Sachverhalt:

 

1.         Anlass

Die BGB-Grundstücksgesellschaft Herten ist Eigentümerin des Grundstücks Landstraße 1. Das ca. 5.400 m² Grundstück wird durch eine Aldi-Filiale mit einer Nettoverkaufsfläche von rd. 800 m² und einer Stellplatzanlage für ca. 100 Fahrzeuge genutzt. (s. Anlage 1).

Mit Schreiben vom 15.03.2013 hat die Aldi Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG im Namen und mit Vollmacht der o. g. Grundstücksgesellschaft den Antrag gestellt, für das Grundstück Landstraße 1 sowie angrenzende Grundstücksflächen das Verfahren zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans einzuleiten (s. Anlage 2a). Der Vorhabenträger beabsichtigt, den vorhanden Aldi-Markt abzureißen und durch einen neuen Markt mit einer Verkaufsfläche von 1.200 m² zuzüglich der notwendigen Lagerflächen und Sozialräume zu ersetzen.

 

Die Aldi Immobilienverwaltung hatte bereits im Januar diesen Jahres einen Antrag zur Einleitung der erforderlichen Bauleitplanverfahren gestellt, der in die Sitzung des Planungs- und Umweltausschlusses am 19.02.2013 eingebracht wurde. Seitens des Ausschusses wurden jedoch Bedenken dazu geäußert, wie der Vorhabenträger die Verkaufsflächenvergrößerung städtebaulich umsetzen wollte. Ein Einleitungsbeschluss wurde nicht gefasst. Grundlage des neuen Antrags ist eine überarbeitete Planung des Vorhabenträgers.

 

Gem. § 12 (2) BauGB hat die Gemeinde aufgrund des vorliegenden Antrags über die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens zu entscheiden.

 

 

2.         Geltendes Planungsrecht

Das Plangebiet[1] für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 177 umfasst die Flächen für das konkrete Erweiterungsvorhaben von Aldi, sowie einzelne darüber hinausgehende Flächen.[2]

Das Plangebiet liegt zum größten Teil im Geltungsbereich der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 43 "Untere Landstraße" mit Rechtskraft vom 07.08.2000. Diese setzt im Bereich des Grundstücks Landstraße 1 ein Sondergebiet (Lebensmittelmarkt) mit überbaubaren Grundstücksflächen im Bereich des bestehenden Aldimarktes fest (s. Anlage 3). Die im Plangebiet hier westlich und östlich angrenzenden Gehölzflächen auf dem städtischen Flurstück 493 sind in der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 43 als Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft („Ausgleichsflächen“ A und B) festsetzt. Die an das Grundstück Landstraße 1 nördlich angrenzenden Gehölzflächen auf dem städtischen Flurstück 493 liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 43 "Untere Landstraße" mit Rechtskraft vom 01.02.1973. Dieser setzt hier eine Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Sportanlage“ fest.

 

Der wirksame Flächennutzungsplan der Stadt Haan bzw. die 12. Flächennutzungsplanänderung "Untere Landstraße" vom 20.06.2000 weisen für die Bereiche des Plangebiets ein Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Lebensmittelmarkt sowie Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft aus. Des Weiteren ist eine Grünfläche mit der Zweckbestimmung Spielplatz ausgewiesen. Darüber hinaus sind Altlasten gemäß Altlastenkataster des Kreises Mettmann gekennzeichnet (s. Anlage 4).

 

 

3.         Erfordernis der Planung

Der Vorhabenträger hat zu seinem Erweiterungsvorhaben zwei neue Planungsvarianten mit Konzeptbeschreibungen (siehe Anlagen 2b und 2c) eingereicht.[3] Um das Vorhaben zu verwirklichen, ist die Einbeziehung anschließenden Teilen des städtischen Flurstücks 493 erforderlich. In beiden Varianten werden rd. 100 Stellplätze eingeplant, was in etwa der derzeitigen Kapazität entspricht. Nach gängigen Richtzahlen für den Stellplatzbedarf in NRW liegt diese Anzahl auch im Hinblick auf die mit der Planung verfolgte Verkaufsflächenvergrößerung auf 1.200 m² mit 1 Stellplatz je 12 m² Verkaufsfläche im oberen Bereich.

