. Änderung der Gebührensatzung für den städtischen Waldfriedhof in Haan (Friedhofsgebührensatzung) wird in der Fassung der Anlage 1 beschlossen.

 

Die Satzung tritt zum 01.05.2024 in Kraft.

Finanz. Auswirkung:

 

Refinanzierung durch Friedhofsgebühren.

Nachhaltigkeitseinschätzung:

 

Bezugnehmend auf den Kriterienkatalog für die Nachhaltigkeitseinschätzung der Haaner Nachhaltigkeitsstrategie, liegen weder fördernde noch hemmende Auswirkungen vor.