Der wesentliche Unterschied der Planungsvarianten besteht darin, dass das Marktgebäude in Variante VIII im Vergleich zu Variante IX rd. 10 m mehr nach Osten versetzt ist, verbunden mit einem größeren Eingriff in den vorhandenen Gehölzbestand.[4] Die Verwaltung sieht eine Alternative zu der in Variante IX nicht vorhandenen Anbaureserve in einer Anbaureserve im Bereich der geplanten Stellplatzanlage. Eine weitere Ausweitung der Verkaufsfläche wird u. a. im Hinblick auf den nahe gelegenen weiteren Lebensmittel(discount)markt an der Landstraße mittelfristig nicht gesehen.

 

Auf Basis des bestehenden Planungsrechts ist das Vorhaben weder in Bezug auf die vorgesehene Lage und Großflächigkeit noch die Art der Nutzung im Bereich der ausgewiesenen „Ausgleichsflächen“ und Grünflächen genehmigungsfähig. Zur Umsetzung der Planung ist es notwendig, das geltende Planungsrecht zu ändern.

 

Zur zweckmäßigen Gebietsabgrenzung wurden in das Plangebiet neben den von der Vorhabenplanung betroffenen Flächen auch die übrigen Flächen der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 43 mit einbezogen.[5]

 

 

4.         Umgebung des Plangebiets

An das vorgesehene Plangebiet schließt sich in nordöstlicher Richtung ein Spielplatz an. Südlich des Plangebiets ist jenseits der Landstraße Wohnnutzung vorzufinden. Diese Nutzung schließt sich auch nordwestlich des Plangebiets jenseits der Elberfelder Straße an.

 

 

5.         Städtebauliche Ziele und fachplanerische Belange

Ziel des Bebauungsplanes Nr. 177 ist die Erweiterung des vorhandenen Sondergebiets für einen Lebensmittelmarkt mit einer Verkaufsfläche von max. 1.200 m². Die Erweiterung erfolgt in nordöstliche Richtung. Die überbaubaren Grundstücksflächen für das Marktgebäude werden im von der Landstraße aus betrachteten rückwärtigen Teil des Plangebiets ausgewiesen.

 

Zur zweckmäßigen Gebietsabgrenzung werden in das Plangebiet neben den von der Vorhabenplanung betroffenen Flächen auch die übrigen Flächen der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 43 mit einbezogen. Die darin geltenden Festsetzungen (ebenfalls Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft) sollen im Bebauungsplan Nr. 177 im Wesentlichen übernommen werden.

 

Die Nutzung des angrenzenden Spielplatzes darf nicht eingeschränkt werden.

 

Verträglichkeit der Verkaufsflächenvergrößerung am Einzelhandelsstandort

Im Entwurf des Zentren- und Standortkonzepts für die Stadt Haan, das z. Z. vom Büro „Stadt und Handel“ erstellt wird, wurde das Erweiterungsbegehren von Aldi an der Landstraße bereits mit untersucht. Die Gutachter führen aus, dass der Standort zwar nur teilweise städtebaulich integriert ist und die geplante Erweiterung auf 1.200 m² Verkaufsfläche über eine reine Nahversorgungsfunktion hinaus geht. Der Standortbereich weise aber eine Mitversorgungsfunktion für die fußläufig unterversorgten Bereiche in den Stadtteilen Nachbarsberg, Oberhaan und Haan-Nord auf. Marktseitig käme diese Verkaufsflächen-Dimensionierung einer langfristigen Standortsicherung gleich. Die Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche und die Nahversorgungsstruktur sind im Rahmen des weiteren Planverfahrens im Detail noch zu prüfen.

 

Altlasten

Das Plangebiet liegt im Bereich einer ehemaligen Hausmüll, Bauschutt- und Bodendeponie an der Landstraße und Elberfelder Straße, die im Altlastenkataster des Kreises Mettmann mit der Nr.7174/3 Ha registriert ist. Im Zuge der Aufstellung der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 43, die 1999/2000 für die Ansiedlung eines jetzt mit Aldi vorhandenen Lebensmittelmarktes an der Landstraße durchgeführt wurde, gab es bereits Baugrund- und Altlastenuntersuchungen zu dieser Altablagerung. Im Hinblick auf das anstehende Erweiterungsvorhaben von Aldi sind die Untersuchungen zu ergänzen. So kann u. a. der Wall zwischen Aldi und Spielplatz, der ggf. vom Bauvorhaben berührt wird z. T. aus Abfall und Bauschutt bestehen.

 

Immissionsschutz

Die Auswirkungen des Vorhabens auf die angrenzenden Wohnnutzungen und sich ggf. hieraus ergebende Erfordernisse sind im weiteren Verfahren im Rahmen einer Schalltechnischen Untersuchung zu prüfen.

 

Eingriffs- / Ausgleichsbilanzierung

Das Vorhaben bzw. die hierfür erforderliche Erweiterung des Sondergebiets bedingt einen Eingriff in Natur und Landschaft. Die baulichen Bereiche des Vorhabens (Marktgebäude, Stellplatzanlage, Flächen für die Anlieferung) ragen auf rd. 1.000 m² in die hier vorhandene arten- und strukturreiche Gehölzsukzession hinein (Variante VIII auf einer Fläche von rd. 150 m² mehr als Variante IX).

 

Die betroffenen Flächen sind im Bebauungsplan Nr. 43 als öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Sportanlage“ ausgewiesen bzw. in der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 43 als Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft festgesetzt.

 

Der Maßstab für die ökologische Eingriffsbewertung von Bereichen, welche bereits von einem Bebauungsplan überzogen sind, ist gesetzlich im § 1a BauGB vorgegeben. Demnach ist für eine erneute Überplanung dieser Bereiche, auch wenn sie im Rahmen des „alten Baurechts“ noch nicht bebaut worden sind und ökologisch hochwertige Strukturen enthalten, nicht der gegenwärtige Bestand, sondern der „ökologische Wert“ der bisherigen Planung anzusetzen. Dem gemäß ist für die im Rahmen der Aufstellung des BP Nr. 177 vorgesehenen Erweiterungsflächen z. T. lediglich die ökologische Wertigkeit einer Sportanlage (2 Wertpunkte/m²) und der Ausgleichsflächen (5 Wertpunkte/m²) anzusetzen, obwohl hier tatsächlich ökologisch hochwertigere Strukturen (6 Wertpunkte/m²) vorhanden sind. Aldi hat signalisiert, hier einen Ausgleich mindestens entsprechend des tatsächlichen Wertverlusts leisten zu können, wofür vertragliche Regelungsmöglichkeiten bestehen.

 

Die erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen können nicht im Plangebiet abgewickelt werden. Es sind daher externe Ausgleichsmaßnahmen erforderlich.

 

Entwässerung

Gegen die Planung bestehen aus entwässerungstechnischer Sicht keine grundsätzlichen Bedenken, wenn (mindestens) die zusätzlich abflusswirksamen Flächen an den Regenwasserkanal parallel der Elberfelder Straße (Schacht Nr. 1460) angebunden werden.

 

 

6.         Entwicklung aus dem Flächennutzungsplan

Aus Sicht der Verwaltung kann der aufzustellende Bebauungsplan als aus dem wirksamen Flächennutzungsplan der Stadt Haan entwickelt angesehen werden, da im Rahmen des Flächennutzungsplans keine parzellenscharfe Betrachtung erfolgt. Diese Sichtweise wurde auch von Kreis Mettmann im Rahmen einer ersten Einschätzung geteilt.

 

 

7.         Planverfahren

Ein Vorhabenbezogener Bebauungsplan nach § 12 BauGB kann zusammen mit dem ihm zugrunde liegenden Vorhaben- und Erschließungsplan und dem Durchführungsvertrag im Unterschied zu einem „normalen“ Bebauungsplan weitergehende Regelungsinhalte haben. Die Art des Bebauungsplans ist daher auch aus Sicht der Verwaltung gut geeignet.

 

Die Anwendungsmöglichkeit für ein vereinfachtes Verfahren gem. § 13 BauGB oder ein beschleunigtes Verfahren gem. 13a BauGB wird von der Verwaltung nicht gesehen.

 

 

8.         Beschlussempfehlung und nächste Schritte

Seitens der Verwaltung wird empfohlen, dem Antrag der Firma Aldi Immobilien GmbH & Co. KG auf Einleitung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes zur Standortsicherung des Aldi-Marktes an der Landstraße zuzustimmen und den erforderlichen Aufstellungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 177 zu fassen (Geltungsbereich s. Anlage 5) sowie die Ziele der Planung zu beschließen.

 

Die Verwaltung empfiehlt, sich noch nicht frühzeitig auf eine der beiden eingereichten Planungsvarianten festzulegen, da sich deren Umsetzbarkeit erst im weiteren Verfahren u. a. mit der Erarbeitung der Fachgutachten ergeben wird.

Nach erfolgter Beschlussfassung wird die Verwaltung zusammen mit dem Vorhabenträger einen Vorentwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplans erarbeiten und zu gegebener Zeit in den Ausschuss einbringen. Bei Zustimmung des Ausschusses zur Planung schließen sich die frühzeitigen Beteiligungen der Öffentlichkeit und der Behörden nach § 3 (1) BauGB und § 4 (1) BauGB an.

 

Die anfallenden Planungs-, Durchführungs- und Folgekosten gehen zu Lasten des Vorhabenträgers. Kostenübernahme, Durchführungsfrist und -verpflichtung werden im Durchführungsvertrag geregelt, der vor dem Satzungsbeschluss abzuschließen ist.

 



[1] Siehe Anlage 5.

[2] Siehe hierzu später Kapitel 3.

[3] In Bezug auf die im Januar eingereichte Planungsvariante waren u. a. Bedenken in Bezug auf die Überplanung des Gehölzstreifens / der Allee an der Elberfelder Straße, die erhabene Stellung des dort geplanten Baukörpers und die großzügige Dimensionierung der Stellplatzanlage für rd. 140 Stellplätze geäußert worden. Die hohen Ordnungsnummern „VIII“ und “IX“ der beiden neuen Varianten ergeben sich aus einer internen Nummerierung von Aldi.

[4] Siehe hierzu auch Kapitel 5, Punkt „Eingriffs- / Ausgleichsbilanzierung“

[5] Die Abgrenzung des Plangebietes ist der Anlage 5 zu entnehmen.

Beschlussvorschlag:

 

1./   Gemäß dem vorliegenden Antrag der Aldi Immobilienverwaltung GmbH & Co. KG vom 15.03.2013 wird gemäß § 12 (2) BauGB die Einleitung eines Verfahrens zur Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes beschlossen, mit dem an der Landstraße die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Lebensmittelmarkts mit einer größeren Verkaufsfläche geschaffen werden sollen. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan Nr. 177 „Aldi, Landstraße“ ist gemäß § 2 (1) i. V. m. § 12 BauGB aufzustellen. Das Plangebiet liegt in Haan-Ost. Es wird durch die Landstraße im Süden, die Elberfelder (B 228) Straße im Nordwesten sowie im Nordosten von städtischen Flächen an diesen Straßen begrenzt. Es umfasst in der Gemarkung Haan, Flur 11 die Flurstücke 453 (tlw.), 492 (tlw.), 493 (tlw.) und 499. Die genaue Festlegung des räumlichen Geltungsbereiches erfolgt durch die Planzeichnung.

 

2./   Den Planungszielen entsprechend dieser Sitzungsvorlage wird zugestimmt.

 

Finanz. Auswirkung:

 

keine